Autor Thema: Rufbereitschaft - Wie nach TVÖD einzustufen?  (Read 7117 times)

Philipp

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Wir haben eine Rufbereitschaft für technische Schadensfälle.

Man bekommt ein Mobiltelefon, Unterlagen, PSA und hat jeweils eine Woche Rufbereitschaft von Montag bis Montag.

Die Bereitschaft beginnt um 15:30 Uhr (Freitags 12:30) und endet um 07:00 am Folgetag, bzw. über das Wochenende um 07:00 Montags.

Der Zweck ist eine technische Bereitschaft im Stadtgebiet. Man ist rund um die Uhr erreichbar per Mobiltelefon und muss innerhalb einer festgelegten Zeit an jedem Punkt der Stadt sein können. Somit ist man zeitlich gebunden und örtlich stark eingeschränkt. Da die Rufbereitschaft auf einen Fahrzeitradius von 45 Minuten ausgeweitet ist, nehmen auch Arbeitnehmer aus umliegenden Städten teil. In meinem Fall hieße das, vom Anruf bis Abfahrt dürften faktisch nicht mehr als 15 Minuten vergehen, da ich sonst nicht jeden Punkt der Stadt erreichen kann (im Grunde muss man sich permanent zuhause aufhalten oder in der nähe des privaten PKW in dem die Ausrüstung liegt).

Wie ist diese Form der Bereitschaft nach TVÖD zu bewerten?

Gilt dieses Konstrukt noch als Rufbereitschaft (Abwicklung über Pauschalen), oder liegt hier schon Bereitschaftsdienst vor (Anrechnung aller Bereitschaftsstunden über Faktor 0,5)?

Derzeit erhalten wir pauschal Stunden auf dem Freizeitkonto gutgeschrieben (etwa 15% der tatsächlichen Stundenbelastung der Bereitschaft).

Spid

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Antw:Rufbereitschaft - Wie nach TVÖD einzustufen?
« Antwort #1 am: 06.05.2019 11:58 »
Wenn es nicht gerade Martinstein oder Arnis ist, ergibt sich aus der Nichtspezifikation des Ortes der Arbeitsaufnahme im Vorhinein ja bereits die Problematik, daß man nicht weiß, von welchem Punkt man 45 Minuten rechnen soll, um seinen Aufenthaltsort zu bestimmen. Es gibt ja durchaus Gemeinden, bei denen man mehr als 45 Minuten benötigt, um sie in Gänze zu durchqueren. In BAG, Urteil vom 22.01.2004 - 6 AZR 543/02, wurde zwar entschieden, daß 45 Minuten Reaktionszeit durchaus Rufbereitschaft seien, aber in einem Fall, wo es um die Entfernung zu einem bestimmten Ort der Arbeitsaufnahme ging. Je nachdem, wie die Ausdehnung des Gemeindegebiets die tatsächliche Reaktionszeit durch den Umstand, daß der Ort der Arbeitsaufnahme vorher unbekannt ist, einengt, kann es sich tatsächlich um den anders zu vergütenden Bereitschaftsdienst handeln.

Texter

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Antw:Rufbereitschaft - Wie nach TVÖD einzustufen?
« Antwort #2 am: 06.05.2019 14:20 »
Angenommen es ist Bereitschaftszeit, ist dann nicht die angeordnete Dauer ein Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz? Ruhepausen gibt es in der Woche ja quasi keine und man kommt doch auch deutlich über die 10 Stunden täglich bzw. 48 Stunden wöchentlich.

Spid

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Antw:Rufbereitschaft - Wie nach TVÖD einzustufen?
« Antwort #3 am: 06.05.2019 14:21 »
Das ist zutreffend. Hinzu kommt - je nach Eingruppierung - dann ggfs. auch noch die Mindestlohnproblematik.

was_guckst_du

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Antw:Rufbereitschaft - Wie nach TVÖD einzustufen?
« Antwort #4 am: 06.05.2019 15:05 »
 ;D ;D ;D
Gruß aus "Tief im Westen"

Meine Beiträge geben grundsätzlich meine persönliche Meinung zum Thema wieder und beinhalten keine Rechtsberatung. Meistens sind sie ernster Natur, manchmal aber auch nicht. Bei einer obskuren Einzelfallpersönlichkeit antworte ich auch aus therapeutischen Gründen

Kaffemaschine

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Antw:Rufbereitschaft - Wie nach TVÖD einzustufen?
« Antwort #5 am: 07.05.2019 08:25 »
Wir haben eine Rufbereitschaft für technische Schadensfälle.

Man bekommt ein Mobiltelefon, Unterlagen, PSA und hat jeweils eine Woche Rufbereitschaft von Montag bis Montag.

Die Bereitschaft beginnt um 15:30 Uhr (Freitags 12:30) und endet um 07:00 am Folgetag, bzw. über das Wochenende um 07:00 Montags.

Der Zweck ist eine technische Bereitschaft im Stadtgebiet. Man ist rund um die Uhr erreichbar per Mobiltelefon und muss innerhalb einer festgelegten Zeit an jedem Punkt der Stadt sein können. Somit ist man zeitlich gebunden und örtlich stark eingeschränkt. Da die Rufbereitschaft auf einen Fahrzeitradius von 45 Minuten ausgeweitet ist, nehmen auch Arbeitnehmer aus umliegenden Städten teil. In meinem Fall hieße das, vom Anruf bis Abfahrt dürften faktisch nicht mehr als 15 Minuten vergehen, da ich sonst nicht jeden Punkt der Stadt erreichen kann (im Grunde muss man sich permanent zuhause aufhalten oder in der nähe des privaten PKW in dem die Ausrüstung liegt).

Wie ist diese Form der Bereitschaft nach TVÖD zu bewerten?

Gilt dieses Konstrukt noch als Rufbereitschaft (Abwicklung über Pauschalen), oder liegt hier schon Bereitschaftsdienst vor (Anrechnung aller Bereitschaftsstunden über Faktor 0,5)?

Derzeit erhalten wir pauschal Stunden auf dem Freizeitkonto gutgeschrieben (etwa 15% der tatsächlichen Stundenbelastung der Bereitschaft).

Ich mache auch in unserer Kommune die 7 tägige Rufbereitschaft. Bei uns wird die auch als Rufbereitschaft bewertet.

Spid

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Antw:Rufbereitschaft - Wie nach TVÖD einzustufen?
« Antwort #6 am: 07.05.2019 08:42 »
Es ist höchst naheliegend, daß eine Rufbereitschaft als Rufbereitschaft bewertet wird - im geschilderten Sachverhalt ist jedoch fraglich, ob es sich um Rufbereitschaft handelt.

Philipp

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Antw:Rufbereitschaft - Wie nach TVÖD einzustufen?
« Antwort #7 am: 07.05.2019 13:35 »
Die Dienstvereinbarungen und Schriftstücke die seitens Personalrat mal dazu mitgezeichnet wurden sind mittlerweile über 12 Jahre alt.
Hat sich an der Einstufung seitens TVÖD seitdem viel verändert?

Grundsätzlich finde ich die Rufbereitschaft nicht besonders belastend, zumal es auch nicht häufig zu Einsätzen kommt. Dennoch ist es jedes mal mühsam, überhaupt Termine festzulegen. Die Kollegen die teilnehmen, müssen die Rufbereitschaft für ein halbes Jahr im Voraus terminieren - das setzt natürlich entweder voraus, dass man die Urlaubsplanung schon abgeschlossen hat, oder man sich definitiv eine Woche blockt (Tauschen ist zwar prinzipiell möglich, aber s.u..

Die Bereitschaft, den Dienst zu übernehmen, ist bei den Kollegen eher nicht vorhanden. Die, die teilnehmen, wurden verpflichtet und konnten sich nicht drücken. Wer kann, führt natürlich alles mögliche ins Feld, um nicht teilzunehmen.

Eine andere Vergütung oder Behandlung der Ruf(B)ereitschaft würde vielleicht zu mehr Akzeptanz führen. Ich möchte das nur ungerne ansprechen, wenn ich nichts in der Hand habe.

MoinMoin

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Antw:Rufbereitschaft - Wie nach TVÖD einzustufen?
« Antwort #8 am: 07.05.2019 14:14 »
Frage: Was passiert, wenn du Rufbereitschaft hast, gerufen wirst und es länger dauert als die gewünschten 45 min?

Ich würde meinen AG Frage, ob er spezifizieren kann, in welchen Bereich du dich aufhalten darfst, während der Rufbereitschaft.
Alternativ:
Bzw. dem AG mitteilen in welchen Bereich du dich während der Rufbereitschaft aufhalten wirst, z.B. bis zu 30 min außerhalb der Stadtgrenze oder aber Arbeitsplatz innerhalb von 50 Min erreichbar und wenn ihm das für die Rufbereitschaft nicht ausreicht (weil du ja evtl. 60 min zum Einsatzort am anderem Ende der Stadt benötigen könntest), er dann doch einen Bereitschaftsdienst einrichten soll.

Philipp

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Antw:Rufbereitschaft - Wie nach TVÖD einzustufen?
« Antwort #9 am: 13.05.2019 16:07 »
Zu spezifizieren ist hier schwierig, weil es extrem selten zu Einsätzen kommt.
Ich hatte persönlich noch nie einen Einsatz - ergo kann mir niemand sagen, was passiert wenn man nicht innerhalb von 45 Minuten da ist.

Da wir auch nicht die ersten sind, die zu den Einsätzen fahren, sondern erst durch andere Behörden informiert werden, ist es häufig auch garnicht erforderlich rauszufahren.

Einige Kollegen hatten schon Einsätze, die sie am Telefon abgearbeitet haben. Da geht es in erster Linie um die Informationspflicht - die Bearbeitung kann häufig auch am nächsten Tag während der normalen Dienstzeiten erfolgen.