Autor Thema: Eingruppierung IT ab 2021  (Read 279083 times)

Isie

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Antw:Eingruppierung IT ab 2021
« Antwort #390 am: 17.10.2020 09:56 »
Es ist offensichtlich, dass § 29f TVÜ-L ein Antragserfordernis beinhalten soll. Die Bezugnahme auf § 29d ist nur sehr unglücklich formuliert. Also stellt man die Handhabung durch Durchführungshinweise klar, was nun geschehen ist. Gemäß den Durchführungshinweisen erfolgt eine Überleitung in die neuen Eingruppierungsregelungen nur unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe, solange die auszuübende Tätigkeit beibehalten wird. Eine Höhergruppierung allein aufgrund der geänderten EGO erfolgt nur auf Antrag.
Die Arbeitsgerichte werden entscheiden müssen, ob die in den Durchführungshinweisen dokumentierte und vom Arbeitgeber angewandte Rechtsmeinung dem Tarifvertrag entspricht oder dagegen verstößt.

ZellOr

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Antw:Eingruppierung IT ab 2021
« Antwort #391 am: 17.10.2020 09:59 »
Die Durchführungshinweise zeigen IMHO die Rechtsmeinung des "Arbeitsgebers" und sind daher Beachtlich, bis spätestens in einem Gerichtsverfahren etwas gegenteiliges entschieden wird.

Spid

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Antw:Eingruppierung IT ab 2021
« Antwort #392 am: 17.10.2020 10:06 »
Es ist offensichtlich, dass § 29f TVÜ-L ein Antragserfordernis beinhalten soll. Die Bezugnahme auf § 29d ist nur sehr unglücklich formuliert. Also stellt man die Handhabung durch Durchführungshinweise klar, was nun geschehen ist. Gemäß den Durchführungshinweisen erfolgt eine Überleitung in die neuen Eingruppierungsregelungen nur unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe, solange die auszuübende Tätigkeit beibehalten wird. Eine Höhergruppierung allein aufgrund der geänderten EGO erfolgt nur auf Antrag.
Die Arbeitsgerichte werden entscheiden müssen, ob die in den Durchführungshinweisen dokumentierte und vom Arbeitgeber angewandte Rechtsmeinung dem Tarifvertrag entspricht oder dagegen verstößt.

Da ist nichts „offensichtlich“. Bei der Auslegung „ist  wegen  der  weitreichenden  Wirkung  der Tarifnormen  auf  die  Rechtsverhältnisse  von  an  Tarifbertragsverhandlungen unbeteiligten  Dritten  im  Interesse  der  Rechtssicher­heit  und  Rechtsklarheit  zu  fordern,  daß  der  Wille  der  Tarifver­tragsparteien  grundsätzlich  nur  dann  bei  der  Tarifauslegung  be­rücksichtigt  werden  kann,  wenn  er  in  den  tariflichen  Normen  sei­nen  Niederschlag  gefunden  hat.“ (BAG, Urteil v. 31.10.1990 - 4 AZR 114/90) „Tarifver­träge enthalten Rechtsnormen.  Die Normunterworfenen müssen erken­nen,  welchen Regelungsinhalt die Normen haben.  Sie können nicht auf Auskünfte bei ihren Koalitionen verwiesen werden.  Sofern Normunterworfene nicht zu Objekten heruntergestuft werden sollen, müssen die Normen aus Wortlaut und Zusammenhang unter Berücksich­tigung ihrer Geschichte verständlich sein.“ (BAG, Urteil v. 23.02.1994 - 4 AZR 224/93) Ein abweichender Wille von den tatsächlich getroffenen Normen hat sich aber eben nicht in den Tarifnormen niedergeschlagen. Möglicherweise könnte ein Redaktionsversehen ursächlich sein, das sich heilen ließe, wenn und insoweit dieses nicht nur aus dem Tarifvertrag selber ergäbe, sondern auch der eigentliche Wille der Tarifparteien sich ohne weiteres auch für die Tarifunterworfenen erkennen ließe (BAG, Urteil v. 04.08.2016 - 6 AZR 129/15). Im Gegensatz zum TVÖD in beiden Fassungen haben die TVP des TV-L alleine in dieser Tarifrunde eine Vielzahl von unterschiedlichen Regelungen bei Überleitungstatbeständen getroffen, mal mit, mal ohne Bestandsschutz, mal mit, mal ohne Antrag. Zudem haben sie dabei auch andere weitgehend inhaltsleere Normen geschaffen, so z.B. §29e Abs. 1 TVÜ-L, bei dem auch nicht von einem Redaktionsversehen auszugehen ist. Es ist mithin nicht einmal zweifelsfrei erkennbar, daß §29f TVÜ-L überhaupt einen Regelungsgehalt haben sollte, der von der üblichen Tarifautomatik abweichen sollte. Sofern man dies dennoch bejahte, ist auch in der Gesamtschau von Gesamtwerk, Geschichte und Zusammenhang beim besten Willen nicht erkennbar, welche das sein sollte, da alleine der TVÜ-L in dieser Tarifrunde zahlreiche Modi - Überleitung in eine andere Entgeltgruppe und Antragsmöglichkeit, Überleitung in dieselbe Entgeltgruppe mit Bestandsschutz und Antragserfordernis, Überleitung in eine andere Entgeltgruppe ohne Bestandsschutz und ohne Antragsmöglichkeit - vorsieht. Das sachgerechte Auslegungsergebnis ist mithin jene Auslegung, die sich aus dem Wortlaut selbst ergibt und die auch jene ist, die dem Standard des Tarifvertrages selbst entspricht: TB sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit eingruppiert.

Davon ab ging es mir nicht einmal um das in den Durchführungshinweisen behauptete Antragserfordernis.

kanute1

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Antw:Eingruppierung IT ab 2021
« Antwort #393 am: 17.10.2020 10:06 »
Nein, das Dokument ist tariflich unbeachtlich.

Und welchen Sinn hat dieses Dokument dann? Ich würde den Gewinn aus dieser Höhergruppierung darauf setzen, dass es so kommt, wie ich es gerade vermute... Zumindest bei meiner Personalverwaltung. Andere hier scheinen ja mit mehr Kompetenz gesegnet zu sein.

Spid

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Antw:Eingruppierung IT ab 2021
« Antwort #394 am: 17.10.2020 10:07 »
Die Durchführungshinweise zeigen IMHO die Rechtsmeinung des "Arbeitsgebers" und sind daher Beachtlich, bis spätestens in einem Gerichtsverfahren etwas gegenteiliges entschieden wird.

Da es um Eingruppierung geht und diese nicht zur Disposition der Arbeitsvertragsparteien steht, sind deren - möglicherweise irrigen - Rechtsmeinungen unbeachtlich, da für die Eingruppierung ohne Belang.

Spid

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Antw:Eingruppierung IT ab 2021
« Antwort #395 am: 17.10.2020 10:11 »
Nein, das Dokument ist tariflich unbeachtlich.

Und welchen Sinn hat dieses Dokument dann? Ich würde den Gewinn aus dieser Höhergruppierung darauf setzen, dass es so kommt, wie ich es gerade vermute... Zumindest bei meiner Personalverwaltung. Andere hier scheinen ja mit mehr Kompetenz gesegnet zu sein.

Dieses Dokument stellt eine Handlungsanweisung des AG an sein Personal dar, wie es die tariflichen Regelungen umsetzen soll. Solchen Äußerungen der TVP kommt keinerlei tarifliche Bedeutung zu (BAG, Urteil v. 23.02.1994 - 4 AZR 224/93). Ansonsten bräuchte man ja keinen Tarifvertrag, wenn der AG alles einseitig regeln könnte.

Isie

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Antw:Eingruppierung IT ab 2021
« Antwort #396 am: 17.10.2020 10:17 »
Natürlich ist das offensichtlich. Ob es geglückt ist, ist eine ganz andere Frage. Wenn der Arbeitgeber die Durchführungshinweise für zutreffend hält und entsprechend verfährt, wird dadurch die tarifliche Eingruppierung natürlich nicht außer Kraft gesetzt, aber es bedarf eines Arbeitsgerichtsurteils, um die tarifliche Eingruppierung festzustellen. Für den Arbeitnehmer ist monetär zunächst einmal die Rechtsmeinung des Arbeitgebers ausschlaggebend, jedenfalls solange er nicht vor Gericht zieht und obsiegt.

Spid

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Antw:Eingruppierung IT ab 2021
« Antwort #397 am: 17.10.2020 10:19 »
Wenn es offensichtlich wäre, wozu bräuchte es dann des diesbezüglichen Durchführungshinweises?

Isie

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Antw:Eingruppierung IT ab 2021
« Antwort #398 am: 17.10.2020 10:23 »
Vielleicht für den ein oder anderen von Interesse:

"Durchführungshinweise der Geschäftsstelle der TdL
vom 21.09.2020 in der für Niedersachsen geltenden Fassung vom 1. Oktober 2020 zur
Eingruppierung von Beschäftigten in der Informations- und Kommunikationstechnik
ab 1. Januar 2021"

https://www.mf.niedersachsen.de/download/159305/Eingruppierung_Informations-_und_Kommunikationstechnik_Stand_01.10.2020.pdf

Von dem Dokument hat unser Personalrat auch vor einer Woche gesprochen. Die müssen sich darüber aber noch beraten. Ich bin in der E9a. Sehe ich es richtig das ich in eine E9b übergeleitet werde und es mir damit praktisch keinen Gehaltszuwachs bringt?
Nach den Durchführungshinweisen würdest du nur auf Antrag höhergruppiert werden. Durch eine Höhergruppierung ergibt sich meistens ein Höhergruppierungsgewinn, aber das kommt auf die Stufe an.

Isie

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Antw:Eingruppierung IT ab 2021
« Antwort #399 am: 17.10.2020 10:26 »
Wenn es offensichtlich wäre, wozu bräuchte es dann des diesbezüglichen Durchführungshinweises?
Damit es tatsächlich jeder versteht. Die Zahl der Anwender ist schließlich beträchtlich und die Formulierung ist unglücklich.

Spid

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Antw:Eingruppierung IT ab 2021
« Antwort #400 am: 17.10.2020 10:30 »
Ach so. Also doch nicht offensichtlich - und die Formulierung ist auch nicht unglücklich, sie hat lediglich möglicherweise nicht den Regelungsgehalt, den die TVP gerne vereinbart hätten.

WasDennNun

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Antw:Eingruppierung IT ab 2021
« Antwort #401 am: 17.10.2020 10:34 »
Wenn es offensichtlich wäre, wozu bräuchte es dann des diesbezüglichen Durchführungshinweises?
Weil es nicht für jeden Menschen der es Durchführen muss offensichtlich ist.

Spid

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Antw:Eingruppierung IT ab 2021
« Antwort #402 am: 17.10.2020 10:36 »
Also ist es nicht offensichtlich?

Isie

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Antw:Eingruppierung IT ab 2021
« Antwort #403 am: 17.10.2020 11:11 »
Für dich vielleicht nicht, denn du haftest häufig am Buchstaben. Wenn man es aber ohne diese Scheuklappen liest, dann schon. Du verkennt den Charakter von Durchführungshinweisen. Sie sollen nicht rechtsbegründend sein, das dürften sie gar nicht, sondern deklaratorisch. Und manchmal versuchen sie eben, eine unklare Formulierung klarzustellen.
Ergänzung: Manchmal beinhalten sie über- oder außertarifliche Regelungen.

Spid

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Antw:Eingruppierung IT ab 2021
« Antwort #404 am: 17.10.2020 11:19 »
Ich hafte nicht am Buchstaben, wenn der Wille der TVP nicht anders seinen Niederschlag in den tariflichen Regelungen gefunden hat, bleibt aber nichts als die wortgetreue Auslegung - wie anhand von Rechtsprechung dargelegt.

Da Durchführungshinweisen keine Deutungshoheit zukommt, können sie auch nichts klarstellen.