Autor Thema: Stellenbewertungsverfahren, Zeitpunkt Höhergruppierung, tarifl. Ausschlussfrist  (Read 8991 times)

Opa

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Ein Tarifbeschäftigter ist seit 2017 auf einer Stelle eingesetzt, deren Tätigkeiten arbeitgeberseitig mit EG 9c TVöD "bewertet" wurden.

Grundlage der ursprünglichen Bewertung war kein echtes Stellenbewertungsverfahren, sondern eine qualifizierte Pi-mal-Daumen-Einschätzung. Bis dato existierte keine dezidierte Stellenbeschreibung in Form einer konkreten Aufgabenbeschreibung mit Zeitanteilen, sondern lediglich der Ausschreibungstext aus dem Stellenbesetzungsverfahren.

Der Beschäftigte beantragt am 01.03.2019 die Bewertung seiner Stelle und die Zahlung der ggf. im Ergebnis höher ausfallende Vergütung auch für die Vergangenheit.

Er wird daraufhin von der Personalabteilung aufgefordert, eine Stellenbeschreibung zu erstellen (Aufgaben mit Zeitanteilen) und diese durch seine Führungskraft bestätigen zu lassen. Die Stellenbeschreibung wird also erstellt und durch die Führungskraft am 25.06.2019 an die Personalabteilung weitergeleitet.

Anhand dieser Stellenbeschreibung wird durch die Personalabteilung eine Bewertung durchgeführt. Im Ergebnis wird die Stelle mit EG 10 TVöD bewertet, womit der Beschäftigte auch einverstanden ist.

Ohne Angabe einer Rechtsgrundlage stellt sich die Personalabteilung auf den Standort, dass die Höhergruppierung erst im Monat des Eingangs der Stellenbeschreibung, mithin ab dem 01.06.2019 wirksam wird. Eine Zahlung der Differenz für die vorausgegangenen Beschäftigungszeiten wird abgelehnt.

Der Beschäftigte vertritt den Standpunkt, dass er seine Ansprüche, die letztlich auch bestätigt wurden, bereits im März 2019 geltend gemacht hat und somit unter Anwendung der tariflichen Ausschlussfrist ein Vergütungsanspruch nach EG 10 TVöD bereits ab dem 01.10.2018 bestünde.

Wer hat recht?


was_guckst_du

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...die einzige Frage von Bedeutung ist hier, ab welchem Zeitpunkt die Aufgaben, die die Höherwertigkeit begründen, rechtswirksam übertragen wurden...ab diesem Zeitpunkt steht die Vergütung zu, allerdings unter Beachtung der 6-monatigen Ausschlussfrist...
Gruß aus "Tief im Westen"

Meine Beiträge geben grundsätzlich meine persönliche Meinung zum Thema wieder und beinhalten keine Rechtsberatung. Meistens sind sie ernster Natur, manchmal aber auch nicht. Bei einer obskuren Einzelfallpersönlichkeit antworte ich auch aus therapeutischen Gründen

Spid

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Sofern im dritten Absatz der Inhalt der „Geltendmachung“ zutreffend und abschließend geschildert wurde, dürfte es an der hinreichenden Bestimmtheit fehlen, um die tarifliche Ausschlußfrist zu unterbrechen. Diese wirkt jedoch nicht auf die Eingruppierung selbst, sondern nur auf die aus ihr entstehenden Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

Kaiser80

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Sofern im dritten Absatz der Inhalt der „Geltendmachung“ zutreffend und abschließend geschildert wurde, dürfte es an der hinreichenden Bestimmtheit fehlen, um die tarifliche Ausschlußfrist zu unterbrechen. Diese wirkt jedoch nicht auf die Eingruppierung selbst, sondern nur auf die aus ihr entstehenden Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

D.h. konkrete Berechnung der Differenzbeträge/des Betrags 9c vs. 10 unter Berücksichtigung des wirksamen Übertragungszeitpunkts (2017?) und unter Abbildung eines Möglichen Stufenaufstiegs zwischen 2017 und 01.03.19?

Spid

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Das wäre eine Möglichkeit. Die andere wäre, die Differenz zwischen dem gezahlten Entgelt und dem Entgelt nach Entgeltgruppe x Stufe y von tt.mm.jjjj bis tt.mm.jjjj, Entgeltgruppe x Stufy y+1 von tt.mm.jjjj bis tt.mm.jjjj... zu fordern und darauf hinzuweisen, daß man davon ausgehe, der AG könne diese Berechnung selber tätigen. Dieser Hinweis ist unentbehrlich.

Opa

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Antw:Stellenbewertungsverfahren, tarifl. Ausschlussfrist
« Antwort #5 am: 07.08.2019 10:01 »
...die einzige Frage von Bedeutung ist hier, ab welchem Zeitpunkt die Aufgaben, die die Höherwertigkeit begründen, rechtswirksam übertragen wurden...ab diesem Zeitpunkt steht die Vergütung zu, allerdings unter Beachtung der 6-monatigen Ausschlussfrist...

Abgesehen vom Abschluss des Arbeitsvertrags mit Wirkung vom 01.02.2017 erfolgte keine weitere formelle "Aufgabenübertragung". Ich würde also davon ausgehen, dass der Vergütungsanspruch nach EG 10 seit dem 01.02.2017 besteht.

Die Frage ist aber, für welchen Zeitraum der Anspruch mit Wirkung für die Vergangenheit geltend gemacht werden kann.

Falls die Personalabteilung insoweit recht hätte, dass eine wirksame Geltendmachung erst durch den Eingang der Stellenbeschreibung am 25.06.2019 erfolgt sei (weil das Schreiben vom 01.03.2019 inhaltlich nicht hinreichend bestimmt war), wären doch unter Beachtung der Ausschlussfrist (31.12.2018 - 30.06.2019) lediglich die Ansprüche vor Dezember 2018 verfallen.

Tatsächlich soll aber die Differenznachzahlung erst ab Juni 2019 erfolgen.




Spid

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Eine Stellenbeschreibung ist völlig ungeeignet, die tarifliche Ausschlußfrist zu unterbrechen. Dies erfordert eine Geltendmachung der Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, mithin also eine ernsthafte Zahlungsaufforderung an den AG unter hinreichender Bezifferung der Forderungshöhe.

TB sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit eingruppiert, die Rechtsmeinung des AG berührt die Eingruppierung in keinster Weise.

was_guckst_du

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...ab wirksamer Geltendmachung 6 Monate rückwirkend das erhöhte Gehalt...die Stufenlaufzeit ab Beginn der höherwertigen Tätigkeit...

...ggfls. einen Fachanwalt einschalten...
Gruß aus "Tief im Westen"

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WasDennNun

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Wenn er jetzt sein entsprechendes Entgelt gelten macht, dann bekommt er doch zumindest die letzten 6 Monate das Geld.
Strittig ist dann ja nur, ab wann er denn tatsächlich die Tätigkeiten übertragen bekommen hat.
Und sofern der AG nicht irgendwas hat, das zeigt, das er die auszuübenden Tätigkeiten zum Tag x geändert hat, dann müsste man ja davon ausgehen können, dass diese Tätigkeiten von Anfang an übertragen waren, oder?

was_guckst_du

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..so sehe ich das auch...
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Opa

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Antw.
« Antwort #10 am: 07.08.2019 10:21 »
Danke für die Antworten.
Ich werde dem Kollegen somit raten, den Anspruch zu beziffern, damit die mangelnde Bestimmtheit des Schreibens vom 01.03.2019 zu heilen und hilfsweise eine ebenfalls konkret bezifferte Forderung ab heute mit Wirkung für 6 Monate in die Vergangenheit zu erheben.

was_guckst_du

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...die wirksame Geltendmachung wurde vom AG doch schon ab 06/19 bestätigt...es geht doch noch um die Frage, ob das Schreiben aus 03/19 diese Wirksamkeit schon ausgelöst hat...
Gruß aus "Tief im Westen"

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WasDennNun

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Nein, der AG versucht dem AN unterzujubeln, dass er erst 6/19 höhergruppiert wird.
Hierauf sollte sich der AN nicht einlassen und (gerichtlich) feststellen lassen, dass er von Anfang an in der EG10 eingruppiert war und die 9c nur eine fehlerhafte Rechtsmeinung des AG war.

Kaiser80

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Stand jetzt würd ich sagen, dass die Ansprüche nicht konkret geltend gemacht wurden. Mithin könnte die Ausschlussfrist erst ab jetzt unterbrochen werden. Rückwirkung somit 07.02.19.

Ich behaupte mal kess, dass es auf nen Kuhandel rauslaufen wird... Kann man sich  (Mitarbeiter - PR - Diensstelle) nicht gütig auf den 01.03.19 einigen? 

Spid

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Nein, der AG versucht dem AN unterzujubeln, dass er erst 6/19 höhergruppiert wird.
Hierauf sollte sich der AN nicht einlassen und (gerichtlich) feststellen lassen, dass er von Anfang an in der EG10 eingruppiert war und die 9c nur eine fehlerhafte Rechtsmeinung des AG war.

Sofern davon auszugehen ist, daß die Rechtsmeinung des AG zutreffend ist und die diese begründende auszuübende Tätigkeit seit dem genannten Zeitpunkt wirksam übertragen war.