Und überhaupt: wie ist die Rechtslage außerhalb der Welt des TE in dieser Sache? Meine GKV berechnet bislang ausschließlich nach Monatsbrutto.
Kann jemand etwas Licht ins Dunkle bringen?
Genauso ist meine KV ebenfalls vorgegangen, was aber m. E. rechtlich nicht korrekt ist. Denn – wie im Widerspruchsschreiben ausgeführt – ist nach der geltenden Rechtsvorschrift der Einkommenssteuerbescheid heranzuziehen. „Die nach den Sätzen 1 und 2 vorläufig festgesetzten Beiträge werden auf Grundlage der tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Einnahmen für das jeweilige Kalenderjahr nach Vorlage des jeweiligen Einkommensteuerbescheides endgültig festgesetzt.“ (§ 240 (4a) 3 SGB V). In diesem Sinne führen die Einheitlichen Grundsätze (als abgeleitete Rechtsnorm) aus: „Die nach den Sätzen 1 bis 4vorläufig festgesetzten Beiträge werden auf Grundlage der tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Einnahmen für das jeweilige Kalen-derjahr nach Vorlage des jeweiligen Einkommensteuerbescheides endgültig festgesetzt.“ (§ 6a (2) 5). So verstanden ist das Heranziehen der Verdienstbescheide zur endgültigen Beitragsfestsetzung m. E. zunächst erst einmal ein offensichtlicher Formfehler – wenn ich es richtig sehe, ist das nicht nur in meiner Welt so, sondern sehr viel anders lässt sich die geltende Rechtsvorschrift kaum interpretieren.
Weiter wird hier sowohl vom SGB V als auch von den einheitlichen Grundsätzen von den „Einnahmen“ gesprochen, weil die Beitragsbelastung eines freiwillig gesetzlich Versicherten seine „gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ zu berücksichtigen hat (§ 240 (1) 2). Es sind folglich sämtliche seiner Einnahmen zu betrachten (nicht nur der Verdienst). Jene Betrachtung wiederum muss meines Erachtens auf Grundlage des Einkommenssteuergesetzes erfolgen. Hierzu hat das Bundessozialgericht in dem m. E. grundlegenden Urteil vom 20.03.2006 mit Blick auf hauptberuflich Selbstständige ausgeführt: „Zur Beitragsbemessung ist das Arbeitseinkommen i. S: von § 15 Abs 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) und damit der Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit, ermittelt nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts, heranzuziehen.“ (Urteil vom 20.03.2006 – B 12 KR 14/05 R – Rn. 18).
Aus der zitierten Passage folgt m. E., dass bei hauptberuflich Selbstständigen grundsätzlich nicht undifferenziert sämtliche Einnahmen, sondern das Arbeitseinkommen, also die entsprechenden Einkünfte nach Vollzug eines horizontalen Verlustausgleichs heranzuziehen ist. In diesem Sinne hebt das EStG in § 2 (2) 1 hervor: „Einkünfte sind 1. bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a), 2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).“ Ganz in diesem Sinne führt auch das SGB IV in § 15 (1) aus: „Arbeitseinkommen ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist.“
In den vom § 2 EStG genannten §§ 8 bis 9a werden dann die Bedingungen für einen horizontalen Verlustausgleich dargelegt; das EStG behandelt hier Selbstständige und Nicht-Selbstständige gleich. Hier geht es also um Arbeitswege, Arbeitsmittel, Arbeitszimmer etc. Jene Gleichbehandlung vollziehen m. E. auch die Einheitlichen Grundsätze als verhaltenslenkende Rechtsnorm nach; denn – wie ebenfalls schon ausgeführt – auch hier finden sich keine gesondert zwischen Selbstständigen und Beamten unterscheidenden Ausführungen mit Blick auf die endgültige Beitragsfestsetzung.
Der langen Rede kurzer Sinn: Meines Erachtens ist der freiwillig gesetzlich versicherte Beamte den anderen Gruppen freiwillig gesetzlich Versicherten sowohl von der heranzuziehenden Sozial- als auch von der Einkommenssteuergesetzgebung gleichgestellt. Er ist ebenfalls – anders als die nicht freiwillig gesetzlich Versicherten – in seiner „gesamte[n] wirtschaftliche[n] Leistungsfähigkeit“ zu betrachten. Da dem so ist, müssen für ihn m. E. die gleichen Bedingungen wie für die anderen Gruppen der freiwillig gesetzlich Versicherten gelten, d.h., es ist bei den sonstigen Einnahmen auch bei ihm das gleichgestellte Arbeitseinkommen heranzuziehen, also eine Gewinn- und Verlustrechnung zu berücksichtigen und am Ende dann ein horizontaler Verlustausgleich durchzuführen. Das unterscheidet auch ihn von den nicht freiwillig gesetzlich Versicherten, bei denen – da sie rechtlich einen anderen Status haben – eine entsprechende Regelung nicht anzutreffen ist. Es ist also mit Blick auf sämtliche Gruppen der freiwillig gesetzlich Versicherten der Gleichheitssatz anzuwenden, den das Bundesverfassungsgericht in schöner Regelmäßigkeit wie folgt interpretiert: „Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln“.
Wenn nun allerdings die KV – wie auch bei Dir – nur die Verdienstbescheide heranzieht, kann sie jenen horizontalen Verlustausgleich nicht vornehmen, sodass sie m. E. von unangemessen zu hohen Einkünften ausgeht, was dann zu korrigieren wäre.
Ob nun diese meine Argumentation haltbar ist oder nicht, weiß ich nicht. Die Interpretation der Rechtsvorschriften halte ich jedenfalls nicht für völlig unschlüssig, weshalb ich eben den entsprechenden Widerspruch eingelegt, also über meine innere Welt hinaus gehandelt habe. Zugleich habe ich das öffentlich gemacht, da es eben eventuell um bares Geld geht und ein entsprechender Widerspruch am Ende keinen Euro kostet. Meine Krankenkasse hat mir zwischenzeitlich den fristgerechten Eingang des Widerspruchs bestätigt und prüft ihn nun. Wenn sie mir – oder auch jeder andere – anhand der heranzuziehenden Rechtsvorschriften zeigt, dass meine Interpretation nicht haltbar ist, lasse ich mich gerne überzeugen. Allgemeine Aussagen, die nicht anhand der Rechtsvorschriften erfolgen, finde ich grundsätzlich,
wenn es um Rechtsfragen geht, eher nicht so weiterführend, weil sie m. E. zumeist eher wenig zur Erhellung der Sachlage beitragen.