Autor Thema: Eingruppierung neu verhandeln?  (Read 10315 times)

RisingSun

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Eingruppierung neu verhandeln?
« am: 19.07.2019 12:46 »
Hallo zusammen,

ich bin aktuell als IT-Systemadministrator in einer Kommune tätig, Schwerpunkt Support und Service laut Stellenbeschreibung. Diese Stelle wurde mit E8 bewertet. Aktuell bin ich noch in der Probezeit, weshalb ich die Füße still halte.
Zum Sachverhalt: Wir sind zu zweit in der IT und der Geschäftsleitung direkt unterstellt. Mein Kollege ist der Fachgebietsleiter und hat E11. Dieser Kollege ist nicht unbedingt eine einfache Person (bei allen Kollegen bekannt) und schon länger im Betrieb. Ich komme mit ihm aus, doch stecke ich in einer Zwickmühle. Die neue Geschäftsleitung ist seit etwa zwei Jahren dabei, möchte vieles verändern und reißt alte Strukturen auseinander, was schon dazu geführt hat, dass viele alte Hasen den imaginären Mittelfinger zeigten und die Kündigung einreichten.
Bis jetzt hatte ich keine Probleme mit dieser GL. Jedoch herrscht ein starker Konflikt zwischen der GL und meinem Kollegen. Bei jedem Meeting muss ich dabei sein. Mein Kollege ist seit einem Monat im Urlaub. Von der GL bekomme ich immer mehr Aufgaben. Letzte Woche sagte die GL auch noch, dass ich ebenfalls alles erfüllen soll, was mein Kollege macht. Ich bin der GL viel sympathischer, weil ich ruhiger bin und nicht so schnell in die Luft gehe (noch nicht passiert) wie mein Kollege. Die GL versucht nun, ihn in vielen Dingen zu übergehen.
Da der Kollege im Urlaub ist, habe ich die Rolle als vertretende Fachgebietsleitung.
Diese Aufgaben übersteigen meine Stellenbeschreibung. Mittlerweile rotiere ich wie eine Irre, um die IT am Laufen zu halten. Dennoch sehe ich es nicht ein, die Aufgabenbereiche dauerhaft des Fachgebietsleiters zu übernehmen ohne einer Gehaltsanpassung.
Seit dem ich hier bin, lehnt sich der Fachgebietsleiter auch immer weiter zurück, weil ich viele Aufgaben übernommen habe. Es gibt mittlerweile Tage, an denen ich nicht mehr zur Ruhe komme. So etwas wie Pause ist schon ein Fremdwort geworden. Von diesem Kollegen kommen nur Sätze wie: "Du bist ja noch jung. Du kannst es ab." Ja, das bin ich, aber eine Maschine bin ich auch nicht, die sich für die Arbeit aufopfert.
Immerhin ist mein Kollege auch der Meinung, dass wir meine Entgeltgruppe verändern müssen, doch in diesem Fall sträubt sich die GL. Ich soll mehr machen, aber umsonst.
Man wirft mir gerne von der Personalabteilung an den Kopf, dass ich keinen akademischen Abschluss habe und nicht höher als E8 werden kann. Mein Kollege hat auch keinen und exakt den gleichen Beruf erlernt wie ich. Er bekommt aber E11.
Vor einiger Zeit bewarb ich mich bei einer anderen Kommune und bekam eine Zusage für eine E10 Stelle, geben wollte man mir aber nur E8 (wegen des fehlenden Bachelor-Abschlusses!). Dennoch hätte ich eine E10 Stelle ausführen sollen. Geht's noch?
Intern habe ich von vielen Kollegen gehört, dass unsere GL fast allen Mitarbeitern neue Aufgaben aufgedrückt hat, jedoch nicht mehr zahlen möchte. Für viele ist es frustrierend, was die Krankheitsquote massiv ansteigen ließ/lässt. Für mich verständlich... Die älteren Kollegen schütteln alle mit dem Kopf bei den Entgeltgruppen, womit neue Kollegen eingestellt werden.
Der Vorgänger von meinem Kollegen bekam E13 und der vorige Vorgänger sogar E15ü. Neue Kollegen bekommen teilweise in Führungspositionen niedrigere Entgeltgruppen als ältere Kollegen, die als Sachbearbeiter ohne Führungsverantwortung fungieren.
Ich weiß nicht, wie man mit so einem Stil das neue Personal halten will.
Ebenso belastet es mich, dass ich nun zwischen der GL und meinem Kollegen stehe. Auf wen soll ich hören? Mein Kollege ist eigentlich mein Vorgesetzter, aber die andere Seite ist ja die Geschäftsleitung.
Ich habe mir nun auch gesagt, dass ich mich noch ein wenig gedulde, beobachte, was in nächster Zeit passieren wird. Falls sich nichts an dieser Situation ändern sollte, werde ich mir eine neue Stelle suchen.
War hier jemand schon in einer ähnlichen Situation?


Spid

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Antw:Eingruppierung neu verhandeln?
« Antwort #1 am: 19.07.2019 12:51 »
Die Eingruppierung steht nicht zur Disposition der Arbeitsvertragsparteien und kann somit nicht verhandelt werden. TB sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit eingruppiert. Es besteht kein Anspruch auf die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit. Andererseits besteht auch kein Anspruch, daß Tätigkeiten, die nicht wirksam zur Ausübung übertragen wurden, dauerhaft ausgeübt werden. Ist in einem Tätigkeitsmerkmal eine Voraussetzung in der Person genannt, ist man bei Nichterfüllung in die nächstniedrigere Entgeltgruppe eingruppiert.

nichts_tun

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Antw:Eingruppierung neu verhandeln?
« Antwort #2 am: 19.07.2019 17:31 »
Der Vorgänger von meinem Kollegen bekam E13 und der vorige Vorgänger sogar E15ü. Neue Kollegen bekommen teilweise in Führungspositionen niedrigere Entgeltgruppen als ältere Kollegen, die als Sachbearbeiter ohne Führungsverantwortung fungieren.

Das mag ungerecht erscheinen, aber das Tarifgefüge des TVöD ist auch nicht starr. Sofern Aufgaben umverteilt werden, kann dies auf die Eingruppierung Auswirkungen haben, im positiven wie im negativen Sinne. Im Regelfall ist es eher nicht hilfreich den guten alten Zeiten hinterher zu weinen oder neidvoll auf andere Kollegen zu blicken.
Im Übrigen wärest du, wie Spid schon schrieb, in EG 9c eingruppiert gewesen bei dem anderen AG, wenn du nicht die entsprechende abgeschlossene Hochschulbildung auf einschlägigem IT-Gebiet vorweisen kannst.

Bastel

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Antw:Eingruppierung neu verhandeln?
« Antwort #3 am: 19.07.2019 18:32 »
Um dem TE zu helfen: Mach absofort nur noch Aufgaben welcher deiner E8 entsprechen. Alles andere lässt du dir schriftlich übertragen. Dadurch kann deine EG steigen.

Pseudonym

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Antw:Eingruppierung neu verhandeln?
« Antwort #4 am: 20.07.2019 09:04 »
Der Vorgänger von meinem Kollegen bekam E13 und der vorige Vorgänger sogar E15ü. Neue Kollegen bekommen teilweise in Führungspositionen niedrigere Entgeltgruppen als ältere Kollegen, die als Sachbearbeiter ohne Führungsverantwortung fungieren.

Im Übrigen wärest du, wie Spid schon schrieb, in EG 9c eingruppiert gewesen bei dem anderen AG, wenn du nicht die entsprechende abgeschlossene Hochschulbildung auf einschlägigem IT-Gebiet vorweisen kannst.

Aber auch nur dann, wenn man nicht die Fallgruppe 2 der EG10 nimmt.Ich gehe mal davon aus, dass die Dame hier nach Teil der Informationstechnik eingruppiert ist.

Zitat
Beschäftigte der Entgeltgruppe 9b, deren Tätigkeit einen Gestaltungsspielraum erfordert, der über den Gestaltungsspielraum in Entgeltgruppe 8 hinausgeht.
Ich sehe nicht, weshalb die E10 (und mehr) ohne Studium nicht zu erreichen seien sollen. Natürlich erst nach bereits übertragener Tätigkeit. Der Gestaltungsspielraum wird sich vermutlich aus den höherwertigen Aufgaben und Neuerungen in der Infrastruktur ergeben.

In der Probezeit ist es natürlich schwieriger sich Recht zu verschaffen, ohne hinterher leiden zu müssen. Aber danach sehe ich das Problem nicht.





Spid

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Antw:Eingruppierung neu verhandeln?
« Antwort #5 am: 20.07.2019 09:24 »
Grundsätzlich stehen die Fallgruppen als gleichwertige Alternativen nebeneinander - das bedeutet aber auch, daß durchaus eine der beiden Alternativen zutreffend sein kann und die andere nicht. Die beiden Fallgruppen haben keine synonyme Bedeutung nur einmal ohne Voraussetzung in der Person.

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Antw:Eingruppierung neu verhandeln?
« Antwort #6 am: 20.07.2019 09:30 »
nur einmal ohne Voraussetzung in der Person.
Eben. Die EGO hält hier ja für Jene , die mehr leisten wollen und auch können, explizit Wege offen, höherwertige Tätigkeiten auszuüben.

An sich ist das Instrument ausreichend flexibel. Leider sind es die Köpfe in der Verwaltung nicht. Nach meiner Erfahrung besonders bei verbeamteten Personalern mit ihrer Laufbahn-Denke.

Spid

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Antw:Eingruppierung neu verhandeln?
« Antwort #7 am: 20.07.2019 09:37 »
Die beiden Fallgruppen beschreiben aber nicht identische auszuübende Tätigkeiten.

WasDennNun

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Antw:Eingruppierung neu verhandeln?
« Antwort #8 am: 20.07.2019 10:03 »
Man wirft mir gerne von der Personalabteilung an den Kopf, dass ich keinen akademischen Abschluss habe und nicht höher als E8 werden kann.
Das ist eine Lüge!
Die sollen mal in die EGO schauen und nicht so dilettantisch sein. Oder aber sie sollten den Job nicht wechseln.
https://www.vka.de/assets/media/docs/0/Tarifvertr%C3%A4ge/TV%C3%B6D_V_iF_13_Lesefassung.pdf
Entgeltgruppe 10
1. Beschäftigte mit einschlägiger abgeschlossener Hochschulbildung (z. B. in
der Fachrichtung Informatik) und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige
Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen
entsprechende Tätigkeiten ausüben.
2. Beschäftigte der Entgeltgruppe 9b, deren Tätigkeit einen Gestaltungsspielraum erfordert, der über den Gestaltungsspielraum in Entgeltgruppe 8 hinausgeht.
Zitat
Vor einiger Zeit bewarb ich mich bei einer anderen Kommune und bekam eine Zusage für eine E10 Stelle, geben wollte man mir aber nur E8 (wegen des fehlenden Bachelor-Abschlusses!). Dennoch hätte ich eine E10 Stelle ausführen sollen. Geht's noch?
Das ist doppelt Falsch!
Wenn es eine Tätigkeiten nach EG10 Fallgruppe 1 handelt, dann bist du mit E9c zu bezahlen, ansonsten E10.

Dir bleiben nur: Entweder Bastels Vorschlag oder Jobwechsel

Pseudonym

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Antw:Eingruppierung neu verhandeln?
« Antwort #9 am: 20.07.2019 10:15 »
Ich bin nicht vollumfänglich mit den Unterschieden zw. EGO Bund und VKA vertraut. Allerdings hat das BVA hier eine m.E.n auch für den VKA verwertbare (wenn vielleicht auch nicht 1:1) Eingruppierungshilfe verfasst:

https://www.bva.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Behoerden/Beratung/Eingruppierung/Eingruppierung/2018_Definitionen_u_Kommentier_Teil_III.pdf?__blob=publicationFile&v=5

Vielleicht hilft's der TE ja weiter.

Spid

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Antw:Eingruppierung neu verhandeln?
« Antwort #10 am: 20.07.2019 10:49 »
Es gibt schon erhebliche Unterschiede. Um ein Grundverständnis zu erlangen, kann das aber hilfreich sein.

RisingSun

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Antw:Eingruppierung neu verhandeln?
« Antwort #11 am: 23.07.2019 12:41 »
Danke, für die zahlreichen Antworten.

Dann hätte ich noch rechtliche Fragen, die nicht mich betreffen.
Ich habe Kollegen, die als Sachbearbeiter angestellt sind. Ein Beispiel:
Man hat zwei Sachbearbeiter, die exakt das gleiche Stellenprofil besitzen und somit die identischen Tätigkeiten ausüben. Nun ist es so, dass Person A mit E8 angestellt ist und Person B mit E6. Die Personalabteilung erklärt es so, dass Person A eine Verwaltungsfachangestellten-Aubsildung absolviert hat und Person B "nur" eine Bürokauf-Ausbildung abgeschlossen hat.
Ist eine Entgeltgruppe nicht an eine Stelle (auszuübende Tätigkeit) gebunden und nicht an die einzelnen Qualifikationen der Arbeitnehmer? Mir erscheint es nicht als richtig.
Dann gibt es eine weitere Sachbearbeitung, die nur temporär E8 bekommt (für ein paar Monate) und anschließend wieder auf E6 runtergestuft werden soll. Ist dies rechtlich richtig?
Ich habe früher in der Industrie gearbeitet und dort war es verboten gewesen, Angestellte herabzustufen, wenn diese mal in eine andere Abteilung versetzt wurden und "minderwertige" Tätigkeiten ausgeübt haben.
Dann gibt es hier noch weitere Fälle: Sachbearbeiter, die befristet mit E8 angestellt wurden, werden anschließend entfristet (was ja auch ganz gut ist, aber!) und von der Entgeltgruppe auf E7 umgesiedelt werden trotz der gleichen Stelle.
Leider ist unser Personalrat zu nichts zu gebrauchen, um solche Fragen zu klären.

Danke im Voraus für eure Antworten!

Lars73

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Antw:Eingruppierung neu verhandeln?
« Antwort #12 am: 23.07.2019 12:51 »
"Man hat zwei Sachbearbeiter, die exakt das gleiche Stellenprofil besitzen und somit die identischen Tätigkeiten ausüben?."
Ist es wirklich exakt das gleiche Stellenprofil? Auch was die Zeitanteile der übertragenden Aufgaben angeht?

"Dann gibt es eine weitere Sachbearbeitung, die nur temporär E8 bekommt (für ein paar Monate) und anschließend wieder auf E6 runtergestuft werden soll. Ist dies rechtlich richtig?"
 Handelt es sich um eine Zulage für die E8 Tätigkeiten oder wird hoch- und herabgruppiert. Normalerweise macht man es mit einer Zulage für vorübergehende höherwertige Tätigkeiten. Wenn es tatsächlich eine Herabgruppierung ist geht dies bei Zustimmung des Beschäftigten.

"Dann gibt es hier noch weitere Fälle: Sachbearbeiter, die befristet mit E8 angestellt wurden, werden anschließend entfristet (was ja auch ganz gut ist, aber!) und von der Entgeltgruppe auf E7 umgesiedelt werden trotz der gleichen Stelle."
Hat sich die wahrzunehmende Tätigkeit geändert. Z.B. Verschiebung von Zeitanteilen?

Spid

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Antw:Eingruppierung neu verhandeln?
« Antwort #13 am: 23.07.2019 12:55 »
Gilt die Ausbildungs- und Prüfungspflicht sächlich, räumlich und persönlich für die Betroffenen und wird durch diese nicht erfüllt?

RisingSun

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Antw:Eingruppierung neu verhandeln?
« Antwort #14 am: 23.07.2019 13:01 »

"Man hat zwei Sachbearbeiter, die exakt das gleiche Stellenprofil besitzen und somit die identischen Tätigkeiten ausüben?."
Ist es wirklich exakt das gleiche Stellenprofil? Auch was die Zeitanteile der übertragenden Aufgaben angeht?

Laut Aussage beider Kollegen sind es exakt die gleichen Stellenprofile mit den gleichen Zeitanteilen. Nur haben diese unterschiedliche Ausbildung gemacht.

"Dann gibt es eine weitere Sachbearbeitung, die nur temporär E8 bekommt (für ein paar Monate) und anschließend wieder auf E6 runtergestuft werden soll. Ist dies rechtlich richtig?"
 Handelt es sich um eine Zulage für die E8 Tätigkeiten oder wird hoch- und herabgruppiert. Normalerweise macht man es mit einer Zulage für vorübergehende höherwertige Tätigkeiten. Wenn es tatsächlich eine Herabgruppierung ist geht dies bei Zustimmung des Beschäftigten.

Mehr Informationen habe ich nicht bekommen zu diesem Fall. Es könnte nur eine temporäre Zulage sein, doch dann wäre dies ebenfalls nicht gerechtfertigt, weshalb es nur temporär wäre. Aufgrund des extrem hohen Krankheitsstandes (Langzeiterkrankungen) muss dieser Sachbearbeiter auch die Arbeit der Pädagogen abfangen, was seit min. zwei Jahren der Fall ist. hat dieser Sachbearbeiter eine Chance, dauerhaft E8 zu erhalten?

"Dann gibt es hier noch weitere Fälle: Sachbearbeiter, die befristet mit E8 angestellt wurden, werden anschließend entfristet (was ja auch ganz gut ist, aber!) und von der Entgeltgruppe auf E7 umgesiedelt werden trotz der gleichen Stelle."
Hat sich die wahrzunehmende Tätigkeit geändert. Z.B. Verschiebung von Zeitanteilen?

Nein, es hat sich nichts an den Tätigkeiten und Zeitanteilen geändert.