Autor Thema: Nachvertragliche Pflichten?  (Read 15414 times)

Spid

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Antw:Nachvertragliche Pflichten?
« Antwort #30 am: 05.09.2019 12:32 »
Nein. Du sollst ja auch gar nicht mitteilen, wie Du zu Deinen persönlichen Entscheidungen stehst. Du sollst mitteilen, was der AG zu Deinen beruflichen Entscheidungen Dir vorgibt zu sagen.

MrRossi

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Antw:Nachvertragliche Pflichten?
« Antwort #31 am: 05.09.2019 14:16 »
Nein. Du sollst ja auch gar nicht mitteilen, wie Du zu Deinen persönlichen Entscheidungen stehst. Du sollst mitteilen, was der AG zu Deinen beruflichen Entscheidungen Dir vorgibt zu sagen.
Das wäre mir einen Versuch wert abzulehnen und gerichtlich klären zu lassen.

Hain

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Antw:Nachvertragliche Pflichten?
« Antwort #32 am: 05.09.2019 16:31 »
Moin,

diese Aussage

Die Meinungsfreiheit ist in erster Linie ein Schutzrecht gegenüber dem Staat, nicht gegenüber dem Arbeitgeber. Man darf ja auch am Arbeitsplatz nicht in der Arbeitszeit und mit dem Material des AG Flugblätter mit seiner eigenen Meinung herstellen und verbreiten.

deckt sich nicht mit der BAG Entscheidung vom 24. 11. 2005 – 2 AZR 584/04:

Zitat
Mit der überragenden Bedeutung des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 GG wäre es unvereinbar, wenn das Grundrecht in der betrieblichen Arbeitswelt, die für die Lebensgrundlage zahlreicher Staatsbürger wesentlich bestimmend ist, gar nicht oder nur eingeschränkt anwendbar wäre (BVerfG 28. April 1976 aaO). Dabei besteht der Grundrechtsschutz unabhängig davon, ob eine Äußerung rational oder emotional, begründet oder grundlos ist, und ob sie von anderen für nützlich oder schädlich, wertvoll oder wertlos gehalten wird (BVerfG 16. Oktober 1998 – 1 BvR 1685/92 – AP BGB § 611 Abmahnung Nr. 24 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 40). Der Grundrechtsschutz bezieht sich sowohl auf den Inhalt als auch auf die Form der Äußerung. Auch eine polemische oder verletzende Formulierung entzieht einer Äußerung noch nicht den Schutz der Meinungsfreiheit (BVerfG 10. Oktober 1995 – 1 BvR 1476/91 ua. – BVerfGE 93, 266; 16. Oktober 1998 aaO).

Ich kenne auch keine Entscheidung, die es dem billigen Ermessen des AG zuordnet, den AN zu einer bewusst unwahren Darstellung anzuhalten. Nachdem das BAG seine Rechtsprechung aufgegeben hat, dass AN bei unbilligen aber nicht rechtswidrigen Anweisungen zunächst die Arbeitgerichte anrufen müssen, würde ich mich in diesem Fall ebenfalls weigern wahrheitswidrig zu statuieren, dass ich bedauere den AG zu verlassen.

Grüße
Hain

Tanzo

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Antw:Nachvertragliche Pflichten?
« Antwort #33 am: 05.09.2019 16:41 »
Hallo, ich bin angestellt EG15 und gelte gemäß GO als leitender Angestellter, der vom Gemeinderat bestätigt wurde. Demnach bin ich weder Beamter noch Wahlbeamter auf Zeit. Die Aussenwirkung ist jedoch unabhängig davon. Ich trete vom Ortschaftsrat bis gegenüber der Kultusministerin als Vertreter des Bürgermeisters auf, der in allen Angelegenheiten eine unbegrenzte Weisungs-, Bewirtschaftungs- und Anordnungsbefugnis erhalten hat.
Mich stört, dass ich auch nach Beendigung meines Arbeitsverhältnisses eingespannt werden soll - dass ich also nicht am letzten Tag das Interview X geben kann und am nächsten Tag (ohne Arbeitsverhältnis) genau das Gegenteil sagen kann. Das ist der Stein des Anstoßes. Da ich bspw. auch für Schulen verantwortlich bin, will ich nicht mit der Außenseitermeinung des Bürgermeisters in die Annalen eingehen. Jedem - auch der Presse - ist völlig klar, dass ich noch gebunden bin. Die Frage ist: wie weit über den letzten Arbeitstag hinaus?

Spid

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Antw:Nachvertragliche Pflichten?
« Antwort #34 am: 05.09.2019 16:43 »
Moin,

diese Aussage

Die Meinungsfreiheit ist in erster Linie ein Schutzrecht gegenüber dem Staat, nicht gegenüber dem Arbeitgeber. Man darf ja auch am Arbeitsplatz nicht in der Arbeitszeit und mit dem Material des AG Flugblätter mit seiner eigenen Meinung herstellen und verbreiten.

deckt sich nicht mit der BAG Entscheidung vom 24. 11. 2005 – 2 AZR 584/04:

Zitat
Mit der überragenden Bedeutung des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 GG wäre es unvereinbar, wenn das Grundrecht in der betrieblichen Arbeitswelt, die für die Lebensgrundlage zahlreicher Staatsbürger wesentlich bestimmend ist, gar nicht oder nur eingeschränkt anwendbar wäre (BVerfG 28. April 1976 aaO). Dabei besteht der Grundrechtsschutz unabhängig davon, ob eine Äußerung rational oder emotional, begründet oder grundlos ist, und ob sie von anderen für nützlich oder schädlich, wertvoll oder wertlos gehalten wird (BVerfG 16. Oktober 1998 – 1 BvR 1685/92 – AP BGB § 611 Abmahnung Nr. 24 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 40). Der Grundrechtsschutz bezieht sich sowohl auf den Inhalt als auch auf die Form der Äußerung. Auch eine polemische oder verletzende Formulierung entzieht einer Äußerung noch nicht den Schutz der Meinungsfreiheit (BVerfG 10. Oktober 1995 – 1 BvR 1476/91 ua. – BVerfGE 93, 266; 16. Oktober 1998 aaO).

Ich kenne auch keine Entscheidung, die es dem billigen Ermessen des AG zuordnet, den AN zu einer bewusst unwahren Darstellung anzuhalten. Nachdem das BAG seine Rechtsprechung aufgegeben hat, dass AN bei unbilligen aber nicht rechtswidrigen Anweisungen zunächst die Arbeitgerichte anrufen müssen, würde ich mich in diesem Fall ebenfalls weigern wahrheitswidrig zu statuieren, dass ich bedauere den AG zu verlassen.

Grüße
Hain

Doch, das deckt sich genau mit der genannten Entscheidung, deren Fallkonstellation eben weder die Arbeitszeit noch das Material des AG  beinhaltet. Dir ist offenkundig auch keine Entscheidung bekannt, die das Direktionsrecht des AG bei der näheren Bestimmung des Inhalts der geschuldeten Arbeitsleistung dergestalt beschneiden würde, sonst hättest Du sie uns sicher mitgeteilt.

Spid

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Antw:Nachvertragliche Pflichten?
« Antwort #35 am: 05.09.2019 16:45 »
Hallo, ich bin angestellt EG15 und gelte gemäß GO als leitender Angestellter, der vom Gemeinderat bestätigt wurde. Demnach bin ich weder Beamter noch Wahlbeamter auf Zeit. Die Aussenwirkung ist jedoch unabhängig davon. Ich trete vom Ortschaftsrat bis gegenüber der Kultusministerin als Vertreter des Bürgermeisters auf, der in allen Angelegenheiten eine unbegrenzte Weisungs-, Bewirtschaftungs- und Anordnungsbefugnis erhalten hat.
Mich stört, dass ich auch nach Beendigung meines Arbeitsverhältnisses eingespannt werden soll - dass ich also nicht am letzten Tag das Interview X geben kann und am nächsten Tag (ohne Arbeitsverhältnis) genau das Gegenteil sagen kann. Das ist der Stein des Anstoßes. Da ich bspw. auch für Schulen verantwortlich bin, will ich nicht mit der Außenseitermeinung des Bürgermeisters in die Annalen eingehen. Jedem - auch der Presse - ist völlig klar, dass ich noch gebunden bin. Die Frage ist: wie weit über den letzten Arbeitstag hinaus?

Gar nicht:
Sofern nicht irgendwelche einzelvertraglichen Regelungen existieren, sehe ich keine Grundlage für das inredestehende Verbot. Sag dem BM doch, er solle Deine angeblichen nachvertraglichen Pflichten konkret mit Rechtsgrundlage benennen, ansonsten müßtest Du seinen Vorschlag abschlägig bescheiden.

MrRossi

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Antw:Nachvertragliche Pflichten?
« Antwort #36 am: 05.09.2019 17:03 »
Es ist sicher keine geschuldetete Arbeitsleistung Unwahrheit, in eigener mich persönlich betreffender Sache zu erklären, Die geeignet ist sich ein falsches Bild über mich zu machen oder mich falsch darstellt. Es entsteht auch kein Schaden, diese Erklärung nicht abzugeben.

Spid

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Antw:Nachvertragliche Pflichten?
« Antwort #37 am: 05.09.2019 17:08 »
Selbstverständlich ist die Außendarstellung des AG ggfs. geschuldete Arbeitsleistung und Deine Außendarstellung kannst Du in Deiner Freizeit pflegen

MrRossi

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Antw:Nachvertragliche Pflichten?
« Antwort #38 am: 06.09.2019 08:05 »
Selbstverständlich ist die Außendarstellung des AG ggfs. geschuldete Arbeitsleistung und Deine Außendarstellung kannst Du in Deiner Freizeit pflegen
Bestimmt kann der AG verlangen ihn gut aussehen zu lassen, aber nicht auf Kosten der Außendarstellung des AN.

Spid

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Antw:Nachvertragliche Pflichten?
« Antwort #39 am: 06.09.2019 08:30 »
Na, selbstverständlich kann er das, man denke nur mal an Berufsbekleidung.

MrRossi

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Antw:Nachvertragliche Pflichten?
« Antwort #40 am: 06.09.2019 08:36 »
Na, selbstverständlich kann er das, man denke nur mal an Berufsbekleidung.
Ja eben "Berufskleidung". Wenn aber hinten draufstehen soll "Ich bin psychisch labil" wird mich auch keiner dazu zwingen können damit durch die Einkaufsstraße zu laufen.

Spid

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Antw:Nachvertragliche Pflichten?
« Antwort #41 am: 06.09.2019 08:52 »
Nein. Das wäre aber im Sachverhalt auch beim Pressetermin nicht gefordert, weshalb die Vorbringung unbeachtlich ist.

MrRossi

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Antw:Nachvertragliche Pflichten?
« Antwort #42 am: 06.09.2019 09:43 »
Dir ist klar, dass es mir nur um die Aussage "ich bereue, dass ich mich entschieden habe zu gehen" geht?
Erkennbar sehe ich keine dienstliche Pflicht derart auf Anweisung zu behaupten. Außenstehende, die es durch die Veröffentlichung geben wird, werden nicht in die Lage versetzt zu erkennen, dass es nicht die Meinung des Betroffenen ist, und schon garnicht, dass der Betroffenen nicht in Selbstmitleid (was bereuen bedeuten kann) verfallen ist. Dies kann insofern schädlich für den Betroffenen sein, als dass Außenstehende folgern könnten, der Betroffene ist der Meinung er trifft (für sich) falsche Entscheidungen. In einer Abwägung der Interessen hat das Persönlichkeitsrecht hier bestimmt mehr Gewicht. Es schadet dem AG ja nicht wenn der Betroffene es nicht sagt. Es gibt mit Sicherheit andere Möglichkeiten den AG positiv erscheinen zu lassen, ohne das sich der  MA als reuig darstellen muss.

Spid

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Antw:Nachvertragliche Pflichten?
« Antwort #43 am: 06.09.2019 09:46 »
Gibt es sicherlich, ich sehe aber keinen Grund, warum der AG gezwungen sein sollte, diese zu nutzen. Was vom AN hier verlangt wird, ist nichts anderes als Berufsbekleidung, auf der „McDonalds - ich liebe es“ zu tragen.

MrRossi

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Antw:Nachvertragliche Pflichten?
« Antwort #44 am: 06.09.2019 09:53 »
Das sind verschiedene Dinge, da auch andere die Berufskleidung tragen und es zur Außendarstellung gehört.