Autor Thema: Häufig krank = besonders behandelbar  (Read 14786 times)

Rattgeber

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Häufig krank = besonders behandelbar
« am: 22.03.2019 14:43 »
Hey es gibt wieder ein Forum - wie schön und spid hat schon wieder die Meisten Beiträge - Respekt!

Ich hätte da eine rechtliche Fragestellung und bitte um belastbare Antworten und fundierte Meinungen:

Fallbeispiel:
Ein Mitarbeiter ist in drei aufeinander folgenden Jahren 89 / 169 /168 Tage krank gemeldet. Es liegt keine Schwerbehinderung oder bekannte Grunderkrankung vor. Im Zuge seiner Arbeit fallen regelmäßig Wochenenddienste und Überstunden (welche über ein Arbeitszeitkonto ausgegleichen oder später bezahlt werden) sowie teilw. Schichtbetrieb an.
Dabei fällt auf, dass betreffender Mitarbeiter in drei Jahren keinen einzigen Wochenenddienst und keinen Spätdienst nach 22:00 Uhr geleistet hat sondern dann jeweils krank war. In einem Personalgespräch verneint der Mitarbeiter grundlegende Probleme zu haben und erklärt er "sei eben häufig krank gewesen".

Darf der Mitarbeiter zukünftig von Überstunden und Wochenenddiensten ausgeschlossen werden und seine Arbeitszeit ausschließlich auf die norm. Wochenarbeitsschiene gelegt werden?

Urlaubstage darf der Betroffene nur in den Schulferien nehmen - nun möchte man ihm auch hier die Tage in einem Jahresplan vorschreiben (das dürfte nicht legal sein...)

Danke für eure Antworten.


Spid

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Antw:Häufig krank = besonders behandelbar
« Antwort #1 am: 22.03.2019 14:51 »
Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet nur, einzelne Arbeitnehmer willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen heraus gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage zu benachteiligen. Ob ein derartiges Handeln willkürlich ist oder auf sachfremden Erwägungen heraus erfolgt, kann dahingestellt bleiben, da Überstunden und Wochenddienste keine Vorteile, sondern vielmehr Benachteiligungen darstellen und somit die Befreiung davon begünstigend ist.

MoinMoin

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Antw:Häufig krank = besonders behandelbar
« Antwort #2 am: 22.03.2019 14:56 »
Fallbeispiel:
Ein Mitarbeiter ist in drei aufeinander folgenden Jahren 89 / 169 /168 Tage krank gemeldet.
Frage:
Dann zahlt ihr ja die meiste Zeit nicht mehr für diesen Mitarbeiter, oder hat er so viele unterschiedliche Krankheiten?

Rattgeber

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Antw:Häufig krank = besonders behandelbar
« Antwort #3 am: 22.03.2019 14:57 »
Es waren, laut seiner Aussage, stets andere Erkrankungen - unzusammenhängend.

Für den Betroffenen sind Überstunden positiv, da er so alle Schulferien frei haben könnte, wenn denn genug geleistet wurden.

Spid

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Antw:Häufig krank = besonders behandelbar
« Antwort #4 am: 22.03.2019 15:00 »
Ob der Betroffene das so sieht, ist unbeachtlich. Für die Beurteilung einer Benachteiligung ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Sonderformen der Arbeit sind grundsätzlich benachteiligend.

MoinMoin

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Antw:Häufig krank = besonders behandelbar
« Antwort #5 am: 23.03.2019 08:30 »
Es waren, laut seiner Aussage, stets andere Erkrankungen - unzusammenhängend.
Und welcher ICD10 Code wurde übermittelt? Ist er Medizinier?
Sprich was sagt der Arzt/die AU/Die Kasse dazu?

marco.berlin

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Antw:Häufig krank = besonders behandelbar
« Antwort #6 am: 23.03.2019 16:58 »
Jeweils andere Erkrankungen!? Respekt. Der/die muss ja echt nen Wrack sein... Gab es keinen Versuch das mal begutachten zu lassen? Keine Möglichkeit den Mitarbeiter umzusetzen?

Rattgeber

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Antw:Häufig krank = besonders behandelbar
« Antwort #7 am: 23.03.2019 23:47 »
Nein er ist kein Mediziner. Den Code kenne ich nicht - die Kasse sagt dazu gar nichts. Ich könnte jetzt sagen, dass die Krankmeldungen von mehr als 10 verschiedenen Ärzten stammen :) aber das ist für unser weiteres Vorgehen uninteressant. Eine Versetzung scheiterte daran, dass der Mitarbeiter diese ablehnt. Er sieht kein Problem.

Spid

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Antw:Häufig krank = besonders behandelbar
« Antwort #8 am: 24.03.2019 06:11 »
Grundsätzlich bedarf es seiner Zustimmung nicht.

MoinMoin

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Antw:Häufig krank = besonders behandelbar
« Antwort #9 am: 24.03.2019 07:58 »
Nein er ist kein Mediziner. Den Code kenne ich nicht - die Kasse sagt dazu gar nichts. Ich könnte jetzt sagen, dass die Krankmeldungen von mehr als 10 verschiedenen Ärzten stammen :) aber das ist für unser weiteres Vorgehen uninteressant. Eine Versetzung scheiterte daran, dass der Mitarbeiter diese ablehnt. Er sieht kein Problem.
Habt ihr bei euch ein BEM (Als Berufliches Eingliederungsmanagent?)
Solche Sachen sind ja immer zweischneidig, zunächst schwebt das Blaumachen ja immer im Raum.

Als AG kann man jetzt natürlich diesen MA komplett anders planen (also keine WE / Nacht oder andere Schichten, ÜStunden schon garnicht). Bis hin ihn komplett woanders hin versetzen mit der Begründung, dass ja offensichtlich die Schichtarbeit seine Gesundheit beeinträchtigt. DAs nennt man dan Fürsorgepflicht des Ags.
Andererseits, kann man natürlich die krankheiten anzweifeln und Amtsärztlichen Rat einholen.
Oder aber man dreht den Spieß um und beantragt Krankentagegeld, weil er mehr als 42 Tage zusammen hat. Da wird man ja ehen, was die KV dazu sagt.
(Ich gehe davon aus, das er ab dem 1 Krankheitstag eine AU beibringen muss)

Rattgeber

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Antw:Häufig krank = besonders behandelbar
« Antwort #10 am: 24.03.2019 10:13 »
Nein, ein BEM gibt es nicht.

Krankmeldung ab dem ersten Tag = Ja so ist es seit 2017 angeordnet.
Der AG hat den Betroffenen ab 2019 von Spät- und Nacht- wie auch Wochenenddiensten ausgenommen und ihm eine "Kernarbeitszeit" verordnet.
Außerdem wurden ihm seine Urlaubstage für dieses Jahr im Voraus geplant.

Den letzten Punkt wird man wohl Morgen rückgängig machen und ihm die Möglichkeit anbieten seine Urlaubstage selbst zu legen.

Dann hätte das, aus meiner Sicht, ja alles seine Richtigkeit (zumindest im rechtlichen Sinne)

marco.berlin

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Antw:Häufig krank = besonders behandelbar
« Antwort #11 am: 24.03.2019 10:59 »
Was heißt, BEMgibt es nicht? AN wollte nicht, oder noch nicht angeboten? Letzteres sollte andernfalls umgehend erfolgen. Nur zwingen könnt ihr den AN halt nicht zur Teilnahme.

Rattgeber

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Antw:Häufig krank = besonders behandelbar
« Antwort #12 am: 24.03.2019 11:29 »
Verzeihung, da habe ich mich wohl falsch ausgedrückt: AN will nicht, da er kein Problem erkennt.

BStromberg

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Antw:Häufig krank = besonders behandelbar
« Antwort #13 am: 25.03.2019 08:24 »
Verzeihung, da habe ich mich wohl falsch ausgedrückt: AN will nicht, da er kein Problem erkennt.

Wenn AN-seitig auf BEM verzichtet wird, sollte sich ein versierter Personaler mal tunlichst die Akte schnappen und einen freien Nachmittag darauf verwenden, z.B. eine Abwägung anzustellen, ob/inwiefern eine personenbedingte Kündigung dieses renitenten Verweigerers/Rosinenpickers erfolgreich wäre.

Ein kleiner Mittelständler geriete mit solchen low-performern schnell ins betriebswirtschaftliche Schlingern... dass man das im öD alles etwas entspannter sieht und mitunter jahrelang so laufen lässt, habe ich noch nie verstanden (ist mindestens mal unkollegial allen anderen Mitarbeitern gegenüber)!

Auch wenn eine solche Kündigung nicht ganz einfach zum Erfolg zu bringen ist, so sollte man diese Option zumindest ernsthaft prüfen... viel schlimmer kann es den Betrieb ja nicht treffen... der Delinquent ist ja heute schon mehr abstinent als dienststellenpräsent.

 
"Ich brauche Informationen.
Meine Meinung bilde ich mir selber."
(Charles Dickens)

tomk

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Antw:Häufig krank = besonders behandelbar
« Antwort #14 am: 25.03.2019 09:29 »
Auch wenn eine solche Kündigung nicht ganz einfach zum Erfolg zu bringen ist, so sollte man diese Option zumindest ernsthaft prüfen... viel schlimmer kann es den Betrieb ja nicht treffen... der Delinquent ist ja heute schon mehr abstinent als dienststellenpräsent.

Da der Beschäftigte das BEM abgelehnt hat sollte die ne­ga­ti­ve Ge­sund­heits­pro­gno­se bei den Fehlzeiten nicht so schwer darstellbar sein. Als Arbeitnehmer mit den Fehlzeiten ein BEM abzulehnen ist schon fahrlässig...