Autor Thema: [NI] Günstigkeitsprüfung nach §72 NBesG für Einstellung zw. 2011 und 2016  (Read 49644 times)

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Hallo,

bevor jemand bei ähnlicher Konstellation wie meiner Nachzahlungen bekommt, werden noch Monate, vielleicht Jahre vergehen :-)
Ob sich ein Widerspruch lohnt, müsste man erstmal prüfen.
Du bist im besagten Zeitraum mit A12, A13 oder A14 Verbeamtet worden? Falls nicht, interessiert dich diese Diskussion hier nicht.
Ansonsten: Ist im Bescheid in Feld B6 eine 3 eingetragen als Einstiegsstufe? Wenn ja, ist das meiner Meinung nach falsch und du könntest widersprechen. Dann kommt es natürlich auf dein Lebensalter und deine angerechnete Erfahrungszeit (inkl. Elternzeit usw.) bei der Verbeamtung an. (Bei der Erfahrungszeit muss man der Personalstelle sicher etwas helfen. Müsstest eigentlich eine Tabelle ausgefüllt haben oder?!)

Ob der Widersprich dann noch zeitlich akzeptiert wird, muss man gucken. Wir haben bei der Beihilfestelle letztens zu spät widersprochen, war trotzdem kein Problem... Probieren kann man es. Vielleicht Corona und Schwangerschaft als besondere Situation aufführen... 

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Das Urteil ist heute gekommen.

Das Gericht hat im Sinne des NLBV geurteilt. Der Wegfall der Stufe 3 ist nicht rückwirkend ab 2011, sondern erst ab 2017 wirksam. Zum Ablesen der Einstiegsstufe muss die alte Besoldungstabelle angeschaut werden und nicht die aktuelle Anlage 5.

Ich bin noch immer anderer Meinung... und jetzt?! Berufung?! Was sagt ihr?

Studienrat

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Das tut mir leid!
Alle anderen Gerichte, in meinem Fall Lüneburg, werden diese Entscheidung einfach übernehmen.
Wie wurde es begründet?
Widersprechen wird keinen Sinn machen, denn, wie man auch in diesem Fall sieht, eine staatliche Institution hackt der anderen kein Auge aus.



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"Entgegen dem Wortlaut von § 25 Abs. 1 Satz 2 NBesG i. V. m. Anlage 5 war der Kläger
– nach neuem Recht unter Berücksichtigung von Erfahrungszeiten – jedoch nicht zu
Beginn seines Beamtenverhältnisses der Erfahrungsstufe 4, sondern der Erfahrungsstufe 3 zuzuordnen. Denn die (rückwirkende) Zuordnung des Klägers zu einer Erfahrungsstufe richtet sich hier nicht ausschließlich nach § 25 NBesG, sondern wird durch
die Übergangsvorschriften der §§ 71-73 NBesG modifiziert, da der Kläger zum Zeitpunkt
des Inkrafttretens des NBesG am 1. Januar 2017 bereits in einem Beamtenverhältnis
stand. Die erstmalige Zuordnung zu einer Erfahrungsstufe erfolgt beim Kläger im Rahmen der Günstigkeitsprüfung des § 72 Abs. 2 NBesG. Bei der Zuordnung zu einer Erfahrungsstufe im Rahmen der Günstigkeitsprüfung kann nicht die aktuelle Besoldungstabelle der Anlage 5 herangezogen werden, da auf einen zurückliegenden Zeitpunkt – den
Zeitpunkt der Ernennung – abzustellen ist (1.). Dem steht auch nicht das rückwirkende
Inkrafttreten der §§ 25 und 71-73 NBesG entgegen (2.). Der Wille des Gesetzgebers und
die Regelung des § 73 NBesG verdeutlichen, dass der Wegfall der dritten Erfahrungsstufe nur den ab dem 1. Januar 2017 neu eingestellten Beamten zugutekommen und
nicht bereits rückwirkend ab dem 1. September 2011 gelten sollte (3.). "

Im weiteren Verlauf wird dann aus der Existenz der Paragraphen 71 und 73 geschlossen, dass der Gesetzgeber die alten Tabellen für die Stufenfestsetzung nehmen wollte. Finde ich falsch, da die Paragraphen auch unabhängig von der Günstigkeitsprüfung existieren müssten. Also das als stärker zu gewichtenden indirekten Beweis anzuführen, obwohl der direkte Beweis über §25 geführt werden kann, finde ich seht seltsam...

Studienrat

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Wir können kündigen und anschließend wieder neu einsteigen.
Dann wird die erste Stufe die 4 sein.
In meinem Fall würde ich in die nachsthöhere Stufe immer ein Jahr früher kommen.
Wie absurd das alles ist!

Dein Gericht wusste, dass es Präzedenzfunktion hat.
Da muss man auch ein bisschen A. in der Hose haben.
Vielleicht wurde der Sachverhalt wegen Überlastung auch nicht verstanden.
Wer weiß das schon..?!

Ich bin auf die Begründung gespannt.
Hoffentlich nicht copypaste von der Behörde.


Studienrat

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Das ist die Begründung?
„ ... sondern wird durch die Übergangsvorschriften der §§ 71-73 NBesG modifiziert ...“
Bitte was, modifiziert???

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Hier die genauere Begründung der Punkte 1.,2. und 3.

"1. Nach § 72 Abs. 2 NBesG wird ein Vergleich zwischen einer Erfahrungsstufenzuord-nung nach altem Recht (nach Besoldungslebensalter) und nach neuem Recht (nach Er-fahrungszeiten)vorgenommen. Soweit dabei eine Einstufung des Klägers nach neuem Recht vorgenommen wird, muss zwar auch § 25 NBesG („nach den Vorschriften dieses Gesetzes“) zur  Anwendung  kommen.  In  §  25  Abs.  1  Satz  2  NBesG  wird  aber  für  die Bestimmung  der  Erfahrungsstufe  auf  das  Vorliegen  eines  Grundgehaltssatzes  abge-stellt. Anlage 5 regelt die Grundgehaltssätze erst ab dem 1. Januar 2017. Für den Ver-gleich der Besoldung im Rahmen der Günstigkeitsprüfung ist derZeitpunkt der Ernen-nung („mit Wirkung von dem Tag des Beginns dieses Beamtenverhältnisses“) maßgeb-lich. Deshalb kann die Anlage 5 nicht herangezogen werden. Stattdessen muss für die Frage, welche Erfahrungsstufe zum Zeitpunkt der Ernennung des Klägers erstmals ei-nen Grundgehaltssatz ausgewiesen hat, auf die zum Zeitpunkt der Ernennung geltende
Seite 6/13Besoldungstabelle abgestellt werden. Dies folgt auch aus § 71 NBesG, wonach für die Bestimmung der Grundgehaltssätze für Beamte der Besoldungsordnung A für die Zeit vom  1.  September  2011  bis  zum  31.  Dezember 2016  die  Anlage  2 des Niedersächsi-schen  Besoldungsgesetzes in  der  Fassung  vom  7.  November  2008(im  Folgenden: NBesG 2008)in der jeweils geltenden Fassung anzuwendenist.§ 71 NBesG ist für zwi-schen dem 1. September 2011 und dem 31. Dezember 2016 eingestellteBeamte für die Grundgehaltsbestimmung und damit zusammenhängende Bestimmung der Erfahrungs-stufen lex specialis.  Zum Zeitpunkt der Ernennung des Klägers, im September 2012, war in der damals gel-tenden Besoldungstabelle der Anlage 2 zum NBesG 2008 noch ein Grundgehaltssatz in der Erfahrungsstufe 3 ausgewiesen. Dem steht auch nicht entgegen, dass sich § 71 NBesGnach dem Wortlaut auf die „Be-stimmung der Grundgehaltssätze“und nicht auf die Bestimmung der Erfahrungsstufen bezieht. Eine  Differenzierung  zwischen  Grundgehaltssätzen  und  Erfahrungsstufen  mit der Folge, dass § 71 NBesG aufdie Bestimmung der Erfahrungsstufen für den Zeitraum vom  1.  September  2011  bis  zum  31.  Dezember  2016 keine  Auswirkung  habenkann, lässt sich dem NBesG nicht entnehmen. Denn § 25 Abs. 1 Satz 2 NBesG stellt für die Bestimmung der Erfahrungsstufen auf das Vorliegen eines Grundgehaltssatzes ab. Be-züglich der Grundgehaltssätze verweist § 71 NBesG auf die Besoldungstabelle in Anlage 2 zum NBesG 2008. Andererseits ergibt sich aus der in § 71 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 NBesG geregelten redak-tionellen Anpassung der Anlage 2 zum NBesG 2008 an das neue Erfahrungsstufensys-tem(z. B. „Erfahrungsstufe“ statt „Stufe“),  dass  die  Anlage  2  zum  NBesG  2008 nicht ausschließlich für die einzelnen Grundgehaltssätze (der Höhe nach), sondern auch für die  Einordnung  im  Erfahrungsstufensystem  relevant  sein  sollte.Dem  steht  auch  nicht entgegen, dass § 25 Abs. 1 Satz 2 und Satz 4 NBesG bezüglich der Erfahrungsstufen auf Anlage 5 verweist.Denn wie oben dargelegt, ist § 71 NBesG für den Zeitraum zwi-schen dem1. September 2011 und dem31. Dezember 2016 die speziellere Vorschrift."

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"2. Entgegen  der  Ansicht  des  Klägers  führt das  rückwirkende  Inkrafttreten  des§  25 NBesG zum  1.  September  2011nicht  dazu,  dass auch der  Wegfall  der  drittenErfah-rungsstufe in der Besoldungsgruppe A13 rückwirkend gilt. Der Umstand, dass der Ge-setzgeber in der Gesetzesbegründung erwogen hatte, die Erfahrungsstufen der Anlage 5 nicht in einer Anlage, sondern direkt im Gesetzestext zu regeln (Landtags-Drucksache 17/7081, S. 31), rechtfertigt nicht dieAnnahme, dass auch die Anlage 5 rückwirkend zum 1. September 2011 Gültigkeit beanspruchen kann. Sinn und Zweck der rückwirkenden
Seite 7/13Einführung  des Erfahrungsstufensystems  war  es,  etwaigen  Schadensersatz-und  Ent-schädigungsansprüchen entgegenzuwirken, weil die Besoldung nach dem Lebensalter nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für altersdiskriminierend er-klärt  wurde  (Landtags-Drucksache  17/7081,  S. 62-63).  Mitder  rückwirkenden Geltung des § 25 NBesG hat der Gesetzgeber nur die rückwirkende Einführung des Erfahrungs-stufensystems als solches, nicht aber die rückwirkende Einführung der einzelnen Erfah-rungsstufen bezwecken wollen."

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"3. Dass der Wegfall der dritten Erfahrungsstufe in der BesoldungsgruppeA13 erst ab dem  1.  Januar  2017,  und  nicht  bereits  rückwirkend  zum  1.  September  2011 gilt, ent-spricht  auch  dem  sich  aus der  Landtags-Drucksache  17/7081 ergebendenWillen  des Gesetzgebers. Imursprünglichen   Gesetzesentwurf   der   Landesregierung   (LT-Drs. 17/3512),  in  welchem  noch  keine  rückwirkende  Einführung  des  Erfahrungsstufensys-tems ab dem 1. September 2011 vorgesehen war,befindet sich derEntwurf eines§ 72 Abs. 1, in dem es in den Sätzen 1und 3 heißt:„Die nach § 71 (Anmerkung des Gerichts: entspricht dem jetzigen § 70 NBesG) überge-leiteten Beamten (...) der Besoldungsordnung A werden den Erfahrungsstufen zugeord-net, wobei die Stufe nach der Anlage 2 des NBesG 2008 (...) der Erfahrungsstufe nach der Anlage 4 (Anm. d. Gerichts: entspricht der jetzigen Anlage 5)entspricht. (...) Ist in der Anlage 4 (Anm. d. Gerichts: Anlage 5) für die Erfahrungsstufe, die sich aus der Zu-ordnung nach Satz 1 ergibt, ein Grundgehaltssatz nicht ausgewiesen, so wird die Beam-tin oder der Beamte der nächsthöheren Erfahrungsstufe zugeordnet.“  Hätte der Gesetzgeber die Entwurfsregelung des oben zitierten § 72Abs. 1 Satz 3 für die Günstigkeitsprüfung nach § 72 Abs. 2 NBesG übernommen, so wäre der Kläger im Rahmen  der  Günstigkeitsprüfung  unter  Abschnitt  B  des  Bescheides  vom  18.  Oktober 2018  in  Erfahrungsstufe  4  mit  Beginn  am  1.  Juni  2011  einzuordnen  gewesen  mit  der Folge, dass diese Zuordnung für den Kläger günstiger gewesen wäreals die Zuordnung nach dem Besoldungslebensalter. Diesist jedoch nicht der Fall. Satz 3 des § 72 Abs. 1 des Gesetzesentwurfs zur LT-Drs. 17/3512istnicht in dasaktuelle NBesG übernommen worden. Zwar hat der Gesetzgeber die Entwurfsregelung vor allemdeshalb nicht übernommen, weilim Gesetzentwurf zur LT-Drs. 17/3512noch keine rückwirkende Einführung des Erfahrungsstufensystems und keine Günstigkeitsprüfung vorgesehen waren. Die Problematik, wie mit zukünftig weg-fallenden  Erfahrungsstufen  im  Rahmen  der  Zuordnung  der  vorhandenen  Beamten  zu einer Erfahrungsstufe umzugehen ist, ist dem Gesetzgeber aber bekannt gewesen. Den-noch hat der oben zitierte § 72Abs. 1 Satz 3 des Gesetzentwurfs der LT-Drs. 17/3512
Seite 8/13keinen Eingang in das aktuelle Gesetz gefunden. Eine vergleichbare Regelung istledig-lich in der veränderten, spezielleren Form des § 73 NBesG vorhanden. Obwohl der Ge-setzgeber die Problematik einer wegfallenden Erfahrungsstufe also erkannt hat, hat er die Auswirkungen des Wegfalls der ersten mit einem Grundgehalt belegten Erfahrungs-stufeausschließlichin § 73 NBesG für den dort bestimmten Personenkreis geregelt. Nach § 73 NBesG werden unter anderem die Beamten der Besoldungsgruppen A12 bis A14, die sich zum 31. Dezember 2016 noch in der Erfahrungsstufe 3 befunden haben,zum 1. Januar 2017 in die jeweils nächsthöhere Erfahrungsstufe übergeleitet. Dies trifft auf den Kläger aber nicht zu. Aus der Regelung des § 73 NBesG folgt, dass der Wegfall der drittenErfahrungsstufe nur dem in § 73 NBesG bestimmten Personenkreis zugutekommensollte. Abgesehen von diesem Personenkreis sollten lediglich ab dem 1. Januar 2017 neu eingestellte Be-amte vom Wegfall der dritten Erfahrungsstufe profitierenund gleich in die vierte Erfah-rungsstufe eingeordnet werden.So lautet auch die Überschrift des § 73 NBesG „Anpas-sung der Erfahrungsstufen zum 1. Januar 2017“. Eine „Anpassung der Erfahrungsstufen zum 1. September 2011“ sieht das Gesetz dagegen nicht vor. In der LT-Drs.  17/7081 heißt es zur Begründungauf S. 63:„Die Regelung des § 70/3 (Anmerkung des Gerichts: inhaltsgleich mit dem jetzigen§ 73) beinhaltet die Abschaffung der ersten mit einem Grundgehalt belegten Stufe der Besol-dungsgruppen  A  12  bis  A  14  sowie  R  1.  Hierdurch  wird  für  ab  dem  Inkrafttreten  des Gesetzes neu einzustellende Beamtinnen, Beamte, Richterinnen und Richter dieser Be-soldungsgruppen ein Ausgleich für finanzielle Härten herbeigeführt, die aufgrund langer Ausbildungszeiten  durch  das  Erfahrungsstufensystem gegenüber  dem früheren  Recht entstehen können.“Daraus folgt,dass der Wegfall der dritten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A13 –abgesehen von dem in § 73 NBesG geregelten Personenkreis –nur den ab dem 1. Januar 2017 neu eingestellten Beamten zugutekommen sollte. Im Umkehrschluss folgt daraus, dassgerade kein rückwirkender Wegfall der dritten Erfahrungsstufe zum 1. Sep-tember 2011erfolgen sollte. Etwas anderesergibt sichauch nicht aus der Formulierung „ab Inkrafttreten des Gesetzes“. Richtig ist, dass § 73 NBesG bereits rückwirkend zum 1. September 2011 in Kraft getreten ist. Dies dient aber nur dazu, abweichend vom In-krafttreten des NBesG zum 1. Januar 2017 die Beamten zu erfassen, die zwischen dem 1. September 2011 und dem 31. Dezember 2016 eingestellt wurden und sich zum 31. Dezember  2016  in  Erfahrungsstufe  3  befunden  haben,  um  diese  zum  1. Januar  2017 überleiten  zu  können. Nach  dem Willen  des  Gesetzgebers sollte  sich  der Wegfall  der
Seite 9/13dritten Erfahrungsstufe aber nicht losgelöst von dem in § 73 NBesG benannten Perso-nenkreis rückwirkend zum 1. September 2011auswirken. Denn der Gesetzgeber spricht in der Gesetzesbegründung von „neu einzustellenden“ Beamten und bezieht sich damit auf einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt. Die Gesetzesbegründung zu § 73 NBesG ist  außerdem  im  Zusammenhang  mit  der  Gesetzesbegründung  zu  den  §§  71  und  72 NBesG zu betrachten. In der LT-Drs. 17/7081 (S. 62 f.) stellt der Gesetzgeber zum Ge-samtkomplex  der  §§  71 bis  73  NBesG  die gesetzgeberischen  Erwägungen  dar.  Darin differenziert der Gesetzgeber deutlich zwischen „am 1. September 2011 bereits vorhan-denen Beamten“ (zu § 72 Abs. 1 NBesG), „vom 1. September 2011 bis zum Tag des Inkrafttretens des Gesetzes eingestellten“ (zu § 72 Abs. 2 NBesG) und „ab dem Inkraft-treten des Gesetzes neu einzustellenden“ (zu § 73 NBesG) Beamten. Es handelt sich deshalbbei der Formulierung „neu einzustellende“ Beamte in der Gesetzesbegründung nicht  bloß  um  ein  redaktionelles  Versehen,  da  der  Gesetzgeber  hier  genau  zwischen bereits vorhandenen und neu einzustellenden Beamten differenziert. Aus  dem  Wortlaut  dieser  Gesetzesbegründungen  folgt  ferner,  dass  der  Gesetzgeber sich mit der Formulierung „ab dem Inkrafttreten des Gesetzes“ in der Begründung zu§ 73 NBesG nicht auf den 1. September 2011, sondern auf den 1. Januar 2017 bezieht. Mit der Formulierung „Gesetz“ ist hier nicht die einzelne Vorschrift, sondern das NBesG in der Gesamtform gemeint. Auch in der Begründung zu § 72 Abs. 2 NBesG spricht der Gesetzgeber von den vom „1. September 2011 bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes“ eingestellten Beamten und bezieht sich mit dem „Inkrafttreten dieses Gesetzes“ –ob-wohl auch § 72 NBesG bereits zum 1. September 2011 in Kraft getreten ist –auf den 1. Januar 2017. Der Gesetzgeber  hat  sich  mit  der  Regelung  des §  73  NBesG für  die  Abschaffung  der dritten Erfahrungsstufe zu einem bestimmten Stichtag entschieden. Diese gesetzgebe-rische Wertung kann nicht durch die Anwendung der Erfahrungsstufen der Anlage 5 über den Wortlaut des § 25 Abs. 1 Satz 2 NBesG umgangen werden. Auch  die Durchführungshinweisezu  den  §§  25  bis  27,  72  und  73  NBesG(Nds.  MBl. 2018, 141)stützen die vorgenannte Auslegung. Darin heißt esunter anderem: „Die Regelung des § 73 beinhaltet für die Zeit ab 1. Januar2017 für die BesGr. A 12, A 13  und  A  14  sowie  R  1  abweichend  zuden  bis  zum  31.  Dezember2016  geltenden Grundgehaltstabellen der Besoldungsordnungen A und R den Wegfall jeweils der ersten mit einem Grundgehaltsbetrag belegten Stufe.“
Seite 10/13Demnach hat der Gesetzgeber einen Wegfall der dritten Erfahrungsstufe nur für ab dem 1.Januar 2017 neu einzustellendeBeamte, nicht aber für zwischen dem 1. September 2011 und dem 31. Dezember 2016 bereits vorhandene Beamte regeln wollen."

Studienrat

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Plausibel und einseitig.

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Was sagst du und was sagt dein Anwalt zu der Begründung?

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Naja.. das hört sich für so an, als ob die reine Existenz der Paragraphen 71 und 73 als Hauptargument für die NLBV-Sichtweise reicht. Aber beide Paragraphen sind völlig unabhängig vom aktuellen Rechtsstreit und müssten auch ohne Günstigkeitsprüfung existieren, also kann man in die reine Existenz in meinen Augen auf keinen Fall einen Willen des Gesetzgebers hineininterpretieren. Wenn man also die Aspekte aus der Urteilsbegründung rausnimmt, bleibt nicht mehr viel übrig.

Kurz zur Begründung, warum die Paragraphen völlig unabhängig vom Rechtsstreit sind:

Paragraph 71 regelt rückwirkend das Grundgehalt für alle (!) Beamten zwischen 2011 und 2016, damit auch rückwirkend nach Erfahrungszeit statt Lebensalter bezahlt werden. Es ist also nicht extra für die geschrieben, bei denen eine Günstigkeitsprüfung durchgeführt wird. So umgeht das Land ja die Entschädigungszahlungen. Dass laut des Paragraphen die alten Besoldungstabellen genommen werden und dort auch Stufe 3 existiert, macht auch Sinn. Sonst hätte man im aktuellen Besoldungsgesetz ja nochmal alle Tabellen abdrucken müssen. Stufe 3 brauchte man zum Beispiel, wenn jemand jung 2010 angefangen hat und dann bis 2012 in Stufe 3 war, ohne von der Günstigkeitsprüfung zu profitieren. (Dass das monatliche Ablesen des Grundgehalts sowieso nichts mit der einmaligen Stufenfestsetzung zu tun hat, habe ich ja schon vorher erklärt...)

Paragraph 73 braucht man zum Beispiel für Beamte, die nicht in A12, A13 oder A14 begonnen haben, sondern dorthin aus dem gehobenen Dienst befördert wurden. Die hatten eine entsprechend andere Einstiegsstufe, die in Anlage 5 noch immer existiert, sind aber aufgrund des Alters vielleicht noch in Stufe 3 bei A12. Die profitieren dann von der Stichtagsregelung in Paragraph 73.

Was sagt ihr?

SwenTanortsch

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Es tut mir leid, restore, dass die Entscheidung diesen Weg genommen hat. Wenn ich es richtig sehe, ist sie allerdings juristisch schlüssig, weil das VG die Rechtslage zu prüfen hat und jene hat der Gesetzgeber mit dem Ziel entsprechend formuliert (oder soll man sagen, konstruiert), dass Widersprüche zurückzuweisen sind. Auf Grundlage der gültigen Gesetzeslage blieb dem VG letztlich nichts anderes übrig, als so zu entscheiden (vgl. das, was ich am 06.03. letzten Jahres zum Gesetzesvorbehalt geschrieben habe). Eventuell besteht noch der Angriffspunkt der Rückdatierung, wie ich das am 08.03.19 darzulegen versucht habe. Ich befürchte aber, dass selbst jener nicht greifen wird, da die Schlechterstellung innerhalb der geschaffenen Rechtsnormen wohl nicht als gegeben nachzuweisen ist - und falls doch, wärest Du mit hoher Wahrscheinlichkeit zunächst gezwungen, den gesamten Instanzenweg von der Berufung über die Revision zu durchschreiten, um am Ende eine Verfassungsbeschwerde mit Blick auf Art. 33 Abs. 5 GG mit der Begründung zu erheben, dass die Rückdatierung Dich in Deinen grundrechtsgleichen Rechten verletzt.

Wie damals gesagt, wenn es Dir und Deinem Anwalt gelingt, die Schlechterstellung auch nur eines Betroffenen nachzuweisen, wäre die Rückdatierung eventuell nicht statthaft - denn sie basiert auf der formulierten Rechtsnorm, das niemand schlechtergestellt wird. In diesem Sinne formuliert das NLBV: "Die Einführung von Erfahrungsstufen führt für die am 31.12.2016 vorhandenen Besoldungsempfängerinnen und Besoldungsempfänger in keinem Fall zu einer Schlechterstellung gegenüber dem bisherigen Recht der Stufeneinteilung." (https://www.nlbv.niedersachsen.de/bezuege_versorgung/besoldung/information-zum-neuen-niedersaechsischen-besoldungsgesetz-149797.html; Hervorhebungen wie im Original)

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Für mich klingt die Begründung nach dem unbedingten Ziel, sich bloß nicht mit der Behörde anzulegen.
Dafür ist jedes Mittel recht, und wenn man sich irgendetwas hanebüchenes aus den Fingern saugen muss!
Bei einem Urteil vor Gericht hängt es ganz stark von der richtenden Person ab.
Wieviele Lehrer kenne ich, die Angst vor den Folgen einer schlechten (aber gerechneten) Benotung haben und es sich mit Durchwinken leicht machen - und deren Begründungen sind nicht weniger hanebüchen!
Im Übrigen existieren diverse, für Rechtswissenschaftler unliebsame, Studien darüber, nach welchen absurden subjektiven Kriterien Richter in der Majorität aller Fälle entscheiden. Und die Hauptsache dabei ist, dass sie selbst gut dabei wegkommen. In unserem Fall ist es wahrscheinlich die Tatsache, dass ein Konflikt mit der Behörde nicht gewünscht ist.


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Was werden dein Anwalt und du nun tun, Restore?
Geht ihr in Revision?