Autor Thema: Vorweggewährung von Stufen nach §16,5 TV-L  (Read 19658 times)

Lothar57

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Im §16,5 TV-L heißt es:
Zur regionalen Differenzierung, zur Deckung des Personalbedarfs, zur Bindung von qualifizierten Fachkräften oder zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten kann Beschäftigten abweichend von der tarifvertraglichen Einstufung ein bis zu zwei Stufen höheres Entgelt ganz oder teilweise vorweg gewährt werden.

Hat jemand von Euch Erfahrungen mit der Anwendung dieses Paragraphen? In welchem Bundesland wird er angewandt? Welche Länder widersetzen sich der Anwendung? Welche Rechtsmittel gibt es?
Ceterum censeo paralleltabellum esse einzufuehrendam.

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Antw:Vorweggewährung von Stufen nach §16,5 TV-L
« Antwort #1 am: 14.01.2019 21:22 »
Hallo. In BW wird er z.B. angewandt. Sicherlich aber nicht in jeder Dienststelle. Einen Rechtsweg sehe ich nicht. Immerhin ist es eine Kann-Regelung für den AG und keinesfalls ein Muss. Ein Angebot eines externen AG erhöht die Chancen deutlich, dass der AG diese Regelung auch anwendet.

MoinMoin

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Antw:Vorweggewährung von Stufen nach §16,5 TV-L
« Antwort #2 am: 15.01.2019 06:15 »
Ich kenne kein Bundesland, welches diesen Paragraphen kategorisch und prinzipiell ablehnt.
Es ist jedoch immer eine Einzellentscheidung..
Konkrete Abwanderungsdrohungen sind natürlich Hilfreich. Rechtsmittel ist natürlich quatsch, da kein Anspruch existiert.
« Last Edit: 15.01.2019 06:54 von MoinMoin »

Spid

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Antw:Vorweggewährung von Stufen nach §16,5 TV-L
« Antwort #3 am: 15.01.2019 06:20 »
Eine Anwendung der Regelung kann prinzipiell auch darin bestehen, keinen Anwendungsfall zu sehen.

Lothar57

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Antw:Vorweggewährung von Stufen nach §16,5 TV-L
« Antwort #4 am: 15.01.2019 07:25 »
Nach eigener Recherche und Auskunft der Gewerkschaft muss der AG in jedem Antragsfall eine Einzelfallprüfung vornehmen. Eine pauschale Ablehnung entspräche nicht dem geforderten "Billigen Ermessen" bei der Entscheidung. Andererseits besteht aber auch kein Rechtsanspruch auf Gewährung der Zulage. Der Entscheidungsrahmen wird jedoch eingeengt durch die Vorgabe des Billigen Ermessens. Das finde ich alles ziemlich kompliziert, daher frage ich hier mal nach Erfahrungen oder Kenntnisse bzg. Arbeitsgerichtsverfahren oder außergerichtlicher Einigungen.
Ceterum censeo paralleltabellum esse einzufuehrendam.

Spid

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Antw:Vorweggewährung von Stufen nach §16,5 TV-L
« Antwort #5 am: 15.01.2019 07:35 »
Der AG müßte einen solchen „Antrag“ nicht einmal zur Kenntnis nehmen, geschweige denn bearbeiten. Eine Nichtbefassung bedürfte keinerlei Begründung, eine Ablehnung ebensowenig. Gibt der AG eine Begründung ab, wovon ihm abzuraten wäre, darf diese nicht gegen geltendes Recht ( „Weil Du eine Frau/schwarz/katholisch bist“) verstoßen.

MoinMoin

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Antw:Vorweggewährung von Stufen nach §16,5 TV-L
« Antwort #6 am: 15.01.2019 08:00 »
Nach eigener Recherche und Auskunft der Gewerkschaft muss der AG in jedem Antragsfall eine Einzelfallprüfung vornehmen.
Interessant. Bitte frage die Gewerkschaft auf welcher Basis dieses muss beruht. Bzw. worauf deine Recherche beruht.
Zitat
Eine pauschale Ablehnung entspräche nicht dem geforderten "Billigen Ermessen" bei der Entscheidung. Andererseits besteht aber auch kein Rechtsanspruch auf Gewährung der Zulage.
Eben. Kein Rechtsanspruch, keine Notwendigkeit einer Prüfung, ob eine kann Regelung angewendet werden könnte. Erstaunlich welche Qualitäten da wieder gewerkschaftlich gezeigt werden, bzw. was mit Gewerkschaft verbunden wird. Ich hoffe, dass diese Aussage nicht von einen Rechtsanwalt der Gewerkschaft kam.
Zitat
Der Entscheidungsrahmen wird jedoch eingeengt durch die Vorgabe des Billigen Ermessens. Das finde ich alles ziemlich kompliziert, daher frage ich hier mal nach Erfahrungen oder Kenntnisse bzg. Arbeitsgerichtsverfahren oder außergerichtlicher Einigungen.
Aber vielleicht reicht ja auch ein Schreiben des AG, das er kein Notwendigkeit der regionalen Differenzierung sieht, er keine Maßnahmen zur Deckung des Personalbedarfs benötigt und er den Antragsteller nicht als qualifizierten Fachkraft ansieht, die er binden möchte. Und eine Notwendigkeit zum Ausgleich der (noch darzulegenden und begründeten) höherer Lebenshaltungskosten beizutragen kann er auch nicht erkennen.
Wäre Dir mit so einem Schreiben geholfen damit geholfen?

Also was meine Erfahrungen angeht: Es gibt AG, die das machen, im Bereich IT schon eher, damit man die Stufe 3 Hürde reisen kann und das Entgelt attraktiver macht.
Ich kenne auch Fälle, die mit einem neuen Arbeitsvertrag wedelten und dann flugs entsprechendes Entgelt bekommen haben und auch Fälle die dann abgeblitzt sind.
In den TdL Durchführungshinweise:
https://www.mf.niedersachsen.de/download/74730/TV-L_16_und_17_-_Stand_25.01.2013.pdf
wird sich auch damit beschäftigt. Insofern wird eben nicht pauschal abgelehnt.

Skedee Wedee

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Antw:Vorweggewährung von Stufen nach §16,5 TV-L
« Antwort #7 am: 15.01.2019 08:14 »
Nach eigener Recherche und Auskunft der Gewerkschaft muss der AG in jedem Antragsfall eine Einzelfallprüfung vornehmen. Eine pauschale Ablehnung entspräche nicht dem geforderten "Billigen Ermessen" bei der Entscheidung. Andererseits besteht aber auch kein Rechtsanspruch auf Gewährung der Zulage. Der Entscheidungsrahmen wird jedoch eingeengt durch die Vorgabe des Billigen Ermessens. Das finde ich alles ziemlich kompliziert, daher frage ich hier mal nach Erfahrungen oder Kenntnisse bzg. Arbeitsgerichtsverfahren oder außergerichtlicher Einigungen.

Gewerkschaftlicher Auskunftsmüll.  ::) Es besteht schlichtweg kein Rechtsanspruch. Der AG kann, muss aber nicht. Sofern der AG jemanden aus bestimmten Gründen halten möchte, dann hat er die Möglichkeit diese Trumpfkarte ziehen.

TV-Ler

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Antw:Vorweggewährung von Stufen nach §16,5 TV-L
« Antwort #8 am: 15.01.2019 08:21 »
Der AG müßte einen solchen „Antrag“ nicht einmal zur Kenntnis nehmen, geschweige denn bearbeiten. Eine Nichtbefassung bedürfte keinerlei Begründung, eine Ablehnung ebensowenig. Gibt der AG eine Begründung ab, wovon ihm abzuraten wäre, darf diese nicht gegen geltendes Recht ( „Weil Du eine Frau/schwarz/katholisch bist“) verstoßen.
Demnach müsste die Anwendung einer Regelung aus dem Tarifvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht einmal erörtern werden? Worauf gründet sich das Recht des Arbeitgebers auf Nichtkommunikation?

Spid

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Antw:Vorweggewährung von Stufen nach §16,5 TV-L
« Antwort #9 am: 15.01.2019 08:24 »
Da kein Anspruch des AN besteht, gibt es auch keine entsprechende Rechtspflicht für den AG.

MoinMoin

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Antw:Vorweggewährung von Stufen nach §16,5 TV-L
« Antwort #10 am: 15.01.2019 08:28 »
Demnach müsste die Anwendung einer Regelung aus dem Tarifvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht einmal erörtern werden? Worauf gründet sich das Recht des Arbeitgebers auf Nichtkommunikation?
Soll das heißen, dass der AG bei jeder Neueinstellung alle nicht zur Anwendung gebrachten kann-Regelungen erläutern soll/"muß".
Gibt es das Recht auf Mitarbeitergespräche? Falls ja, kann es dort erörter werden.
Und die Art und Weise einer möglichen Erörterung (wenn es sich um einen schlechten, mitarbeiter-verachtenden AG handelt) habe ich weiter oben geschrieben.

Skedee Wedee

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Antw:Vorweggewährung von Stufen nach §16,5 TV-L
« Antwort #11 am: 15.01.2019 08:29 »
Worauf gründet sich das Recht des Arbeitgebers auf Nichtkommunikation?

Worauf gründet angeblich die Pflicht des Arbeitgebers auf Kommunikation in diesem speziellen Fall?

TV-Ler

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Antw:Vorweggewährung von Stufen nach §16,5 TV-L
« Antwort #12 am: 15.01.2019 08:37 »
Demnach müsste die Anwendung einer Regelung aus dem Tarifvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht einmal erörtern werden? Worauf gründet sich das Recht des Arbeitgebers auf Nichtkommunikation?
Soll das heißen, dass der AG bei jeder Neueinstellung alle nicht zur Anwendung gebrachten kann-Regelungen erläutern soll/"muß".
Wo soll da ein Zusammenhang sein?
Wenn der Arbeitnehmer ein Begehr hat und sich dabei auf eine (Kann)Regelung aus dem einschlägigen Tarifvertrag beruft, ist das doch etwas völlig anderes als eine etwaige "Pflicht" des AG bei Begründung eines AV umfangreich Tarifregelungen erläutern zu müssen.

Also: Der AN hat ein Begehr, stützt sich dabei auf eine Kannregelung aus dem Tarifvertrag und der AG soll dies mit Schweigen beantworten dürfen? Entspricht derartiges den üblichen Umgangssitten?

Spid

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Antw:Vorweggewährung von Stufen nach §16,5 TV-L
« Antwort #13 am: 15.01.2019 08:40 »
Solange Du keine konkrete Rechtspflicht des AG anführen kannst, darf er das.

TV-Ler

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Antw:Vorweggewährung von Stufen nach §16,5 TV-L
« Antwort #14 am: 15.01.2019 08:40 »
Da kein Anspruch des AN besteht, gibt es auch keine entsprechende Rechtspflicht für den AG.
Das Verhältnis zwischen AG und AN besteht nicht nur aus Rechtspflichten, auch wenn diese selbstverständlich wesentlich sind.