Autor Thema: Ermittlung steuerpflichtiges & sozialversicherungspflichtiges Brutto  (Read 7841 times)

Fireball84

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Guten Morgen allerseits,

nun bin ich zwar nicht frisch im TV-L, nach einem AG-Wechsel jedoch frisch im TV-L West. Nach Erhalt meiner ersten Gehaltsmitteilung habe ich jedoch eine Frage bezüglich der Ermittlung des Stpfl.- und des SV-Bruttos im Tarifgebiet West des TV-L. (Die Ermittlung erfolgt ja aufgrund des abweichenden Abzugs der Beiträge/Umlagen zur VBLklassik anders als im Tarifgebiet Ost.)

Steuerpflichtiges Brutto

Meinen Recherchen zufolge ergibt sich das Stpfl.-Brutto im Tarifgebiet West wie folgt:Gesamtbrutto + (AG-Beitrag VBLklassik - steuerfreie AG-Umlage - Pauschalversteuerung) = Stpfl.-Brutto
z. Bsp.:   3000 + (193,50 - 134 - 92,03) = 2967,47 €

Auf meiner Gehaltsmitteilung für den Monat Juli 2019 entspricht das Stpfl.-Brutto jedoch exakt dem Gesamtbrutto. Wie kann das sein? Ist die AG-Umlage zur VBLklassik nicht mit vom AN zu versteuern? Mir war so.

SV-Brutto

Gesamtbrutto + (AG-Beitrag VBLklassik - steuerfreie AG-Umlage - Pauschalversteuerung) + (steuerfreie AG-Umlage - Pauschalversteuerung - 100) + (100 / 6,45 * 100 * 0,025 - 13,3) = SV-Brutto

Hier stimmt meine Vorausberechnung exakt mit dem Wert der Gehaltsmitteilung überein.


Ich möchte meine Gehaltsabrechnung gerne verstehen und nachrechnen können (Fehler hab ich schon oft genug gefunden und gemeldet). Es würde mich daher freuen, wenn mir jemand erklären könnte (idealerweise mit Angabe einer Quelle), wie die Berechnung des Stpfl. Bruttos nun erfolgt und was es mit der Versteuerung der AG-Umlage auf sich hat.

Besten Dank im Voraus!

Gruß
Fireball

Icke

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Das klingt mir doch sehr nach dem Aufzehrmodell (https://oeffentlicher-dienst.info/tvoed/bund/zusatzversorgung.html), in dem der steuerfreie Betrag zunächst komplett verbraten wird - danach wird dann voll versteuert.

Fireball84

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Das klingt mir doch sehr nach dem Aufzehrmodell (https://oeffentlicher-dienst.info/tvoed/bund/zusatzversorgung.html), in dem der steuerfreie Betrag zunächst komplett verbraten wird - danach wird dann voll versteuert.

Ach herrje, das gibt es ja auch noch. Vielen Dank für den Hinweis!

Heißt also, dass sich mein Netto über das Jahr gesehen ändern (reduzieren) dürfte, weil der Freibetrag irgendwann ausgeschöpft ist und die AG-Umlage dann abzgl. der Pauschalversteuerung individuell durch den AN zu versteuern ist.

Gerda Schwäbel

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Heißt also, dass sich mein Netto über das Jahr gesehen ändern (reduzieren) dürfte, weil der Freibetrag irgendwann ausgeschöpft ist und die AG-Umlage dann abzgl. der Pauschalversteuerung individuell durch den AN zu versteuern ist.

Wenn Ihr Beispiel realistisch ist, also die Größenordnung des Entgelts stimmt, dann müssen Sie nicht damit rechnen, weil dann das Modell keine Rolle spielt. In Ihrem Beispiel
Zitat
3000 + (193,50 - 134 - 92,03) = 2967,47 €
stimmt die "92,03" nicht.
Wenn Ihr Arbeitgeber 193,50 € aufwendet, dann stellt er die (ersten) 134 € nach § 3 Nr. 56 EStG steuerfrei, und der Rest (61,50 €) wird pauschal versteuert. Der AG muss natürlich nicht den Höchstbetrag nach § 40 b EStG (92,03 €) ausschöpfen, wenn nur ein geringerer Betrag angefallen ist. Der Inhalt der Klammer in Ihrem Beispiel kann nicht negativ sein. Ihre Formel stimmt für Entgelte ab 3.504,34 €.
 

Fireball84

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Vielen Dank für die Aufklärung bis hierher!

Nein, mein Beispiel war nicht wirklich repräsentativ für die Höhe meines Entgelts. Die Höhe der AG-Umlage liegt in meinem Fall über der Höhe der Summe aus steuerfreier AG-Umlage und Pauschalversteuerung (Verteilmodell) und mein Gehalt ist größer als die von Ihnen erwähnten 3.504,34 €.

Kann denn für den Jahresbetrag der Pauschalversteuerung auch das Aufzehr- oder das Verteilmodell gewählt werden? Oder gilt hier immer das Verteilmodell?
Wäre ja irgendwie ungünstig, wenn für die steuerfreie AG-Umlage das Aufzehrmodell angewandt wird (demzufolge in den ersten Kalendermonaten des Jahres die AG-Umlage davon abgezogen wird und kein Restbeitrag für die monatliche Pauschalversteuerung übrig bleibt) und in den letzten Kalendermonaten des Jahres lediglich das Zwölftel der Pauschalversteuerung (92,03 €) abgezogen wird und der Rest individuell zu versteuern ist. Mit dieser Methode könnte man den Jahresbetrag der Pauschalversteuerung ja nicht vollständig nutzen.

Sinnvoll wäre ja, wenn auf beide Jahresbeträge (steuerfreue AG-Umlage und Pauschalversteuerung) immer das selbe Modell angewandt wird.

Gut ist immerhin, dass ab 01.01.2020 der Jahresbetrag der steuerfreien AG-Umlage von 2 % der BBG RV auf 3 % der BBG RV ansteigt.

Gerda Schwäbel

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Die Höhe der AG-Umlage liegt in meinem Fall über der Höhe der Summe aus steuerfreier AG-Umlage und Pauschalversteuerung (Verteilmodell) und mein Gehalt ist größer als die von Ihnen erwähnten 3.504,34 €.

Kann denn für den Jahresbetrag der Pauschalversteuerung auch das Aufzehr- oder das Verteilmodell gewählt werden? Oder gilt hier immer das Verteilmodell?

Dann liegt wohl tatsächlich das Aufzehrmodell vor und Sie müssen damit rechnen, dass sich Ihr Netto im Laufe des Jahres vermindern kann.

Es gibt zwar mit 1.752 Euro einen steuerrechtlichen Jahresbetrag der Pauschalbesteuerung, das nützt aber nichts. Die tarifliche Anspruchsnorm "Der Arbeitgeber hat die auf ihn entfallende Umlage bis zu einem Betrag von monatlich 92,03 Euro pauschal zu versteuern …" (§ 16 Abs. 2 ATV i. V. m. § 37 Abs. 2 ATV) verhindert den gewünschten Effekt.

Dass das Aufzehrmodell für Arbeitnehmer häufig ungünstiger ist als das Verteilmodell ist unstrittig.  Ich habe mich nie näher damit befasst, weil man sich im Bundesbereich für das Verteilmodell entschieden hatte, aber ich meine mich zu erinnern, dass das Verteilmodell von einigen Arbeitgebern favorisiert wird, weil der Arbeitgeberaufwand für die Pauschalsteuer so etwas niedriger anfällt.   

Fireball84

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Die Höhe der AG-Umlage liegt in meinem Fall über der Höhe der Summe aus steuerfreier AG-Umlage und Pauschalversteuerung (Verteilmodell) und mein Gehalt ist größer als die von Ihnen erwähnten 3.504,34 €.

Kann denn für den Jahresbetrag der Pauschalversteuerung auch das Aufzehr- oder das Verteilmodell gewählt werden? Oder gilt hier immer das Verteilmodell?


Dann liegt wohl tatsächlich das Aufzehrmodell vor und Sie müssen damit rechnen, dass sich Ihr Netto im Laufe des Jahres vermindern kann.

Es gibt zwar mit 1.752 Euro einen steuerrechtlichen Jahresbetrag der Pauschalbesteuerung, das nützt aber nichts. Die tarifliche Anspruchsnorm "Der Arbeitgeber hat die auf ihn entfallende Umlage bis zu einem Betrag von monatlich 92,03 Euro pauschal zu versteuern …" (§ 16 Abs. 2 ATV i. V. m. § 37 Abs. 2 ATV) verhindert den gewünschten Effekt.

Dass das Aufzehrmodell für Arbeitnehmer häufig ungünstiger ist als das Verteilmodell ist unstrittig.  Ich habe mich nie näher damit befasst, weil man sich im Bundesbereich für das Verteilmodell entschieden hatte, aber ich meine mich zu erinnern, dass das Verteilmodell von einigen Arbeitgebern favorisiert wird, weil der Arbeitgeberaufwand für die Pauschalsteuer so etwas niedriger anfällt.
Vielen, vielen Dank Frau Schwäbel für die Aufklärung!

Dann ist es umso unschöner, dass so ein großer Arbeitgeber wie das Land Niedersachsen mit diesem Modell arbeitet.  :( Aber nun gut, für dieses reichen mir die beiden Freibeträge gerade so aus um nichts individuell versteuern zu müssen (da ich erst zum Juli 2019 gewechselt habe) und ab dem nächsten Jahr steigt der jährliche Freibetrag der steuerfreien AG-Umlage.

Bastel

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Heist das man muss nächstes Jahr weniger der AG VBL Beiträge versteuern?

Fireball84

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Heist das man muss nächstes Jahr weniger der AG VBL Beiträge versteuern?
Das dürfte korrekt sein!

§ 3 Nr. 56 EStG:
"Zuwendungen des Arbeitgebers nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Satz 1 aus dem ersten Dienstverhältnis an eine Pensionskasse zum Aufbau einer nicht kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung entsprechend § 82 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist, soweit diese Zuwendungen im Kalenderjahr 2 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen. 2Der in Satz 1 genannte Höchstbetrag erhöht sich ab 1. Januar 2020 auf 3 Prozent und ab 1. Januar 2025 auf 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung. 3Die Beträge nach den Sätzen 1 und 2 sind jeweils um die nach § 3 Nummer 63 Satz 1, 3 oder Satz 4 steuerfreien Beträge zu mindern;"


Derzeit beträgt der Satz 2 % und die Beitragsbemessungsgrenze RV für das Jahr 2019 liegt bei 80.400 €. (80.400 x 0,02 = 1.608 € p. a.). Bei einem Satz von 3 % läge der Freibetrag 2019 bei 2.412 €.


D-x

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Heist das man muss nächstes Jahr weniger der AG VBL Beiträge versteuern?

Nicht ganz, aber fast, nämlich die Umlage, da der Freibetrag nach § 3 Nr. 56 EStG ab 2020 um einen Prozentpunkt steigt, 2025 nochmal.
Beiträge des Arbeitgebers die so nur im Abrechnungsverband Ost anfallen werden nach anderen Regelungen versteuert bzw. bleiben steuerfrei (§ 3 Nr. 63 EStG).

Das soll übrigens wohl auch kompensieren, dass die Renten später steuerpflichtig sein werden.

Maximus2584

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Wer kann mir mit einfachen Worten erklären:

Ich habe diesen Monat 32 Euro weniger Netto erhalten und habe natürlich die Gehaltsstelle angerufen. Dort wurde mir erklärt, dass der Anteil von VBL schon verbraucht wurde und ich nun bis zum Ende des Jahres höhere Steuern zahlen muss. Dazu gab es im Juli wohl ein Rundschreiben(in Berlin). Ich war damals bei der anderen Behörde und habe dies leider nicht mitbekommen. Welche Summe genau pro Mitarbeiter zusteht wurde nicht gesagt. Gibt es ein %-Satz von meinem Brutto (%2 ?) oder wie hoch ist die tatsächliche Summe pro Mitarbeiter im Jahr? Wer weiß denn so etwas?. Danke für eine einfache Hilfe oder Beispielrechnung.


Maximus2584

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Schau hier Mal:

https://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/tvoed-office-professional/zusatzversorgung-desoeffentlichen-dienstes-4311-verteil-oder-aufzehrmodell_idesk_PI13994_HI2158594.html

Vielen Dank! Ist mir ein Rätsel wie ich schon den Betrag aufgebraucht haben soll :D, werde ich mich bei der Gehaltsabteilung erkundigen am Montag  ;)