Autor Thema: Erfahrungsstufe ist selbst zu beantragen??  (Read 5719 times)

Sonnenschein

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Erfahrungsstufe ist selbst zu beantragen??
« am: 28.03.2019 13:08 »
Folgender Fall eines Kollegen in der E10 Endstufe

2017 wäre er in die Endstufe gekommen, die Personalabteilung hat dies verpasst, dem Kollegen war es auch nicht aufgefallen.
Jetzt ist es aus welchen Gründen in der Personalabteilung aufgefallen und es wurde seit 2017 eine Nachzahlung veranlaßt. 2 Tage später erfolgt ein Anruf, dass nach §37 TVÖD eine rückwirkende Antragstellung nur für 6 Monate möglich ist und er den Betrag, der 6 Monate übersteigt, zurückzahlen soll. Er hätte den Sutfenaufstieg schriftlich beantragen müssen!Die Personalabteilung läßt sich da auch auf keine Diskussion ein und zieht sich auf die 6-Monatsregelung zurück.

Ich bin der Meinung, dass §16 keine Antragstellung vorsieht. Der Stufenaufstieg erfolgt automatisch nach der festgelegten Zeit. Alle anderen Stufen wurden ja auch dementsprechend ausgezahlt.

Da es sich hier um einen eindeutigen Fehler des Arbeitgebers handelt, greift hier überhaupt der §37 in dem Fall und muss nicht nach §16 der Stufenaufstieg nachgezahlt werden (ggf sogar mit Verzinsung)?

Die Krönung war sogar, dass sich mein Kollege allein um die Rückerstattung der abgeführten Lohnsteuer kümmern soll....

Ich rede noch nicht mal von Mitarbieterzufriedenheit, die hier meiner Meinung nach mit Füßen getreten wird, sondern dass §16 Stufenaufstieg völlig ignoriert wird und auf §37 verwiesen wird, der nach meiner Lesart eigentlich für andere Anträge gmeint ist, wie z.B. Wechsel Steuerklasse etc.

Spid

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Antw:Erfahrungsstufe ist selbst zu beantragen??
« Antwort #1 am: 28.03.2019 13:15 »
§37 TVÖD greift auch bei Verschulden des AG.

MoinMoin

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Antw:Erfahrungsstufe ist selbst zu beantragen??
« Antwort #2 am: 28.03.2019 14:10 »
und §37 TVÖD greift auch bei Verschulden des AN.  :P

Ja ist dumm gelaufen für den Kollegen. Aber alles Rechtens.

Mannheim

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Antw:Erfahrungsstufe ist selbst zu beantragen??
« Antwort #3 am: 28.03.2019 15:52 »
Ihr arbeitet sicherlich bei meinem Ex Arbeitgeber.

Die Personalabteilung hat mich von der Arbeitszeit her als Beamter mit 41 h in der Woche geführt und diese auch abgezogen. Obwohl ich als Angestellter 2 h weniger hatte.

Das ging , da ich extrem viele Überstunden hatte unter und auch hier gab es obwohl es ein offensichtliches Verschulden des AG war nur das halbe Jahr.

Ich habe mir aber die Stunde anderweitig wieder zurück geholt.  ;)

AlphaOmega

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Antw:Erfahrungsstufe ist selbst zu beantragen??
« Antwort #4 am: 28.03.2019 16:02 »
Geh doch mal zum Anwalt.
Ich habe vor ein paar Tagen in einer anderen fiktiven Fallkonstellation dieselbe Frage gestellt und noch keine Antwort bekommen. Ich kann die Frage selbst nicht vor Gericht klären lassen, weil es ein fiktives Beispiel war.

Die kurze Antwort hier von Spid kann ich überhaupt nicht deuten.

"§ 37
(1) 1Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von der/dem Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. [...]"

Ich habe in Urteilen öfter gelesen, dass es Pech eines AN ist, wenn er die Ausschlußfrist nicht kennt und seine Ansprüche deswegen zu spät geltend gemacht hat. Warum sollte ein AG argumentieren können: Ups, die Ausschlußfrist habe ich nicht gekannt und  zuviel gezahlt, das will ich jetzt wieder  zurück? Von meinem Gefühl her, müsste ein Gericht da auch sagen: "Sorry AG, Pech gehabt, wenn du den Tarifvertrag nicht kennst."
Wenn der AG jetzt eine Rückzahlung für die ersten 6 Monate fordert, dann muss doch ersteinmal geklärt werden, von welchem Anspruch, der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergibt, hier überhaupt die Rede ist.

Spid

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Antw:Erfahrungsstufe ist selbst zu beantragen??
« Antwort #5 am: 28.03.2019 16:14 »
Die Ausschlußfrist gilt auch für die irrtümliche Zahlung des AG, bei der er die Ausschlußfrist übersehen hat - innerhalb dieser kann er selbstverständlich zurückfordern und bei nächster Gelegenheit aufrechnen.

AlphaOmega

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Antw:Erfahrungsstufe ist selbst zu beantragen??
« Antwort #6 am: 28.03.2019 16:25 »
Hast du dazu auch ein Gerichtsurteil, so dass ich mir die Begründung der Richter durchlesen kann?

Wie kann man bei einer irrtümlichen Zahlung des AG einen Fälligkeitstag festlegen und so den Zeitraum der Ausschlußfrist bestimmen?

MoinMoin

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Antw:Erfahrungsstufe ist selbst zu beantragen??
« Antwort #7 am: 28.03.2019 16:25 »
Auf gut deutsch: Wenn er dir zuviel zahlt, und dieses nach 7 Monaten zurückfordert: Pech gehabt lieber AG.
Aber hier hat er ja rechtzeitig seinen Irrtum erkannt und kann es zurückfordern.

Organisator

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Antw:Erfahrungsstufe ist selbst zu beantragen??
« Antwort #8 am: 28.03.2019 16:28 »
Vgl. § 812 ff BGB, insbesondere § 812 Abs. 1 S. 1:

Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet.

Alle Zahlungen des Arbeitgebers über die Ausschlussfrist von sechs Monaten hinaus sind ohne rechtlichen Grund erfolgt und somit zurückzuzahlen. Das "Pech gehabt" kenne ich nur von Zahlungen bei bereits verjährten Forderungen.

MoinMoin

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Antw:Erfahrungsstufe ist selbst zu beantragen??
« Antwort #9 am: 28.03.2019 16:32 »
Ihr arbeitet sicherlich bei meinem Ex Arbeitgeber.
Nein machen wir sicherlich nicht, da nicht Angestellter in einer Kommune.
Zitat
Die Personalabteilung hat mich von der Arbeitszeit her als Beamter mit 41 h in der Woche geführt und diese auch abgezogen. Obwohl ich als Angestellter 2 h weniger hatte.

Das ging , da ich extrem viele Überstunden hatte unter und auch hier gab es obwohl es ein offensichtliches Verschulden des AG war nur das halbe Jahr.
Ja, so ist es ja auch tariflich korrekt und geregelt. Oder würdest du als Arbeitnehmer wollen, dass wenn es umgekehrt wäre, du für 10 Jahre falsche Berechnung nachzahlen sollst?

Bzw. warum soll diese Regel nur in einer Richtung gelten?
Zitat
Ich habe mir aber die Stunde anderweitig wieder zurück geholt.  ;)
Deswegen würde ich als Arbeitgeber auch immer ein anderen Kompromiss eingehen und nicht auf mein Recht pochen, sondern dir einfach die 2 Stunden wöchentlich wieder gutschreiben.


MoinMoin

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Antw:Erfahrungsstufe ist selbst zu beantragen??
« Antwort #10 am: 28.03.2019 16:34 »
Vgl. § 812 ff BGB, insbesondere § 812 Abs. 1 S. 1:

Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet.

Alle Zahlungen des Arbeitgebers über die Ausschlussfrist von sechs Monaten hinaus sind ohne rechtlichen Grund erfolgt und somit zurückzuzahlen. Das "Pech gehabt" kenne ich nur von Zahlungen bei bereits verjährten Forderungen.
Du meinst das §37 nicht auf die Korrektur der Korrektur anzuwenden ist?

Spid

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Antw:Erfahrungsstufe ist selbst zu beantragen??
« Antwort #11 am: 28.03.2019 16:38 »
Hast du dazu auch ein Gerichtsurteil, so dass ich mir die Begründung der Richter durchlesen kann?

Wie kann man bei einer irrtümlichen Zahlung des AG einen Fälligkeitstag festlegen und so den Zeitraum der Ausschlußfrist bestimmen?

Wenn der Arbeitgeber Überzahlt, ent­steht sein Rückzahlungsanspruch bei überzahlter Vergütung im Zeitpunkt  der  Über­zahlung und wird auch zugleich fällig (BAG, Urteil v. 19.02.2004 - 6 AZR 664/02). Zur Anwendung der Ausschlußfrist siehe z.B. BAG, Urteil vom 10.03.2005 - 6 AZR 217/04).

Organisator

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Antw:Erfahrungsstufe ist selbst zu beantragen??
« Antwort #12 am: 28.03.2019 16:47 »
Du meinst das §37 nicht auf die Korrektur der Korrektur anzuwenden ist?

Ich meine, dass sämtliche Zahlungen außerhalb des Sechs-Monats-Zeitraums ohne rechtlichen Grund erfolgt sind und damit der Arbeitnehmer ungerechtfertigt bereichert ist und sich ein Herausgabeanspruch zu Gunsten des Arbeitgebers ergibt.

AlphaOmega

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Antw:Erfahrungsstufe ist selbst zu beantragen??
« Antwort #13 am: 28.03.2019 23:44 »
@Sonnenschein

deinem Kollegen stehen auf jeden Fall für 6 Monate auch noch Verzugszinsen zu. Darüberhinaus habe ich neulich gelesen, dass der AG bei falscher Entgeltzahlung auch für den Steuerschaden aufkommen muss. Inwieweit der AG für weitere Schäden, z.B. bei den Rentenansprüchen haftbar gemacht werden kann, weiß ich nicht. Und wie man die einzelnen Ansprüche "richtig" einfordert/geltend macht, weiß ich auch nicht.