Autor Thema: Eingruppierung, Entfristung & Co. - Verstehe ich was nicht oder selber schuld?  (Read 3303 times)

Martin16

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Liebes Forum,

erstmal vielen Dank für die Möglichkeit hier zu schreiben. Lese bereits seit Monaten still mit. VorabInfo: TB, befristet, noch etwas Restlaufzeit. Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich der richtige Bereich ist, aber es betrifft irgendwie den TV-L und ich habe hier einen Thread verfolgt, der mich angestoßen hat.

Kernfrage(n) bzw. Verständisproblem: Ich kann mich dem Eindruck nicht verwehren, dass zumindest hier, die Eingruppierung, Verlängerung, (Teil-)Entfristung auf Basis des TV-L ausgewürfelt oder nach Nasenfaktor entschieden wird. Kollegen mit identischer Stellenbezeichnung und nach außen&innen hin identischen Tätigkeiten (was letztlich aber kein Profil ist) haben eine erhebliche höhere EG. Meine Stelle wird einseitig zu meinen Ungunsten durch zuschütten mit sonstigen Aufgaben oder jüngst gar keinen Aufgaben verändert. Geht das überall im ÖD so oder habe ich (kam aus der Wirtschaft) ein Mentalitätsproblem?

Es ist gut hier. Der Job bereitet mir (noch) Freude. Aber je mehr ich rausfinde, desto mehr ärgere ich mich. Vor allem über mich selbst. Und ich muss mir auf absehbare Zeit überlegen, ob ich mich extern bewerben will oder intern im Sinne von andere ÖD Stellen.

Mal als Beispiele:

  • Angebot bei Einstellung: Stufenlaufzeit 2. Die 3 schien mir passender, wurde aber durch Personalerin im VG abgelehnt weil keine Neustellung höher als Stufe 2 sein kann. Ok, akzeptiert, ich hab den Job gebraucht. Eine Freundin hat sich einige Monate später beworben und das Gespräch beim Thema Stufe 2 beendet. Tags darauf: Anruf der Personalabteilung, sie könne Stufe 3 haben.
  • In 15 Monaten hat der/die Vorgesetzte nun zum 5ten (!) Mal gewechselt. Bei derart kurzen Laufzeiten macht ein Zeugnis keinen Sinn. Die letzte Chefin war jetzt aber fast 6 Monate da, ich habe (auch weil mein Vertrag in absehbarer Zeit enden könnte) höflichst um ein Gespräch & Zwischenzeugnis gebeten. Funkstille. Muss ich das wirklich per Einschreiben mit Frist einfordern?
  • Die Kollegen des "Team A" haben durchgängig EG5. Und jüngst festgestellt, dass alle Kollegen eines anderen "Team B" EG9 haben. Team A ist überzeugt, dieselben Tätigkeiten auszuüben. Deshalb hat man kollektiv E9 beim Chef meiner Noch-Chefin gefordert. Offenbar passiert das jetzt wirklich. Obwohl Team A durchgehend mit mind. Bachelor-Absolventen besetzt ist. In Team B ist niemand, der diese persönliche Voraussetzung erfüllt. Ich habe den TV-L dahingehend so interpretiert, dass es für die E9 wenigstens Führungsverantwortung oder Bachelor braucht. Seh ich das falsch? Das betrifft mich nicht direkt, führt aber zum nächsten Punkt.
  • Tätigkeitsmerkmale sind entscheidend, Titel sind Schall und Rauch. Trotzdem erlebe ich es gefühlt ständig, dass hier aufgrund von "Das wurde mir versprochen!" Tätigkeitsbeschreibungen bis zur E13 aufgebohrt werden. Es bleibt mir ein Rätsel, wie zwei Stellen mit identischer Bezeichnung sich um 4EGs unterscheiden können obwohl sie im praktischen Alltag dasselbe erledigen. Gibt es da einen Geheimtipp wie ich auch an eine E13 komme? (*scherz*)
  • Ich habe dieselbe Stellenbezeichnung wie viele meiner Kollegen. Aber es gibt für mich keine Tätigkeitsbeschreibung, wie ich jüngst rausgefunden habe. Die "hätte man nämlich nicht durchgebracht" mit dem Aufgabenspektrum, welches für mich gewünscht war. Unnötig zu erwähnen, zu was das führt. Im Prinzip erledige ich alles, was in der Stellenausschreibung stand (was ich auch aus meiner Zeit in der Wirtschaft gewohnt bin). Über die Monate hat man mir aber zunehmend Zeug hingeworfen, was ganz klar NICHTS bei mir verloren hat. Zumindest nicht für das Geld. Ich bereite bspw. extern gehende Verträge für unseren Haus-Justiziar vor. Dafür habe ich keine Qualifikation und habe das auch mehrfach bemängelt, dass da was schiefgehen könnte. Für mich zur Absicherung schriftlich per E-Mail. Rückmeldung: "Wegen Fehlern wird bei uns keiner abgemahnt/ausgestellt." Durch die häufigen Wechsel intern ist es aber mittlerweile auch soweit, dass ich mitunter stunden/tageweise gar keine Arbeit habe.
  • Die nächste Vorgesetztenrunde ist gestartet. Die Dame hat per Mail bereits angekündigt, dass es "erhebliche Strukturänderungen, Prozessanpassungen und Aufgabenveränderungen" geben wird. Durch den Buschfunk weiß ich, dass das u.a. mich betreffen dürfte. Für mich ist es aber überlebensnotwendig (im evtl. notwendigen Bewerbungsprozess) dass ich zumindest auf dem Papier die Stellenbezeichnung und Tätigkeiten habe, für die man mich mal eingestellt hat. Nicht dass sich das jetzt plötzlich 180 Grad dreht. Habe ich hier eine Chance das durchzuboxen? Ich verändere mich auch gern in eine andere Richtung, aber da mir keiner der Vorgesetzten bisher eine vernünftige Perspektive aufzeigen konnte (Klares Ziel: Zurück zur E13), ist das für mich irrelevant.

Mir geht es um ein ehrliches Feedback, weil ich mich persönlich wie fachlich weiterentwickeln und einfach nochmal vorankommen will. Aber mir im Moment nicht im geringsten sicher bin, ob, wie und was hier möglich wäre und inwieweit es überhaupt Sinn macht. Es gibt hier leider auch kein Mentoring noch Mitarbeitergespräche, wie ich das vom vorherigen Arbeitgeber kenne. Zu Mitarbeitergesprächen gibt es zwar eine Leitlinie, aber die interessiert keinen Vorgesetzten, sprich die werden einfach nicht durchgeführt. Also bitte direkt und ehrlich.

Spid

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Bei Einstellung besteht Anspruch auf die Berücksichtigung einschlägiger Berufserfahrung von einem bzw. drei Jahren und somit auf Zuordnung zu Stufe 2 bzw. 3. Einschlägige Berufserfahrung ist eine solche, bei der die bisherige Tätigkeit nahezu unverändert fortgeführt wird. Förderliche Berufserfahrung kann der Arbeitgeber berücksichtigen, er muß es aber nicht. Auch dann nicht, wenn er es in anderen Fällen getan hat.

Ein Einschreiben hat an sich keine andere Wirkung als andere Zustellungsformen. Ein Zwischenzeugnis läßt sich als individualrechtlicher Anspruch auch gerichtlich durchsetzen.

Ja, das siehst Du falsch. Weder gibt es eine E9 noch wäre das geschilderte Voraussetzung der E9 gewesen, als es sie noch gab.

Es besteht Anspruch auf ein wahrheitsgemäßes und wohlwollendes Arbeitszeugnis.


Martin16

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Lieber Spid, ich hatte gehofft dass du antwortest. Herzlichen Dank dafür!

Die gerichtliche Durchsetzung, ja, ist mir natürlich bewusst. Aber wenn ich das mache, setzt man mich definitiv vor die Tür. Ich würde mir gerne so lange wie möglich alle Optionen offenhalten, der Arbeitsmarkt ist hart. Und in Freundschaft ein wohlwollendes, wahrheitsgemäßes und gutes Zeugnis zu erhalten dürfte einfacher sein, als gerichtlich gegen ein durchschnittliches Vorzugehen. Auch wenn ich nun schon gefühlt ewig darauf warte. Zumindest kenne ich im Freundes-/Bekanntenkreis bis heute niemanden, der danach wirklich besser gestellt war. Andererseits ist mein Freundeskreis nicht repräsentativ.

Wie verhält es sich mit der Tätigkeitsbeschreibung sprich Tätigkeitsmerkmale? Gibt es hier einen Anspruch und falls ja, kennst du die rechtliche Grundlage und könntest sie mir nennen?

Dann habe ich das mit der E9(a/b) völlig fehlinterpretiert. Herzlichen Dank für die Korrektur. Ich werde das Gefühl nicht los, dass das Studium für die Katz war, wenn ich auch ohne Studium bis zur E9 durchmarschieren kann. ;D

Dennoch, lieber Spid, die wichtigste Frage blieb unbeantwortet und aus der Vielzahl deiner Beiträge meine ich, dass du - im Gegensatz zu mir - mehr als genug Erfahrung hast, sie zu beantworten. Ist es überall so? Erlebst du sowas auch? Stellen, die aus einer Versprechung heraus auf E13 aufgebohrt werden, ohne dass die tatsächliche Tätigkeit dazukommt und andere, aus meiner Warte, merkwürdige Dinge?

Spid

  • Gast
Der AG muß mindestens §2 Abs. 1 Ziff. 5 NachwG Genüge tun. Die Tätigkeitsbeschreibung dient der Beschreibung der Tätigkeit, die Tätigkeitsmerkmale sind in der EGO festgelegt, sie bestimmen, welcher Entgeltgruppe eine auszuübende Tätigkeit zugeordnet ist.

Man kann ohne jede formale Bildung problemlos in E14, als sonstiger Beschäftigter auch in E15 eingruppiert sein.

Die tatsächliche Tätigkeit ist für die Eingruppierung grundsätzlich unbeachtlich. Maßgeblich ist die auszuübende Tätigkeit. Es gibt hunderte öffentliche AG und noch mehr Anwender von TVÖD/TV-L/TV-H. Wie auch in der Privatwirtschaft gibt es auch im öD die gesamte Bandbreite von hochprofessionellen AG, die die tariflichen Regelungen vorbildlich umsetzen und ein ausgezeichnetes Personalmanagement haben, bis hin zu solchen, deren Personalverwaltung die AN betrügt und ansonsten keinen Schimmer von tariflichen Regelungen hat.

Martin16

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Hallo Spid, erneut herzlichen Dank für dein Feedback!

Vier Fragen ergänzend:
  • Gibt es eine "Alternative" zum §2 Abs. 1 Ziff. 5 NachwG, welche mir die Aushändigung einer Tätigbeschreibung + Bewertung ermöglicht? Nach einem 4-Augen Gespräch wurde mir heute eröffnet, dass sich meine Stelle (ohne nähere Details) erheblich verändern wird, was die Tätigkeiten anbelangt.
  • Im selben Gespräch wurde mir mitgeteilt, dass man versuchen wird, in eine neue Tätigkeitsbeschreibung Merkmale aufzunehmen, damit es zu keiner Herabstufung kommt. Meine (evtl. falsche) Rechtseinschätzung wäre die, dass es hierfür einer Änderungskündigung bedarf, welche nach meinem laienhaften BAG-Wissen aber nur ausgesprochen werden kann, wenn die Stelle wegfällt bzw. keine gleichwertige Beschäftigung angeboten werden kann. Sehe ich das falsch oder kann ich nicht "einfach so" herabgestuft werden? Es gäbe mMn vergleichbare, vakante Stellen in dieser Einrichtung.
  • Da mir keine Tätigkeitsbeschreibung für die aktuelle Stelle vorlag, kann ich keine Vergleiche ziehen. Aus der Privatwirtschaft kenne ich es aber so, dass ein Arbeitsvertrag (welcher eine Stelle, mit konkreten Aufgaben, etc.) beinhaltet, nicht einseitig geändert werden kann. Gibt es hier TV-L seitig eine Ausnahme, die ich im TV-L nicht sehe, oder liege ich richtig, dass das eigentlich gar nicht geht?
  • Last but not least: Ich muss mich hier tiefer einlesen. TV-L, EGO, etc. habe ich gelesen (nicht zwingend verstanden). Was muss ich googeln um mehr zu lernen? Fachbücher? Beck? Ein Tipp?

Spid

  • Gast
Möglich ist die Übergabe von Tätigkeitsdarstellung und -bewertung durchaus, wir handhaben das grundsätzlich so. Es gibt aber keinen Anspruch darauf.

Eine eingruppierungsrelevante Tätigkeitsänderung ist eine Vertragsänderung und bedarf Deiner mindestens impliziten Zustimmung. Die Hürden für eine Änderungskündigung sind dieselben wie für eine gewöhnliche Kündigung.

Sofern nicht einzelvertragliche Regelungen dem entgegenstehen, ist die Zuweisung einer auszuübenden Tätigkeit derselben Entgeltgruppe grundsätzlich vom Direktionsrecht des AG gedeckt.

Der Haufe Onlinekommentar ist zwar nicht fehlerfrei, dafür aber für Laien recht zugänglich verfasst. Die dbb-Akademie bietet zudem recht brauchbare Seminare an.

ManuelDessau

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Hallo, ich hoffe, meine Frage passt hier rein. Ich habe zum 01.01.20 einen unbefristeten Arbeitsvertrag bekommen und war bis dahin durchgängig befristet beim selben AG mit derselben Tätigkeit angestellt. Das AV begann zum 17.07.2017, weshalb ich ein Jahr später in Stufe 2 kam (EG 10, Stufe 2). Nun sah ich auf der Januar-Bezügemitteilung unter dem Punkt "BDA"  (Bezugsdienstalter) 01.19, wo vorher stets 07.17. stand. Die Sachbearbeiterin meinte, ich komme deshalb erst am 01.01.2021 in Stufe 3. Meine Frage: weshalb werde ich 6 Monate in der Laufzeit zurückversetzt, wenn ich einen unbefristeten AV unterzeichne? Der reguläre Stufenaufstieg müsste doch 07/20 erfolgen?

Isie

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Wenn es derselbe Arbeitgeber und dieselbe Entgeltgruppe ist, zählt die Zeit im befristeten Arbeitsverhältnis mit.

ManuelDessau

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Ja ich weiß, ich bin ja auch normal in die Stufe 2 gekommen nach einem Jahr Befristung. Deshalb erschließt sich mir die ganze Sache aktuell auch nicht.