Autor Thema: Spezialitätsprinzip (Teil I oder II der EGO zum TV-L)  (Read 6459 times)

dmmx

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Liebe Experten,

angenommen, ein behördlicher Arbeitgeber, der selbst kein Archiv ist, aber mehrere intern und z.T. auch extern genutzte Teilarchive seiner Daten und Akten unterhält, bewertet eine Stelle, die in diesen Archiven angesiedelt ist, und die von der Tätigkeit her (Erfassung von Archivgut, Digitalisierung, Metadatenerfassung [Inhaltliche Beschreibung/Verschlagwortung], Nutzerauskünfte, archivgerechte Aufbewahrung) gut auf den Archivdienst passt (und weniger in den allgemeinen Verwaltungsdienst) - sind dann die Tätigkeitsmerkmerkmale des allgemeinen Teils  (I) der EGO anzuwenden oder die des speziellen (II)?

Was tun, wenn der AG Teil I für allein maßgeblich hält?

Bin gespannt auf die Antworten!

Lars73

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Antw:Spezialitätsprinzip (Teil I oder II der EGO zum TV-L)
« Antwort #1 am: 30.01.2019 17:46 »
Im ersten Schritt würde ich schauen ob es im Ergebnis der Eingruppierung eine Rolle spielt.

Dann muss man klären ob es wirklich Archiv und nicht nur Registratur etc. ist und es zu 50% entsprechende Archivtätigkeiten sind. Dann gehen die speziellen Merkmale vor. Ggf. müsste man eine Eingruppierungsklage anstrenhen. Vorher fordert man schriftlich die entsprechende Bezahlung. Zur Vorbereitung der Klage würde ich ggf. ein Arbeitszeugnis (Zwischenzeugnis) anfordern.

Kraeuterwiese

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Antw:Spezialitätsprinzip (Teil I oder II der EGO zum TV-L)
« Antwort #2 am: 30.01.2019 19:26 »
Die Einstufungen in Teil II sind das große Ärgernis für die Mitarbeiter in Bibliotheken und Archiven. Je nach fachlicher Ausbildung und Abschluß geht da
maximal E5 oder E9. Egal welche Aufgaben kommen, wie komplex, anspruchsvoll und umfangreich diese sind, bleibt man auf dieser Stufe hängen. Zumindest im Landesdienst.
Günstiger erscheinen da Einstufungen im allgemeinen Teil, da nach Aufgaben und Tätigkeitsmerkmalen usw durchaus ein Durchstieg in eine höhere
Eingruppierung möglich ist und besser gerichtlich durchgesetzt werden kann.
Beim Bund und den Kommunen wurde dieser Unsinn vor Jahren abgeschafft. Die Länder hinken mal wieder hinterher und es ergeben sich zum Teil extrem krasse Gehaltsunterschiede.


Spid

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Antw:Spezialitätsprinzip (Teil I oder II der EGO zum TV-L)
« Antwort #3 am: 30.01.2019 20:25 »
Wann wurden denn E6 und E10 in Teil II Abschnitt 1 gestrichen?

dmmx

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Antw:Spezialitätsprinzip (Teil I oder II der EGO zum TV-L)
« Antwort #4 am: 31.01.2019 08:22 »
Vielen Dank für die Antworten!

Es handelt sich um eine Stelle, die für einen unbequemen TB "gestrickt" wurde, der vorher von E 13 auf E9 herabgruppiert wurde. Sie soll nach E 11 bewertet werden. Aufgrund der Stellenbeschreibung und der vermutlichen Bindung an Teil II der EGO sieht der TB jedoch höchstens eine E9. Der TB muss sich jetzt überlegen, ob er die Stelle annimmt oder weiter um die E13 kämpft.
Die Willkür, mit der der AG Eingruppierungen "zurecht biegt", ärgert den TB maßlos...

Es handelt sich nicht um Registraturtätigkeiten, es geht um "tote" Bestände mit historischen Fotoaufnahmen und topographischen Plänen.

Kraeuterwiese

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Antw:Spezialitätsprinzip (Teil I oder II der EGO zum TV-L)
« Antwort #5 am: 31.01.2019 13:02 »
Was ist ein "TB"? Leider kann ich damit nichts anfangen.
Wie gesagt, die spezifischen Merkmale gehen immer vor die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale. Wer nicht fachlich ausgebildet ist, landet - eigentlich - noch eine Stufe weiter unten...
Vielleicht kann sich derjenige mal mit seinem Problem direkt an den Verein der Archivare wenden bzw. mal Verdi kontaktieren...
Eigentlich wollten die Länder auch die EGO schon beim letzten Mal dahingehend überarbeiten, ob das jetzt was wird ist zumindest unsicher. Momentan wäre eben keine E11 drin.
Die Beschreibung der Tätigkeiten wären dahingehend sehr interessant...!


dmmx

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Antw:Spezialitätsprinzip (Teil I oder II der EGO zum TV-L)
« Antwort #6 am: 31.01.2019 13:05 »
TB = Tarifbeschäftigter. Foren-Slang;-)

Houana

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Antw:Spezialitätsprinzip (Teil I oder II der EGO zum TV-L)
« Antwort #7 am: 31.01.2019 14:37 »
@dmmx Es handelt sich eben nicht um Archivgut, sondern um Registraturgut. Ich will jetzt hier keinen Aufsatz über die Umwidmung von Registraturgut durch die Bewertung und Übernahme in das zuständige öffentliche Archiv und die damit einhergehende Zuordnung zum Rechtskreis und zu den Aufgaben der Archivgesetzgebung halten, es spielt aber eben keine Rolle ob das Registraturgut wie du schreibst "tot" ist (damit meinst Du vermutlich, dass es keine Fortführung mehr erfährt), sondern ob es sich um Archivgut mit entsprechendem Rechtsstatus (auch was die Zugriffsrechte aus spezialgesetzlichen Datenschutzbestimmungen und die konservatorische Behandlung angeht) handelt.
Es gibt zwar durchaus besondere Fälle von Behörden"archiven" (= BND, Auswärtiges Amt), um diese handelt es sich aber mit großer Sicherheit nicht oder? Entsprechend dürfte es sich nicht um Archivtätigkeiten, sondern um Verwaltungstätigkeiten handeln.

dmmx

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Antw:Spezialitätsprinzip (Teil I oder II der EGO zum TV-L)
« Antwort #8 am: 31.01.2019 14:46 »
@Hoana: Danke für diese Einschätzung, sehr interessant. Die Unterscheidung Archivgut/Registraturgut würde mich sehr interessieren. Eine Registratur haben wir nämlich auch, damit hat aber die Stelle nichts zu tun. Es handelt sich um den Bereich Denkmalpflege.
Wenn gewünscht, kann ich die Stellenbeschreibung zur besseren Beurteilung hier einstellen.

dmmx

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Antw:Spezialitätsprinzip (Teil I oder II der EGO zum TV-L)
« Antwort #9 am: 31.01.2019 15:26 »
BayArchivG:



Art. 2

Begriffsbestimmungen


(1) 1Archivgut sind alle archivwürdigen Unterlagen einschließlich der Hilfsmittel zu ihrer Nutzung, die bei Behörden, Gerichten und sonstigen öffentlichen Stellen oder bei natürlichen Personen oder bei juristischen Personen des Privatrechts erwachsen sind. 2Unterlagen sind vor allem Akten, Urkunden und andere Einzelschriftstücke, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterial und sonstige Datenträger sowie Dateien einschließlich der zu ihrer Auswertung erforderlichen Programme. 3Zum Archivgut gehört auch Dokumentationsmaterial, das von den Archiven ergänzend gesammelt wird.

(2) Archivwürdig sind Unterlagen, die für die wissenschaftliche Forschung, zur Sicherung berechtigter Belange Betroffener oder Dritter oder für Zwecke der Gesetzgebung, Rechtsprechung oder Verwaltung von bleibendem Wert sind.

(3) Archivierung umfaßt die Aufgabe, das Archivgut zu erfassen, zu übernehmen, auf Dauer zu verwahren und zu sichern, zu erhalten, zu erschließen, nutzbar zu machen und auszuwerten.

Bei den genannten Archiven ist nix dabei, was nach einer Frist zu vernichten ist (Gegensatz zur Registratur?).



dmmx

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Antw:Spezialitätsprinzip (Teil I oder II der EGO zum TV-L)
« Antwort #10 am: 31.01.2019 15:32 »
"Doch was macht Archivgut eigentlich aus und durch welche Kennzeichen lässt es sich vom
Sammlungsgut unterscheiden? Zunächst ist festzuhalten, das Archivgut aus Registraturgut
entsteht. Registraturgut ist die Gesamtheit der Dokumentation, auch Karten, Bilder, Filme,
Ton u.ä., die ein Registraturbildner zur Erledigung seiner Aufgaben und Aktivitäten selbst
erstellt, anlegt und aufbewahrt.65 Aus Registraturgut wird dann Archivgut, wenn es sich
durch einige wesentliche, singuläre Merkmale bestimmen lässt: durch Archivreife (wenn der
Registraturbildner es nicht mehr für die eigene Arbeit benötigt), Archivwürdigkeit (es muss
von politischer, wirtschaftlicher, rechtlicher, militärischer, kultureller, technischer
Bedeutung sein) und durch die archivische Zuständigkeit (Abgabepflicht der
Registraturbildner)"

alles erfüllt.

Houana

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Antw:Spezialitätsprinzip (Teil I oder II der EGO zum TV-L)
« Antwort #11 am: 31.01.2019 16:39 »
Das ist schön, dass das alles erfüllt ist. Wenn es sich bei der Einrichtung aber nicht um das für deine Einrichtung zuständige öffentliche Archiv handelt, handelt es sich bei den in der Einrichtung verwalteten Unterlagen nicht um öffentliches Archivgut, womit auch das Landesarchivgesetz nicht greift. Welches öffentliche Archiv für deine Verwaltung zuständig ist, ist Dir hoffentlich bekannt oder?
Die Kompetenz, über die Archivwürdigkeit zu entscheiden, liegt grundsätzlich nicht bei der erzeugenden Stelle. Darüber kann dir aber sicher dein zuständiges Landesarchiv (nachdem du hier im TV-L-Bereich postest warsch. zutreffend) Auskunft geben. Ob es außerhalb des jeweils zuständigen öffentlichen Archivs "echte" Archivare im Sinne der tarifrechtlichen Bestimmungen geben kann, kann ich dir aber leider auch nicht sagen.

Spid

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Antw:Spezialitätsprinzip (Teil I oder II der EGO zum TV-L)
« Antwort #12 am: 31.01.2019 17:00 »
Ich sehe nicht, daß die Tarifparteien den einem beliebigen Landesgesetz entspringenden Archivbegriff vereinbarten. Dagegen spricht u.a. das Fehlen eines entsprechenden Hinweises („Archive nach diesem Abschnitt sind Archive, die aufgrund der jeweiligen Landesgesetze als solche bestimmt sind“ oder so ähnlich), aber auch die Formulierung des tariflichen TBM in E9 Fg. 2 letzte Alternative.

dmmx

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Antw:Spezialitätsprinzip (Teil I oder II der EGO zum TV-L)
« Antwort #13 am: 31.01.2019 17:01 »
Also: "ferner
entsprechende Beschäftigte in Museen und anderen wissenschaftlichen Anstalten"?
Wobei die Behörde kein Museum und keine wissenschaftliche Anstalt ist. Denkmalpflege eben, Fachbehörde.

Ich sehe die Stelle eher hier: "sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfah-rungen entsprechende Tätigkeiten ausüben".

Also EGO Teil II maßgeblich (zumindest zu großenTeilen) und > E9 eigentlich unmöglich?
« Last Edit: 31.01.2019 17:08 von dmmx »

Spid

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Antw:Spezialitätsprinzip (Teil I oder II der EGO zum TV-L)
« Antwort #14 am: 31.01.2019 17:16 »
Der „sonstige Beschäftigte“ ist ein gänzlich anderes Konstrukt mit spezifischer tariflicher Wirkung. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Behörde des TE unter die von mir genannte Alternative fiele. Ich habe damit nur den Willen der Tarifparteien ergründet.