Autor Thema: Elternzeit und Beschäftigungsverbot  (Read 11397 times)

Mekanek

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 6
Elternzeit und Beschäftigungsverbot
« am: 06.08.2019 10:45 »
Guten Tag liebe Forenmitglieder,

ich hätte eine Frage betreffend Beschäftigungsverbot i.V.m. Elternzeit, zu der ich mir per online-Recherche bereits eine Meinung gebildet habe, aber hoffe von Eurer Seite aus Bestätigung bzw. Einwendungen zu erhalten.

Hintergrund ist folgender:
Frau ist tätig als Erzieherin bei einem kommunalen Träger, TVöD-SuE wird angewendet. Nun wird sie schwanger und sofort in ein Beschäftigungsverbot (BV) versetzt, da ihr eine wichtige Impfung fehlt, ohne die das ungeborene Kind gefährdet ist bei einer Weiterbeschäftigung mit Kindern.

Das BV hält an bis die Mutterschutzfrist einsetzt und danach Elternzeit, während dieser die Arbeitsleistung vollständig ruht, sie also komplett zu Hause bleibt und deren Länge festgelegt wurde.

Nun zur Frage:
A) Falls sie während der Elternzeit wieder schwanger werden würde, so müsste - falls sich an den entscheidungsrelevanten Gründen nichts ändert - der Arbeitgeber sie mit Ablauf der Elternzeit doch wieder in ein BV versetzen (angenommen, die Impfung wird bis dahin nicht verabreicht) ?

Weiterhin:
B) Würde die Frau dann das "Gehalt" entsprechend VOR der Elternzeit erhalten (also wie im letzten BV) oder angelehnt an die Beschäftigung nach Ablauf der Elternzeit (wenn sie z.B. Teilzeit vereinbart hätte.) ?

Ich bin hier etwas verwirrt wegen der Berechnungsgrundlage "3 Monate vor Entbindung" und welche 3 Monate dann herangezogen werden, wenn die Frau zuvor ja nur im BV und Elternzeit war.

Vielleicht hat hier jemand Erfahrungswerte und kann diese teilen. Vielen Dank schon einmal.
Falls noch weitere Infos benötigt werden, einfach fragen  ;)

VG

Saggse

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 202
Antw:Elternzeit und Beschäftigungsverbot
« Antwort #1 am: 06.08.2019 16:29 »
Zitat
A) Falls sie während der Elternzeit wieder schwanger werden würde, so müsste - falls sich an den entscheidungsrelevanten Gründen nichts ändert - der Arbeitgeber sie mit Ablauf der Elternzeit doch wieder in ein BV versetzen (angenommen, die Impfung wird bis dahin nicht verabreicht) ?
Theoretisch ja, aber es wirft folgende Probleme auf:

Im Hinblick auf die Elternzeit muss man sich für zwei Jahre ab Geburt festlegen. Man kann nicht - für den Fall, dass man sich für ein Jahr Elternzeit entschieden hat und an dessen Ende nicht schwanger ist - noch ein weiteres Jahr ranhängen, ohne, dass der Arbeitgeber dem zustimmen müsste.

Es ist ferner nicht möglich, die Elternzeit aufgrund einer Schwangerschaft frühzeitig zu beenden. Dies ist erst mit Beginn des Mutterschutzes möglich - es sei denn natürlich, der Arbeitgeber ist einverstanden, aber warum sollte er?

Die Tatsache, dass zum Beginn der ersten Schwangerschaft kein Impfschutz (gegen Röteln?) vorhanden ist, bedeutet nicht, dass dies so bleibt, nur weil man sich nicht impfen lässt!

Zitat
B) Würde die Frau dann das "Gehalt" entsprechend VOR der Elternzeit erhalten (also wie im letzten BV) oder angelehnt an die Beschäftigung nach Ablauf der Elternzeit (wenn sie z.B. Teilzeit vereinbart hätte.) ?
Nun, wenn sie vor der Schwangerschaft Teilzeit vereinbart hätte, bleibt diese Vereinbarung weiterhin gültig. Während des BV/MS gibt es keinen sinnvollen Grund, eine solche Vereinbarung einzugehen.

Zitat
Ich bin hier etwas verwirrt wegen der Berechnungsgrundlage "3 Monate vor Entbindung" und welche 3 Monate dann herangezogen werden, wenn die Frau zuvor ja nur im BV und Elternzeit war.
Ein BV wirkt sich grundsätzlich nicht auf irgendetwas aus - es wird gerechnet wie ganz normale Arbeitszeit in jeder mir bekannten Hinsicht. Anders ist es beim MS, der grundsätzlich aus allem "rausgerechnet" wird - so z.B. beim Elterngeld.

Apropos Elterngeld: Nach 12 Monaten Elternzeit zählt jeder weitere Monat (bis zum Beginn des Mutterschutzes einer evtl. zweiten Schwangerschaft) wie ein Monat ohne Einkommen. Wenn die Geburten also zwei Jahre auseinander liegen, gibt es nur noch den Mindestsatz Elterngeld von glaube ich 300€ zzgl. 10% Geschwisterbonus.

Ach ja, bei der klassischen 12/2-Verteilung der Elternzeit ist es fast immer sinnvoll, wenn die Frau - idealerweise 12 Monate vor Beginn des Mutterschutzes - in Steuerklasse 3 wechselt...



Mekanek

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 6
Antw:Elternzeit und Beschäftigungsverbot
« Antwort #2 am: 07.08.2019 10:03 »
Erst einmal vielen Dank für die Antwort!


Zitat
Theoretisch ja, aber es wirft folgende Probleme auf:

Im Hinblick auf die Elternzeit muss man sich für zwei Jahre ab Geburt festlegen. Man kann nicht - für den Fall, dass man sich für ein Jahr Elternzeit entschieden hat und an dessen Ende nicht schwanger ist - noch ein weiteres Jahr ranhängen, ohne, dass der Arbeitgeber dem zustimmen müsste.

Es ist ferner nicht möglich, die Elternzeit aufgrund einer Schwangerschaft frühzeitig zu beenden. Dies ist erst mit Beginn des Mutterschutzes möglich - es sei denn natürlich, der Arbeitgeber ist einverstanden, aber warum sollte er?

Die Tatsache, dass zum Beginn der ersten Schwangerschaft kein Impfschutz (gegen Röteln?) vorhanden ist, bedeutet nicht, dass dies so bleibt, nur weil man sich nicht impfen lässt!

Die Regelungen zur Elternzeit sind bekannt und es würde auch kein Problem darstellen nach der einjährigen Elternzeit wieder im Job anzufangen.
Beim Impfschutz handelt es sich glaube ich um Hepatitis B(?), bin ich gerade etwas überfragt, aber auch nicht so wichtig.
Es war ja nur ein wäre "was wäre wenn" unter den genannten Bedingungen.


Zitat
Nun, wenn sie vor der Schwangerschaft Teilzeit vereinbart hätte, bleibt diese Vereinbarung weiterhin gültig. Während des BV/MS gibt es keinen sinnvollen Grund, eine solche Vereinbarung einzugehen.

Nein, es ist soweit nichts vereinbart. Aber es könnte ja sein, dass der AG während der Elternzeit auf die Angestellte zukommt und den Umfang der Beschäftigung nach der Elternzeit geklärt haben will und man sich dann zu diesem Zeitpunkt auf eine TZ-Beschäftigung einigt. Das war der Hintergedanke.

Zitat
Ach ja, bei der klassischen 12/2-Verteilung der Elternzeit ist es fast immer sinnvoll, wenn die Frau - idealerweise 12 Monate vor Beginn des Mutterschutzes - in Steuerklasse 3 wechselt...

So geschehen ;) Dennoch Danke!

Saggse

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 202
Antw:Elternzeit und Beschäftigungsverbot
« Antwort #3 am: 07.08.2019 10:56 »
Zitat
Beim Impfschutz handelt es sich glaube ich um Hepatitis B(?), bin ich gerade etwas überfragt, aber auch nicht so wichtig.
Es war ja nur ein wäre "was wäre wenn" unter den genannten Bedingungen.
Es bestünde auch noch die (unwahrscheinliche) Möglichkeit, dass sich die Ansicht des Arztes, ob ein fehlender Impfschutz ein BV rechtfertigt, ändert.

Zitat
Nein, es ist soweit nichts vereinbart. Aber es könnte ja sein, dass der AG während der Elternzeit auf die Angestellte zukommt und den Umfang der Beschäftigung nach der Elternzeit geklärt haben will und man sich dann zu diesem Zeitpunkt auf eine TZ-Beschäftigung einigt. Das war der Hintergedanke.
Änderungen der wöchentlichen Arbeitszeit sind vom Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht gedeckt. Mit einem Kind zu Hause hat man de facto einen Rechtsanspruch auf Teilzeit, da dringende dienstliche Gründe für die Ablehnung für einen öffentlichen Arbeitgeber normalerweise praktisch nicht darstellbar sein dürften. Insofern wäre es ausgesprochen fragwürdig, Zeitraum und Umfang einer Befristung nicht selbst zu wählen, und zwar ohne Rücksicht auf evtl. Befindlichkeiten des Arbeitgebers.

Mekanek

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 6
Antw:Elternzeit und Beschäftigungsverbot
« Antwort #4 am: 07.08.2019 11:57 »
Da haben Sie natürlich Recht.

Vielen Dank für Ihre Einschätzung und Ausführungen!

Spid

  • Gast
Antw:Elternzeit und Beschäftigungsverbot
« Antwort #5 am: 07.08.2019 12:20 »
Natürlich sind dringende dienstliche Belange für den öffentlichen AG darstellbar, siehe z.B. BAG, Urteil v. 18.03.2003 - 9 AZR 126/02.

Saggse

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 202
Antw:Elternzeit und Beschäftigungsverbot
« Antwort #6 am: 07.08.2019 13:00 »
Zitat
Natürlich sind dringende dienstliche Belange für den öffentlichen AG darstellbar, siehe z.B. BAG, Urteil v. 18.03.2003 - 9 AZR 126/02.
Ich hatte schon überlegt, noch hinzuzufügen, dass Spid sicherlich einen entsprechenden Fall finden wird, der nicht unter "normalerweise" fällt. Ferner muss ich zu meiner Schande gestehen, dass ich nicht damit gerechnet hätte, dass das dort beschriebene Szenario vermutlich nicht so wahnsinnig ungewöhnlich ist, wie ich gedacht hatte...

Spid

  • Gast
Antw:Elternzeit und Beschäftigungsverbot
« Antwort #7 am: 07.08.2019 13:22 »
Auch dem öffentlichen AG kommen die üblichen Unternehmensentscheidungen zu und somit ist auch er frei  in der Festlegung der von ihm verfolgten Ziele. Wenn ein daraus entwickeltes Konzept ist immer dann dazu geeignet, dringende dienstliche Belange zu begründen, wenn es ursächlich dem Teilzeitbegehren entgegensteht.

Saggse

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 202
Antw:Elternzeit und Beschäftigungsverbot
« Antwort #8 am: 07.08.2019 13:38 »
Auch dem öffentlichen AG kommen die üblichen Unternehmensentscheidungen zu und somit ist auch er frei  in der Festlegung der von ihm verfolgten Ziele. Wenn ein daraus entwickeltes Konzept ist immer dann dazu geeignet, dringende dienstliche Belange zu begründen, wenn es ursächlich dem Teilzeitbegehren entgegensteht.
So etwas passiert, wenn man eine Einschätzung auf persönlichen Erfahrungen aufbaut statt auf Gerichtsurteilen. Die am häufigsten geäußerte Befürchtung von Arbeitnehmern, die Teilzeit beantragen wollen, ist die, dass der Arbeitgeber ablehnen könnte, weil er "keine Leute findet" - und das wiederum ist (grundsätzlich oder vielleicht doch nur meistens?) Quatsch. Aber vermutlich gibt es sicher auch hier entsprechende Fälle...