Autor Thema: Fachkraft oder nicht Fachkraft?  (Read 7074 times)

Uschi

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Fachkraft oder nicht Fachkraft?
« am: 09.04.2020 15:03 »
Hallo zusammen,
beim vorliegenden Fall erhoffe ich mir von Euch etwas Klärung.
Mein Werdegang: 1. und 2. Staatsexamen Lehramt, danach arbeitslos wegen angeblicher Lehrerschwemme. Freie Mitarbeit bei einer überregionalen Wochenzeitung. ABM im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit einer großen karitativen Einrichtung mit anschließender Übernahme. 15 Jahre hauptberuflich in der Presse- bzw. Öffentlichkeitsarbeit tätig. Die meiste Zeit davon als Referatsleiterin bei großen öffentlichen Einrichtungen. Dann Wechsel in den Schuldienst als TB (zu alt für Beamtenstatus). Nach einigen Jahren Bewerbung auf eine Beförderungsstelle als Koordinator/in für Öffentlichkeitsarbeit (Pressearbeit) an einer staatliche Schule. Einzige Bewerberin bzw. Bewerber. Revision mit Bestnote.
In seinem dienstlichen Gutachten bescheinigt mir der Dezernent der Bez.Reg.:

„Frau Xyz ist als Pressereferentin qualifiziert“.

Da der materielle Zugewinn im Vergleich zur Mehrbelastung durch die neue Tätigkeit sehr mager war (keine stufengleiche Höhergruppierung), stellte ich einen Antrag auf Vorweggewährung von Stufen gem. § 16 Abs. 5 TV-L, der, wie leider zu befürchten war, abgelehnt wurde.

Wesentliches Argument des zuständigen Personaldezernenten war die Feststellung, dass ich „die Voraussetzung der Bindung von qualifizierten Fachkräften nicht“ erfülle , da ich „kein Studium im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit/ Public Relations abgeschlossen haben und somit keine Fachkraft für Öffentlichkeitsarbeit“ darstelle.

Die Diskrepanz zwischen der Feststellung in der dienstlichen Beurteilung des Dezernenten und der Argumentation des Personaldezernenten interessiert mich natürlich, obwohl ich weiß, dass die Vorweggewährung von Stufen nur eine Kann-Regelung ist, und daher die Chancen auf dem Rechtsweg äußerst gering sind.

Daher jetzt meine Frage? Wer von beiden Dezernenten der Bezirksregierung hat Recht? Oder liegt da gar kein Widerspruch vor?

WasDennNun

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Antw:Fachkraft oder nicht Fachkraft?
« Antwort #1 am: 09.04.2020 16:04 »
Die Diskrepanz zwischen der Feststellung in der dienstlichen Beurteilung des Dezernenten und der Argumentation des Personaldezernenten interessiert mich natürlich, obwohl ich weiß, dass die Vorweggewährung von Stufen nur eine Kann-Regelung ist, und daher die Chancen auf dem Rechtsweg äußerst gering sind.
Welcher Rechtsweg?
Zitat
Daher jetzt meine Frage? Wer von beiden Dezernenten der Bezirksregierung hat Recht? Oder liegt da gar kein Widerspruch vor?
Ich sehe keinen Widerspruch, wenn der Personaldezernenten der Meinung ist, dass du keine Fachkraft bist und das als Argument anführt, dir keine Vorweggewährung zu zu stehen, so kann er da vielleicht falsch liegen.
Wenn man also ihn davon überzeugt, dass du doch eine Fachkraft bist, was soll dann passieren?
Dann wird er als nächstes ausführen, er sieht aber keinen Grund, da man nicht erkennen kann, dass du wechselwillig bist und von daher man keine Notwendigkeit sieht dir mehr Geld zu geben.
Und wenn du dann mit Einladungen zum Vorstellungsgespräch daher kommt, dann wird er als nächstes sagen,.....
Und wenn du dann mit alternative Arbeitsverträgen daher kommst, dann ....
Also wenn der AG dich nicht besser bezahlen will, dann will er nicht.

Und wenn dein Vorgesetzter da nicht viel Druck macht, dann erst recht nicht.

Uschi

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Antw:Fachkraft oder nicht Fachkraft?
« Antwort #2 am: 09.04.2020 16:16 »
Zitat
Daher jetzt meine Frage? Wer von beiden Dezernenten der Bezirksregierung hat Recht? Oder liegt da gar kein Widerspruch vor?
Ich sehe keinen Widerspruch, wenn der Personaldezernenten der Meinung ist, dass du keine Fachkraft bist und das als Argument anführt, dir keine Vorweggewährung zu zu stehen, so kann er da vielleicht falsch liegen.
Wenn man also ihn davon überzeugt, dass du doch eine Fachkraft bist, was soll dann passieren?
Dann wird er als nächstes ausführen, er sieht aber keinen Grund, da man nicht erkennen kann, dass du wechselwillig bist und von daher man keine Notwendigkeit sieht dir mehr Geld zu geben.
Und wenn du dann mit Einladungen zum Vorstellungsgespräch daher kommt, dann wird er als nächstes sagen,.....
Und wenn du dann mit alternative Arbeitsverträgen daher kommst, dann ....
Also wenn der AG dich nicht besser bezahlen will, dann will er nicht.

Und wenn dein Vorgesetzter da nicht viel Druck macht, dann erst recht nicht.
Das ist mir alles klar. Es geht mir einfach mal um die Frage, ob zwei Dezernenten einer Bez.Reg. einen Tatsachenverhalt unterschiedlich feststellen dürfen. Ich war davon ausgegangen, dass die Feststellung des ersten Dezernten "qualifiziert als Pressereferentin" innhalb der selben Behörde verbindlich sei.

Spid

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Antw:Fachkraft oder nicht Fachkraft?
« Antwort #3 am: 09.04.2020 16:35 »
Weder wäre Qualifikation grundsätzlich relevant, noch geht es um Feststellungen einer Behörde. Letztere wird nämlich nicht als Behörde, sondern als AG tätig. Arbeitsrecht ist Zivilrecht, nicht Verwaltungsrecht.

Uschi

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Antw:Fachkraft oder nicht Fachkraft?
« Antwort #4 am: 09.04.2020 16:52 »
Weder wäre Qualifikation grundsätzlich relevant, noch geht es um Feststellungen einer Behörde. Letztere wird nämlich nicht als Behörde, sondern als AG tätig. Arbeitsrecht ist Zivilrecht, nicht Verwaltungsrecht.

Sorry, da steige ich noch nicht so recht durch. Dann haben also zwei verantwortliche Vertreter des selben AG die selbe Sachlage unterschiedlich beurteilt?

Spid

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Antw:Fachkraft oder nicht Fachkraft?
« Antwort #5 am: 09.04.2020 17:23 »
Ich sehe nicht, daß auch nur annähernd dieselbe Sachlage beurteilt würde.

Uschi

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Antw:Fachkraft oder nicht Fachkraft?
« Antwort #6 am: 09.04.2020 18:41 »
Ich sehe nicht, daß auch nur annähernd dieselbe Sachlage beurteilt würde.
Könntest du das bitte etwas genauer erläutern?

Spid

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Antw:Fachkraft oder nicht Fachkraft?
« Antwort #7 am: 09.04.2020 18:52 »
Es besteht - außer der Verwendung der deutschen Sprache - kein innerer Zusammenhang zwischen den inkriminierten Aussagen.

WasDennNun

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Antw:Fachkraft oder nicht Fachkraft?
« Antwort #8 am: 09.04.2020 19:06 »
Wenn der eine sagt, man ist qualifiziert die Toilette zu reinigen, dann ist man ja noch keine qualifizierte Fachkraft für Gebäudereinigung.
Wobei es mEn nur ein vorgeschoben Argument der Personaler ist.

Uschi

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Antw:Fachkraft oder nicht Fachkraft?
« Antwort #9 am: 09.04.2020 19:11 »
Wenn der eine sagt, man ist qualifiziert die Toilette zu reinigen, dann ist man ja noch keine qualifizierte Fachkraft für Gebäudereinigung.
Wobei es mEn nur ein vorgeschoben Argument der Personaler ist.
OK, kann denn jeder AG frei definieren, was für ihn eine Fachkraft ist? Die Koppelung des Begriffs der Fachkraft für Öffentlichkeitsarbeit an ein ganz bestimmtes Studium erscheint mir schon sehr eigenwillig.

Spid

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Antw:Fachkraft oder nicht Fachkraft?
« Antwort #10 am: 09.04.2020 19:43 »
Ja.

WasDennNun

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Antw:Fachkraft oder nicht Fachkraft?
« Antwort #11 am: 10.04.2020 10:06 »
Die Koppelung des Begriffs der Fachkraft für Öffentlichkeitsarbeit an ein ganz bestimmtes Studium erscheint mir schon sehr eigenwillig.
Wobei es mEn nur ein vorgeschoben Argument der Personaler ist.

Uschi

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Antw:Fachkraft oder nicht Fachkraft?
« Antwort #12 am: 10.04.2020 14:45 »
Die Koppelung des Begriffs der Fachkraft für Öffentlichkeitsarbeit an ein ganz bestimmtes Studium erscheint mir schon sehr eigenwillig.
Wobei es mEn nur ein vorgeschoben Argument der Personaler ist.

Richtig! Er hätte auch einfach schreiben können: „Ich will nicht.“ Aber das wäre willkürlich. Auch die anderen Argumente, die er anführt, sind befremdlich:
Die Stelle musste insgesamt dreimal ausgeschrieben werden, bevor es überhaupt eine Bewerber/in gab. Auch darin will der Dezernent keinen Fachkräftemangel erkennen:
„Es kommt häufig vor, dass für ausgeschriebene Funktionsstellen lediglich eine Bewerbung eingeht.“
In meiner Leistungsbewertung kann er auch keinen Bewilligungsgrund erkennen. Die Bestnote stelle „keineswegs einen Einzelfall dar, aus welchem eine besondere Stellung“ für mich und meine Stufenzuordnung resultiere.

Spid

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Antw:Fachkraft oder nicht Fachkraft?
« Antwort #13 am: 10.04.2020 14:57 »
Die Leistung ist für eine Stufenvorweggewährung auch völlig unbeachtlich, der Personalbedarf ist ja durch die Besetzung der Stelle mit Dir gedeckt.

WasDennNun

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Antw:Fachkraft oder nicht Fachkraft?
« Antwort #14 am: 10.04.2020 15:15 »
Was erwartest du von so einem Arbeitgeber?
Ob sie einfach sagen, nö keine Lust. Oder heute nicht kommen sie morgen wieder.

Kann Reglungen sind immer mehr oder weniger einer Willkür unterworfen. Die Aussage ist ganz deutlich: Die Personalstelle sieht keine Veranlassung dir mehr Geld zu zahlen als notwendig.

Sie erkennt auch nicht an, dass du einen Spitzenkraft bist, die es unbedingt zu halten gilt.
Entweder dein Vorgesetzter hat dies nicht deutlich genug klar gemacht, oder man ist halt der Meinung, dass es gut ist, so wie es ist. Oder du überschätzt dich einfach.
Es ist und bleibt ein Pokerspiel. Wenn du sagst: Mehr Geld oder ich gehe, dann kann sich der AG entscheiden, was die Stelle ihm wert ist und er lässt dich gehen oder er gibt dir dann mehr Geld.
Gutes Personalmanagement würde es natürlich nicht drauf ankommen lassen, gute Mitarbeiter so weit zu treiben, dass sie sich aktiv nach was anderem Umsehen.
Fazit: Entweder du bist ein Mitarbeiter dem der AG wurscht ist.
Oder der AG pokert, weil er weiß, dass du nicht gehen wirst und Wertschätzung spielt für ihn keine Rolle.
Oder der AG hat halt ein schlechtes Personalmanagment, welches gute Leute auf diese weise verliert.


BTW: Der AG müsste dir ja auch überhaupt keine Begründung liefern, warum er entscheidet dir keine Zulage zu geben.