Autor Thema: Verdi jetzt völlig ungeeignet für den öD?  (Read 42621 times)

Spid

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Antw:Verdi jetzt völlig ungeeignet für den öD?
« Antwort #90 am: 09.10.2019 13:05 »
Komisch. Die Unternehmer die ich kenne haben vor allem ein Interesse daran gutes Personal zu finden und zu binden.

Und andere haben ein Interesse, möglichst billige Arbeitskräfte zu finden, da diese im Zweifel austauschbar sind.
Ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich.

Ich bin jetzt auch nicht der Gewerkschaftsromantiker, gerade im öD werden da viele falsche Prioritäten gesetzt (z.B. ein Mindestpauschbetrag, der regelmäßig bei Entgeltverhandlungen gefordert wird). Grundsätzlich sehe ich jedoch im Spannungsverhältnis AG / AN den Beschäftigten als die schwächere Seite und es sollte eine Möglichkeit geben, hier einen Ausgleich zu schaffen.

Die jeweils schwächere Seite wird über den Markt bestimmt. Davon ab, welche Seite kann nochmal ohne Angabe von Gründen ohne weiteres das Arbeitsverhältnis beenden und welche Seite benötigt dafür eine „soziale“ Rechtfertigung?

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Antw:Verdi jetzt völlig ungeeignet für den öD?
« Antwort #91 am: 09.10.2019 13:21 »
Die jeweils schwächere Seite wird über den Markt bestimmt.

Korrekt. Und da wir in einer sozialen Marktwirtschaft leben, gilt es auch den schwächeren Marktteilnehmer zu schützen.

Davon ab, welche Seite kann nochmal ohne Angabe von Gründen ohne weiteres das Arbeitsverhältnis beenden und welche Seite benötigt dafür eine „soziale“ Rechtfertigung?

Für den öD sehe ich das Problem auch nicht wirklich. Gerade bei kleineren Betrieben (wo es häufig keiner Sozialauswahl bedarf) mit nur gering qualifizierten Beschäftigten schon eher. Hier sind die Arbeitnehmer als "Marktteilnehmer" in der Regel die schwächere Seite und auch nicht immer in der Lage, mögliche Abwehrrechte gegenüber dem Arbeitgeber wahrzunehmen. Hier sind aus meiner Sicht gesetzgeberische und / oder gewerkschaftliche Hilfen angezeigt.


BAT

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Antw:Verdi jetzt völlig ungeeignet für den öD?
« Antwort #92 am: 09.10.2019 13:23 »
Man darf diese Effizienzstudien nicht isoliert betrachten. Bestimmte Industriebetriebe müssen 24/7 durchproduzieren, weil bspw. das Anfeuern von Öfen zu teuer ist oder Menschen auch nachts Strom haben möchten. Dienstleistungs- und Handelsbetriebe müssen ebenfalls den Öffnungszeitenbedarf ihrer Kundschaft erfüllen, die öV ebenso. Reduziert man die Stundenzahl, braucht man in all diesen Bereichen mehr Personal - und solange jetzt keine heftige Krise kommt, gibt es das schlicht nicht.

Abgesehen vom Einsatz der KI sehe ich durch einen massiven Bürokratieabbau die Möglichkeit eine siebenstellige Anzahl von Arbeitskräften aus dem öD dauerhaft in die reale Arbeitswelt zu verlangen. Auch das ist Effizienz.

Zudem ist die Altersgrenze für Rentner pervers niedrig.

Spid

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Antw:Verdi jetzt völlig ungeeignet für den öD?
« Antwort #93 am: 09.10.2019 13:52 »
Die jeweils schwächere Seite wird über den Markt bestimmt.

Korrekt. Und da wir in einer sozialen Marktwirtschaft leben, gilt es auch den schwächeren Marktteilnehmer zu schützen.

Wie sehen die Schutzkonzepte für den AG aus, wenn dieser in der schwächeren Position - was er in den letzten beiden Jahren war - ist?

Zitat
Davon ab, welche Seite kann nochmal ohne Angabe von Gründen ohne weiteres das Arbeitsverhältnis beenden und welche Seite benötigt dafür eine „soziale“ Rechtfertigung?

Für den öD sehe ich das Problem auch nicht wirklich. Gerade bei kleineren Betrieben (wo es häufig keiner Sozialauswahl bedarf) mit nur gering qualifizierten Beschäftigten schon eher. Hier sind die Arbeitnehmer als "Marktteilnehmer" in der Regel die schwächere Seite und auch nicht immer in der Lage, mögliche Abwehrrechte gegenüber dem Arbeitgeber wahrzunehmen. Hier sind aus meiner Sicht gesetzgeberische und / oder gewerkschaftliche Hilfen angezeigt.

Ich habe mich zur Sozialauswahl nicht eingelassen. Zutreffend ist zwar, daß es der sozialen Rechtfertigung in Betrieben mit 10 oder weniger AN nicht bedarf - dort ist aber weder der AG übermächtig noch der AN schutzlos.

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« Antwort #94 am: 09.10.2019 14:15 »
Wie sehen die Schutzkonzepte für den AG aus, wenn dieser in der schwächeren Position - was er in den letzten beiden Jahren war - ist?

Zu einen vermag ich die Absolutheit der Aussage, dass der AG in der schwächeren Postion in den beiden letzten Jahren war, nicht in allen Bereichen nachvollziehen. 

Unbeachtet dessen sehe ich nicht die Notwendigkeit für Schutzkonzepte für den AG im selben Maße wie für den AN. Letzter ist wirtschaftlich viel stärker von einer Entlassung beeinträchtigt, als der AG durch eine Kündigung (durch den AN). Weiterhin hat sich Arbeitgeber als Unternehmer Möglichkeiten, einen abwanderungswilligen Arbeitnehmer dennoch durch verbesserte Arbeitsbedingungen zu halten; er verfügt über Gestaltungsspielraum. Genau dieser fehlt dem Arbeitnehmer, dem gekündigt wird.



Ich habe mich zur Sozialauswahl nicht eingelassen. Zutreffend ist zwar, daß es der sozialen Rechtfertigung in Betrieben mit 10 oder weniger AN nicht bedarf - dort ist aber weder der AG übermächtig noch der AN schutzlos.

Dann habe ich "soziale Rechtfertigung" falsch aufgefasst. Zwar ist auch in kleinen Betrieben der AN nicht schutzlos, aber eine (z.B. gerichtlich festgelegte zwangsweise) Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses, wenn der AG den AN loswerden möchte, ist realitätsfern.

Spid

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« Antwort #95 am: 09.10.2019 15:02 »
Wie sehen die Schutzkonzepte für den AG aus, wenn dieser in der schwächeren Position - was er in den letzten beiden Jahren war - ist?

Zu einen vermag ich die Absolutheit der Aussage, dass der AG in der schwächeren Postion in den beiden letzten Jahren war, nicht in allen Bereichen nachvollziehen.

Das ist so wahr oder unwahr wie die absolute Behauptung, der AN sei der schwächere Marktteilnehmer. 

Zitat
Unbeachtet dessen sehe ich nicht die Notwendigkeit für Schutzkonzepte für den AG im selben Maße wie für den AN. Letzter ist wirtschaftlich viel stärker von einer Entlassung beeinträchtigt, als der AG durch eine Kündigung (durch den AN). Weiterhin hat sich Arbeitgeber als Unternehmer Möglichkeiten, einen abwanderungswilligen Arbeitnehmer dennoch durch verbesserte Arbeitsbedingungen zu halten; er verfügt über Gestaltungsspielraum. Genau dieser fehlt dem Arbeitnehmer, dem gekündigt wird.

Es war Deine Prämisse, daß in der Sozialen Marktwirtschaft der schwächere Marktteilnehmer zu schützen sei. Wie also funktioniert das beim AG, wenn der der schwächere Marktteilnehmer ist?

Davon ab, woran machst Du fest, daß der AG nicht derart stark wirtschaftlich betroffen sei wie der AN? Was ist, wenn ohne den AN, der kündigt, der Betrieb nicht mehr weitergeführt werden kann und die persönliche wirtschaftlich Existenz des AG dadurch bedroht ist? Z.B. der einzige mit Bauvorlageberechtigung oder mit Sprengschein oder...

Wenn es wirtschaftliche Motive sind, die den AG zu einer Kündigung veranlassen, kann der AN ebenso durch das Angebot veränderter Arbeitsbedingungen reagieren, wie es der AG auf die AN-Kündigung kann. Das Arbeitsverhältnis wird durch die Arbeitsvertragsparteien ausgestaltet. Mithin sehe ich nicht, wo dem AN der Gestaltungsspielraum fehlen sollte.

Zitat
Ich habe mich zur Sozialauswahl nicht eingelassen. Zutreffend ist zwar, daß es der sozialen Rechtfertigung in Betrieben mit 10 oder weniger AN nicht bedarf - dort ist aber weder der AG übermächtig noch der AN schutzlos.

Dann habe ich "soziale Rechtfertigung" falsch aufgefasst. Zwar ist auch in kleinen Betrieben der AN nicht schutzlos, aber eine (z.B. gerichtlich festgelegte zwangsweise) Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses, wenn der AG den AN loswerden möchte, ist realitätsfern.

Soziale Rechtfertigung ist die Voraussetzung für die rechtswirksame Kündigung eines durch das KschG geschützten AN, siehe §1 KSchG.

Die Fortsetzung eines bspw. sittenwidrig oder wider Treu und Glauben gekündigten Arbeitsverhältnisses läßt sich sehr wohl vom AN erstreiten, umgekehrt hat der AG keine rechtliche Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis gegen den Willen des AN fortzusetzen.

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« Antwort #96 am: 09.10.2019 15:56 »
Es war Deine Prämisse, daß in der Sozialen Marktwirtschaft der schwächere Marktteilnehmer zu schützen sei. Wie also funktioniert das beim AG, wenn der der schwächere Marktteilnehmer ist?

Davon ab, woran machst Du fest, daß der AG nicht derart stark wirtschaftlich betroffen sei wie der AN? Was ist, wenn ohne den AN, der kündigt, der Betrieb nicht mehr weitergeführt werden kann und die persönliche wirtschaftlich Existenz des AG dadurch bedroht ist? Z.B. der einzige mit Bauvorlageberechtigung oder mit Sprengschein oder...

Nach meinem Verständnis ist in den meisten Fällen der AN der schwächere Marktteilnehmer. Wenn ein Unternehmer seine wirtschaftliche Existenz von nur einem Mitarbeiter abhängig macht (wie in dem o.g. Beispiel), handelt er grob fahrlässig. Neben einer Kündigung kann ein AN auch aus anderen Gründen ausfallen (z.B. Krankheit) und dann wäre der AG auch aufgeschmissen. Wenn der AG hier keine Vorsorge trifft - selber schuld.

Bei Unternehmen, die mehr als eine Handvoll Mitarbeiter haben, könnte der Ausfall durch Umverteilung kompensiert werden (wie z.B. auch bei Urlaub, Krankheit usw.), bis Ersatz gefunden wurde. Das wirtschaftliche Risiko hält sich in Grenzen. Kurz gesagt: Der AN verliert 100 % seines Erwerbseinkommens, der AG nur einen geringen Anteil der gesamten zur Verfügung stehenden Arbeitskraft.

Wenn es wirtschaftliche Motive sind, die den AG zu einer Kündigung veranlassen, kann der AN ebenso durch das Angebot veränderter Arbeitsbedingungen reagieren, wie es der AG auf die AN-Kündigung kann. Das Arbeitsverhältnis wird durch die Arbeitsvertragsparteien ausgestaltet. Mithin sehe ich nicht, wo dem AN der Gestaltungsspielraum fehlen sollte.

Nö. Wenn eine Firma aus Einspargründen 50 von 1000 Mitarbeitern entlässt, sehe ich keinen Verhandlungsspielraum für einen einzelnen AN. Er wird schlicht nicht mehr benötigt.

Die Fortsetzung eines bspw. sittenwidrig oder wider Treu und Glauben gekündigten Arbeitsverhältnisses läßt sich sehr wohl vom AN erstreiten, umgekehrt hat der AG keine rechtliche Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis gegen den Willen des AN fortzusetzen.

Und das ist gut so, wäre ja sonst auch Zwangsarbeit.

Spid

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« Antwort #97 am: 09.10.2019 16:18 »
Es war Deine Prämisse, daß in der Sozialen Marktwirtschaft der schwächere Marktteilnehmer zu schützen sei. Wie also funktioniert das beim AG, wenn der der schwächere Marktteilnehmer ist?

Davon ab, woran machst Du fest, daß der AG nicht derart stark wirtschaftlich betroffen sei wie der AN? Was ist, wenn ohne den AN, der kündigt, der Betrieb nicht mehr weitergeführt werden kann und die persönliche wirtschaftlich Existenz des AG dadurch bedroht ist? Z.B. der einzige mit Bauvorlageberechtigung oder mit Sprengschein oder...

Nach meinem Verständnis ist in den meisten Fällen der AN der schwächere Marktteilnehmer. Wenn ein Unternehmer seine wirtschaftliche Existenz von nur einem Mitarbeiter abhängig macht (wie in dem o.g. Beispiel), handelt er grob fahrlässig. Neben einer Kündigung kann ein AN auch aus anderen Gründen ausfallen (z.B. Krankheit) und dann wäre der AG auch aufgeschmissen. Wenn der AG hier keine Vorsorge trifft - selber schuld.

Bei Unternehmen, die mehr als eine Handvoll Mitarbeiter haben, könnte der Ausfall durch Umverteilung kompensiert werden (wie z.B. auch bei Urlaub, Krankheit usw.), bis Ersatz gefunden wurde. Das wirtschaftliche Risiko hält sich in Grenzen. Kurz gesagt: Der AN verliert 100 % seines Erwerbseinkommens, der AG nur einen geringen Anteil der gesamten zur Verfügung stehenden Arbeitskraft.

Also sollen Unternehmer - auch kleine, selbst mitarbeitende - alle Stellen und insbesondere auch solche mit Mangelpersonal doppelt besetzen? Zudem handelt nach Deiner Logik der AN ebenso fahrlässig, wenn er sich von nur einem AG abhängig macht. Er könnte ja mehrere TZ-Arbeitsverhältnisse mit unterschiedlichen AG eingehen, um sein Erwerbseinkommen im Falle einer Kündigung teilweise zu sichern.

Zitat
Wenn es wirtschaftliche Motive sind, die den AG zu einer Kündigung veranlassen, kann der AN ebenso durch das Angebot veränderter Arbeitsbedingungen reagieren, wie es der AG auf die AN-Kündigung kann. Das Arbeitsverhältnis wird durch die Arbeitsvertragsparteien ausgestaltet. Mithin sehe ich nicht, wo dem AN der Gestaltungsspielraum fehlen sollte.

Nö. Wenn eine Firma aus Einspargründen 50 von 1000 Mitarbeitern entlässt, sehe ich keinen Verhandlungsspielraum für einen einzelnen AN. Er wird schlicht nicht mehr benötigt.

Und wenn beim AG 50 von 100 Mitarbeitern kündigen, kann er das wohl auch nicht durch seinen Gestaltungsspielraum ändern, dann liegt was anderes im Argen. Wann hatten wir in der Diskussion doch gleich den Fokus auf Massenentlassungen gelegt, die einen derartigen Spezialfall darstellen, daß sie ein meldepflichtiges Ereignis darstellen?

Zitat
Die Fortsetzung eines bspw. sittenwidrig oder wider Treu und Glauben gekündigten Arbeitsverhältnisses läßt sich sehr wohl vom AN erstreiten, umgekehrt hat der AG keine rechtliche Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis gegen den Willen des AN fortzusetzen.

Und das ist gut so, wäre ja sonst auch Zwangsarbeit.

Durchaus. Es führt aber zu einer im Vergleich zum AN deutlich geschwächten Rechtsposition des AG und vor allem zum völligen Fehlen eines effektiven Rechtsschutzes des AG gegen eine rechtswidrige AN-Kündigung.

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« Antwort #98 am: 09.10.2019 16:43 »
Also sollen Unternehmer - auch kleine, selbst mitarbeitende - alle Stellen und insbesondere auch solche mit Mangelpersonal doppelt besetzen?

Nein - nur Vorkehrungen für Ausfälle treffen. Wie genannt kann auch auch ein AN durch Krankheit ungeplant ausfallen. Eine Kündigung hat da in der Regel noch mehr Vorlaufzeit.

Zudem handelt nach Deiner Logik der AN ebenso fahrlässig, wenn er sich von nur einem AG abhängig macht. Er könnte ja mehrere TZ-Arbeitsverhältnisse mit unterschiedlichen AG eingehen, um sein Erwerbseinkommen im Falle einer Kündigung teilweise zu sichern.

Du interpretierst meine Logik falsch. Es ist durchaus zweckmäßig und entspricht den üblichen Gegebenheiten, dass die meisten Unternehmen mehrere Mitarbeiter haben und die meisten Arbeitnehmer nur für einen Arbeitgeber arbeiten (was im übrigen auch von dem meisten Arbeitgebern so gewollt ist.)

Und wenn beim AG 50 von 100 Mitarbeitern kündigen, kann er das wohl auch nicht durch seinen Gestaltungsspielraum ändern, dann liegt was anderes im Argen. Wann hatten wir in der Diskussion doch gleich den Fokus auf Massenentlassungen gelegt, die einen derartigen Spezialfall darstellen, daß sie ein meldepflichtiges Ereignis darstellen?

Ich nicht - du etwa? Ansonsten empfinde ich die Kündigung von 50 von 1000 Mitarbeitern auch nicht gerade als Massenentlassung. Ich versuche ja gerade keine Spezialfälle zu konstruieren sondern vom Regelfall auszugehen.

Durchaus. Es führt aber zu einer im Vergleich zum AN deutlich geschwächten Rechtsposition des AG und vor allem zum völligen Fehlen eines effektiven Rechtsschutzes des AG gegen eine rechtswidrige AN-Kündigung.

Wenn ich rechtswidrig handle, bin ich doch zum Schadenersatz verpflichtet. Gleiches wäre doch auch bei einer entsprechenden rechtswidrigen Kündigung durch den AN der Fall. Somit hat der AG doch eine Möglichkeit des Rechtsschutzes.
Ansonsten brauchen wir den Punkt auch nicht zu vertiefen, alles andere liefe ja auf Zwangsarbeit hinaus.

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« Antwort #99 am: 09.10.2019 17:07 »
Nein - nur Vorkehrungen für Ausfälle treffen. Wie genannt kann auch auch ein AN durch Krankheit ungeplant ausfallen. Eine Kündigung hat da in der Regel noch mehr Vorlaufzeit.

Du interpretierst meine Logik falsch. Es ist durchaus zweckmäßig und entspricht den üblichen Gegebenheiten, dass die meisten Unternehmen mehrere Mitarbeiter haben und die meisten Arbeitnehmer nur für einen Arbeitgeber arbeiten (was im übrigen auch von dem meisten Arbeitgebern so gewollt ist.)

Ob das so zweckmäßig ist, ist ja fraglich - wie Du ja selbst darlegst. Nach Deinen Ausführungen sorgen AG und AN ja am besten vor, indem AG mehrere gleichartige AN in TZ beschäftigen und AN bei mehreren unterschiedlichen AG in TZ arbeiten. Dadurch minimieren beide das Risiko des Totalausfalls im Falle einer Kündigung.

Zitat
Ich nicht - du etwa? Ansonsten empfinde ich die Kündigung von 50 von 1000 Mitarbeitern auch nicht gerade als Massenentlassung. Ich versuche ja gerade keine Spezialfälle zu konstruieren sondern vom Regelfall auszugehen.

Dein Empfinden ist unbeachtlich. Der von Dir konstruierte Spezialfall führt zur Pflicht zur Abgabe einer Massenentlassungsanzeige, §17 Abs. 1 KSchG.

Zitat
Wenn ich rechtswidrig handle, bin ich doch zum Schadenersatz verpflichtet. Gleiches wäre doch auch bei einer entsprechenden rechtswidrigen Kündigung durch den AN der Fall. Somit hat der AG doch eine Möglichkeit des Rechtsschutzes.
Ansonsten brauchen wir den Punkt auch nicht zu vertiefen, alles andere liefe ja auf Zwangsarbeit hinaus.

Nein, effektiven Rechtsschutz hat er nicht. Er hat - im Gegensatz zum AN - eben gerade nicht die Möglichkeit, die Fortsetzung eines rechtswidrig beendeten Arbeitsverhältnisses durchzusetzen. Er kann die Folgen abmildern, indem er Schadensersatz erstreitet. Das ist so, als würde die Polizei daneben stehen, während ich Dein Haus abfackele, mit den Schultern zuckt und Dir sagt, Du könntest ja Schadensersatz einklagen - wenn denn bei mir was zu holen ist.

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« Antwort #100 am: 09.10.2019 17:51 »
Ob das so zweckmäßig ist, ist ja fraglich - wie Du ja selbst darlegst. Nach Deinen Ausführungen sorgen AG und AN ja am besten vor, indem AG mehrere gleichartige AN in TZ beschäftigen und AN bei mehreren unterschiedlichen AG in TZ arbeiten. Dadurch minimieren beide das Risiko des Totalausfalls im Falle einer Kündigung.
Nein.
Es ist zweckmäßig, wenn der Arbeitgeber mehrere Mitarbeiter hat.
Und es ist zweckmäßig (und entspricht den üblichen Gegenbenheiten), wenn ein Mitarbeiter nur für einen Arbeitgeber arbeitet.

Dein Empfinden ist unbeachtlich. Der von Dir konstruierte Spezialfall führt zur Pflicht zur Abgabe einer Massenentlassungsanzeige, §17 Abs. 1 KSchG.
Macht ja nichts. Ändert nichts an der Tatsache, dass für den gekündigten AN kein Verhandlungsspielraum bleibt. Er wird einfach nicht mehr benötigt.

Nein, effektiven Rechtsschutz hat er nicht. Er hat - im Gegensatz zum AN - eben gerade nicht die Möglichkeit, die Fortsetzung eines rechtswidrig beendeten Arbeitsverhältnisses durchzusetzen. Er kann die Folgen abmildern, indem er Schadensersatz erstreitet. Das ist so, als würde die Polizei daneben stehen, während ich Dein Haus abfackele, mit den Schultern zuckt und Dir sagt, Du könntest ja Schadensersatz einklagen - wenn denn bei mir was zu holen ist.
Nö, der Vergleich hinkt.
Der eine Fall wäre Zwangsarbeit, die aus guten Gründen nicht möglich ist. Daher bleibt nur der Schadensersatz.
Die Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben zur Gefahrenabwehr ist hingegen (auch rechtlich) geboten.

___

So gerne ich mich auch mit Dir in der Sache auseinandersetze, ich schweife ab. Thema war ja Gewerkschaft, Stärke und Schwäche der Arbeitsmarktteilnehmer usw. Ich glaube, da habe ich meine Standpunkte dargelegt.

Spid

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« Antwort #101 am: 09.10.2019 18:19 »
Ob das so zweckmäßig ist, ist ja fraglich - wie Du ja selbst darlegst. Nach Deinen Ausführungen sorgen AG und AN ja am besten vor, indem AG mehrere gleichartige AN in TZ beschäftigen und AN bei mehreren unterschiedlichen AG in TZ arbeiten. Dadurch minimieren beide das Risiko des Totalausfalls im Falle einer Kündigung.
Nein.
Es ist zweckmäßig, wenn der Arbeitgeber mehrere Mitarbeiter hat.
Und es ist zweckmäßig (und entspricht den üblichen Gegenbenheiten), wenn ein Mitarbeiter nur für einen Arbeitgeber arbeitet.

Das ist eine unbegründete Behauptung, die Deiner eigenen Argumentation widerspricht. Du hast selbst dargelegt, wie sinnvoll die TZ-Beschäftigung bei mehreren AG und von mehreren AN sei, um sich vor Ausfall zu schützen - sei es Arbeitskraft oder Entgelt. Da sich Deine Ausführungen also widersprechen, waren entweder Deine vorherigen Vorbringungen oder Deine jetzigen Unfug.

Zitat
Dein Empfinden ist unbeachtlich. Der von Dir konstruierte Spezialfall führt zur Pflicht zur Abgabe einer Massenentlassungsanzeige, §17 Abs. 1 KSchG.
Macht ja nichts. Ändert nichts an der Tatsache, dass für den gekündigten AN kein Verhandlungsspielraum bleibt. Er wird einfach nicht mehr benötigt.

Doch, das macht sehr wohl was. Es bringt uns zu der Frage zurück: Wann hatten wir in der Diskussion doch gleich den Fokus auf Massenentlassungen gelegt, die einen derartigen Spezialfall darstellen, daß sie ein meldepflichtiges Ereignis darstellen?

Zitat
Nein, effektiven Rechtsschutz hat er nicht. Er hat - im Gegensatz zum AN - eben gerade nicht die Möglichkeit, die Fortsetzung eines rechtswidrig beendeten Arbeitsverhältnisses durchzusetzen. Er kann die Folgen abmildern, indem er Schadensersatz erstreitet. Das ist so, als würde die Polizei daneben stehen, während ich Dein Haus abfackele, mit den Schultern zuckt und Dir sagt, Du könntest ja Schadensersatz einklagen - wenn denn bei mir was zu holen ist.
Nö, der Vergleich hinkt.
Der eine Fall wäre Zwangsarbeit, die aus guten Gründen nicht möglich ist. Daher bleibt nur der Schadensersatz.
Die Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben zur Gefahrenabwehr ist hingegen (auch rechtlich) geboten.

In beiden Fällen wird ein geschütztes Rechtsgut nicht effektiv geschützt. Es ist völlig unerheblich, warum effektiver Rechtsschutz nicht gewährleistet ist, ob wegen einer Glitzerfee, göttlichen Wirkens oder eines entgegenstehenden Grundrechts, es ändert nichts an der Faktizität des Fehlens effektiven Rechtsschutzes des AG gegen eine rechtswidrige Kündigung des AN.

Zitat
So gerne ich mich auch mit Dir in der Sache auseinandersetze, ich schweife ab. Thema war ja Gewerkschaft, Stärke und Schwäche der Arbeitsmarktteilnehmer usw. Ich glaube, da habe ich meine Standpunkte dargelegt.

Mit einer in sich widersprüchlichen Argumentation, in der Du explizit forderst, den schwächeren Marktteilnehmer zu schützen - es sei denn, es handele sich um den AG. In der Du ausführst, ein Marktteilnehmer sei selbst schuld, wenn er sich von einem anderen abhängig mache, Dich aber gegen die daraus zwingende Folge sträubst - und hier den AN ohne Begründung und im Widerspruch zu Deiner Argumentationslinie ausnehmen möchtest. In der Du den Marktteilnehmer, dem effektiver Rechtsschutz verwehrt ist, in einer Position der Stärke siehst. Ja, Deine Standpunkte hast Du dargelegt. Ist halt nur blöd, daß sie auf tönernen Füßen stehen.

JahrhundertwerkTVÖD

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Antw:Verdi jetzt völlig ungeeignet für den öD?
« Antwort #102 am: 10.10.2019 08:01 »
@Spid und @Organisator

Möchtet ihr nicht ein eigenes Forum aufmachen und euch ausdiskutieren?

Spid

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Antw:Verdi jetzt völlig ungeeignet für den öD?
« Antwort #103 am: 10.10.2019 08:51 »
Nein. Möchtest Du aus dem Bälleparadies abgeholt werden?

Keeper83

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Antw:Verdi jetzt völlig ungeeignet für den öD?
« Antwort #104 am: 10.10.2019 08:58 »
@Organisator. Ich versuche es mal mit einem Beispiel aus meinem Wirkungsbereich.

Wenn dir mitten im Auftragsmäßig durchgeplanten Jahr, eine komplette Kanalbaukolonne (Polier, Baggerfahrer, Rohrleger, Hilfsarbeiter) abgeworben wird, merkst du ganz schnell wer im Moment der schwächere Marktteilnehmer ist.
Und dabei reden wir nicht von hochbezahlten Akademikern.
Ich habe als Bauleiter auch meiner 1. Arbeitsstelle nach 2,5 Jahren aufgrund eines besseren Angebots den Rücken gekehrt. Bei nur 3 Bauleitern und der Tatsache dass ich dort beruflich das Laufen erlernt habe, reißt das eine ganz schöne Lücke. Auch hier hat der Unternehmer sicherlich gemerkt wer in dem Fall in der stärkeren Position war.

Dir fehlt glaube ich einfach der Einblick in die Welt eines mittelständischen Arbeitgebers. Korrigier mich wenn ich falsch liege.