Autor Thema: AGG und Eingruppierung  (Read 3063 times)

wenwirer

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AGG und Eingruppierung
« am: 13.12.2019 11:36 »
Es kommt wohl überall vor, dass Beschäftigte (TVöD) höher eingruppiert wurden (nach einer höheren EG bezahlt werden), als die Tätigkeit hergibt. Das kann irrtümlich oder auch bewusst passieren.

Gehen wir davon aus, man hat bewusst eine bestimmte EG gewährt, ohne zu prüfen ob die Tätigkeit eine solche Eingruppierung zulässt.
Nun wird ein zweiter Beschäftigter eingestellt, der die gleiche Tätigkeit ausübt. In seinem Fall wird die Stelle nach der EGO bewertet und ergibt eine schlechtere  Eingruppierung. Zusätzlich liegt ein Fall des AGG (anderes Geschlecht, andere Religion etc).
Kann sich der zweite Beschäftigte erfolgreich auf das AGG berufen und eine entsprechende höhere Eingruppierung verlangen.

Lars73

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Antw:AGG und Eingruppierung
« Antwort #1 am: 13.12.2019 11:41 »
Bei Irrtum bestehen keinerlei Ansprüche.

Bei bewussten Vorgehen.
Nur wenn die geringere Bezahlung wegen des Geschlechtes etc. erfolgt. Wirkliche Chancen hat man erst bei recht großen Gruppen (nicht nur zwei Betroffene) sowie tatsächlich gleichzeitige Einstellung. Ein Arbeitgeber kann eine solche bessere Bezahlung für zukünftige Einstellungen jederzeit aufgeben.

wenwirer

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Antw:AGG und Eingruppierung
« Antwort #2 am: 17.12.2019 14:53 »
Wie im Sachverhalt beschrieben gehe ich von bewusstem Vorgehen aus, zumindest verweist der Arbeitgeber nicht auf eine irrtümliche Eingruppierung.
Grdstzl. sehe ich es ähnlich, dass ein Arbeitgeber eine solche bessere Bezahlung für künftige Einstellungen aufgeben kann.
Fakt ist, dass trotz gleicher Tätigkeit der eine Beschäftigte eine Entgeltgruppe schlechter eingruppiert ist und gleichzeitig zwei Gründe i.S. des § 1 AGG auf seiner Seite vorliegen.
Ich könnte mir vorstellen, dass in diesem Falle zumindest erhöhte Forderungen an den Nachweis des Arbeitgebers zu stellen sind, dass keine verbotene Benachteiligung vorliegt oder diese nach dem AGG gerechtfertigt ist. Immerhin trägt er nach § 22 AGG die Beweislast.

Genügt es in einem solchen Fall, dass man sich lediglich darauf beruft, man wolle künftig nach der EGO eingruppieren, was man in der Vergangenheit offensichtlich nicht gemacht hat?

connyziege

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Antw:AGG und Eingruppierung
« Antwort #3 am: 17.12.2019 16:04 »
Es kommt wohl überall vor, dass Beschäftigte (TVöD) höher eingruppiert wurden (nach einer höheren EG bezahlt werden), als die Tätigkeit hergibt. Das kann irrtümlich oder auch bewusst passieren.

Zwar OT, aber wie ich inzwischen mehrmals gehört und auch jetzt mitbekommen habe, ist es wohl eher andersrum. :-(

Lars73

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Antw:AGG und Eingruppierung
« Antwort #4 am: 17.12.2019 16:28 »
@wenwirer
Welche Indizien im Sinne § 22 AGG liegen denn vor?

Wenn der Arbeitgeber auf die tarifliche Eingruppierung verweist hat man kaum noch eine Chance.

FGL

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Antw:AGG und Eingruppierung
« Antwort #5 am: 17.12.2019 18:20 »
Fakt ist, dass trotz gleicher Tätigkeit der eine Beschäftigte eine Entgeltgruppe schlechter eingruppiert ist und gleichzeitig zwei Gründe i.S. des § 1 AGG auf seiner Seite vorliegen.
Ich könnte mir vorstellen, dass in diesem Falle zumindest erhöhte Forderungen an den Nachweis des Arbeitgebers zu stellen sind, dass keine verbotene Benachteiligung vorliegt oder diese nach dem AGG gerechtfertigt ist. Immerhin trägt er nach § 22 AGG die Beweislast.
Erstmal nehme ich Spid's Einsatz voraus: Die Eingruppierung erfolgt nach den nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeiten. Welche Rechtsauffassung der Arbeitgeber dazu hat, ist zunächst unerheblich.

Für das Ansinnen sehe ich keine Grundlage. Wenn der TVöD unmittelbar oder durch Verweis im Arbeitsvertrag mittelbar gilt, dann ist der "benachteiligte" Arbeitnehmer bereits durch die Tarifautomatik korrekt eingruppiert. Wenn die Vergütung durch den Arbeitgeber dem entspricht, dann kann ich keinen Schaden iSd. § 15 AGG darin erkennen, dass der "benachteiligte" Arbeitnehmer nach den Maßstäben bezahlt wird, die er selbst vertraglich mitvereinbart hat.

Lars73

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Antw:AGG und Eingruppierung
« Antwort #6 am: 17.12.2019 18:34 »
@FGL
Es geht hier nicht um die Eingruppierung sondern ob ggf. ein Anspruch auf eine übertarifliche Bezahlung besteht. (Allerdings gibt es darin in der bisherigen Schilderung keinen Anspruch.)

Wenn der Arbeitgeber aus AGG relevanten Gründen einen Arbeitnehmer schlechter als andere bezahlt kann darin durchaus eine AGG relevante Benachteiligung vorliegen. Daran ändert dann auch eine getroffene arbeitsertragliche Vereinbarung nichts.

Spid

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Antw:AGG und Eingruppierung
« Antwort #7 am: 17.12.2019 19:00 »
Solange man alles sauber dokumentiert, ist man als AG auf der sicheren Seite. Dazu gehören die Gründe für übertarifliche Bezahlung. Die kann ja auch daher rühren, daß der AG sein Recht auf korrigierende Rückgruppierung verwirkt hat. Seit 2013 dokumentieren wir bspw. - schon um dem Zuwendungsgeber Rechenschaft ablegen zu können, daß wir keine überzogenen Stufenzuordnungen vornehmen - ob der Bewerber im VG oder bei der Vertragsverhandlung die Stufe verhandelt und wenn ja, wie. Wer nicht verhandelt, bei dem werden keine Kann-Regelungen angewandt. Nahezu alle Männer verhandeln die Stufe, nur 2 Frauen haben seit Beginn der Aufzeichnungen verhandelt. Sauber dokumentiert liegt hier keine verbotene Ungleichbehandlung vor.