Autor Thema: [BW] Fünftelsregelung Steuer - Rückzahlung abgesenkte Eingangsbesoldung  (Read 11290 times)

Gerda Schwäbel

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DJ, wenn ich mir die Beitrage # 12 und # 13 anschaue, habe ich den Eindruck, dass Sie die Systematik immer noch nicht kapiert haben.  Vielleicht habe ich Sie mit meinem Beispiel verwirrt, weil ich nicht erwähnt hatte, dass die Lohnsteuer für die Nachzahlung auf der Grundlage der Jahressteuertabelle ermittelt wird und der Prozentsatz der dafür anfallenden Lohnsteuer zwölfmal langsamer steigt, als in meinem Beispiel.

Für das Verstehen ist es überhaupt nicht hilfreich, wenn Sie angeben, dass Ihre Bezüge im April 2019 in Höhe von 3.900 € (ein Gehalt bekommen Sie ganz sicher nicht) zu 20 Prozent besteuert werden, denn Fakt ist, dass davon für die letzten 100 Euro 36 € Lohnsteuer angefallen sind und wären Ihre laufenden Bezüge um weitere 100 €  erhöht worden, dann hätte sich dafür eine um 37 € erhöhte monatliche Lohnsteuer ergeben. Da ist es bis zu den 38,24 Prozent Einbehaltung für die Nachzahlung nicht weit. Aus diesem Grund ist der eventuell zu viel einbehaltene Betrag viel geringer, als Sie sich vorstellen.
Ob jörg24 und 2strong inzwischen kapiert haben, dass Sie gar nicht der  Threaderöffner sind, und dass nichts dafür spricht, dass sich die Fünftelungsregelung bei Ihnen nicht auswirkt, weiß ich nicht.
Wieviel Steuern angefallen wäre, wenn Sie die Zahlungen 2016, 2017 und 2018 erhalten hätten, ist völlig uninteressant (es sei denn, Sie wollen sich über möglicherweise entgangene Beträge ärgern), im Einkommensteuerrecht gilt das Zuflussprinzip ganz streng. Den von 2strong angesprochenen Weg halte ich für völlig(!) ausgeschlossen. Und die Schadenersatzgeschichte sowieso. Es ist ja nicht so, dass das LBV Ihnen die Zahlungen aus Jux und Tollerei vorenthalten hätte, sondern weil es eine ganz klare gesetzliche Regelung dafür gab, die vor dem 28.11.2018 rechtmäßig gewesen ist.

2strong

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Die Änderung erfolgte gem. § 175 Abs. 1. S. 2 AO. Dass es sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb handelte und nicht um solche aus nichtselbstständiger Tätigkeit, dürfte unerheblich sein.

jörg24

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DJ Und die Schadenersatzgeschichte sowieso. Es ist ja nicht so, dass das LBV Ihnen die Zahlungen aus Jux und Tollerei vorenthalten hätte, sondern weil es eine ganz klare gesetzliche Regelung dafür gab, die vor dem 28.11.2018 rechtmäßig gewesen ist.

Da stimme ich mit Ihnen überein, dass es schwierig sein dürfte einen Schadenersatz geltend zu machen. Allerdings nicht der Steuerprogressionschaden, der durch die Nachzahlung entstanden ist. Im übrigen war die gesetzliche Regelung nicht rechtmäßig. Wenn der Kläger (übrigens ein Richter) nicht vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe gezogen wäre, hätte die Regelung heute immer noch Bestand, obwohl sie gegen das Grundgesetz verstößt. Die Abkürzung der Eingangsbesoldung beruhte zwar auf eine gesetzliche Grundlage, das heißt aber nicht, dass jede Handlung der Legislative per se "rechtmäßig" ist. Um dies zu sein, müsste sie eine gerichtliche Überprüfung standhalten. Und sie hat es nicht und zwar in den zwei Instanzen, die sie durchlaufen hat. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts war eindeutig. Die Regelung war verfassungswidrig und somit nichtig.

Aus diesem Grund war die Stellungnahme des Vereins der Richter und Staatsanwälte nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts eindeutig. Ich zitiere: "Im Hinblick auf einen etwaigen verbleibenden Steuerprogressionsschaden haben wir darauf hingewiesen, dass es sich nicht um die Beseitigung nachteiliger Folgen administrativen, sondern legislativen Unrechts handelt. Der Zustand, der bei verfassungsrechtlich zulässiger Rechtsetzung herrschen würde, muss daher Richtschnur einer Folgenbeseitigung sein."
 http://www.richterverein-bw.de/www/index.php/aktuelles/aktuelle-mitgliederschreiben/201-gespraech-mit-dem-finanzministerium
« Last Edit: 06.04.2020 02:51 von jörg24 »

Pepper2012

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Die Änderung erfolgte gem. § 175 Abs. 1. S. 2 AO. Dass es sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb handelte und nicht um solche aus nichtselbstständiger Tätigkeit, dürfte unerheblich sein.

Hier handelt es sich aber um einen "sonstigen Bezug", keinen "laufenden Arbeitslohn". Die Versteuerung erfolgt zwingend (!) bei Zufluss im Jahr 2019. Eine Änderung der alten Bescheide für 2016, 2017 und 2018 scheidet definitiv aus.

WasDennNun

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Mit A 12 sollte er noch knapp drunter liegen.
Sofern nicht noch weiter Einkünfte existierten.
Was ich damit sage will, ist dass es durchaus Menschen gibt, die durch die nachträgliche Zahlung sogar steuerlich bessergestellt sind.
Um es auf die Spitze zu stellen, nehmen wir an dieses Jahr fällt der Soli weg und man bekommt dieses Jahr einen solchen Batzen nachgezahlt, da wird sich dann plötzlich niemand darüber beschweren, das er keinen Soli bezahlen muss, obwohl er einen hätte bezahlen müssen, auf das Geld der letzten Jahre.

BTW: Man nicht seine Steuererklärung als vorläufig deklarieren lassen können, das wird doch vom FA bei anderen laufenden Verfahren auch (automatisch) gemacht und man erhält, dann Jahre später entsprechende einen korrigierte Erklärung, inkl. Nachzahlung etc.
(Habe letztens plötzlich Geld vom FA bekommen, weil die Anrechnung meiner Arztrechnung neu berechnet wurde)

@DJ
Haben sie wirklich mal durchgerechnet wie hoch der Steuerliche Nachteil bei ihnen war? Die 1400€ sind auf alle Fälle falsch! Es dürften eher 140€ sein.

2strong

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Hier handelt es sich aber um einen "sonstigen Bezug", keinen "laufenden Arbeitslohn". Die Versteuerung erfolgt zwingend (!) bei Zufluss im Jahr 2019. Eine Änderung der alten Bescheide für 2016, 2017 und 2018 scheidet definitiv aus.
Merci!

jörg24

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Mit A 12 sollte er noch knapp drunter liegen.

BTW: Man nicht seine Steuererklärung als vorläufig deklarieren lassen können, das wird doch vom FA bei anderen laufenden Verfahren auch (automatisch) gemacht und man erhält, dann Jahre später entsprechende einen korrigierte Erklärung, inkl. Nachzahlung etc.
(Habe letztens plötzlich Geld vom FA bekommen, weil die Anrechnung meiner Arztrechnung neu berechnet wurde)


Das Finanzamt wird mit sehr großer Wahrscheinlichkeit die Fünftelregelung anwenden. Sie ist ja für solche Fälle vom Gesetzgeber geschaffen worden. Sie wird es allerdings @DJ nichts bringen. Das Problem in seinem Fall ist,  dass er aufgrund der Steuerprogression mehr Steuerabzüge hat als, wenn die Abkürzung seiner Besoldung nicht stattfgefunden hätte.

jörg24

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Mit A 12 sollte er noch knapp drunter liegen.
@DJ
Haben sie wirklich mal durchgerechnet wie hoch der Steuerliche Nachteil bei ihnen war? Die 1400€ sind auf alle Fälle falsch! Es dürften eher 140€ sein.

Das würde mich auch interessieren. Haben Sie die Berechnung selbst gemacht oder war ein Steuerberater involviert?

WasDennNun

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Mit A 12 sollte er noch knapp drunter liegen.

BTW: Man nicht seine Steuererklärung als vorläufig deklarieren lassen können, das wird doch vom FA bei anderen laufenden Verfahren auch (automatisch) gemacht und man erhält, dann Jahre später entsprechende einen korrigierte Erklärung, inkl. Nachzahlung etc.
(Habe letztens plötzlich Geld vom FA bekommen, weil die Anrechnung meiner Arztrechnung neu berechnet wurde)


Das Finanzamt wird mit sehr großer Wahrscheinlichkeit die Fünftelregelung anwenden. Sie ist ja für solche Fälle vom Gesetzgeber geschaffen worden. Sie wird es allerdings @DJ nichts bringen. Das Problem in seinem Fall ist,  dass er aufgrund der Steuerprogression mehr Steuerabzüge hat als, wenn die Abkürzung seiner Besoldung nicht stattfgefunden hätte.
Sie wird @DJ mit Sicherheit eher was bringen, als wenn die fünftelregelung nicht angewendet wird!
Und wenn man es sich genau anschaut, dann kann er sogar besser da stehen als wenn er das Geld jährlich erhalten hätte.
Wenn man das Geld von 4 Jahren jährlich verteilt ( sagen wir mal 10.000€) sind das eine Erhöhung von 2500€ pro Jahr bzgl. der Progression.
so sind es nur 2000€ bzgl. der Progression.

Pepper2012

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BTW: Man nicht seine Steuererklärung als vorläufig deklarieren lassen können, das wird doch vom FA bei anderen laufenden Verfahren auch (automatisch) gemacht und man erhält, dann Jahre später entsprechende einen korrigierte Erklärung, inkl. Nachzahlung etc.
(Habe letztens plötzlich Geld vom FA bekommen, weil die Anrechnung meiner Arztrechnung neu berechnet wurde)

Nochmal: Die Versteuerung in 2019 ist materiell-rechtlich nicht falsch, sondern richtig! Insoweit würde eine Vorläufigkeit nichts bringen. Das sieht man auch daran, dass der Arbeitgeber die elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen der Jahre 2016, 2017 und 2018 nicht ändert, sondern die Nachzahlung in die elektronische Lohnsteuerbescheinigung des Jahres 2019 aufgenommen hat.

WasDennNun

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BTW: Man nicht seine Steuererklärung als vorläufig deklarieren lassen können, das wird doch vom FA bei anderen laufenden Verfahren auch (automatisch) gemacht und man erhält, dann Jahre später entsprechende einen korrigierte Erklärung, inkl. Nachzahlung etc.
(Habe letztens plötzlich Geld vom FA bekommen, weil die Anrechnung meiner Arztrechnung neu berechnet wurde)

Nochmal: Die Versteuerung in 2019 ist materiell-rechtlich nicht falsch, sondern richtig! Insoweit würde eine Vorläufigkeit nichts bringen. Das sieht man auch daran, dass der Arbeitgeber die elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen der Jahre 2016, 2017 und 2018 nicht ändert, sondern die Nachzahlung in die elektronische Lohnsteuerbescheinigung des Jahres 2019 aufgenommen hat.
Nochmal, ich habe nicht behauptet das sie falsch ist.
Und ja, wenn ein AG was falsch macht bzgl. der Auszahlung von Sold, Lohn, Entgelt etc. dann hat das steuerrechtlich keinerlei Auswirkung.
Wenn jedoch Lohnsteuerbescheide vorläufig sind, dann kann man sie halt auch 6 Jahre später korrigieren, so ja zuletzt geschehen.

Wobei ich eher es kritisch finde, dass die füntel Regelung überhaupt angewendet werden darf.
Ich glaube nicht, dass sie bei einer rückwirkende Lohnerhöhung eines Angestellten angewendet werden dürfte.

Und nochmal: ich glaube sogar, dass durch die füntelregelung sogar steuern gespart werden, da ja das Geld von z.B. 4 Jahren auf 5 Jahre "verteilt" wird.

Pepper2012

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Wann die Fünftelregelung angewendet wird, steht ja im Gesetz. Und wann der Zufluss "sonstiger Bezüge" stattfindet ebenso.

Gerda Schwäbel

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Nochmal, ich habe nicht behauptet das sie falsch ist.
Und ja, wenn ein AG was falsch macht bzgl. der Auszahlung von Sold, Lohn, Entgelt etc. dann hat das steuerrechtlich keinerlei Auswirkung.
Wenn jedoch Lohnsteuerbescheide vorläufig sind, dann kann man sie halt auch 6 Jahre später korrigieren, so ja zuletzt geschehen.
Doch! Auch eine Falschzahlung und eine versehentliche Zahlung sind Arbeitslohn und steuerlich zu berücksichtigen.

Wenn jedoch Lohnsteuerbescheide vorläufig sind, dann kann man sie halt auch 6 Jahre später korrigieren, so ja zuletzt geschehen.
Sie meinen "Einkommensteuerbescheide". Das Instrument sie "vorläufig" ergehen zu lassen, dient der Arbeitserleichterung. Man vermeidet damit eine Einspruchswelle!

Wobei ich eher es kritisch finde, dass die füntel Regelung überhaupt angewendet werden darf.
Ich glaube nicht, dass sie bei einer rückwirkende Lohnerhöhung eines Angestellten angewendet werden dürfte.

Da gibt es nichts zu "glauben". Das ist gesetzlich geregelt, schauen Sie doch in § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG: "mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst".
Wegen § 37 TVöD/TV-L kommt diese Regelung bei Angestellten nicht so oft zur Anwendung, aber im Zusammenhang mit der Entgeltordnung habe ich einige Bescheinigungen ausgestellt.

Und nochmal: ich glaube sogar, dass durch die füntelregelung sogar steuern gespart werden, da ja das Geld von z.B. 4 Jahren auf 5 Jahre "verteilt" wird.
Das hat wahrscheinlich auch niemand bestritten, derartige Fälle sind aber sehr selten. Das was Sie hier unter # 38 beschrieben haben passt jedenfalls gar nicht. Sie haben nämlich übersehen, dass die laufenden Bezüge im Jahr der Nachzahlung (2019) schon deutlich höher waren, als in den Jahren 2016 und 2017.

Pepper2012

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Nochmal, ich habe nicht behauptet das sie falsch ist.
Naja, wer sich auf die Suche nach einer Änderungsvorschrift der Abgabenordnung begibt, geht natürlich davon aus, dass der fragliche Steuerbescheid einen materiell-rechtlichen Fehler beinhaltet, oder?

WasDennNun

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Erstmal danke für die Konkretisierungen und Korrekturen.
Da gibt es nichts zu "glauben". Das ist gesetzlich geregelt, schauen Sie doch in § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG: "mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst".
Interessant, dass heißt ein kluger AG kann eine "jährliche" Bonus Ausschüttung einmal auf einen Zeitraum von 14 Monate Strecken und dann das nächste mal auf 10 Monate und damit kann man die Regelung alle zwei Jahre anwenden?