Das sog. Hamburger Modell ist sogar verfassungsrechtlich unzulässig und wird nach Lage der Dinge keinen Bestand haben, wenn die ersten entsprechenden Verfahren dagegen angestrengt werden (Prof. Dr. Josef Franz Lindner, Uni. Augsburg, Lehrstuhl für öff. Recht).
Es handelt sich um den billigen politischen Versuch, ein finanziell/strukturell bereits weitestgehend kaputtes System (GKV) mit einem noch halbwegs funktionierenden System (PKV) zu verschmelzen, um erstgenanntes zu retten. Sind die zu erwartenden Einmal-Effekte verpufft, hat man unter'm Strich nur "Verlierer".
Spannend sind neben der verfassungsrechtlichen Sphäre vor allem die (un)mittelbaren Eingriffe in das PKV-System als solches. Entzieht man diesem die spartenbezogenen Beitragszahler (weniger junge Beamte), muss man kein Versicherungsmathematiker sein, um zu erkennen, dass das in 10-20 Jahren in sich zusammenfällt. Zunächst steigen die Kosten/Beiträge der verbliebenen Versicherungsnehmer ins schier Unermessliche, dann beginnt die große Flucht aus dem System.
... und das alles nahezu allein durch staatliche Eingriffsmaßnahmen, die höchst fragwürdig sind.
Warum sollte das Hamburger Modell verfassungsrechtlich unzulässig sein?
Verfassungswidrig aus Sicht des VersichertenDas HH-Modell setzt auf die Wahlfreiheit des jungen Beamten, welcher sich freiwillig für die GKV oder die PKV entscheiden kann. Diese Wahlfreiheit existiert auch bei einem höher verdienenden Angestellten seit Jahrzehnten wenn er über der Versicherungspflichtgrenze verdient und sich somit freiwillig in der GKV oder auch in der PKV versichern kann. Wahlfreihit kann nicht verfassungswidrig sein.
Im Gegenteil das Modell fördert sogar den gewünschten Wettbewerb des Kartellamtes zwischen PKV und GKV. Verfassungsrechtlich bedenklich wäre, bereits PKV versicherte Beamte in die GKV zurückzuholen. Dies tut aber niemand, da der §9 (1) SGB V diesen Übergang in die GKV nicht gestattet bzw. den bereits PKV Versicherten keine Wahlrecht gestattet.
Im Übrigen sorgt das Hamburger Modell erstmals dafür das Beamte mit Vorerkrankungen oder Behinderung nicht mehr verpflichtet sind, sich zu 100% auf eigene Kosten in der GKV zu versichern. Diese verfassungswidrige Benachteiligung wird somit endlich obsolet.
Die PKV hat damals auch gegen den Basistarif (Leistungen auf GKV Niveau) geklagt und wollte den Kontrahierungszwang verhindern (keiner darf mehr abgelehnt werden aufgrund von Alter/Gesundheit etc) und auch den Wechsel innerhalb der PKV wollte man verhindern. Beides ohne Erfolg, das Bundesverfassungsgericht erklärte alles für verfassungsgemäß.
Immerhin kann ein Beamter seine GKV alle 18 Monate wechseln, in der PKV existiert kein Bestandskundenwettbewerb.
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Verfassungswidrig aus Sicht der PKVDie PKV sollte ganz ruhig sein. Zum Einen war das Bundesverfassungsgericht schon einmal unmissverständlich und klar. Der Dienstherr hat zwar eine Fürsorge- und Alimentationspflicht für seine Beamten, die auch die Absicherung im Krankheitsfall beinhaltet. aber es obliegt jedem Dienstherren seiner Gestaltungsfreiheit diese Verpflichtung auch zu erfüllen. Sprich , die die Kombination Beihilfe/PKV ist keine Pflicht! Vielmehr könnte auch jeder Beamte eine kostenfreie Heilfürsorge erhalten und müsste weder in die GKV oder PKV oder der Dienstherr könnte auch den vollen GKV Beitrag übernehmen.
Und zum anderen rühmt sich die PKV immer damit, dass sie für z.B. ärztliche Leistungen in 2014 über 10,44 Milliarden ausgegeben hat, obwohl diese Leistungen in der GKV nur 4,45 Milliarden gekostet hätten. Wer bezahlt denn diese höheren Vergütungen der Ärzte? Richtig die Beihilfe wird überwiegend durch GKV versicherte Steuerzahler getragen, denn inzwischen 52% aller PKV versicherten sind beihilfeberechtigt.
Für mich ist Wettbewerb und Wahlfreiheit nie verfassungswidrig.
Hinweis für mitlesende PKV versicherte Beamte Keine Panik, die PKV bleibt auch ohne Neuzugänge dauerhaft leistungsfähig, denn keine PKV läuft jemals Gefahr zu Vergreisen!
Jede Altersgruppe in der privaten Krankenversicherung wird zu einem Tarif-Kollektiv zusammengefasst. Anders als in der gesetzlichen Kasse (GKV) haben damit junge Versicherte mit Alten kalkulatorisch nichts zu tun. Jede Altersgruppe (Kohorten) zahlt „ihren” Beitrag, der sich aus Risikokosten und Altersrückstellungen bildet.
Wenn ein neuer Tarif aufgelegt wird, werden sich wahrscheinlich junge, gesunde Kunden hier versichern. Diese zahlen mit Ihren Beiträgen die so genannten Altersrückstellungen in das Kollektiv ein. Im Laufe der Jahre verlassen nun nach und nach einige Kunden das Kollektiv/den Tarif, weil sie kündigen. Die Alterungsrückstellungen verbleiben jedoch im Kollektiv.
Wenn nach vielen Jahren die Neuzugänge dann gänzlich ausbleiben (z.B. junge Beamte gehen in die GKV) und es nur noch zu Abgängen kommt (Tod der Versicherten), vererbt der scheidenden Versicherte seine Rückstellungen an das Kollektiv. Irgendwann sind die vorhandenen Kapitalmittel dann so hoch, dass sich das Kollektiv sehr stabil selbst finanziert. Und irgendwann versicherte die PKV niemanden mehr und kann alle Rückstellungen einkassieren.