240 SGB v (2) Bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind.
Ich weiss nicht wie man angesichts des klaren Gesetzeswortlauts auf den Gedanken kommen kann es seien bei Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit Werbungskosten abzuziehen.
Und wie man den offensichtlichen sachlichen Unterschied zwischen dem volatilen Einkommen eines hauptberuflich Selbständigen und dem vorhersehbaren Einkommen eines Beamten nicht erkennen kann ist mir ebenso ein Rätsel.
Dein Verweis auf § 240 (2) 1 SGB V ist korrekt: “Bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind.“ Damit soll zweierlei gewährleistet werden, nämlich erstens, dass auch von dieser Seite der freiwillig Pflichtversicherte in seiner gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit berücksichtigt werden kann, und zweitens, dass es
bezüglich der Einnahmen (denn von diesen wird hier gesprochen) von gesetzlich Pflichtversicherten gegenüber freiwillig gesetzlich Versicherten zu keiner formellen Schlechterstellung ersterer gegenüber den zweiten kommt. Damit wird formell das Bruttoarbeitsentgelt eines gesetzlich Pflichtversicherten der Alimentation des freiwillig pflichtversicherten Beamten in seiner jeweiligen Wirkung gleichgestellt. Bis hierhin bin ich mit Dir d‘accord.
Nun handelt es sich allerdings bei einem freiwillig gesetzlich Pflichtversicherten nicht um einen gesetzlich Pflichtversicherten, sodass m. E. von unterschiedlichen Rechtscharkteren auszugehen ist, was sich u. a. daraus ergibt (oder, je nach der Betrachtungsweise, dieses auch erst möglich macht), dass nämlich die eine Gruppe mit ihrer gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit herangezogen wird, die andere wiederum nicht. Als Folge dieses m. E. unterschiedlichen Charakters resultiert nun (oder, wie schon gesagt, macht diesen tatsächlich erst möglich) ein
verschiedenartiger Verlauf der Veranlagung beider Gruppen, der offensichtlich gesondert zu beachten ist: Bei der Gruppe der gesetzlich Pflichtversicherten wird zur Beitragsbemessung ausnahmslos das Bruttoarbeitsentgelt herangezogen, auf das dann hälftig der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur jeweiligen Beitragsentrichtung verpflichtet ist. Schon allein deshalb können hier keine Werbungskosten beachtet werden.
In der Gruppe der freiwillig Pflichtversicherten wird die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit betrachtet, womit sie deutlich über die gesetzliche Pflichtversicherung hinausgeht (woraus sich u.a. ihr m. E. eigenständig zu betrachtender Rechtscharakter ergibt); und auf dieser Grundlage wird nun hier die entsprechende Beitragsbemessung vorgenommen. Diese Bemessung ergibt sich letztlich – knapp auf den Punkt gebracht (zur etwas umfänglicheren Betrachtung, die ich hier nicht wiederholen möchte, s. mehrfach in meinen vorherigen Beiträgen) – bei allen weiteren Teilgruppen der freiwilligen Pflichtversicherten aus deren
Einkünften, d.h., deren Einnahmen abzüglich des jeweiligen horizontalen Verlustausgleichs. Das gilt auch für die Teilgruppe der Beamten mit Blick auf sämtliche ihrer
sonstigen Einkünfte (wie beispielsweise Mieteinnahmen oder Kapitaleinkünfte), denn auch hier werden sämtliche Einnahmen herangezogen, dann aber nur die Einkünfte berücksichtigt, also auch hier ein horizontaler Verlustausgleich vorgenommen.
Als Ausnahme in der Systematik bleibt schließlich ihre Alimentation, die ich im Sinne des Gleichheitssatzes mit Blick auf die Gruppe der freiwillig gesetzlich Versicherten als gleichgestelltes Arbeitseinkommen begreife, da sie ansonsten die einzige Einnahme im gesamten System der freiwillig gesetzlich Versicherten wäre, die keinen horizontalen Verlustausgleich erfährt, womit sie nach meinem Verständnis innerhalb eines als eigenständig zu betrachtenden Rechtscharakters einer Ungleichbehandlung unterläge.
Ich beziehe mich also – wie auch schon mehrfach dargelegt – auf die regelmäßige Auslegung des Gleichheitssatzes durch das Bundesverfassungsgericht, wonach wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln sei. Ich begreife also die Gruppe der freiwillig gesetzlich Versicherten in ihrem Rechtscharakter der freiwillig gesetzlich Versicherten als – vereinfacht ausgedrückt – wesentlich Gleiche und fordere deshalb, dass die dargelegte Ungleichbehandlung abgestellt wird.
Ob nun diese Argumentationsform haltbar ist, weiß ich nicht; ich habe eine Vermutung, und die habe ich anhand der m. E. zu berücksichtigenden Rechtsvorschriften ausgeführt. Was ich aber weiß, ist, dass formell das Einkommen eines Beamten nicht vorhersehbar ist, was Du offensichtlich anders siehst, und dass es formell auch nicht recht sicher im Vorhinein festgestellt werden kann, wie zuvor lumer schrieb. Denn die Besoldung unterliegt dem entsprechenden Gesetz (auf ein solches hat der Beamte ein Anrecht) – und das ist durch den Gesetzgeber im Laufe eines Kalenderjahrs jederzeit änderbar, was in der deutschen Vergangenheit auch bereits geschehen ist.
Unter anderem auch deshalb sieht, wie schon geschrieben, die Rechtsvorschrifte ein abschließende Beitragsbemessung anhand des Einkommenssteuerbescheids vor; und wie nun eine gesetzlich nirgends eine Rolle spielende Vorhersehbarkeit jetzt meine – womöglich von anderer Seite zurückweisbare, nämlich wenn man nicht das materielle, sondern das formelle Recht heranzieht – Argumentation widerlegen soll, bleibt mir unklar. Ich würde mich also darüber freuen, wenn Du Deine Sichtweise gleichfalls etwas umfassender ausführen würdest, sodass sie an dem hier zu betrachtenden konkreten Fall der freiwillig gesetzlich Versicherten erkennbar wird (eine fallbezogene Konkretisierung und nicht nur ein eher allgemeiner Einwurf wäre schön); das nur umso mehr, als dass ich generelle Unterschiede zwischen den Einkommensformen Selbstständiger und derer von Beamten gar nicht in Frage stelle, wie Du am Ende meinst, nicht umsonst spreche ich ja wiederkehrend und mit Blick auf diesen konkreten Fall vom „gleichgestellten Arbeitseinkommen“, das eben in anderen Fällen sicherlich nicht als gleichgestellt zu betrachten wäre und eben dann auch nicht gleichzustellen wäre (und weil es also eine für diesen Fall zugrunde gelegte Konstruktion ist, die in ihrem normativen Gehalt nicht weiter betrachtet wird, bezeichne ich sie bereits in meiner Einleitung vom 30.12. als Vereinfachung; denn ihr fehlt die eventuell in der Zukunft noch vorzunehmende abgrenzende Betrachtung, mit deren Ausarbeitung wir in die Tiefen und die Komplexität des formellen Rechts gelangten und die wohl mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit zeigen dürfte, dass in diesem konkreten Fall mindestens eine, wenn nicht mehrere Normenkollisionen vorliegen sollten).