Autor Thema: Amtsarzt  (Read 13548 times)

Kathrin

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Amtsarzt
« am: 12.12.2019 20:35 »
Hallo,
ich bin Angestellte des Landes Berlin und seit Mai 2019 an Brustkrebs erkrankt. Zur Zeit bin ich noch in den Chemos, ab Januar in Bestrahlung und dann geht es zur REHA. Mein Arbeitgeber hat mir einen Amtsarzttermin  zugesandt zur Prüfung meiner Arbeitsfähigkeit. Ich bin immer offen mit der Erkrankung umgegangen und mein Arbeitgeber wurde von mir mündlich und schriftlich über alle Schritte informiert. Laut § 3 Absatz 5 TV-L ist der Arbeitgeber bei begründeter Veranlassung berechtigt einen Amtsarzt zu beauftragen. Meine Frage ist nunmehr wo ist diese begründete Veranlassung näher geregelt? Ich bin seit 30 Jahren in der Berliner Finanzverwaltung und war noch nie länger krank. Vielleicht hat jemand Erfahrung? Ich möchte während der Therapien nicht durch die gesamte Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. Kann ich etwas gegen die Aufforderung tun? Ich habe aufgrund dieser Erkrankung eine Schwerbeschädigung von 60% und werde wahrscheinlich im Mai 2020 wieder arbeiten gehen.


Spid

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Antw:Amtsarzt
« Antwort #1 am: 12.12.2019 20:49 »
Es müssen im konkreten Einzelfall Zweifel daran bestehen, ob der Beschäftigte zur Arbeitsleistung gesundheitlich in der Lage ist. Die Vorbringung, 30 Jahre nicht krank gewesen zu sein, ist in der gegebenen Konstellation unbeachtlich, weil sie in keinem Zusammenhang mit der Arbeitsfähigkeit steht.

RsQ

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Antw:Amtsarzt
« Antwort #2 am: 12.12.2019 23:31 »
Kann ich etwas gegen die Aufforderung tun?

Darf ich nachfragen, was die Motivation ist, "dagegen" zu sein? Ist es die Sorge, zwangsweise aus der Beschäftigung in Ruhestand versetzt zu werden o.ä.?

Novus

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Antw:Amtsarzt
« Antwort #3 am: 12.12.2019 23:32 »
Ich möchte während der Therapien nicht durch die gesamte Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren.

Wie meinen?

clarion

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Antw:Amtsarzt
« Antwort #4 am: 12.12.2019 23:39 »
Wahrscheinlich hat Kathrin kein Auto. Die Chemos schwächen das Immunsystem und da ist Reisen mit Öffis nicht die erste Wahl, mal abgesehen davon, dass die Chemotherapie schlaucht.

Spid

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Antw:Amtsarzt
« Antwort #5 am: 13.12.2019 03:07 »
Inwiefern sollten diese nicht erste Wahl sein? Was wäre unter den geschilderten Umständen denn besser als ein Taxi?

Bastel

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Antw:Amtsarzt
« Antwort #6 am: 13.12.2019 06:38 »
Wahrscheinlich denkt die gute Frau bei Öffis erst einmal an die ganzen Bildungsbürger und Fachkräfte. Darauf hätte ich auch keine Lust ::)

Lars73

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Antw:Amtsarzt
« Antwort #7 am: 13.12.2019 06:47 »
Aktuell besteht eine ärztliche bestätigte Arbeitsunfähigkeit? Dann bestehen Zweifel an der Zulässigkeit der Aufforderung. Zumindest darf sie nicht den Zweck haben zu überprüfen ob man wirklich krank ist. Zulässig ist sie z.B. wenn die Arbeit wieder aufgenommen werden soll aber Zweifel an der Arbeitsfähigkeit besteht. 

yamato

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Antw:Amtsarzt
« Antwort #8 am: 13.12.2019 06:57 »
Wenn sich der Termin nicht verhindern lässt vielleicht mal mit dem Amtsarzt telefonieren ob es nicht ausreicht die ärztlichen Befunde und Berichte dort hinzuschicken.
Für ein persönliches Erscheinen gibt es m.E. in Ihrem Fall keinen Grund. Der Amtsarzt wird sich sowieso nur auf die Berichte Ihrer behandelnen Ärzte berufen.

Kat

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Antw:Amtsarzt
« Antwort #9 am: 13.12.2019 07:29 »
Wahrscheinlich denkt die gute Frau bei Öffis erst einmal an die ganzen Bildungsbürger und Fachkräfte. Darauf hätte ich auch keine Lust ::)

Wie meinen?

Spid

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Antw:Amtsarzt
« Antwort #10 am: 13.12.2019 07:39 »
Diese Pejorative haben ältere - z.B. Ölauge, Kanake... - für Ausländer aus bestimmten Herkunftsstaaten abgelöst und beziehen sich auf ein - insbesondere staatlicherseits gepflegtes - beliebtes Narrativ hinsichtlich ihres Bildungsstandes.

werop

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Antw:Amtsarzt
« Antwort #11 am: 13.12.2019 09:40 »
Ich halte dieses Vorgehen, die Prüfung durch einen Amtsarzt gerade in einem solchen Fall, für äußerst fragwürdig.

Annahme: Krebserkrankung, bereits in der Phase der Chemotherapie
Es gab bis dahin doch viele Termine, Besprechungen mit unterschiedlichen Ärzten, teilweise werden mehrere Ärzte zusammenkommen, um sich über die richtige Behandlungsstrategie auszutauschen. Da wurde bereits viele Stunden Arbeit eines Arztes (oder mehrere) aufgewendet.

Und dann schickt der AG einen zu einem Amtsarzt, der den ganzen Fall beurteilen soll? Nimmt er sich die dafür notwendige Zeit? Führt er vielleicht stundenlange Gespräche mit dem Patienten, um das Krankheitsbild vollständig zu überblicken? Sichtet er die Unterlagen so, wie es notwendig wäre oder hat er denn überhaupt die speziuelle Befähigung, dieses Krankheitsbild zu überprüfen?

Ich weiß, der AG hat die Pflicht, die Arbeitsfähigkeit zu überprüfen. Das müsste er ja in diesem Fall gar nicht machen, erst ab Mai, wie die TE geschrieben hat.

@Kathrin
das hilft Dir jetzt natürlich auch nicht weiter.
Ich wünsche Dir alles Gute!

RsQ

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Antw:Amtsarzt
« Antwort #12 am: 13.12.2019 11:24 »
Die Thread-Erstellerin hat hier leider nichts zu ihren Bedenken gesagt.

Wir hatten in der Familie einen gleichen Fall (auch Brustkrebs, auch Berlin, auch Amtsarzt). Auch da war die Verwunderung groß. Aber im Kern geht es da m.E. darum, festzustellen, ob noch eine Aussicht auf Genesung besteht oder ob ggf. die Person in den Ruhestand versetzt wird. Für manche mag das ja reizvoll sein, kommt auf die individuellen Gegebenheiten an - allerdings ist die Ruhestands-Quote wohl sogar recht hoch. D.h. wenn man motiviert ist, im Dienst zu bleiben, muss man da offenbar auch mal darum kämpfen.

Das alles schien recht absurd (und absolut unpassend in der Phase zwischen Chemo und Reha). Aber sich da völlig zu verweigern, scheint nicht möglich. Im Familienfall ließ sich der Termin m.W. mit Verweis auf einen geplanten Urlaub zumindest verlegen ...

Lars73

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Antw:Amtsarzt
« Antwort #13 am: 13.12.2019 11:37 »
@RsQ
Nun ist zwischen Beamte und Tarifbeschäftigte zu unterscheiden. (Ruhestand deutet auf Beamte hin. Dort ist die Situation rechtlich anders ausgestaltet.)


Organisator

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Antw:Amtsarzt
« Antwort #14 am: 13.12.2019 11:39 »
Die Thread-Erstellerin hat hier leider nichts zu ihren Bedenken gesagt.

Ich warte auch gespannt.

Ansonsten dürfte jeder AG ein Interesse haben zu wissen, ob und wann der Mitarbeiter voraussichtlich zurückkehrt. Ein Besuch beim Amtsarzt, der eine entsprechende Prognose geben kann, halte ich da für ein probates Mittel. Wenns einem ganz doll schlecht geht, kann der Amtsarzt seine Einschätzung sicherlich auch aufgrund von Attesten abgeben.