Autor Thema: [BE] Besoldungsrecht Beamte, Wiederherstellung der bundeseinheitlichen Besoldung  (Read 24999 times)

Bunny

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Und da könnte der Dienstherr zur Refinanzierung sogar noch weiter gehen z.B. die Stufen einkürzen, oder die oberen Stufen einfrieren, ....
Genau, oder die oberen Stufen sogar wegfallen lassen. Der Gesetzgeber kann seiner Phantasie fast freien Lauf lassen.

Und wieso da eine Ungleichbehandlung zu den nicht-verbeamteten Menschheit irgendwie reinspielen sollte ist mir unklar, dann müsste man ja auch Beihilfe und Pension mit dieser Argumentation vernichten können.
Eben, genau meine Rede. Die (Neid-)Diskussion über die Privilegien der Beamten geht erneut und umso stärker los wie in der Vergangenheit. Und am Ende könnte was das Berufsbeamtentum betrifft nichts mehr so sein wie bisher. Gerade die Beihilfe zählt nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und könnte relativ schnell gestrichen und durch anderes ersetzt werden (siehe Modell "Hamburg" oder die Bestrebungen bestimmter Parteien, eine Bürgerversicherung einzuführen).
« Last Edit: 13.09.2019 17:14 von Bunny »

SwenTanortsch

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Der eine Haken in deiner Rechnung ist ja schon in NI erledigt (es gibt keine A3 A4) mehr.
Somit musst du deine Rechnung bei A5 starten.
Damit ist dann die notwendige Zulagen natürlich geringer.

Diese offensichtliche Ungleichbehandlung sowohl der Beamten ohne Familienanhang als auch der nicht-verbeamteten Menschheit ließe sich meines Erachtens kaum verfassungsrechtlich schlüssig begründen; denn dazu müsste der bayerische Gesetzgeber nun nachweisen, dass er bislang und also über Jahrzehnte Beamte mit Kindern massiv benachteiligt hätte und nun die Benachteiligung durch eine 60-prozentige Zulagenerhöhung heilen wollte.
Nun aber genau das ist ja geschehen! Die Alimentation der Beamten mit Familie war stets zu gering, man erkennt es ja, dass diese eben ratzbatz nah an der 115% Grenze rutschen.
Und eine pauschale Erhöhung des Grundgehaltes würde ja eine massive Benachteiligung der Beamten mit Familienanhang bedeuten. also wo sollte das nicht schlüssig begründbar sein.

Denn die Beamten ohne Familienanhang sind ja ausreichend weit weg von der 115% Grenze

Und da könnte der Dienstherr zur Refinanzierung sogar noch weiter gehen z.B. die Stufen einkürzen, oder die oberen Stufen einfrieren, ....

Und wieso da eine Ungleichbehandlung zu den nicht-verbeamteten Menschheit irgendwie reinspielen sollte ist mir unklar, dann müsste man ja auch Beihilfe und Pension mit dieser Argumentation vernichten können.

Nun gut, also das Ganze noch einmal mit einem bayerischen A 5-er. Die Steuerdaten bleiben gleich; die Besoldungsdaten finden sich hier: http://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/by?id=beamte-bayern-2019&g=A_5&s=1&f=3&z=100&zulageid=10.1&zulage=&stj=2019&stkl=3&r=0&zkf=0

Das Steuerbrutto liegt bei 34.344,05 €. Um nach 36.700,- € zu gelangen, müssten die Familienzuschläge um 2.355,95 € erhöht werden. Da die Familienzuschläge derzeit bei 5.202,64 € liegen, würde das eine Erhöhung der Familienzuschläge um hier über 30 % betragen. Da der Gesetzgeber wegen seiner Proeduralisierungspflichten zu einer abwägenden Betrachtung verpflichtet ist, die "auf die Herstellung von Entscheidungen und nicht auf ihre Darstellung, das heißt nachträgliche Begründung" zielen muss, müsste er nun anhand von entsprechenden gesellschaftlichen Daten die Herstellung der Ungleichbehandlung erläutern, dass heißt, zeigen, wieso innerhalb der Beamtenschaft ausschließlich die Alimentation von Familien recht deutlich erhöht wird; die Alimentation der anderen aber überhaupt nicht.

Hierbei lässt sich vermuten, dass eine maßvolle Erhöhung der Familienzuschläge verfassungsrechtlich möglich sei. Allerdings wäre auch hier - genauso wie schon im Fall der Besoldungsgruppe A 3 - eine entsprechend deutliche Erhöhung, in diesem Fall um mehr als 30 Prozent, auch mit Blick auf die vorgenommenen Anpassungsquoten der Familienzuschläge in den letzten Jahrzehnten kaum als maßvoll zu rechtfertigen. Zugleich müsste - wenn eine entsprechende Erhöhung für die Beamtenschaft erfolgte - begründet werden, wieso unter Gleichheitsgesichtspunkten offensichtlich das familiäre Leben von Nicht-Beamten (der Rest der Menschheit, den es ja auch noch gibt) nicht ebenfalls entsprechend deutlich höheren Kosten unterworfen wäre. Das ließe sich aber offensichtlich nicht stichhaltig begründen. Ergo müsste, sofern eine entsprechende allgemeine deutliche Verteuerung des familiären Lebens nachweisbar wäre, unter Gleichheitsgesichtspunkten das Kindergeld deutlich erhöht werden. Erst mittelbar danach könnte eine weitere - maßvolle - Erhöhung der Familienzuschläge für Beamte verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden.

Zugleich sagt übrigens die vom Bundesverfassungsgericht erstellte, vergleichende Berechnungsmethode anhand einer vierköpfigen Familie nichts darüber aus, ob Beamte ohne Kinder tatsächlich oberhalb oder unterhalb der 15-prozentigen Abstandsmarke liegen. Insofern ist es ein Postulat, wenn Du sagst, Beamte ohne Kinder lägen oberhalb dieser Abstandsmarke - so wie es ein Postulat wäre, wenn ich das Gegenteil behauptete, weshalb ich weder das eine noch das andere sagen würde. Denn darauf gibt es juristisch gesehen keine hinreichende Antwort, weil das kein Parameter innerhalb des Verfahrens ist und deshalb weder in der Vergangenheit geprüft worden ist noch in der Zukunft zu prüfen wäre.

Am Ende muss ein Gericht, das die Verfassungskonformität der Alimentation als solche und als Ganze prüft, anhand der vorgegebenen fünf Parameter (von denen der vierte in zwei unterschiedliche aufgespalten ist) untersuchen, ob zunächst die Vermutung einer Unteralimentation vorliegt und, sofern das der Fall ist, diese in einem zweiten Prüfungsschritt anhand weiterer Parameter erhärten oder entkräften. Ein Teil der ersten Prüfungsstufe ist das beschriebene Verfahren. Sofern es darum ginge, ob die Familienzuschläge innerhalb des bestehenden Besoldungssystems verfassungskonform sind, wäre aber letztlich ein anderes Rechtsverfahren anzustreben, so wie es sich insbesondere in denen zu Beamtenfamilien mit mehr als zwei Kindern zeigt. Vgl. hier beispielsweise das aktuelle Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das letztlich noch einmal zusammenfasst, dass eine deutliche Erhöhung der Familienzuschläge nicht so ohne Weiteres möglich ist, solange nicht die vergleichende Verhältnismäßigkeit insgesamt gegeben bleibt (https://www.bverwg.de/entscheidungen/pdf/220318U2C20.16.0.pdf). In seiner Begründung referiert das Bundesverwaltungsgericht die betreffende ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (und diese ständige Rechtsprechung kann man als richtig oder falsch empfinden - mir widerstrebt die nachfolgende Interpretation, weil ich sie als deutliche Benachteiligung kinderreicher Beamtenfamilien empfinde; aber meine Gefühlslage spielt hier keine Rolle), die also die in sämtlichen betreffenden Fällen die zugrundzulegende Verfassungsinterpretation ist, da sie im nationalen Rahmen von der judikativen Höchstinstanz vorgenommen wird:

"Das Bundesverfassungsgericht hat in den vorgenannten Entscheidungen angenommen, dass der Besoldungsgesetzgeber das Beamten- und Richtergehalt in seinen 'familienneutralen' Bestandteilen von vornherein so bemessen hat, dass - vor allem im Hinblick darauf, dass der Beurteilung der Amtsangemessenheit das Nettoeinkommen des Beamten und Richters zugrunde zu legen ist - davon eine bis zu vierköpfige Familie (Eltern und Kinder) unterhalten werden kann, ohne die Amtsangemessenheit dessen zu gefährden, was sich der Beamte oder Richter für sich selbst leisten kann. Diese Entscheidung des Gesetzgebers ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, mag sie auch zur Folge haben, dass der (noch) unverheiratete und der verheiratete (noch) kinderlose Beamte oder Richter sich auf diese Weise regelmäßig einen großzügigeren Lebenszuschnitt leisten können als der Bedienstete mit einem oder mit zwei Kindern. Daraus ergibt sich, dass die 'kinderbezogenen' Besoldungsbestandteile für das erste und zweite Kind nur ergänzend hinzutreten, mithin erheblich unter den Beträgen bleiben (dürfen), die von der Rechtsordnung als Regelsätze für den Kindesunterhalt als angemessen erachtet werden (BVerfG, Beschluss vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 - BVerfGE 81, 363 <377>)." (Ebd., Rn. 13)

Die hier referierte ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich offensichtlich kaum mit einer 30-prozentigen Erhöhung der Familienzuschläge in Einklang bringen; das nur umso mehr, sofern zugleich eine generelle Unteralimentation erhärtet werden würde. Diese könnte also allgemein - als nun mehrmals betontes Fazit - nicht durch eine starke Anhebung der Familiezuschläge geheilt werden.

Nun gut, ich denke, ich habe jetzt zur Thematik Familienzuschläge sehr, wenn nicht wohl eher viel zu viel gesagt. Letztlich ist die Frage, ob eine eventuelle Unteralimentation mittels Familienzuschlägen zu heilen ist, bezogen auf die Gesamtthematik auch nur eine Marginalie - und ich kann sie nicht wirklich klären, da ich kein Verfasungsrechtler bin. Alles, was ich aber bislang zur Thematik gelesen habe, weist eben in die Richtung, die ich dargelegt habe.

WasDennNun

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Vielen Dank für deine Ausführung.
Nun gut, also das Ganze noch einmal mit einem bayerischen A 5-er. Die Steuerdaten bleiben gleich; die Besoldungsdaten finden sich hier: http://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/by?id=beamte-bayern-2019&g=A_5&s=1&f=3&z=100&zulageid=10.1&zulage=&stj=2019&stkl=3&r=0&zkf=0

Das Steuerbrutto liegt bei 34.344,05 €. Um nach 36.700,- € zu gelangen, müssten die Familienzuschläge um 2.355,95 € erhöht werden. Da die Familienzuschläge derzeit bei 5.202,64 € liegen, würde das eine Erhöhung der Familienzuschläge um hier über 30 % betragen. Da der Gesetzgeber wegen seiner Proeduralisierungspflichten zu einer abwägenden Betrachtung verpflichtet ist, die "auf die Herstellung von Entscheidungen und nicht auf ihre Darstellung, das heißt nachträgliche Begründung" zielen muss, müsste er nun anhand von entsprechenden gesellschaftlichen Daten die Herstellung der Ungleichbehandlung erläutern, dass heißt, zeigen, wieso innerhalb der Beamtenschaft ausschließlich die Alimentation von Familien recht deutlich erhöht wird; die Alimentation der anderen aber überhaupt nicht.
Wobei das ja nur für die Beamten gilt, die in den ersten Jahren ihres Dienstes 2 oder mehr Kinder haben.
Die Herstellung der Entscheidung ist ja eben mit genau dieser Erkenntnis begründbar, dass junge Beamte (idR <27Jahre) mit Kinder unteralimentiert sind.
Eine entsprechende Verdichtung der Stufen ist ja eben denkbar oder? (Also Streichung der oberen und unteren Stufen).


SwenTanortsch

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Nun gut, also das Ganze noch einmal mit einem bayerischen A 5-er. Die Steuerdaten bleiben gleich; die Besoldungsdaten finden sich hier: http://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/by?id=beamte-bayern-2019&g=A_5&s=1&f=3&z=100&zulageid=10.1&zulage=&stj=2019&stkl=3&r=0&zkf=0

Das Steuerbrutto liegt bei 34.344,05 €. Um nach 36.700,- € zu gelangen, müssten die Familienzuschläge um 2.355,95 € erhöht werden. Da die Familienzuschläge derzeit bei 5.202,64 € liegen, würde das eine Erhöhung der Familienzuschläge um hier über 30 % betragen. Da der Gesetzgeber wegen seiner Proeduralisierungspflichten zu einer abwägenden Betrachtung verpflichtet ist, die "auf die Herstellung von Entscheidungen und nicht auf ihre Darstellung, das heißt nachträgliche Begründung" zielen muss, müsste er nun anhand von entsprechenden gesellschaftlichen Daten die Herstellung der Ungleichbehandlung erläutern, dass heißt, zeigen, wieso innerhalb der Beamtenschaft ausschließlich die Alimentation von Familien recht deutlich erhöht wird; die Alimentation der anderen aber überhaupt nicht.
Wobei das ja nur für die Beamten gilt, die in den ersten Jahren ihres Dienstes 2 oder mehr Kinder haben.
Die Herstellung der Entscheidung ist ja eben mit genau dieser Erkenntnis begründbar, dass junge Beamte (idR <27Jahre) mit Kinder unteralimentiert sind.
Eine entsprechende Verdichtung der Stufen ist ja eben denkbar oder? (Also Streichung der oberen und unteren Stufen).

Die Aussage Deines ersten Satzes ist so nicht zu verifizieren (entschuldige meinen blöden Slang; da wir aber schreiben und uns also nicht im Gespräch verständigen können, versuche ich möglichst präzise zu formulieren; im Gespräch würde ich das nicht so formulieren). Denn das Bundesverfassungsgericht zeigt innerhalb des 2015 von ihm entwickelten Prüfkonzepts grundsätzlich nicht auf, bis zu welcher Stufe eine Alimentation noch verfassungskonform ist oder nicht, sondern betrachtet mit Blick auf den Abstand zum sozialhilferechtlichen Existenzminimum die unterste Besoldungsgruppe (theoretisch nach seiner eigenen Formulierung: die unteren Besoldungsgruppen; in der Praxis erfolgt aber bezogen auf den Mindestabstand zum sozialhilferechtlichen Existenzminimum bislang von den Gerichten nur die Betrachtung der untersten Besoldungsgruppe, was unter Rationalitätsgesichtspunkten schlüssig ist) und hier dann ausschließlich die Eingangsstufe. Sofern sich dort die Besoldung nicht mehr als amtsangemessenen erweist, wird es urteilten, dass der Gesetzgeber innerhalb seines ihm vom Bundesverfassungsgericht regelmäßig zugesprochenen weiten Ermessungsspielraums einen sich auf das gesamte Besoldungssystem beziehenden verassungskonformen Zustand (wieder-)herzustellen hat. Dein erster Satz bleibt letztlich also ein Postulat, da eine jenen Satz verifizierende oder falsifizierende Prüfung innerhalb des vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Konzepts nicht vorgesehen ist und von daher nicht erfolgt.

Zugleich lässt jener weite Ermessensspielraum, über den der Gesetzgeber nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht verfügt, ihm die Möglichkeit, die Systematik von Besoldungsgruppen und Besoldungsstufen zu verändern - solange dabei (wiederum etwas vereinfacht formuliert) die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums nicht verletzt werden. Wenn es dem Gesetzgeber also gelänge, verfassungskonform nur die Eingangsstufenbesoldung deutlich anzuheben, alle anderen aber gleich zu belassen, dann hätte er das Recht, so zu handeln.

In der Praxis ist das aber so tatsächlich kaum möglich; zwar haben verschiedene Länder (Niedersachsen zum 01.01.2017 auch) die erste Eingangsstufe gestrichen oder anhebend verändert und die bereits verbeamteten Kollegen entsprechend übergeleitet. Niedersachsen hat dabei zugleich versucht, das Eingangsamt mit Blick auf Bewerbungen monetär attraktiver zu machen, um dann durch graduelle Absenkungen in den folgenden Stufen die Beamten bezogen auf ihre gesamte Beschäftigungszeit insgesamt betrachtet nicht höher zu alimentieren; sein Gesamtaufkommen, also die Personalkosten als Ganze, haben sich folglich durch die Reform - weitgehend - nicht geändert, also praktisch nicht erhöht (genau das war wie gehabt das Ziel des Lands). Das ging aber nur, weil dem Land bis dahin (und also bis heute) nicht höchstrichterlich eine verfassungswidrige Besoldungspraxis bescheinigt worden war.

Sobald also das Bundesverfassungsgericht einen verfassungswidrigen Zustand mittels seines 2015 entwickelten und seitdem fortgeschriebenen Prüfkonzepts feststellt, können vom betreffenden Gesetzgeber nicht innerhalb der Systematik verschiebene Veränderungen vorgenommen werden, ohne das sich das Gesamtaufkommen des Landes erhöhte. Denn der verfassungswidrige Zustand bezieht sich ja auf die Systematik als Ganze, sodass sich zwangsläufig ein Mehraufkommen ergibt.

Den verfassungswidrigen Zustand könnte der Gesetzgeber nun beispielsweise - denke ich - heilen, indem er im Sinne seines weiten Ermessensspielraum die Eingangsstufe und auch noch die nächstfolgende(n) ersatzlos streicht und die bereits verbeamteten Kollegen überleitet (denn damit vollzöge er offensichtlich eine Besoldungserhöhung). Das allein würde dann aber nicht ausreichen, da sich ja der konstatierte verfassungswidrige Zustand auf die gesamte Systematik bezieht, d.h., auch in den höheren Stufen müsste es zu Veränderungen kommen, von denen auszugehen ist, dass sie am Ende einen verfassungskonformen Zustand als Ganzes gewährleisten. Denn - um's mal anhand des zweiten Parameter der ersten Prüfungsstufe konkret zu machen (ich zähle jetzt nicht drei Parameter auf) - eine nicht mehr verfassungskonforme Abweichung der Besoldungsentwicklung von der Entwicklung des Nominallohnindexes innerhalb des betroffenen Bundeslands erstreckt sich ja auf das Besoldungssystem als Ganzes und nicht nur auf die unteren Besoldungsstufen.

Darüber hinaus wäre so oder so eine ersatzlose Streichung der oberen Besoldungsstufen nicht möglich, da das letztlich entweder zu einer substanziellen Besoldungskürzung führen würde oder gegen den Gleichheitsgrundsatz verstieße, da ja die bereits sich in der Stufe befindenden Kollegen nicht auf eine niedrigere herabgesetzt werden dürften (= Besoldungskürzung), alle anderen Kollegen, die noch nicht über die entsprechend höhere Erfahrungszeit verfügten, jene höhere Stufe aber nie erreichen könnten, da diese ja abgeschafft worden wäre. Eine solche Ungleichbehandlung verstieße gegen den Gleichheitssatz.

WasDennNun

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Bei der Erhöhung in NI Erhöhung: +3,16%, mindestens 100 €
wird der Gleichheitsgrundsatz ja auch missachtet,
warum dann nicht in den nächsten Runden ein 3% und maximal 100€ umsetzen?
Und wo steht das eine Besoldungskürzung nicht umgesetzt werden darf?

Und wenn das Gericht nur untere Besoldungsgruppen und Eingangsstufe betrachtet, dann kann der Dienstherr ja eine komplette Prüfung aller Kombinationen der Gruppen/Stufen und Familiesituation (verh ja/nein Kinder 0-5) durch führen um zu erkennen wo die man ins verfassungswidrig rutschen könnte und wo man safe ist verfassungskonform.
Dazu muss man ja nur ein kleines Analyse Progrämmchen schreiben, welches die "kritischen Situationen darstellt, ich denke dass sollte ein überschaubarer Aufwand (würde mal sagen, dass da ein Programmierer nicht mehr als ne Woche dran sitzt) sein.

Unterbezahlt

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Nun geht es hier ja inzwischen nur noch am Rande um die Petition zur (Wieder-)Vereinheitlichung der Besoldung, was das Thema dennoch nicht weniger interessant macht. Mit Spannung sehe ich den Verhandlungen beim BVerfG entgegen.

SwenTanortsch hat das ganze hier ja sehr ausführlich dargestellt. Beamtenrechtlich scheint der Mann tief in der Materie zu stecken :)

Vielleicht kannst du noch terminlich zur Aufklärung beitragen: Da wäre einmal das noch nicht terminierte Verfahren, welches das BVerfG vermutlich 2020 aufgreift und ein weiteres, dass für 2019 terminiert ist?
Letzteres wäre für die Kollegen bundesweit zur entsprechenden Widerspruchsbegründung interessant.

Eigentlich wäre dieser ganze Mist hier Aufgabe der Gewerkschaften und deren beauftragten Rechtsanwälte. Die müssten rechtzeitig informieren und Musterwidersprüche rausgeben. Von dem ganzen Verfahren (Leidensgenosse NDS) habe ich erst 2013 beiläufig erfahren... Ganz toll! Da könnte mir jetzt ordentlich Nachzahlung flöten gehen. Die sind das Geld echt nicht wert. Wenn das so weiter geht braucht jeder Beamte einen eigenen Fachanwalt für Beamtenrecht. Kommt am Ende vielleicht sogar günstiger als der Gewerkschaftsbeitrag -.- Es lebe der private Rechtsschutz

SwenTanortsch

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Bei der Erhöhung in NI Erhöhung: +3,16%, mindestens 100 €
wird der Gleichheitsgrundsatz ja auch missachtet,
warum dann nicht in den nächsten Runden ein 3% und maximal 100€ umsetzen?
Und wo steht das eine Besoldungskürzung nicht umgesetzt werden darf?

Und wenn das Gericht nur untere Besoldungsgruppen und Eingangsstufe betrachtet, dann kann der Dienstherr ja eine komplette Prüfung aller Kombinationen der Gruppen/Stufen und Familiesituation (verh ja/nein Kinder 0-5) durch führen um zu erkennen wo die man ins verfassungswidrig rutschen könnte und wo man safe ist verfassungskonform.
Dazu muss man ja nur ein kleines Analyse Progrämmchen schreiben, welches die "kritischen Situationen darstellt, ich denke dass sollte ein überschaubarer Aufwand (würde mal sagen, dass da ein Programmierer nicht mehr als ne Woche dran sitzt) sein.

Der Gesetzgeber darf innerhalb eines verfassungskonformen Rahmens natürlich die Besoldung kürzen. Die Frage war aber eine andere, nämlich ob er obere Erfahrungsstufen streichen dürfte. Und das ist, wie ich dargelegt habe, nicht ganz so einfach, da der Bestandsschutz gewährleistet sein muss.

In diesem Sinne hebt beispielsweise das zum 01.01.2017 in Kraft getretene Niedersächsische Besoldungsgesetz in dem die Überleitung auf Erfahrungsstufen regelnden § 72 (1) hervor: "Beamtinnen und Beamte der Besoldungsordnungen A und C sowie Richterinnen, Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte der Besoldungsgruppen R 1 und R 2, die am 31. August 2011 und darüber hinaus in einem Beamten- oder Richterverhältnis zu einem der in § 1 genannten Dienstherren standen, sind mit Wirkung vom 1. September 2011 der Erfahrungsstufe neu zugeordnet, die der Stufe entspricht, der sie nach dem bis dahin geltenden Recht am 1. September 2011 zugeordnet waren." Die entsprechenden Durchführungshinweise betonen entsprechend: "Diese stufenidentische Überleitung gewährleistet insoweit einen vollständigen Bestandsschutz, der für die vorhandenen Besoldungsempfängerinnen und Besoldungsempfänger zu keiner nominellen Änderung ihrer individuellen Besoldung führt."

Der Bestandsschutz ist - sofern nicht eine vollständige Neustrukturierung des Besoldungssystems erfolgte, aus dem dann kein Bestandsschutz mehr resultierte - nicht so einfach auszuhebeln, weshalb das Streichen oberer Erfahrungsstufen letztlich kaum möglich ist. Sofern dann aber bei Kontinuierung des Besoldungssystems innerhalb einer Besoldungsgruppe (also innerhalb einer gleichen Wertigkeit) einem Beamten ein Gut (hier: die Erfahrungsstufe 12) zuerkannt wird, kann einem anderen diese nicht mit der Argumentation verwehrt werden, dass man diese abgeschafft habe, sodass er bis zu seiner Pensionierung in der Erfahrungsstufe 11 verbliebe.

Zugleich geht das Beamtenrecht von einer unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter aus sowie damit zusammenhängend von einer qualitativ wertvolleren Leistung in den höheren Ämtern, womit sich dann die Besoldungsunterschiede zwischen den Besoldungsgruppen juristisch rechtfertigen lassen (ob dieser Qualitätsunterschied in der Realität automatisch immer so ganz der Fall ist, sei mal dahingestellt). Das Bundesverfassungsgericht fasst das regelmäßig in folgende Formulierung:

„Die Regelung der Bezüge ist auch an den Gleichheitssatz gebunden […]. Nach ständiger Rechtsprechung gebietet der allgemeine Gleichheitssatz dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln […]. Er verbietet ungleiche Belastungen ebenso wie ungleiche Begünstigungen […]. In Verbindung mit dem Alimentationsprinzip folgt aus Art. 3 Abs. 1 GG ferner, dass für gleiche und vergleichbare Ämter derselben Laufbahn im Hinblick auf die vom Träger des öffentlichen Amtes geforderte gleiche Tätigkeit, gleiche Leistung, gleiche Verantwortung und gleiche Arbeitslast auch gleiche Besoldung gewährt wird.“

Da in diesem Sinne verfassungsrechtlich unterschiedliche Besoldungsgruppen "Ungleiches" darstellen, kann der Gesetzgeber innerhalb seines weiten Ermessenspielraums unterschiedliche Besoldungsanpassungen vornehmen, solange er dabei nicht das Abstandsgebot verletzt. Von daher ist er eine Zeitlang berechtigt, die Alimentation unterer Besoldungsgruppen mittels eines monatlichen Pauschalbetrags - wie in Niedersachsen mittels 100 € - prozentual stärker anzuheben als höhere Besoldungsgruppen, deren Besoldung am Ende ebenfalls um mindestens 100,- € angehoben wurde. Wiederholt sich dieses Vorgehen zu häufig, dann käme es zwangsläufig zur Einebnung des Besoldungsfälles - "Ungleiches" wäre nicht mehr ungleich -, was verfassungsrechtlich nicht gestattet wäre. Durch die Pauschale wurde die Eingangsstufenbesoldung nominal in A 5 um 4,76 % erhöht, in A 6 um 4,65 %, in A 7 um 4,47 %, in A 8 um 4,22, in A 9 um 3,97 %, A 10 um 3,7 %, A 11 um 3,22 % und ab A 12 um 3,16 %.

Der niedersächsische Gesetzgeber stellt damit allerdings auch in Rechnung - das muss man der Fairness halber sagen -, dass in Niedersachsen die unteren Besoldungsgruppen im Bundesdurchschnitt noch einmal besonders schlecht dastehen (http://oeffentlicher-dienst.info/beamte/vergleich/). Um die Fairness dann aber auch gleich wieder einzuordnen: Durch die zeitverzögerte Übertragung hat das Land natürlich jetzt erneut gezielt dafür gesorgt, dass die niedersächsische Besoldung ab A 10 noch weiter vom Bundesdurchschnitt abgekoppelt wird. Denn real erfolgt ja nur eine Besoldungserhöhung um 5/6 der Nominalwerte (also ab A 12 um 2,63 % und für A 10 um 3,08 %), wodurch der Niedrigbesolder Niedersachsen auch hier noch weiter hinten den Bundesdurchschnitt zurückfällt. Selbst der immer mehr zunehmende Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst dringt offensichtlich nicht durch die Scheuklappen durch, mit der die Sparkasse, die man andernorts eventuell Finanzminsterium nennt, durchs Gelände pflügt.

Und analoge Programme wie die, von dem Du sprichst, sind schon lange geschrieben und dürften sicherlich von den meisten Bundesländer benutzt werden. So hat beispielsweise das VG Halle aufgespießt, dass das Land Sachsen-Anhalt 2016 ein Programm verwendete, mittels dessen gewährleistet werden sollte, dass von den fünf Parametern auf der ersten Prüfungsstufe drei Prüfparameter gerade noch unterhalb der Vermutung einer verfassungswidrigen Alimentation lagen, während zwei weitere diese deutlich überschritten und auch überschreiten sollten. Niedersachsen geht offensichtlich seit Jahren in einer recht ähnlichen Richtung vor. Urheber dieses Verfahrens war augenscheinlich das Land Sachsen, nachdem es zum wiederholten Male vor dem Bundesverfassungsgericht eine Niederlage bezogen hatte. Das VG Halle hob seinerzeit entsprechend mit Blick auf  Sachsen-Anhalt hervor:

"Handlungsmaxime des Landtages war dabei, die verfassungsrechtlich geforderten Nachzahlungen auf das verfassungsrechtliche Minimum zu begrenzen. Dabei sollte die Besoldung so verändert werden, dass von den drei durch das Bundesverfassungsgericht bei der Beamtenbesoldung bemängelten Parametern zwei weiterhin erfüllt sind [also recht deutlich im Sinne einer indizierten Verfassungswidrigkeit überschritten wurden; T.S.], bei dem dritten ein Unterschreiten des Vergleichsindex um 4,9 % erreicht wird [ein Wert von 5,0 hätte formal die Verfassungswidrigkeit indiziert; T.S.]. Das ist anders gewendet die gesetzgeberische Entscheidung die Besoldung nur soweit anzuheben, wie es verfassungsrechtlich geboten war."

SwenTanortsch

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Nun geht es hier ja inzwischen nur noch am Rande um die Petition zur (Wieder-)Vereinheitlichung der Besoldung, was das Thema dennoch nicht weniger interessant macht. Mit Spannung sehe ich den Verhandlungen beim BVerfG entgegen.

SwenTanortsch hat das ganze hier ja sehr ausführlich dargestellt. Beamtenrechtlich scheint der Mann tief in der Materie zu stecken :)

Vielleicht kannst du noch terminlich zur Aufklärung beitragen: Da wäre einmal das noch nicht terminierte Verfahren, welches das BVerfG vermutlich 2020 aufgreift und ein weiteres, dass für 2019 terminiert ist?
Letzteres wäre für die Kollegen bundesweit zur entsprechenden Widerspruchsbegründung interessant.

Eigentlich wäre dieser ganze Mist hier Aufgabe der Gewerkschaften und deren beauftragten Rechtsanwälte. Die müssten rechtzeitig informieren und Musterwidersprüche rausgeben. Von dem ganzen Verfahren (Leidensgenosse NDS) habe ich erst 2013 beiläufig erfahren... Ganz toll! Da könnte mir jetzt ordentlich Nachzahlung flöten gehen. Die sind das Geld echt nicht wert. Wenn das so weiter geht braucht jeder Beamte einen eigenen Fachanwalt für Beamtenrecht. Kommt am Ende vielleicht sogar günstiger als der Gewerkschaftsbeitrag -.- Es lebe der private Rechtsschutz

Ja, Du hast Recht, durch meine langen Statements wird der Zusammenhang zur Petition sicherlich nicht immer deutlich... Meiner Meinung nach kann uns Beamten nichts besseres passieren, als eine bundeseinheitliche Besoldung. Denn wenn es mit ihr Probleme gibt, geht ein Klageweg vonstatten, der dann bundesweit getragen wird. Zurzeit fängt jeder Landesverband jedes Gewerkschaftsteils für sich wieder von vorn an, zugleich wird so die mögliche geballte Kraft in 16 bis 17 Subteile zersplittert. Die ganze Unübersichtlichkeit und Dauer ist meines Erachtens vor allem auf diese Zersplitterung zurückzuführen - und womöglich geht dann nach einer eventuell positiven Beurteilung durch das Bundesverfassungsgericht in allen Ländern erneut die Trickserei los, sodass es dann im Anschluss die nächste Klagewelle gibt, die wiederum erneut jahre/jahrzehntelange Rechtsstreitigkeiten nach sich zieht.

Die Gefahr, dass derzeit besser alimentierte Kollegen wie z.B. in Bayern auf ein niedrigeres Niveau fallen sollten, halte ich für nicht so groß - nicht zuletzt weil es hier sicherlich Überleitungen im Sinne des Bestandsschutzes geben müsste. Ich halte es für beinahe ausgeschlossen, dass man ihre Besoldung kürzt; nicht zuletzt weil die entsprechenden Länder wie Bayern oder Baden-Württemberg bzw. der Bund selbst keinerlei Interesse an einer Besoldungskürzung haben: Denn dann würde auch dort der Fachkräftemangel nur noch stärker durchschlagen.

Zugleich kann ich aber die Befürchtungen gut nachvollziehen - wenn ich in Bayern lebte, würde ich vielleicht nicht so schreiben wie hier aus niedersächsischer Perspektive. Wenn man nichts zu verlieren hat, schreibt's sich sicherlich leichter... Letztlich muss - mit Blick auf die Petition - jeder für sich selbst abwägen, welche Interessen er oder sie hat.

Die Terminierung ist offensichtlich noch nicht klar - die Ankündigung für das genannte Verfahren zur Berliner Richterbesoldung liegt für dieses Jahr vor, aber noch nicht mit einem Datum. Womöglich wird es auch erst im nächsten Jahr stattfinden. Meines Erachtens wird es aber sicher vor Mai 2020 stattfinden; denn dann endet die Amtszeit des derzeitigen Präsidenten Andreas Voßkuhle - und er war und ist zentral dafür verantwortlich, dass das Bundesverfassungsgericht die Rechtsprechung zur Beamtenbesoldung so hartnäckig - und klug! - vorangetrieben hat. Er wird es sich ganz sicher nicht nehmen lassen, damit sein Lebenswerk zu runden, schätze ich mal.

In diesem Verfahren wird es sicher um die Frage, wie nun die Mindestalimentation bestimmt wird, gehen, sodass das noch nicht angekündigte Verfahren zur niedersächsischen Besoldung höchstwahrscheinlich kaum eine eigenständige Bedeutung mehr haben dürfte. Hier dürfte dann im Verlauf des Jahres 2020 oder 2021 nur noch nachvollzogen werden, was im ersten Verfahren angelegt wird.

Widerspruch - das ist wichtig! - muss für das laufende Kalenderjahr eingelegt werden und kann also nicht rückwirkend für vergangene Jahre erfolgen. In der Regel stellt der Dienstherr nach einem erfolgten Widerspruch jenen ruhend, sodass nicht jedes Jahr ein weiterer Widerspruch eingelegt werden muss. Da er den Eingang des Widerspruchs bestätigt, sollte dort geprüft werden, ob das Verfahren bis zu einer Entscheidung ruhend gestellt wird. Falls das nicht der Fall ist, muss im nächsten Jahr ein erneuter Widerspruch erfolgen.

Die Widerspruchsfrist für das laufende Kalenderjahr endet in der Regel am 30. oder 31.12. des Jahres (in der Regel gilt der Poststempel). Ich würde in den jeweiligen Ländern die Gewerkschaften und Verbände drängen, entsprechend vorformulierte Standardschreiben spätestens Anfang Dezember auszugeben, auf denen dann nur noch die persönlichen Daten eingetragen werden müssen (das geschieht hier in Niedersachsen recht reibungslos, sicherlich auch, weil wir seit 2005 mit dem Thema beschäftigt sind).

Da die Berechnungsmethodik des Bundesverwaltungsgerichts deutlich andere Ergebnisse zeitigt als die Annahmen durchgehend aller Bundesländer und des Bundes, würde ich unter allen Umständen Widerspruch einlegen. Hier dürfte es - wie am Land Bayern gezeigt - pro Jahr um deutlich vierstellige Brutto-Werte gehen - jedenfalls wenn das Bundesverfassungsgericht die Methodik des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt.

Ob es sie bestätigt - zentrale Frage neben weiteren, gleichfalls nicht unwichtigen, aber nicht so stark ausschlaggebenden ist, wie werden die Unterkunftskosten gewichtet -, kann keiner sagen. Ich will hier deshalb auch unter keinen Umständen falsche Hoffnungen wecken.

Zugleich ist es aber so, dass - wenn ich es richtig sehe - das letztjährige Urteil zur Verwerfung eines Beamtenstreikrechts fast automatisch eine weiterhin strenge Auslegung der Alimentationsfrage fordert, nicht zuletzt, weil im Urteil offensichtlich Verknüpfungen in diese Richtung angelegt sind. Zugleich dürfte das BVerfG-Urteil von 2007 eine nicht unmaßgebliche Rolle spielen, das die Pflicht des Gesetzgebers, Ortzuschläge zu gewähren, zurückwiesen hat - das aber zugleich diese nicht ausschloss und dabei die Prüfungspflicht der Unterkunftskosten mit Blick auf die einheitlichen Lebensverhältnisse festhielt. Da sich im Hinblick auf die Miet- und Immobilienkosten zwischen 2007 und heute - um's mal so auszudrücken - doch einiges getan hat, dürfte es nicht völlig unwahrscheinlich sein (denke ich), dass das Bundesverfassungsgericht dem Bundesverwaltungsgericht folgt und den Gesetzgebern an die Möglichkeit von Ortzuschläge - gekoppelt an die Mietenstufen - erinnern wird. Die Erinnerung dürfte - sofern sie erfolgte - zugleich mit dem Verweis verbunden werden, dass die Gesetzgeber seit jeher hätten Ortszuschläge gewähren können, um so den Rechtsansprüchen der Kollegen nachzukommen und zugleich die eigenen Kosten entsprechend differenzieren zu können. Denn in einer Region mit einer niedrigeren Mietenstufe müsste dann auch ein niedrigerer Ortszuschlag erfolgen (die Länder sind immer sehr schlau - deshalb ist es in ihrem Sinne sicherlich nicht von Vorteil, dass sie jetzt selbst anfangen, "Landprämien" zu zahlen; denn das sind offensichtlich Ortszuschläge; sie werden sich also kaum herausreden können, dass sie diese nicht einsetzen könnten; und zugleich laufen die "Landprämien" mit Blick auf den Nutzen in die richtige Richtung: ländliche Regionen sollen durch höhere Besoldung attraktiver werden; die juristische Ebene läuft dem aber genau zuwider: Denn in ländlichen Regionen sind die Mieten i.d.R. geringer - die Probleamtik ist also vielfach äußerst interessant... Da das Bundesverwaltungsgericht durchaus zu einem manchal durchecheinenden lakonischen Humor tendiert, wird man am Ende womöglich mindestens lachen dürfen, was ja gesund sein soll).

Schauen wir also mal, wohin die Reise geht - sehr viel schlechter kann's - aus niedersächsischer Perspektive - kaum noch werden... Zu verlieren haben wir am Ende alle nichts.

BStromberg

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Mein Dienstherr (große Kommune in NRW) hat alle noch offenen/schwebenden Verfahren, die mit der verfassungsgemäßen Alimentation/Besoldung zusammenhängen (Ursprung tlw. noch aus Anträgen in 2008 und 2009 begründet  :) ), generell ruhend gestellt und ferner auf die Einrede der Verjährung verzichtet.

Diese Handhabe ist aus verwaltungspraktischen Erwäggründen zu begrüßen, damit nicht jedes mal Dezemberfieber ausbricht, um Rechtsansprüche in Hinblick auf § 7 LBesG NRW vor der kalenderjährlichen Verfristung retten zu müssen (Antragsflut).

Ich bin gespannt, was sich der Voßkuhle-Senat einfallen lässt, um die offenen Grundsatzfragen endgültig zu klären (2 BvL 6/17, 2 BvL 7/17, 2 BvL 8/17 ---> betrifft kinderreiche Beamtenfamilien, sowie 2 BvL 4/18 ---> zur sog. Richterbesoldung II mutmaßlich mit Evidenzwirkung für das sozialhilferechtliche Abstandsgebot in der Besoldungsordnung-A).

In persönlicher Hinsicht ist vor allem spannend, ob es a) zu einer deutlichen Ausweitung der familienbezogenen Besoldungsbestandteile kommen wird (ich habe jüngst einen sehr guten Fachaufsatz dazu gelesen, der das für nahezu unausweichlich hält) und ob das dann b) ggf. auch zu rückwirkenden Nachzahlungen führt... oder ob man mit technokratisch-juristischen Taschenspielertricks da doch einen Riegel vorschiebt?!

Jmd. eine Idee/Ahnung, ob das BVerfG die v.g. Verfahren noch in diesem Jahr abschließen wird?

"Ich brauche Informationen.
Meine Meinung bilde ich mir selber."
(Charles Dickens)

AG

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Schönen guten Tag,

bei mir handelt es sich um einen der Kläger in Sachen Besoldung. Die Berechnungen, die u.a. das BVerwG in dem Verfahren des klagenden Feuerwehrmannes, der von uns und unserem RA unterstützt wird, fast vollumfänglich teilte, erarbeitete ich u.a. mit dem Deutschen Richterbund und anderen Spezialisten. Das BVerfG beabsichtigt, noch in diesem Jahr zu einem Urteil zu kommen, kann dies aber nicht versprechen. Es kümmerte sich jedoch persönlich um zusätzliches sehr umfangreiches Datenmaterial, welches vermutlich dazu dienen soll, die Abstandsberechnungen der Beamten- zur Hartz-IV-Familie durchführen zu können. Und JA, es wird sehr spannend, wie das BVerfG unsere Argumentation werten wird.

Zusätzlich bin ich Initiator der Petition zur Rückführung zur bundeseinheitlichen Besoldung. Viele Infos konnte ich nicht in die zeilenbeschränkte Petition bringen. Auf der Homepage www.Berliner-Besoldung.de finden Interessierte jedoch ALLE Infos in diesem Zusammenhang und noch weitaus mehr Input zum Thema Besoldung und Klagen. Derzeit werden jedoch alle Bestrebungen der Verteilung an ALLE Betroffenen durch zentrale Stellen wirkungsvoll verhindert. Daran arbeiten wir...

Uns ALLEN alles Gute, AG

Unterbezahlt

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Moin AG!

An dieser Stelle ist es angebracht einfach einmal Danke zu sagen  :)

Muenchner82

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Ich verstehe immernoch nicht warum die Petition auf eine Wiederherstellung einer bundeseinheitlichen Besoldung abzielt.

Zwar kann ich den Ausführungen durchaus folgen, aber die Schlussfolgerung einheitliceh Besoldung erschließt sich mir in keinster Weise.

Wenn das Urteil des BVerfG kommt und den Klägern Recht gibt, werden ohnehin viele Bundesländer (wenn nicht alle) ihre Besoldung anpassen müssen. Die Hartz 4 Sätze sind aber Deutschlandweit unterschiedlich, warum genau soll also die Besoldung wieder vereinheitlicht werden? Und wenn auf welches Hartz 4 Niveau? Das in Berlin? Oder das in Zwickau?

Bunny

  • Gast
Ich verstehe immernoch nicht warum die Petition auf eine Wiederherstellung einer bundeseinheitlichen Besoldung abzielt.

Zwar kann ich den Ausführungen durchaus folgen, aber die Schlussfolgerung einheitliceh Besoldung erschließt sich mir in keinster Weise.

Wenn das Urteil des BVerfG kommt und den Klägern Recht gibt, werden ohnehin viele Bundesländer (wenn nicht alle) ihre Besoldung anpassen müssen. Die Hartz 4 Sätze sind aber Deutschlandweit unterschiedlich, warum genau soll also die Besoldung wieder vereinheitlicht werden? Und wenn auf welches Hartz 4 Niveau? Das in Berlin? Oder das in Zwickau?

Berechtigte Fragen. Schließe mich an.

TonyBox

  • Gast
Hallo zusammen,

nur mal eine evtl. blöde Frage. Wenn folgende Rechnung stimmt (siehe einige Beiträge vorher),

.... « Antwort #19 am: 13.09.2019 11:05 » ...
Die sozialhilferechtliche Regelleistung für zwei Erwachsene beträgt 9.168,- Euro, für zwei Kinder 6.912 Euro, die Bedarfspauschale für Bildung und Teilhabe 456,- Euro. Diese Werte sind unstrittig. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts müssen Unterkunftskosten der Mietenstufe VI hinzuaddiert werden, was einem Gegenwert von 10.548,- Euro entspricht, sowie der Ausgleich von jährlichen Heizkosten in Höhe von 1.870,- Euro. Das Grundsicherungsniveau beträgt innerhalb der Bundesverwaltungsgerichtsmethodik folglich 28.954,- Euro. Die Vergleichsschwelle von 115 Prozent läge demnach bei 33.297,10 Euro.
....

wäre dann nicht fast jeder Haushalt mit 2 Erwachsenen und 2 Kindern betroffen, bei denen es nur ein Hauptverdiener gibt? (war ja auch oben die genannte Prämisse)

Die 28.954 Euro sind Nettohaushaltseinkommen, richtig? Dann wären das ~ 2413 € mtl. Das bekommt kein Handwerker, Lagerrist, Bürokaufmann, Steuerfachangestellter, etc. (auch nicht mit Kindergeld). Denn um die 2413  € netto zu erhalten, müsste der oder diejenige 3305.-  Euro brutto als Entgelt erhalten. Hier wird der Kreis derjenigen, die dies erhalten (mit Ausbildungsberuf ohne Studium) sehr klein. Ich kenne viele Handwerkermeister die diesen Betrag nicht erhalten.

Dürften die dann auch alle Harz IV bzw. Aufstockung beantragen?

Ich persönlich finde, dass ich als Beamter gut Bezahlt bin und ich bin auch damit zufrieden was ich als Nettobesoldung erhalte. Dieses Gehalt (man muss es ja auch mal sagen) ist weit höher als das, was ich in der freien Wirtschaft bzw. in der selben Entgeltgruppe der Angestellten erhalten würde.

Aber das ist natürlich nur meine Meinung dazu.

lumer

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Die Hartz 4 Sätze sind aber Deutschlandweit unterschiedlich, warum genau soll also die Besoldung wieder vereinheitlicht werden? Und wenn auf welches Hartz 4 Niveau? Das in Berlin? Oder das in Zwickau?
Da sich die Unterschiede nur aus den Unterkunftskosten ergeben, könnte man das bspw. über eine bundeslandsspezifische Zulage regeln. In der oben schon bezeichneten Entscheidung stellt das BVerwG darauf ab, dass immer die höchste Mietenstufe des Bundeslandes für vier Haushaltsmitglieder bei der Vergleichsberechnung zu berücksichtigen ist. Bei der Besoldung könnte man dann stets die Mietenstufe III berücksichtigen, die in jedem Bundesland irgendwo gelten dürfte. Die Zulage würde sich dann aus dem Unterschied der höchsten Mietenstufe des Bundeslandes zur Mietenstufe III berechnen. Dann läge Bayern immer noch an der Spitze, sodass diese sich nicht herabgesetzt fühlen ...  ::)