Die Schuldenbremse ist eher mehr ein politisches Instrument als eine ökonomische Herausforderung - die zu ihrer Konstituierung gewählten Formulierungen lassen politisch gesehen offensichtlich recht viele Spielräume zu, wie sie interpretiert werden kann, wenn es denn ab nächstem Jahr so weit ist, dass sie tatsächlich für die Länder gilt. Bislang war sie für die Länderfinanzminister bzw. die jeweiligen Regierungen im Allgemeinen ein politisch willkommenes Mittel, um sie als Klabautermann nutzen zu können. Bei ungenehmen Forderungen konnte man stets einwenden, dass diese ab 2020 eine so schwere Hypotheken darstellen würden, dass ab da dann in vielen anderen Feldern gewaltigste Einschnitte nötig sein würden. Ungenehme Forderungen oder Ansprüche konnten so rasiert werden. Sobald sie denn dann Wirklichkeit sein wird, wird es - wenn es politisch genehm ist - vielfache Ausnahmen geben, darauf gehe ich jede (naja, fast jede) Wette ein.
Fakt ist auf jeden Fall nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass eine nicht amtsangemessene Alimentation nur in Zeiten von Haushaltsnotlagen statthaft ist, und zwar innerhalb eines zu begründenden Gesamtkonzepts, in dem eine solche Alimentation nur ein Baustein der Konsolidierung unter anderen darstellen dürfte. "Sonderopfer" der Beamten sind nicht statthaft (Gleichheitsgrundsatz). Da offensichtlich bislang kein Bundesland einer entsprechend nötigen Begründungspflicht nachgekommen ist, offensichtlich noch nicht einmal die prozeduralen Anforderungen erfüllt hat, da keine Gesamtwirkungen abgewogen worden sind (Verhältnismäßigkeit), sind die meisten Besoldungsgesetze der Länder augenscheinlich nicht justiziabel. In diesem Sinne haben beispielsweise in den letzten Jahren das VG Bremen und das OVG- Berlin-Brandenburg die jeweiligen Alimentationen der beiden Länder schon allein aus dem Grund als verfassungswidrig beurteilt, da diese nach ihrer Ansicht ohne ausreichender prozeduraler Begründung bereits automatisch rechtswidrig seien (auch über diese Frage wird das Bundesverfassungsgericht in absehbarer Zeit eine grundsätzliche Entscheidung treffen müssen, also welche Rolle zukünftig die Justiziabilität spielen wird).
Lange Rede kurzer Sinn: Ohne Haushaltsnotlage ist eine nicht amtsangemessene Alimentation auch zukünftig verfassungswidrig; bei Haushaltsnotlagen ist sie nur für begrenzte Zeit innerhalb eines umfassenden und abwägenden Gesamtkonzepts gestattet, in dem sie nur einen verhältnismäßigen Posten unter anderen darstellen darf. Sofern das Bundesverfassungsgericht die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts über die Dauer der Verfassungswidrigkeit teilen würde, dürfte die vergangene niedersächsische Alimentation selbst während Haushaltsnotlagen nicht statthaft gewesen sein, da sie von 2005 bis 2016 kein Ausnahme-, sondern der Regelfall war; es gab keine zeitliche Begrenzung. Dieser Punkt verbunden mit der mangelnden Justiziabilität und nicht gegebenen Verhältnismäßigkeit war für das Bundesverwaltungsgericht offenbar bereits so klar, dass es darauf in seinem Beschluss vom letzten Herbst gar nicht mehr tiefergehend eingegangen ist, während es ein Jahr zuvor in dem Beschluss zur Berliner Alimentation diesbezüglich noch recht umfassend argumentiert hat.
Das Bundesverwaltungsgericht scheint sich seiner Sache so sicher, bewertet die niedersächsische Alimentation offensichtlich als so abwegig, dass es auf dieses wichtige Feld gar nicht mehr eingeht. Die Begründung des Beschlusses zu Niedersachsen ist umfangmäßig im Vergleich zu der des Beschlusses zu Berlin SEHR schmal. Die Richter des Bundesverwaltungsgerichts dürften für diese mangelnde Epik ihre Gründe haben.
Das war jetzt eine etwas längere Ausführung: Pardon!