Autor Thema: Tarifbeschäftigter bleiben?  (Read 6027 times)

Wirrwarr

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Tarifbeschäftigter bleiben?
« am: 02.02.2020 10:03 »
Hallo,

ich bin nach Bachelor-Studium Tarifbeschäftigter in der E9b (noch nicht viele Erfahrungsstufen) und werde in den nächsten paar Jahren vierzig Jahre alt.

Die gesetzliche Rente macht mir großes Kopfzerbrechen, weil ich max. auf 40 Beitragsjahre kommen werde und da sind schon Jahre der Ausbildung und der ~ E5 (vor dem Studium) mit eingerechnet. Deshalb wollte ich die Verbeamtung zumindest angeboten bekommen.

Durch Bewerbung und Auswahl habe ich jetzt einen AG, der mich unbedingt anstellen will und mir die Verbeamtung plus irgendwann Stelle bis A11 in Aussicht stellt. Mein jetziger AG hat das mitbekommen, will mich unbedingt halten und bietet mir nun auch die Verbeamtung an - von ihm wünsche ich mir mindestens eine A10 plus Erfahrungsstufen, damit ich finanziell keine Einbußen zwischen Gehalt und Besoldung habe (vom Besoldungsnetto rechne ich dabei mögliche 300 Euro PKV bereits ab, um einen Vergleich herstellen zu können). Der Fachkräftemangel ist auch in meinem Bereich angekommen.

Ich rechne im Moment und überlege. Bund wollte mich schon mal verbeamten, bloß damals wollte ich nicht. Das Pendeln ging mir auf die Nerven und bei der jetzt anstehenden Verbeamtung kann ich in der Hauptstadt und beim Land verbleiben, was mir besser gefällt.


Warum tarifbeschäftigte Person bleiben:

- PKV für mich jetzt schon zu teuer? Wegen meines Alters gehe ich derzeit von 300 Euro pro Monat aus. Habe aber schon ein paar Zipperlein gesammelt, die nicht tragisch sind, aber ggf. eher über die teurere Öffnungsklausel laufen sollten? Oder hier sofort bei Verbeamtung in den Basistarif gehen, um Geld zu sparen? Hat man dann überhaupt etwas von der PKV?
- Ich komme als Beamter ggf. max bis A11/A12 aber nicht wirklich weiter
- Ausgerechnet: Komme max. noch auf 53 % vom letzten Ruhegehalt mit den Jahren, die mir bleiben
- Bin unverheiratet, keine Kinder - hinterlasse also im Prinzip niemandem eine "höhere" Pension, wenn ich vorher ins Gras beiße
- Als Tarifbeschäftigter mehr Freiheit und unabhängiger?
- Überlege ein Master-Studium (berufsbegleitend) zu machen - ggf. dann doch noch Einstieg in den höheren Dienst, also E13, möglich.
- Möchte gerne zumindest zeitweise meine Wochenarbeitszeit in naher Zukunft verkürzen (von 39,24 z.B. auf 34 oder 32 Stunden runter gehen, 4-Tage-Woche?). Ist das schwieriger zu erwirken als verbeamtete Person?
- Neben der Vollzeitstelle noch etwas anderes arbeiten? Dem muss der Dienstherr immer erst zustimmen bzw. kann es sogar verbieten?
- Späterer Wechsel des Arbeitgebers/Dienstherren für Tbler leichter als für Beamte?

Was mir die Verbeamtung attraktiv erscheinen lässt:
- Kaum noch Arbeitszeitunterschied zwischen Beamten (40h) und TBlern (39:24h) bei der Wochenarbeitszeit
- mehr Sicherheit (nach fünf Dienstjahren Anspruch auf eine Mindestpension)
- In meiner Branche wird alles bis hoch nach A11 bei Neubesetzung mit TBlern als E9b ausgeschrieben. Deshalb ist meine Hoffnung, dass ich es als Beamter mindestens noch auf eine A11-Stelle schaffe. Die höher dotierten Angestellten-Stellen sind rar oder gibt es einfach nicht. Deshalb scheint mir der Aufstieg als Beamter leichter als als Tarifbeschäftigter (Irrglaube?)
- Gehobener Dienst reicht mir. Wünsche mir hier eher eine Stabsstelle als die großartige Leitungsposition

Hat hier jemand eine Meinung, ob in meinem Fall eine Verbeamtung (noch) Sinn macht?

An wen unabhängigen und diskreten kann man sich noch wenden, um das Thema gut und diskret zu besprechen? Die Deutsche Rentenversicherung hat in den nächsten xx Wochen keine Termine frei. Und sind die überhaupt ein sinnvoller Ansprechpartner, wenn es um den Wechsel ins Beamtentum geht?

Danke für Feedback und

LG

Spid

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Antw:Tarifbeschäftigter bleiben?
« Antwort #1 am: 02.02.2020 10:08 »
Es gibt bei TB keine Erfahrungsstufen, es gibt lediglich Stufen der Entgelttabelle. Es gibt bei TB auch keinen höheren Dienst.

BerlinBerlin1

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Antw:Tarifbeschäftigter bleiben?
« Antwort #2 am: 02.02.2020 10:18 »
Der Berliner Senat hat mitbekommen das Du wechseln willst und bietet Dir daraufhin eine Verbeamtung an.
Würdest Du uns verraten, um welche Senatsverwaltung, Bezirksamt oder nachgeordnete Behörde es sich handelt?

Isie

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Antw:Tarifbeschäftigter bleiben?
« Antwort #3 am: 02.02.2020 10:25 »
Lass dir ein Angebot für eine PKV unterbreiten. Vergleiche dann die Nettobezüge unter Bezug der PKW-Beiträge vom Nettobeamtengehalt. Vergleiche Rentenbeginn und Pensions Beginn, obwohl sich das natürlich ändern kann. Vergleiche Rente und Pension.

WasDennNun

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Antw:Tarifbeschäftigter bleiben?
« Antwort #4 am: 02.02.2020 10:40 »
Wenn dir die Sicherheit wichtiger als deine Flexibilität ist, dann ist die Verbeamtung sicher keine schlechte Wahl.
Ich hatte mich dagegen entschieden (hD Verbeamtung)  und bereute es nie.

Das monetäre kann man mit bisserl Glaskugel hochrechnen.

Wenn du Teilzeit mache willst, dann würde ich TB bleiben, da dann ja die PKV kosten stärker wirken.

Isie

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Antw:Tarifbeschäftigter bleiben?
« Antwort #5 am: 02.02.2020 11:11 »
Lass dir ein Angebot für eine PKV unterbreiten. Vergleiche dann die Nettobezüge unter Bezug der PKW-Beiträge vom Nettobeamtengehalt. Vergleiche Rentenbeginn und Pensions Beginn, obwohl sich das natürlich ändern kann. Vergleiche Rente und Pension.
Verflixte Autokorrektur!... unter Abzug der PKV-Beiträge...

Stimmt, bei Teilzeit könnten die GKV-Beiträge für TB günstiger als die PKV-Beiträge für Beamte sein.

Pseudonym

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Antw:Tarifbeschäftigter bleiben?
« Antwort #6 am: 02.02.2020 11:19 »
Du bekommst ja jährlich Standmitteilungen für Rente und Zusatzversorgung. Sind diese erheblich weniger als eine mögliche Pension unter Berücksichtigung der PKV-Abzüge, kann es sich lohnen.

Ohne Angebot einer seriösen PKV (DEB...) ist das aber alles nur Spekulation. Stell Dich mal auf 400 Euro Beitrag in der Pension ein.

Deine Mindestdienstzeit von 5 Jahren bekommst Du aus Deiner jetzigen Beschäftigung wahrscheinlich schon zusammen.

Tagelöhner

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Antw:Tarifbeschäftigter bleiben?
« Antwort #7 am: 02.02.2020 11:20 »
Bei der Entscheidung ob das Beamtenverhältnis für dich das richtige ist darfst Du auch nicht außer Acht lassen, dass dahinter ein Dienst- und Treueverhältnis und ein starrer Beurteilungs-/Beförderungsmechanismus steht, der mitunter je nach eigener Persönlichkeit ziemlich frustrierend sein kann. Um dort karrieremäßig mit der Zeit nach oben geschwemmt zu werden, bedarf es schon einer gewissen Leidensfähigkeit und Unterwürfigkeit. Das gerne zitierte Leistungsprinzip stellt in der Praxis eher eine Farce dar und das Alter bzw. der Nasenfaktor überwiegen bei der Chance auf berufliches Fortkommen.

Auch der Abstand zwischen der gesetzlichen Rente und den Pensionen wird anpassungsfähig bleiben müssen, da sich die Schere nicht all zu weit auseinander entwickeln kann, um die Spannungen zwischen beiden Systemen erträglich zu halten. Wenn sich also das eine System aufgrund der demographischen Entwicklungen immer weiter nach unten entwickeln wird und Steuerzuschüsse eher noch zunehmen werden, bleibt für das andere System auch weniger übrig.

Auch abzuwarten bleibt die Entwicklung der Finanzlage vieler privater Krankenkassen, die Niedrigzinspolitik der EZB wird auch hier langfristig noch tiefere Wunden hinterlassen. Deutliche Beitragserhöhungen sind also eher wahrscheinlich...aber auch das System der GKV kommt bereits jetzt stärker unter Kostendruck.

Teilzeitarbeit ist mit dem Beamtenverhältnis definitiv auch weniger vereinbar und wird gerade von Vertretern und Befürwortern des Beamtensystems gerne kritisch gesehen.

Bewerbe Dich doch einfach auf bessere Angestelltenstellen, E9b sollte ja erst den Beginn darstellen und bis wenigstens E11 noch Luft sein.

Die Flexibilität bei der Jobwahl ist als Angestellter definitiv auch größer, da ein einfacherer Wechsel in die freie Wirtschaft möglich wäre ohne Gefahr zu laufen bei den Ansprüchen an die Altersbezüge zu stark federn zu lassen.
« Last Edit: 02.02.2020 11:29 von Tagelöhner »

marco.berlin

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Antw:Tarifbeschäftigter bleiben?
« Antwort #8 am: 02.02.2020 11:46 »
A10 wünschen, klingt gut, der Regelfall ist aber der Beginn der Laufbahn im Einstiegsamt. Anderes wäre möglich, bedeutet aber für den AG zusätzlicher Aufwand, der regelmäßig gescheut wird. Einstieg wenn, dann wohl mit A9.

Wirrwarr

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Antw:Tarifbeschäftigter bleiben?
« Antwort #9 am: 02.02.2020 12:54 »
@Spid:
Danke! Genau, ich meinte die Stufen und dann wohl besser ausgedruckt "mit höherem Dienst vergleichbar" = ab E13.

@BerlinBerlin1:
Was mich wundert - ich dachte, ich müsse wirklich zum Bund gehen für eine Verbeamtung. Dass ich beim Land bleiben kann und gleich zwei AG mit Verbeamtung winken, hätte ich noch bis vor ein paar Jahren nicht erwartet. Aber wir kriegen eben auch niemanden mit Berufserfahrung rein, der/die in die E9b gehen mag. Und persönlich muss ich mich in den nächsten zwei Jahren entscheiden, wo ich hingehen mag, weil mit der Stufe 4 wird es wohl schwieriger, die beim AG-Wechsel mitzunehmen.

@Pseudonym:
Ich hatte zuletzt die Beitragsrechner von PKV-Anbietern bemüht. Günstige Ergebnisse pendelten so bei zirka 300 Euro pro Monat. Aber ob/wie das Angebot aussieht, wenn ich über diese Öffnungsklausel rein möchte, verwirrt mich noch. Dann liegt der Betrag vermutlich höher?

@marco.berlin:
Wenn dich der AG wie in meinem Fall fragt, welches A du haben möchtest, um zu bleiben, wird die Hoffnung schon ein wenig konkreter. A10 als Einstieg ist mir von Technikern bekannt - aber so einer bin ja ich nicht. Und praxisnah müsste es eben eine A10 werden, damit sich der Wechsel für mich auszahlt. Und der andere AG hält sogar eine A11 in absehbarer Zeit für möglich. Aber stimmt, erzählen kann man viel...

Spid

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Antw:Tarifbeschäftigter bleiben?
« Antwort #10 am: 02.02.2020 12:59 »
@Spid:
Danke! Genau, ich meinte die Stufen und dann wohl besser ausgedruckt "mit höherem Dienst vergleichbar" = ab E13.

Inwiefern wären die Entgeltgruppen ab E13 „mit höherem Dienst vergleichbar“? Es besteht schließlich weder eine Ähnlichkeit in der Bezahlung noch in den Voraussetzungen - ja es ist nicht einmal so, daß gleiche Tätigkeiten sowohl in Ex als auch in Ax führten.

WasDennNun

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Antw:Tarifbeschäftigter bleiben?
« Antwort #11 am: 02.02.2020 13:09 »
Und persönlich muss ich mich in den nächsten zwei Jahren entscheiden, wo ich hingehen mag, weil mit der Stufe 4 wird es wohl schwieriger, die beim AG-Wechsel mitzunehmen.
Warum sollte es schwieriger sein? Wenn du von TV-L zu TVöD wechselst, musst du halt diese förderlicher Zeiten dann einfordern. Und idR werden sie auch übernommen.
Habe ich schon zweimal gemacht (Stufe5 zu Stufe 5) und war null Problemo.
 
Wenn du Beamter wirst ist es ja eh irrelevant welche Stufe du im TV hattest.

Pseudonym

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Antw:Tarifbeschäftigter bleiben?
« Antwort #12 am: 02.02.2020 13:42 »

Ich hatte zuletzt die Beitragsrechner von PKV-Anbietern bemüht. Günstige Ergebnisse pendelten so bei zirka 300 Euro pro Monat. Aber ob/wie das Angebot aussieht, wenn ich über diese Öffnungsklausel rein möchte, verwirrt mich noch. Dann liegt der Betrag vermutlich höher?

Möglich, dass ein Zuschlag verlangt wird. Es hilft nur das pers. Gespräch und Angebot. Dazu muss ein Gesundheitsfragebogen ausgefüllt werden. Hier würde ich den Hausarzt zurate ziehen, was angegeben werden muss und was nicht.

Erst dann hast du einen realistischen Anhaltspunkt und egal was sie Dir erzählen: Rechne mit mind. 400 in der Pension.


clarion

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Antw:Tarifbeschäftigter bleiben?
« Antwort #13 am: 02.02.2020 22:12 »
Hallo,

ich bin mit genau 40 Lebensjährchen verbeamtete worden. Ich bin allerdings in hD und wurde mit A13 verbeamtet. Ich habe seitdem deutlich mehr netto auf dem Konto, obwohl ich die Öffnungsaktion der PKV in Anspruch nehmen musste und nun etwas mehr als 300 € (da ist aber auch noch eine Zahnzusatzversicherung dabei) im Monat für die PKV zahlen muss.

Der monatliche Betrag hängt nicht nur davon ab, ob Du die Öffnungsklausel in Anspruch nehmen musst, sondern auch davon, wie alt Du bist. Die Höhe der Altersrückstellungen richtet sich nach Deinem Lebensalter.

Die Zeiten als TB, die Du im öD zurück gelegt hat, werden idR. bei der Berechnung der Ruhegehaltsfähigen Zeiten berücksichtigt, so dass Du die 40 Jahre durchaus noch schaffen kannst. Wenn diese Zeiten als ruhegehaltsfähig anerkennt, wird die Pension berechnet und von der Pension wird die Rente und VBL, die Du von der Rentenversicherung bekommen wirst, dann wieder abgezogen.

Aus der Hüfte  geschossen wird sich eine Verbeamtung für Dich zumidnest langfristig voraussichtlich lohnen.

Wirrwarr

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Antw:Tarifbeschäftigter bleiben?
« Antwort #14 am: 04.02.2020 00:10 »
@clarion:
Danke für deine Antwort. Das mit der Öffnungsklausel erscheint mir sinnvoll. Hast du einen Tipp für mich, welche PKVs empfehlenswert sind? (hätte dir hierzu gerne eine private Mitteilung geschrieben, leider funktioniert das im Forum nicht)

Und wie frage ich da praktisch Angebote an? Lasse ich mir ein "normales" und eins mittels Öffnungsklausel von den relevanten PKVs geben?

Die relevanten PKVs mit Öffnungsklausel sind dann wohl hier am Ende des PDFs aufgelistet: https://www.pkv.de/service/broschueren/verbraucher/oeffnungsaktion-der-pkv-fuer-beamte-und-angehoerige.pdb.pdf