Autor Thema: Ablehnung interner Bewerber trotz Erfüllung aller formellen Anforderungen  (Read 8850 times)

Spid

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Die Auswahlkriterien festzulegen obliegt dem AG. Die Antwort ist also „kann beides sein“.

Und bekäme man dann im Ernstfall den 1,4er-Bewerber ohne Berufserfahrung gegenüber dem 1,8er-Bewerber mit Berufserfahrung als "geeigneter" durchargumentiert?

Je nach Auswahlkriterien kann der Schulabbrecher auch den Dr. Ing. ausstechen.

Nuwanda

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@Organisator: Ich kenne die Anzahl der im Ergebnis zu besetzenden Stellen nicht. Ich habe gehört. sie stünde auch nicht fest, sondern würde sich danach richten, wie viele BewerberInnen nach ABC-Verfahren, Online-Wissenstest, VG und AC noch dabei sind. Ob das stimmt, weiß ich nicht.
Die 15 bezog sich auf die Studenten, die in meinem Studiengang ein Stipendium erhalten hatten. Das gab es für die 15 besten Bewerber auf die Studienplätze im Auswahlverfahren. Wieviele Bewerber es dafür tatsächlich gab, weiß ich nicht. Bei einer Info-Veranstaltung vor Beginn waren ca 300 Interessenten gekommen, zum schriftlichen Test waren noch 60 angetreten. Ich weiß nicht, aus wie vielen Bewerbern die 60 für den Test ausgewählt wurden. Ich  war unter den besten 15 im Test und habe daher den Studienplatz und das Stipendium erhalten. Das waren fast 14.000€. Die Stadt hat also ziemlich in mich investiert. Mir ist klar, dass eine höher dotierte Stelle nicht schon deswegen ein Selbstläufer ist. Das würde ich gar nicht wollen. Aber die Ablehnung nach Aktenlage ist ja das andere Extrem und hat mich auch überrascht.
@Dienstbeflissen: Es geht bei diesem Job um eine Art Traineeprogramm für MitarbeiterInnen mit Universitätsabschluss, beginnend mit E13 für Tarifbeschäftigte und höherem Dienst eben für Beamte. Der genaue Einsatzbereich entwickelt sich dann wohl während des Programmes je nach Neigung, Fähigkeit und Bedarf. Es war in- und extern ausgeschrieben und da es sich um ein Bundesland mit kurzen Wegen handelt, egal, wo in diesem Bundesland man eingesetzt wird, ist es sicher für viele Leute interessant, die ab 30 Jahre alt sind und keine Lust haben, heute am einen und morgen am anderen Ende des Bundeslandes eingesetzt zu werden.
@Clarion: ich gehe davon aus, dass der PR beteiligt war. Ich hatte mich zuerst an die Personalabteilung gewandt, von der ich die Ablehnung erhalten hatte. Ich hatte sie (auch wegen der Vorgeschichte Studium, Stipendium etc..) als kooperativer eingeschätzt als sie dann war. Die einzelne SB kann sicher nichts dafür, aber wie es im ÖD oft ist: Ihr Name stand auf dem Anschreiben. Also schreibt man sie erstmal an.
« Last Edit: 14.02.2020 16:29 von Nuwanda »

Nuwanda

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Danke jedenfalls schon mal für die Diskussion. Ich werde mir über das Wochenende überlegen, was ich mache.

pvenj

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Man würde also, quasi freiwillig (bzw. aufgrund schlechter Anforderungskriterien), auf einen vermutlich geeigneteren Kandidaten verzichten (müssen)? Verrückte Welt.

Der "vermutlich geeignetere Kandidat", der 10 Jahre Berufserfahrung mitbringt für eine Stelle, die "langjährige Berufserfahrung" nicht im Anforderungsprofil hat, wird sich vermutlich auch nicht mit dem "Berufsanfänger-Entgelt" zufrieden geben, vielleicht sogar versuchen, eine höhere Stufe zu verhandeln, als ihm eh schon wegen einschlägiger Berufserfahrung zusteht. Warum "teure" AN einstellen, wenn man sie für die Stelle xy nicht braucht?

RsQ

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Man würde also, quasi freiwillig (bzw. aufgrund schlechter Anforderungskriterien), auf einen vermutlich geeigneteren Kandidaten verzichten (müssen)? Verrückte Welt.

Der "vermutlich geeignetere Kandidat", der 10 Jahre Berufserfahrung mitbringt für eine Stelle, die "langjährige Berufserfahrung" nicht im Anforderungsprofil hat, wird sich vermutlich auch nicht mit dem "Berufsanfänger-Entgelt" zufrieden geben, vielleicht sogar versuchen, eine höhere Stufe zu verhandeln, als ihm eh schon wegen einschlägiger Berufserfahrung zusteht. Warum "teure" AN einstellen, wenn man sie für die Stelle xy nicht braucht?

Wenn man mit der Mutmaßung, der Kandidat *könnte* teurer sein, diesen gar nicht in Erwägung zieht, ohne ihn gefragt zu haben ... warum? Sollte man nicht alle guten Kandidaten einladen und dann schauen, bei wem es letztlich im "Gesamtpaket" am besten passt?

(Ich nehme mal mich als Beispiel. Ich habe in einigen Bereichen meiner beruflichen Erfahrung auch mehr als zehn Jahre Praxiserfahrung. Je nach EG hätte ich aber auch kein Problem, in Stufe 1 anzufangen. Kann das nicht jeder für sich entscheiden?)

pvenj

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Man würde also, quasi freiwillig (bzw. aufgrund schlechter Anforderungskriterien), auf einen vermutlich geeigneteren Kandidaten verzichten (müssen)? Verrückte Welt.

Der "vermutlich geeignetere Kandidat", der 10 Jahre Berufserfahrung mitbringt für eine Stelle, die "langjährige Berufserfahrung" nicht im Anforderungsprofil hat, wird sich vermutlich auch nicht mit dem "Berufsanfänger-Entgelt" zufrieden geben, vielleicht sogar versuchen, eine höhere Stufe zu verhandeln, als ihm eh schon wegen einschlägiger Berufserfahrung zusteht. Warum "teure" AN einstellen, wenn man sie für die Stelle xy nicht braucht?

Wenn man mit der Mutmaßung, der Kandidat *könnte* teurer sein, diesen gar nicht in Erwägung zieht, ohne ihn gefragt zu haben ... warum? Sollte man nicht alle guten Kandidaten einladen und dann schauen, bei wem es letztlich im "Gesamtpaket" am besten passt?

(Ich nehme mal mich als Beispiel. Ich habe in einigen Bereichen meiner beruflichen Erfahrung auch mehr als zehn Jahre Praxiserfahrung. Je nach EG hätte ich aber auch kein Problem, in Stufe 1 anzufangen. Kann das nicht jeder für sich entscheiden?)

In Anbetracht der Umstände, dass sich evtl. viele Menschen auf eine Stelle bewerben, müssen die Bewerbungen aussortiert werden. Hier im Forum wurden schon viele Threads dazu eröffnet, wie solche Bewerbungsgespräche ablaufen. Bei meiner Behörde ist es nicht anders - hier werden pro ausgeschriebener Stelle an einem bzw. an maximal zwei Tagen Bewerbungsgespräche geführt. Da schafft man vielleicht sechs bis acht BewerberInnen (pro Tag). Wenn man nun einen Pool von 30-50 Bewerbungen auf acht Gespräche komprimieren muss, werden stellenweise  dabei auch "überqualifizierte" BewerberInnen aussortiert (z.B. die mit Masterabschluss, wenn lediglich ein Bachelor gefordert ist oder auch die mit mehrjähriger Berufserfahrung, die sich dann vielleicht entgelttechnisch nach oben verhandeln wollen und dann zu 85 % eh abspringen, weil man ihnen nicht entgegenkommen will).
Natürlich ist das nicht überall so und definitiv abhängig davon, wie wichtig die zu besetzende Stelle ist und wie viele Bewerbungen es auf eine Stelle gibt.

was_guckst_du

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...alle Bewerber, die die grundsätzlichen Voraussetzungen erfüllen, aber nicht eingeladen werden, können einen Bewerberverfahrensanspruch geltend machen... 8)

...wenn man das nicht möchte, muss man eben die Stellenausschreibung stringend fassen...

Gruß aus "Tief im Westen"

Meine Beiträge geben grundsätzlich meine persönliche Meinung zum Thema wieder und beinhalten keine Rechtsberatung. Meistens sind sie ernster Natur, manchmal aber auch nicht. Bei einer obskuren Einzelfallpersönlichkeit antworte ich auch aus therapeutischen Gründen

RsQ

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Wenn man nun einen Pool von 30-50 Bewerbungen auf acht Gespräche komprimieren muss, werden stellenweise  dabei auch "überqualifizierte" BewerberInnen aussortiert (z.B. die mit Masterabschluss, wenn lediglich ein Bachelor gefordert ist oder auch die mit mehrjähriger Berufserfahrung, die sich dann vielleicht entgelttechnisch nach oben verhandeln wollen und dann zu 85 % eh abspringen, weil man ihnen nicht entgegenkommen will).

Man könnte die Argumentation auch umdrehen: Gerade im öD weiß man doch anhand fast jeder Ausschreibung, welche EG zu erwarten ist. Insofern sollte jeder Bewerber, der einigermaßen klar orientiert ist, auch wissen, worauf er sich inhaltlich und bzgl. der Vergütung einlässt. Jemand, der auch in Stufe 1 anfangen würde, würde also "auf Verdacht" aussortiert, weil man das Gefühl hätte, er würde vermutlich Stufe 2 bekommen und Stufe 3 haben wollen? Das ist Mist - es verbaut nämlich interessierten und (im Idealfall) qualifizierten Bewerbern den Zugang zu Stellen.  :(

Aber das werden wir hier natürlich nicht ändern.

Spid

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...alle Bewerber, die die grundsätzlichen Voraussetzungen erfüllen, aber nicht eingeladen werden, können einen Bewerberverfahrensanspruch geltend machen... 8)

...wenn man das nicht möchte, muss man eben die Stellenausschreibung stringend fassen...

Es muß nicht jeder grundsätzlich geeignete Bewerber eingeladen werden. Der AG kann weitere Kriterien anlegen, um den Bewerberkreis zu verkleinern, sofern sie sich irgendwie aus dem Ausschreibungstext ableiten lassen, siehe u.a. LAG München, Urteil v. 09.07.14 - 5 Sa 712/13.

pvenj

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Wenn man nun einen Pool von 30-50 Bewerbungen auf acht Gespräche komprimieren muss, werden stellenweise  dabei auch "überqualifizierte" BewerberInnen aussortiert (z.B. die mit Masterabschluss, wenn lediglich ein Bachelor gefordert ist oder auch die mit mehrjähriger Berufserfahrung, die sich dann vielleicht entgelttechnisch nach oben verhandeln wollen und dann zu 85 % eh abspringen, weil man ihnen nicht entgegenkommen will).

Man könnte die Argumentation auch umdrehen: Gerade im öD weiß man doch anhand fast jeder Ausschreibung, welche EG zu erwarten ist. Insofern sollte jeder Bewerber, der einigermaßen klar orientiert ist, auch wissen, worauf er sich inhaltlich und bzgl. der Vergütung einlässt. Jemand, der auch in Stufe 1 anfangen würde, würde also "auf Verdacht" aussortiert, weil man das Gefühl hätte, er würde vermutlich Stufe 2 bekommen und Stufe 3 haben wollen? Das ist Mist - es verbaut nämlich interessierten und (im Idealfall) qualifizierten Bewerbern den Zugang zu Stellen.  :(

Aber das werden wir hier natürlich nicht ändern.

Nein, das werden wir nicht. Dass Bewerber sich absichtlich unter Wert verkaufen ist nunmal nicht die Regel. Wenn Sie da schon die Erfahrung gemacht haben, dass Sie aufgrund von Überqualifizierung gar nicht erst eingeladen werden, könnten Sie das zukünftig in Ihrem Anschreiben direkt klar stellen.

Max

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Okay, du möchtest gerne eine höhere EG. Soweit angekommen. Die Begründung ist aber dünn "Master gemacht + (zu) viel Berufserfahrung.


Schätzt du dich als gute Nachwuchsführungskraft ein und wirst so auch wahrgenommen? Hast du in all den Jahren Dinge angestoßen, ein Netzwerk gebildet, Ehrgeiz, Flexibilität und Entscheidungsfreudigkeit gezeigt, dich zu einem gefragten Meinungsbildner entwickelt, Verantwortung und Entwicklung in Mitarbeitergesprächen eingefordert?

Der Master ist bestenfalls die Eintrittskarte zum Spiel, langjährige Berufserfahrung verhindert bestenfalls eine komplette Bruchlandung hinzulegen,  führt aber gerne zu Betriebsblindheit.

Worauf ich hinaus will ist,  dass es hier nicht nur darum geht formale Kriterien zu erfüllen,  sondern du musst auch von deim Gegenüber ganz subjektiv als Führungskraft wahrgenommen werden, damit er sich mit einer eben solchen Aufgabenübertragung wohlfühlt.

Organisator

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sehr guter Punkt!

was_guckst_du

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...alle Bewerber, die die grundsätzlichen Voraussetzungen erfüllen, aber nicht eingeladen werden, können einen Bewerberverfahrensanspruch geltend machen... 8)

...wenn man das nicht möchte, muss man eben die Stellenausschreibung stringend fassen...

Es muß nicht jeder grundsätzlich geeignete Bewerber eingeladen werden. Der AG kann weitere Kriterien anlegen, um den Bewerberkreis zu verkleinern, sofern sie sich irgendwie aus dem Ausschreibungstext ableiten lassen, siehe u.a. LAG München, Urteil v. 09.07.14 - 5 Sa 712/13.
...nichts Anderes beinhaltetmeine Aussage
Gruß aus "Tief im Westen"

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