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[TH] Einführung der PAUSCHALEN BEIHILFE in Thüringen ab 01.01.2020
CK7985:
Hallo!
Mit dem Thüringer Gesetz zur Anpassung von Vorschriften aus dem Bereich des Dienstrechts vom 30. Juli 2019 (GVBl. S. 298) hat der Thüringer Landtag u.a. beschlossen das Thüringer Beamtengesetz (ThürBG) ab 1. Januar 2020 zusätzlich um die neue Form der Beihilfe zu ergänzen. Dabei handelt es sich um die
pauschale Beihilfe.
Vermutlich soll dies ein Pendant zur Möglichkeit neu ernannter Beamter sein, sich freiwillig in der GKZ zu versichern und wiederum dort einen entsprechenden Zuschuss zu erhalten.
Die neue Form der Beihilfe kann alternativ zur bisherigen „individuellen“ Beihilfe, die jeweils zu den tatsächlich anfallenden Aufwendungen gewährt wird, von freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder in einer privaten Kranken vollversicherung versicherten beihilfeberechtigten Personen gewählt werden.
Die Wahl der pauschalen Beihilfe ist eine freiwillige Entscheidung, die unwiderruflich ist und einen schriftlichen Antrag erfordert. Die pauschale Beihilfe beträgt grundsätzlich die Hälfte der Beiträge einer Krankenvollversicherung, unabhängig davon, ob eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen - oder der privaten Krankenversicherung besteht.
Ergänzende „individuelle“ Beihilfewie bisher wird neben der pauschalen Beihilfe nicht gewährt.
Die pauschale Beihilfe wird monatlich mit den Bezügen gewährt. Aufwendungen, für die eine Leistungspflicht der sozialen - oder gesetzlichen Pflegeversicherung besteht, sind von der pauschalen Beihilfe nicht umfasst.
Hier bleibt es bei der Gewährung der „individuellen“ Beihilfe.
Umfang des Anspruchs:
Grundsätzlich werden 50 Prozent der nachgewiesenen Beiträge für die Krankenvollversicherung der beihilfeberechtigten Person und 50 Prozent der Beiträge für die Krankenvollversicherung berücksichtigungsfähiger Angehöriger als pauschale Beihilfe erstattet. Auf die zu erstattende pauschale Beihilfe sind Beiträge eines Arbeitgebers oder Sozialleistungsträgers zur Krankenversicherung oder ein Anspruch auf Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag aufgrund von Rechtsvorschriften oder eines Beschäftigungsverhältnisses anzurechnen.
Weitere Infos und Merkblätter unter:
https://tlf.thueringen.de/landesbedienstete/beihilfe/
Nun zu den Fragen:
Welche Vor- und Nachteile werden gesehen?
Was spricht dafür, was dagegen, die pauschale Beihilfe in Anspruch zu nehmen?
Für welche Konstellation wäre ein UNWIDERRUFLICHER Wechsel interessant?
Risiken sehe ich vor allem bei der ausbleibenden Anhebung des Behilfesatzes auf 70% im Pensionsalter und bei der der Beitragsentwicklung. Vermutlich ist der Basistarif der Maßstab. Zusatztarif, die über das Leistungsniveau der GKV hinaus gehen, könnten vermutlich außen vor bleiben bei der Zuschussberchnung. Problematisch sehe ich auch, dass man nicht mehr in die individuelle Beihilfe zurückkehren kann.
Ein Vorteil wäre natürlich der erhebliche Bürokratieabbau für Erstattungsanträge und ggf. würden auch Beitragsrückerstattungen in jüngeren Jahren stärker wirken.
Gruß
Karsten:
Hallo CK7985,
ich hatte das Thema heute vormittag ebenfalls aufgemacht, da meine Ehefrau als Lehrerin betroffen ist.
Vorteil pauschale Beihilfe:
- Die Leistungen der PKV sind deutlich höher als die der Beihilfe und vertraglich dauerhaft festgeschrieben. Die Höhe der Beihilfeleistungen ist an die GKV gekoppelt und kann jederzeit gekürzt werden.
- Der monatliche Arbeitgeberzuschuss zu den Beiträgen ist deutlich höher als die reine Beihilfe, sofern man gesund ist. Denn die pauschale Beihilfe wird auch gewährt, während der Beamte gesund ist.
- Der Beamte kann deutlich höhere PKV Beiträge steuerlich geltend machen.
- Die PKV kann Beitragsentlastungsbausteine in eine Vollversicherung mit einbauen und mehr Altersrückstellungen aufbauen. Dieser Zusatzbeitrag wird durch die pauschale Beihilfe mit hälftig übernommen. Dadurch kann sich der der Beitrag zur im Alter deutlich mehr reduzieren. Je länger die Laufzeit desto besser.
- Der Beamte bleibt flexibel im Falle eines Bundeslandwechsels oder beim Wechseln zum Bund. Wechselt er den Dienstherren, kann er jederzeit wieder seine PKV auf 50% absenken und die dortige individuelle Beihilfe in Anspruch nehmen. Auch im Falle eines Wechsels in ein lukratives das Angestelltenverhältnis mit Gehalt über der Versicherungspflichtgrenze (> 62550 € in 2020) könnte der Vertrag PKV einfach fortgesetzt werden.
Nachteil pauschale Beihilfe
- Sofern man einen sehr schlechten PKV Leistungstarif hat, ist der Beihilfeanspruch leistungstechnisch mehr wert, da er immer mindestens das GKV Niveau erreicht.
- Sofern man bereits gesundheitliche Probleme hat, wird die die PKV eine Aufstockung der Versicherung von 50% auf 100% nur mit hohen Risikoaufschlägen zustimmen. Selbst mit dem Zuschuss von 50% durch die Beihilfe, kann der individuelle Beitrag dann höher werden, als vorher.
Neutral: Die Anhebung der Beihilfe von 50% auf 70% ab Pension senkt in der Tat die Beitragslast des PKV Versicherten im Alter, da er nur noch 30% absichern muss. Vorteil im Pensionsalter liegt bei der individuellen Beihilfe. Im Erwerbsleben fließt die pauschale Beihilfe aber jeden Monat und ist in der Regel höher, als die eingereichten Kosten des Versicherten. Wählt der Beamte die pauschale Beihilfe, fließen deutlich höhere Altersrückstellungen in die PKV, dadurch reduziert sich der Beitrag im Pensionsalter. Zudem erhält der Beamte im Falle eines leistungsfreien Jahres auch die doppelte Prämie, wenn ihm 3 Monatsbeiträge erstattet werden (z.B Debeka). Hier sollte man abwägen, ob man dem Staat bei der Altersvorsorge vertrauen will (Beihilfe) oder der PKV (Rendite). Tendenz: Je jünger, desto eher pauschale Beihilfe
Feidl:
Also das nun auch die Hälfte einer 100% PKV übernommen wird, ändert nun einiges und man muss völlig neu darüber nachdenken.
Allerdings gibt es im Detail einiges zu beachten, die auch bisher genannte Vorteile wieder kompensiert:
Im neuen Gesetz steht z.B.
--- Zitat ---Bei einem Wechsel aus der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung in ein versicherungsverhältnis in der privaten Krankenversicherung oder umgekehrt oder bei Änderung des Krankenversicherungsumfangs wird die pauschale Beihilfe höchstens in der vor der Änderung gewährten Höhe gewährt.
--- End quote ---
Wer also wechselt, sollte vorher schon den entsprechenden Tarif haben.
Weiterhin heißt es im Merkblatt:
--- Zitat ---Bei dieser Kombination werden grundsätzlich 50 Prozent der Krankenversicherungsbeiträge für GKV-entsprechende Leistungen, maximal 50 Prozent des Höchstbeitrags im Basistarif der PKV als pauschale Beihilfe gewährt.
--- End quote ---
Weiterhin
--- Zitat ---Bei der Berechnung der pauschalen Beihilfe werden nur Beitragsanteile für Vertragsleistungen einer Krankenvollversicherung berücksichtigt, die in Art, Umfang und Höhe den Leistungen nach SGB V vergleichbar sind, maximal der Beitrag im Basistarif der PKV. Dies ist der Beihilfestelle durch eine Bescheinigung der privaten Krankenversicherung nachzuweisen. Der gesetzlich geregelte Höchstbeitrag im Basistarif beträgt pro Person und Monat: 703,32Euro (2019).
--- End quote ---
Also nix mit, schön die PKV aufs Maximum aufschrauben und die Hälfte davon schön vom Dienstherrn bezahlt bekommen.
Auch
--- Zitat ---Beitragsrückerstattungen der Krankenversicherung sind der Beihilfestelle unverzüglich mitzuteilen, da sie rückwirkend zu einer Minderung der Belastung durch Krankenversicherungsbeiträge führen. Dies ist durch entsprechende Bescheinigungen der Krankenkasse nachzuweisen.
--- End quote ---
Über BRE macht man also auch nix gut.
--- Zitat von: Karsten am 04.10.2019 11:13 ---Die Leistungen der PKV sind deutlich höher als die der Beihilfe und vertraglich dauerhaft festgeschrieben. Die Höhe der Beihilfeleistungen ist an die GKV gekoppelt und kann jederzeit gekürzt werden.
--- End quote ---
Die Beihilfe ist nicht an die GKV gekoppelt, sondern begrenzt nach unten hin, aber Mehrleistungen gibt es sehr wohl. (auch wenn diese gekürzt werden können)
--- Zitat von: Karsten am 04.10.2019 11:13 ---Der monatliche Arbeitgeberzuschuss zu den Beiträgen ist deutlich höher als die reine Beihilfe, sofern man gesund ist. Denn die pauschale Beihilfe wird auch gewährt, während der Beamte gesund ist.
--- End quote ---
Und? Was ist daran ein Vorteil? Die Pauschale zahlst du ja gleich an die PKV weiter.
Deswegen brauchen die PKV auch keine Angst mehr vor dieser pauschalen Beihilfe haben. Da werden sicher einige zu ihnen kommen und von 50 auf 100% gehen und sich die Hälfte als Beihilfe zahlen lassen. Somit finanziert mit diesem Modell tatsächlich erstmals der Staat die PKV. Etwas, was bisher von Laien gern behauptet wurde, aber nicht stimmte, weil die gezahlte Beihilfe bisher nie für die PKV waren, sondern für medizinsche Leistungen.
--- Zitat von: Karsten am 04.10.2019 11:13 ---Zudem erhält der Beamte im Falle eines leistungsfreien Jahres auch die doppelte Prämie, wenn ihm 3 Monatsbeiträge erstattet werden (z.B Debeka).
--- End quote ---
Die dann aber mit der pauschalen Beihilfe verrechnet werden muss.
CK7985:
--- Zitat von: Feidl am 04.10.2019 13:41 ---Also das nun auch die Hälfte einer 100% PKV übernommen wird, ändert nun einiges und man muss völlig neu darüber nachdenken.
Allerdings gibt es im Detail einiges zu beachten, die auch bisher genannte Vorteile wieder kompensiert:
Im neuen Gesetz steht z.B.
--- Zitat ---Bei einem Wechsel aus der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung in ein versicherungsverhältnis in der privaten Krankenversicherung oder umgekehrt oder bei Änderung des Krankenversicherungsumfangs wird die pauschale Beihilfe höchstens in der vor der Änderung gewährten Höhe gewährt.
--- End quote ---
Wer also wechselt, sollte vorher schon den entsprechenden Tarif haben.
Weiterhin heißt es im Merkblatt:
--- Zitat ---Bei dieser Kombination werden grundsätzlich 50 Prozent der Krankenversicherungsbeiträge für GKV-entsprechende Leistungen, maximal 50 Prozent des Höchstbeitrags im Basistarif der PKV als pauschale Beihilfe gewährt.
--- End quote ---
Weiterhin
--- Zitat ---Bei der Berechnung der pauschalen Beihilfe werden nur Beitragsanteile für Vertragsleistungen einer Krankenvollversicherung berücksichtigt, die in Art, Umfang und Höhe den Leistungen nach SGB V vergleichbar sind, maximal der Beitrag im Basistarif der PKV. Dies ist der Beihilfestelle durch eine Bescheinigung der privaten Krankenversicherung nachzuweisen. Der gesetzlich geregelte Höchstbeitrag im Basistarif beträgt pro Person und Monat: 703,32Euro (2019).
--- End quote ---
Also nix mit, schön die PKV aufs Maximum aufschrauben und die Hälfte davon schön vom Dienstherrn bezahlt bekommen.
Auch
--- Zitat ---Beitragsrückerstattungen der Krankenversicherung sind der Beihilfestelle unverzüglich mitzuteilen, da sie rückwirkend zu einer Minderung der Belastung durch Krankenversicherungsbeiträge führen. Dies ist durch entsprechende Bescheinigungen der Krankenkasse nachzuweisen.
--- End quote ---
Über BRE macht man also auch nix gut.
--- Zitat von: Karsten am 04.10.2019 11:13 ---Die Leistungen der PKV sind deutlich höher als die der Beihilfe und vertraglich dauerhaft festgeschrieben. Die Höhe der Beihilfeleistungen ist an die GKV gekoppelt und kann jederzeit gekürzt werden.
--- End quote ---
Die Beihilfe ist nicht an die GKV gekoppelt, sondern begrenzt nach unten hin, aber Mehrleistungen gibt es sehr wohl. (auch wenn diese gekürzt werden können)
--- Zitat von: Karsten am 04.10.2019 11:13 ---Der monatliche Arbeitgeberzuschuss zu den Beiträgen ist deutlich höher als die reine Beihilfe, sofern man gesund ist. Denn die pauschale Beihilfe wird auch gewährt, während der Beamte gesund ist.
--- End quote ---
Und? Was ist daran ein Vorteil? Die Pauschale zahlst du ja gleich an die PKV weiter.
Deswegen brauchen die PKV auch keine Angst mehr vor dieser pauschalen Beihilfe haben. Da werden sicher einige zu ihnen kommen und von 50 auf 100% gehen und sich die Hälfte als Beihilfe zahlen lassen. Somit finanziert mit diesem Modell tatsächlich erstmals der Staat die PKV. Etwas, was bisher von Laien gern behauptet wurde, aber nicht stimmte, weil die gezahlte Beihilfe bisher nie für die PKV waren, sondern für medizinsche Leistungen.
--- Zitat von: Karsten am 04.10.2019 11:13 ---Zudem erhält der Beamte im Falle eines leistungsfreien Jahres auch die doppelte Prämie, wenn ihm 3 Monatsbeiträge erstattet werden (z.B Debeka).
--- End quote ---
Die dann aber mit der pauschalen Beihilfe verrechnet werden muss.
--- End quote ---
Vielen Dank für die kompetenten Beiträge :-)
ChrBY:
Die bisherigen Erfahrungen mit der pauschalen Beihilfe in Hamburg zeigen, daß genau das passiert ist, was zu erwarten war, wenn man ein individuell-rationales Verhalten sowohl der neuen als auch der Bestandsbeamten zugrunde legt:
Für die pauschale Beihilfe und die GKV haben sich zunächst selbstverständlich die 800 Beamten entschieden, die schon bislang in der GKV waren (der Hamburger Senat hatte 2018 geschätzt, daß es sich dabei damals um 2.400 Beamte handelte, war also offenbar nicht in der Lage gewesen, die tatsächliche Zahl zu ermitteln, was ausgesprochen peinlich war). Zu den 800 alt-GKV-versicherten Beamten kamen bis zum 1. August 2019 knapp 600 Neubeamte hinzu, die sich für die pauschale Beihilfe entschieden hatten.
Insgesamt nutzen in Hamburg nun 1.365 Beamte die pauschale Beihilfe (darunter 800 Alt-GKV-Versicherte, also netto nicht einmal 600), während knapp 70.000 aktive und pensionierte Beamte in Hamburg die bisherige individuelle Beihilfe nutzen.
Aus Sicht der PKV ist das Wahlrecht – sofern es beim Wahlrecht bliebe – ein Gewinn, da die PKV durch das Wahlrecht, die pauschale Beihilfe zu nutzen, fast ausschließlich Problemkunden verliert (in der Regel Beamte, die sonst über die Öffnungsaktion in die PKV aufgenommen worden wären und bei denen die 30 % Risikozuschlag die Kosten bei weitem nicht decken). Daß sich die PKV dennoch gegen die pauschale Beihilfe ausspricht, liegt an der nicht unberechtigten Befürchtung, daß das Wahlrecht lediglich den ersten Schritt in Richtung einer Versicherungspflicht für alle in der GKV darstellt.
Sollte es beim dauerhaften Wahlrecht bleiben, wären die Gewinner sowohl die Beamten (wegen Wahlfreiheit) als auch die PKV (weil weniger teure Problemkunden). Verlierer wären die Dienstherren, die für die bislang voll in der GKV versicherten Beamten nun 50 % Zuschuß zahlen müssen. Genau dieser Punkt läßt die PKV-Unternehmen vermuten, daß das Wahlrecht wohl kein Dauerzustand bleiben kann.
(Zum Modell »pauschale Beihilfe und 100 % PKV« nur soviel: Da diese Variante immer – ich wiederhole: immer – nachteilig im Vergleich zur individuellen Beihilfe und 50 % PKV ist, lohnt sich eine Diskussion darüber nicht. Dies wird folglich auch niemand wählen.)
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