Autor Thema: Berücksichtigungsfähige Zeiten und zwei Abschlüsse  (Read 2465 times)

alice18

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Hallo zusammen,

ich soll bei einem Bundesministerium verbeamtet werden (h.D., naturwissenschaftliche Laufbahn). Außer meines Masterabschluss und Erfahrung als wissenschaftliche Mitarbeiterin habe ich davor was anderes studiert. Ich verfüge hiermit über zwei Abschlüsse: Master und Diplom in unterschiedlichen Fachgebieten, wobei ich Kenntnisse aus beiden Feldern aktiv bei meiner Arbeit verwende. Nun stellt sich heraus, dass mein Diplomabschluss gar nicht als „berücksichtigungsfähige Zeit“ angerechnet wird, da Studienzeiten dazu nicht zählen. Damit werde der zweiten Erfahrungsstufe zugeordnet.
Es steht aber im Gesetz (§28 (2) BBesG), dass zusätzliche Qualifikationen auch angerechnet werden können. Dazu wurde mir aber gesagt, dass dies „reines“ Ermessen wäre.  Ich finde dies etwas schade, weil ich vor meinem naturwissenschaftlichen Abschluss ja 6 Jahre studiert habe – und damit auch Erfahrung gesammelt habe, die wirklich sehr hilfreich für meine jetzige Arbeit ist. Gibt es Ihre Meinung nach doch eine Möglichkeit für die Anrechnung dieses Abschlusses als berücksichtigungsfähige Zeit nach §28?

Herzlichen Dank und beste Grüße :)

Asperatus

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Antw:Berücksichtigungsfähige Zeiten und zwei Abschlüsse
« Antwort #1 am: 25.04.2020 15:19 »
Berücksichtigungsfähige Zeiten sind grundsätzlich nur solche einer hauptberuflichen Tätigkeit. Ein Studium ist keine Berufszeit. Somit käme nur eine Anerkennung nach § 28 Abs. 2 Satz 3 BBesG in Betracht. Dies ist jedoch auf besondere Einzelfälle beschränkt. Es ist ein "strenger Maßstab anzulegen" (BBesGVwV Tz. 28.2.3.1). Weiter heißt es dort: "Als besondere Qualifikationen kommt z. B. eine besonders nachgefragte Sprache zusätzlich zum Bachelorabschluss oder ein Abschluss als staatlich geprüfte Technikerin neben der laufbahnrechtlich geforderten Berufsausbildung" in Betracht. Die Anerkennung erfolgt insbesondere zur Deckung des Personalbedarfs, d. h. es dürften nicht ausreichend qualifizierte Bewerber zur Verfügung stehen.

Auch wenn man sich persönlich natürlich immer eine weitgehende Anerkennung von Erfahrungszeiten wünscht, sehe ich hier keine Möglichkeiten. Ein zweites Studium ist für die Befähigung zur Laufbahn des höheren naturwissenschaftlichen Dienstes nicht erforderlich, auch wenn es dir persönlich helfen mag. Lass dir die Freude über eine Verbeamtung in der Laufbahngruppe des höheren Dienstes mit Anspruch auf die sog. Ministerialzulage nicht dadurch trüben. Gerade in der aktuellen Situation sollte man sich über sowas glücklich schätzen. Vielleicht hilft dir die Erfahrung zwar nicht bei der Erfahrungsstufe, aber bei den Beurteilungen, sodass du rascher befördert wirst als wenn du diese Erfahrung nicht hättest.

alice18

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Antw:Berücksichtigungsfähige Zeiten und zwei Abschlüsse
« Antwort #2 am: 17.05.2020 12:50 »
Besten Dank für die sehr hilfreiche und informative Antwort! Es war tatsächlich nicht möglich, die Anerkennung nach § 28 Abs. 2 Satz 3 BbesG durchzuziehen.

Ich habe aber noch versucht, die hauptberufliche Tätigkeit nach meinem ersten Abschluss anzurechnen und dies hat sich auch als schwierig ergeben. Als ich das zweite Studium angefangen habe, arbeitete ich nach meiner ersten Qualifikation weiterhin, um überhaupt das zweite Studium finanzieren zu können. Diese Zeit soll auch nicht anerkannt werden, da ich bereits Studentin im Bachelor war und diese wäre dann meine Haupttätigkeit.

Ich habe aber gelesen, dass eine hauptberufliche Tätigkeit auch in Teilzeit erfolgen darf. Ich hatte eine hoch qualifizierte Arbeit durchgeführt (und diese Erfahrung hilft mir derzeit auch sehr) und habe fast das ganze Bachelorstudium gearbeitet. Hatte auch alle Belege der Behörde vorgelegt. Meine Situation wurde aber mit der von einem Rechtsreferendaren verglichen, der parallel in einer Kanzlei arbeitet – und dies würde genauso nicht zählen. Bei mir lief das Ganze aber komplett anderes, da meine berufliche Tätigkeit nichts mit dem zweiten Studium zu tun hatte.

Gibt es etwas, was ich hier machen kann, oder soll ich dies wirklich akzeptieren und als Berufsanfängerin einsteigen?

2strong

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Antw:Berücksichtigungsfähige Zeiten und zwei Abschlüsse
« Antwort #3 am: 17.05.2020 13:23 »
Es ist eine Ermessensentscheidung der Behörde. Viel mehr als die Unterschiede aufzuzeigen, gut zuzureden und zu hoffen, dass man Dir entgegenkommt, bleibt da nicht. Beim Personalrat könntest Du Dich ggf. mal nach der Verwaltungspraxis im Haus erkundigen. Wenn man in anderen, vergleichbaren Fällen entsprechende Zeiten anerkannt hat, wäre mit Verweis darauf womöglich etwas zu erreichen (Selbstbindung).