Autor Thema: Arbeitsklima in Behörden  (Read 12434 times)

MarieClaire

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Arbeitsklima in Behörden
« am: 14.04.2020 19:46 »
Ich (36) habe noch nicht viel Erfahrung im ÖD. Bis Ende 2018 war ich durchgehend in der freien Wirtschaft tätig. Seit Anfang 2016 arbeite ich als kaufmännische Angestellte für eine Zeitarbeitsfirma und wurde die ersten 3 Jahre überwiegend in Konzernen eingesetzt, einmal war ich in einem mittelständischen Unternehmen beschäftigt. Meine Einsätze haben mir alle sehr gut gefallen.

Seit Anfang 2019 habe ich meinen ersten Einsatz im ÖD. Die Arbeit gefällt mir ganz gut. Aber ich finde nach über 15 Monaten immer noch keinen richtigen Zugang zu meinen Kollegen :(. Das bin ich gar nicht gewohnt, weil es früher in meinen Festanstellungen und in meinen Einsätzen in der Wirtschaft ganz anders lief. Dort war ich ein fester Bestandteil eines Teams, bin mit Kollegen mittags zum Essen gegangen, wurde zu Firmenfeiern eingeladen, usw. Im ÖD hat mich in 15 1/2 Monaten noch niemand gefragt, ob wir gemeinsam zum Mittagessen gehen. Ich habe 2-3 Leute gefragt, bekam aber eine Abfuhr mit der Begründung: "Ich gehe immer mit XYZ." Die meisten Leute bei uns gehen jeden Tag mit denselben Personen zum Essen. Habe ich vorher noch nirgends gesehen. Bei Firmenfeiern bin ich auch unerwünscht, wurde noch nie eingeladen. In meinen Einsätzen in der Wirtschaft war das immer der Fall. Ich habe das Zusammensein mit meinen Kollegen immer sehr genossen, das fehlt mir im ÖD schon sehr.

Anfangs fand ich das distanzierte Verhalten meiner Kollegen nicht schlimm. Ich dachte erst, sie wären so gewesen, weil wir uns noch fremd waren und sie mich erst besser kennenlernen wollten. Aber nach 15 1/2 Monaten fühle ich mich in der Behörde noch genauso fremd wie in den ersten Tagen. Für mich war das immer normal, dass man sich montags über das vergangene Wochenende austauscht. In den ersten Wochen habe ich das hin und wieder versucht. Aber als ich gemerkt habe, dass immer nur ich Interesse an den anderen gezeigt habe und sie mich gar nichts über meine Wochenenden fragten, hörte ich damit auf. Mich hat in dieser Zeit noch kein Mensch gefragt, wie es mir geht - was für mich eine Selbstverständlichkeit ist. Andere heulen sich bei mir aus, wenn es ihnen schlecht geht. Wenn es mir mal nicht so gut geht und ich darüber erzähle, haben meine Kollegen kein liebes Wort für mich übrig, sodass ich mich immer mehr verschließe und ihnen kaum noch was erzähle.

Ist das normal, dass die Leute in Behörden so distanziert sind? Ich habe in diesem Laden wirklich viel geschuftet und einiges bewirkt, aber noch nie ein Dankeschön bekommen, geschweige denn ein Kompliment für meine Arbeit. Meine Kollegen geben mir ständig das Gefühl, dass ich ihnen völlig egal bin und das, was ich mache, nicht gerade wertvoll ist. Ich fühle mich überhaupt nicht gewertschätzt und bin sehr enttäuscht, weil ich mir mehr erwartet hatte.

WasDennNun

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Antw:Arbeitsklima in Behörden
« Antwort #1 am: 14.04.2020 19:49 »
In deinem öD ist das evtl. so, in meinem öD nicht die Bohne.
Da läuft es genau anders rum.

EDIT:
Teamgeist, private gemeinsame Aktivitäten, Bundesland übergreifende Freundschaften inkl. gemeinsame private Aktivitäten ... alles nach weniger als 12 Monate am Start.

(Und ich war schon bei mehreren öD Arbeitgebern unterwegs in unterschiedlichen Bundesländer)

ist eher kein öD Problem, sondern ein Problem bei deinem AG.

Lady Wilmore

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Antw:Arbeitsklima in Behörden
« Antwort #2 am: 14.04.2020 20:09 »
Ich kenne beide Situationen.
Meine erste und meine jetzige Stelle: Betriebsklima top, herzliches Verhältnis.
Die Bereiche dazwischen: Ein Eisschrank hat wirklich Wohlfühlklima dagegen.

Gib dem öD eine Chance und such Dir einen anderen AG.


Spid

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Antw:Arbeitsklima in Behörden
« Antwort #3 am: 14.04.2020 20:18 »
Was spricht dagegen, auf der Arbeit einfach zu arbeiten? Warum sollte man mit Menschen, mit denen man eine professionelle Beziehung hat, irgendeinen darüber hinausgehenden persönlichen Kontakt haben?

MarieClaire

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Antw:Arbeitsklima in Behörden
« Antwort #4 am: 14.04.2020 20:25 »
Was spricht dagegen, auf der Arbeit einfach zu arbeiten? Warum sollte man mit Menschen, mit denen man eine professionelle Beziehung hat, irgendeinen darüber hinausgehenden persönlichen Kontakt haben?

Gar nichts spricht dagegen. Wenn ich zu tun habe, dann hat die Arbeit bei mir immer Vorrang. Aber in meinem Job gibt es auch Leerlaufphasen. In diesen Phasen lese ich meistens Bücher. Die meisten Kollegen stehen bei jemandem im Büro und unterhalten sich, bis es wieder Arbeit gibt. Manchmal geselle ich mich auch dazu. Es wäre schön, wenn auch mal jemand in so einer Leerlaufphase zu mir ins Büro kommen würde, aber das passiert nie.

Wenn alle Leute bei uns so drauf wären, dass sie auf der Arbeit nur arbeiten möchten, wäre das völlig ok für mich. Aber die Festangestellten unterhalten sich oft und lange miteinander, verbringen ihre Pausen größtenteils zusammen und treffen sich auch privat. Nur ich werde von ihnen überhaupt nicht einbezogen.

Anfangs dachte ich, dass es vielleicht daran liegt, dass die meisten Kollegen schon ewig bei uns arbeiten (20-30 Jahre) und sich schon lange kennen. Doch letztes Jahr im April haben wir 4 Neulinge eingestellt - und die grenzen mich genauso aus wie die sog. "alten Hasen".

WasDennNun

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Antw:Arbeitsklima in Behörden
« Antwort #5 am: 14.04.2020 20:36 »
Warum sollte man mit Menschen, mit denen man eine professionelle Beziehung hat, irgendeinen darüber hinausgehenden persönlichen Kontakt haben?
Weil man es kann und es eine Bereicherung des Lebens sein kann.
Allerdings warum sollten man überhaupt mit anderen Menschen einen über das notwendige hinausgehenden persönlichen Kontakt haben?
Allerdings sollte man es nicht als muss ansehen und zwangsweise wollen, dass man mit seinen Kollegen auch nach Feierabend noch was machen können muss.

WasDennNun

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Antw:Arbeitsklima in Behörden
« Antwort #6 am: 14.04.2020 20:39 »
Anfangs dachte ich, dass es vielleicht daran liegt, dass die meisten Kollegen schon ewig bei uns arbeiten (20-30 Jahre) und sich schon lange kennen. Doch letztes Jahr im April haben wir 4 Neulinge eingestellt - und die grenzen mich genauso aus wie die sog. "alten Hasen".
Dann scheint halt irgendwie die Chemie nicht zustimmen. Wenn es dich belastet, such dir einen anderen AG.
Es hat mEn nichts mit dem öD an sich zu tun.
(Wie gesagt, habe selber schon diverse öD und pW AGs hinter mir und pflege durchaus noch intensive soziale Kontakte mit Ex-Kollegen/Vorgesetzten etc.)

Isie

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Antw:Arbeitsklima in Behörden
« Antwort #7 am: 14.04.2020 20:41 »
Kann es sein, dass du einen Sonderstatus hast, weil du von einer Zeitarbeitsfirma kommst? Oder es liegt daran, dass du Bücher liest, wenn nichts zu tun ist, statt mit den Kollegen zu sprechen. Falls du das von Anfang an so gemacht hast, könnte der Eindruck entstanden sein, dass du dich abkapseln möchtest.
Sprich das Thema doch einfach mal im Kollegenkreis an. Wenn dir die Arbeit Spaß macht, gibt es ja vielleicht auch eine Chance, fest dorthin zu wechseln. Damit wäre der Sonderstatus ja auch weg.

Spid

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Antw:Arbeitsklima in Behörden
« Antwort #8 am: 14.04.2020 20:44 »
Warum sollte man mit Menschen, mit denen man eine professionelle Beziehung hat, irgendeinen darüber hinausgehenden persönlichen Kontakt haben?
Weil man es kann und es eine Bereicherung des Lebens sein kann.
Allerdings warum sollten man überhaupt mit anderen Menschen einen über das notwendige hinausgehenden persönlichen Kontakt haben?
Allerdings sollte man es nicht als muss ansehen und zwangsweise wollen, dass man mit seinen Kollegen auch nach Feierabend noch was machen können muss.

Andere Menschen sind bei weitem nicht interessant genug, um auf solcherlei Weise eine Bereicherung darzustellen.

MarieClaire

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Antw:Arbeitsklima in Behörden
« Antwort #9 am: 14.04.2020 20:48 »
Was mich sehr an dieser Sache stört, ist die Tatsache, dass die Mitarbeiter bei uns ab einem bestimmten Zeitpunkt unkündbar sind und das total ausnutzen. Die Abwesenheitsquote in meiner Abteilung ist extrem hoch. Die Mehrheit der Leute schafft es nicht einmal, 4 Wochen am Stück ins Büro zu kommen, ohne sich krank zu melden. Und wenn sich jemand krank meldet, kann man davon ausgehen, dass er mindestens 2 Wochen fehlen wird, oft sogar noch länger. Wir haben sogar 2 Personen, die immer nur 3-5 Tage arbeiten und sich dann 6 Wochen krankschreiben lassen. Eine dieser Personen grüßt mich nicht einmal, weil ich für eine Zeitarbeitsfirma arbeite.

Momentan ist es so, dass die Mehrheit der Belegschaft wegen Corona meistens zu Hause ist. Die Festangestellten bekommen ihre Arbeitstage trotzdem ganz normal bezahlt. Nur ich muss als Einzige weiterhin jeden Tag ins Büro kommen und arbeiten. Als ich mal vorsichtig meinte, dass ich mich über sporadisch freie Tage freuen würde, meinte ein Kollege, dass ich froh sein müsse, überhaupt noch einen Job zu haben und die meisten Zeitarbeiter in der Krise schnell arbeitslos werden. Was denkt der sich? Ich bin keine Hilfskraft, die nur am Kopierer steht. Ich mache sämtliche Aufgaben, welche auch die Festangestellten erledigen.

Ich habe die langen Fehlzeiten meiner Kollegen sehr gut überbrückt, viel gearbeitet und vor allem Qualität abgeliefert. Obwohl die anderen ständig fehlen und ich mir das in meiner Position nicht erlauben kann, war ich immer freundlich, gut gelaunt und habe mich nie darüber beschwert. Deshalb bin ich davon ausgegangen, dass sie umgekehrt auch mal etwas für mich tun würden. Aber es kommt echt gar nichts. Ich darf bis heute nicht an den wöchentlichen Teammeetings teilnehmen, was in anderen Unternehmen für mich ganz normal und selbstverständlich war.

Klar habe ich auch schon gedacht, es könnte daran liegen, dass ich in den Leerlaufphasen nicht ständig am Quatschen bin. Habe das mal ausgetestet, aber es hat nichts geändert.

Und natürlich hat es was damit zu tun, dass ich für eine Zeitarbeitsfirma arbeite. Meine Kollegen sind sehr hierarchisch geprägt und müssen immer wieder demonstrieren, wer was zu melden hat. Z. B. Teilzeitkräfte werden bei uns auch nicht auf Augenhöhe behandelt. Ich finde es unreif, sich während der Arbeitszeit darüber zu streiten, ob ein Fenster geöffnet oder geschlossen wird oder ob die Jalousien unten oder oben stehen. Das ist für mich die reinste Zeitverschwendung und habe ich sonst noch nirgends vorher erlebt. Genauso unreif finde ich es, dass die meisten Kollegen nicht mal die kleinste Meinungsverschiedenheit unter 4 Augen klären können und andere wegen jeder Lappalie beim Chef verpfeifen.

WasDennNun

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Antw:Arbeitsklima in Behörden
« Antwort #10 am: 14.04.2020 21:14 »
Andere Menschen sind bei weitem nicht interessant genug, um auf solcherlei Weise eine Bereicherung darzustellen.
Nun, das ist dein individuelles Schicksal und lässt sich nicht verallgemeinern.

WasDennNun

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Antw:Arbeitsklima in Behörden
« Antwort #11 am: 14.04.2020 21:22 »
@MariaClaire
Mal ne ganz blöde Frage? Was hält dich in so einem Looser Laden?
Und ja, diese von dir beschreiben Tendenzen sind in großen Läden eher vorhanden als in kleinen Klitschen.
Und ja evtl. sogar noch mehr im öD (ich kann es aber aus meiner persönlichen Erfahrung nicht bestätigen)

Also meine Antwort ist: Geh da weg, oder mach dir keinen Kopp.
Wenn die neue Leute einstellen und nicht vorhandenes Zeitpersonal berücksichtigen, dann stimmt da was nicht, also
was solls, wenn die Chemie nicht stimmt, dann ist das so, ist doch wumpe warum das so ist.

MarieClaire

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Antw:Arbeitsklima in Behörden
« Antwort #12 am: 14.04.2020 21:42 »
@MariaClaire
Mal ne ganz blöde Frage? Was hält dich in so einem Looser Laden?

Ich habe mir lange Zeit große Hoffnungen auf eine Festanstellung gemacht. Mir wurde immer mal wieder vom Chef und einer Kollegin gesagt, dass bald eine Stelle in unserer Abteilung ausgeschrieben wird und ich mich dann gerne darauf bewerben könnte. Jetzt bin ich 15 1/2 Monate in dem Laden, und die Stelle wurde bis heute noch nicht ausgeschrieben. Und das wird auch nicht passieren, weil ich vor kurzem erfahren habe, dass eine mit uns kooperierende Behörde eine Abteilung auflösen möchte und mein Chef eine Frau aus dieser Abteilung zu uns holen will. Im Juni fängt sie bei uns an.

Bei uns arbeiten immer mal wieder Zeitarbeiter, die meisten Leute werden nur für 2-3 Wochen als Krankheitsvertretung gebucht. Ich war bisher die Einzige, die länger bleiben durfte. Eigentlich war mein Einsatz bis Ende Juni geplant. Vor wenigen Wochen teilte mir mein Chef mit, dass er mich zum 30. April abmelden und an meiner Stelle eine andere Zeitarbeiterin bis zum 30. Juni behalten wird, die eigentlich nur für 2 Wochen bei uns eingeplant war. Diese Frau glänzt weder durch Kompetenz, noch durch Fleiß oder sonstwas. Ich bin sehr enttäuscht und fühle mich von den Leuten nur noch ausgenutzt.

Isie

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Antw:Arbeitsklima in Behörden
« Antwort #13 am: 14.04.2020 21:51 »
Wenn du die Kritikpunkte, die du inzwischen genannt hast, durch dein Verhalten, Körpersprache usw. auch ausgestrahlt hast, wundert es mich allerdings nicht, dass man dich links liegen lässt. Es scheint ein ziemlich unflexibler Laden zu sein, so dass das eigene Verhalten für völlig normal gehalten wird. Wenn ein Neuer einen ganz anderen Hintergrund hat und das Verhalten der Alteingesessenen kritisch beäugt, fühlen die sich auf den Schlips getreten.

WasDennNun

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Antw:Arbeitsklima in Behörden
« Antwort #14 am: 14.04.2020 21:55 »
Tja, wenn die Chemie nicht stimmt, dann klappt auch die Zusammenarbeit in einem unprofessionellen Laden nicht.