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Beschäftigte nach TVöD / TV-L / TV-H => TVöD Kommunen => Thema gestartet von: kleri am 04.12.2018 13:44

Titel: Fallgruppen, persönliche Voraussetzungen
Beitrag von: kleri am 04.12.2018 13:44
Hallo,

ich habe ein paar Fragen zur Bewertungssystematik. Als Beispiel soll die Entgeltgruppe E 9b der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) - Teil A, Allgemeiner Teil – I. Allgemeine Tätigkeitsmerkmale, 3. Entgeltgruppen 2 bis 12 (Büro-, Buchhalterei-, sonstiger Innendienst und Außendienst) dienen.

In welchen Fällen prüfe ich bei der Bewertung die Fallgruppe 2?
Habe ich ein Wahlrecht oder prüfe ich zunächst immer Fallgruppe 1?

Es gibt hier die Argumentation, dass die gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse der Fallgruppe 1 immanent sind und sowieso geprüft werden müssen. Andersherum werden die gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse nur durch die in den persönlichen Voraussetzungen der Fallgruppe 1 beschriebene Ausbildung gewonnen.
Hintergrund ist, dass im hiesigen Bereich keine Ausbildungs- und Prüfungspflicht gibt und mit der genannten Argumentation diese faktisch eben doch besteht.
Titel: Antw:Fallgruppen, persönliche Voraussetzungen
Beitrag von: Spid am 04.12.2018 13:58
Es handelt sich um zwei nebeneinander stehende, voneinander unabhängige Fallgruppen, deren Tätigkeitsmerkmale jeweils unabhängig zur entsprechenden Eingruppierung führen. G+uFK sind keine Voraussetzung in der Person, sondern charakterisieren die auszuübende Tätigkeit.
Titel: Antw:Fallgruppen, persönliche Voraussetzungen
Beitrag von: nichts_tun am 04.12.2018 15:11
Wobei auch bei dem abgeschlossenen Hochschulstudium die entsprechende Tätigkeit bei der auszuübenden Tätigkeit vorliegen muss. Jedenfalls muss die Fallgruppe 2 nicht mehr geprüft werden, wenn die Fallgruppe 1 einschlägig ist.

Ansonsten sagt die Rechtsprechung: "gründliche, umfassende Fachkenntnisse sind regelmäßig solche eines Fachhochschulstudiums". LAG M-V, Urteil vom 26.07.2016, 5 Sa 226/15, Rd.-Nr. 158, Link (http://www.landesrecht-mv.de/jportal/portal/page/bsmvprod.psml?doc.id=JURE160016610&st=ent&doctyp=juris-r&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint).



Titel: Antw:Fallgruppen, persönliche Voraussetzungen
Beitrag von: Spid am 04.12.2018 15:49
Die Auffassung hat das LAG MV in seinem ohnehin rechtsfehlerhaften Urteil ziemlich exklusiv. Allein schon das zur Begründung herangezogene BAG-Urteil, das derlei in keinster Weise ausführt, ja nicht einmal geprüft hat, weil es nicht zu prüfen war. Es widerspricht ja auch dem erklärten Willen der Tarifparteien und der gängigen Kommentierung, war ja vielleicht auch eher als humoristischer Beitrag gedacht, ich habe jedenfalls herzlich gelacht.

Und natürlich ist auch die voraussetzungsfreie Fallgruppe zu prüfen, alles andere wäre rechtsfehlerhaft.
Titel: Antw:Fallgruppen, persönliche Voraussetzungen
Beitrag von: kleri am 05.12.2018 10:43
Die Auffassung hat das LAG MV in seinem ohnehin rechtsfehlerhaften Urteil ziemlich exklusiv. Allein schon das zur Begründung herangezogene BAG-Urteil, das derlei in keinster Weise ausführt, ja nicht einmal geprüft hat, weil es nicht zu prüfen war. (...)
Ich teile deine Auffassung, man braucht schon viel Fantasie, um diese Feststellung zu treffen.

In welchen Fällen verwendet ihr die Fallgruppe 1? Ich sehe darin keinen großen Nutzen, da ich ohne Not auf gefestigte Rechtsprechung verzichten müsste.
Titel: Antw:Fallgruppen, persönliche Voraussetzungen
Beitrag von: Spid am 05.12.2018 11:03
In den Fällen, in denen für die Tätigkeit tatsächlich ein Hochschulstudium erforderlich ist - und auch zum abgeschlossenen Hochschulstudium gibt es doch hinreichend Rechtsprechung, ist ja kein sonderlich neues Tätigkeitsmerkmal, wird nur in diesem Abschnitt erstmalig verwandt.
Titel: Antw:Fallgruppen, persönliche Voraussetzungen
Beitrag von: nichts_tun am 05.12.2018 13:15
Ich habe das vom LAG herangezogene BAG-Urteil dazu nicht weiter geprüft. Aber ich fand den Duktus des LAG interessant, das hatte ich zuvor so auch noch nicht gelesen.

@kleri: Vorstellbar ist die FG 1 z. B. bei einer Stelle SB Controlling/Rechnungswesen, weil ein Studium der BWL notwendig ist.
Titel: Antw:Fallgruppen, persönliche Voraussetzungen
Beitrag von: Squix am 06.12.2018 08:53
Wofür ist denn ein Hochschulstudium im allg. Verwaltungsdienst (unterhalb der E13) wirklich direkt erforderlich? (also FG 1)

Ich behaupte (derzeit) ja eher, dass man alles auf seine Tätigkeit bezogen lernen kann. (FG 2)
Titel: Antw:Fallgruppen, persönliche Voraussetzungen
Beitrag von: Spid am 06.12.2018 09:10
Wofür ist denn ein Hochschulstudium im allg. Verwaltungsdienst (unterhalb der E13) wirklich direkt erforderlich? (also FG 1)

Mir fiele da zu allererst der Bereich „Statistik“ ein...

Zitat
Ich behaupte (derzeit) ja eher, dass man alles auf seine Tätigkeit bezogen lernen kann. (FG 2)

Ja, eine verbreitete Ansicht. Mündet dann häufig darin, daß Menschen mit eng begrenztem Horizont herumstümpern, ohne das Ganze im Blick zu haben.
Titel: Antw:Fallgruppen, persönliche Voraussetzungen
Beitrag von: Squix am 06.12.2018 10:53
Statistik und Controlling sind wohl auch die Bereiche an die ich gedacht (hätte). Weitere regeln ja max. Gesetze.

Aber ist dem "Herumstümpern" denn wirklich mit einem Hochschulabschluss vorzubeugen?
Evtl. wohl eher eine Haftungsfrage.
Titel: Antw:Fallgruppen, persönliche Voraussetzungen
Beitrag von: Spid am 06.12.2018 11:41
Dem herumstümpern nicht zwangsläufig, wohl aber dem herumstümpern mit stark begrenztem Horizont.
Titel: Antw:Fallgruppen, persönliche Voraussetzungen
Beitrag von: MoinMoin am 06.12.2018 11:48
Aber ist dem "Herumstümpern" denn wirklich mit einem Hochschulabschluss vorzubeugen?
Statistisch gesehen ja!
Zumindest meine Erfahrung aus dem IT Bereich.
Titel: Antw:Fallgruppen, persönliche Voraussetzungen
Beitrag von: Squix am 06.12.2018 15:38
Kannst ich denn Haftungsansprüche daran knüpfen?