Autor Thema: Immernoch Stufenlaufzeit bei Elternzeit  (Read 15617 times)

Isie

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Antw:Immernoch Stufenlaufzeit bei Elternzeit
« Antwort #75 am: 22.07.2020 18:49 »
Da die tarifliche Regelung seit ca. 15 Jahren besteht und bisher anscheinend niemand Klage erhoben hat, kann dein Arbeitgeber sich entspannt zurücklehnen. Und alle anderen betroffenen Arbeitgeber auch. Und wenn eine Klagewelle kommt, kann man ja klaglos stellen.

Spid

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Antw:Immernoch Stufenlaufzeit bei Elternzeit
« Antwort #76 am: 22.07.2020 19:27 »
Es ist jetzt nicht allzu ungewöhnlich, daß eine Auslegung oder Anwendung tariflicher Regelungen erst nach Jahren oder Jahrzehnten überhaupt angegriffen wird. Und wenn das dann erstmals geschieht und erstinstanzlich erfolgreich ist, kommt die Welle. Klaglos stellen kann man nur, wenn man kann. Es geht ja um einen Bestandteil der Eingruppierung und somit um einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand. Ich sehe jetzt PR/BR nicht unbedingt geneigt, dem im Einzelfall zuzustimmen, wenn das nicht bei allen angewandt wird. Auch muß der AN über die Klaglosstellung kein Stillschweigen bewahren, weshalb auch die Klaglosstellung einfach nur weitere Klagen nach sich zöge. Das einzige, was man vermeidet, ist ein Urteil. Und zum Gütetermin muß man trotzdem.

Isie

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Antw:Immernoch Stufenlaufzeit bei Elternzeit
« Antwort #77 am: 23.07.2020 18:42 »
Ein mitbestimmungspflichtiger Tatbestand kann nur dann vorliegen, wenn jemand aufgrund einer Korrektur der Dauer der einschlägigen Berufserfahrung bereits ab der Einstellung einer höheren Stufe zugeordnet wird. Alle anderen Stufenaufstiege unterliegen nicht der Mitbestimmung. Also sollte eine Klaglosstellung in den meisten Fällen kein Problem sein.

Spid

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Antw:Immernoch Stufenlaufzeit bei Elternzeit
« Antwort #78 am: 23.07.2020 19:19 »
Jeder Stufenaufstieg bedarf der Zustimmung nach §99 Abs. 1 BetrVG.

Isie

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Antw:Immernoch Stufenlaufzeit bei Elternzeit
« Antwort #79 am: 23.07.2020 19:24 »
Normalerweise gilt für Arbeitgeber, die unter den TV-L fallen, aber nicht das BetrVG, sondern das PersVG des betreffenden Bundeslandes. Im NPersVG ist es kein Mitbestimmungstatbestand. Ich vermute, in den anderen PersVG auch nicht.

Spid

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Antw:Immernoch Stufenlaufzeit bei Elternzeit
« Antwort #80 am: 23.07.2020 19:43 »
Maybe - das kannst Du ja gerne mal prüfen. Ich hätte gedacht, Eingruppierung wäre auch im Personalvertretungsrecht ein Mitbestimmungstatbestand, aber gut möglich, daß man staatlicherseits den Mitbestimmungsblödsinn für sich selbst eingedämmt hat, während man privatrechtlich organisierte AG mit derlei in ihrer Arbeit behindert - wäre ja nicht der einzige Fall von Wasser predigen und Wein saufen. Das Problem betrifft aber alle drei großen Tarifwerke: TVÖD, TV-H und TV-L. Zumindest im Bereich TVÖD gibt es hunderte von privatrechtlich organisierten AG, die TVP sind. Und auch im Bereich der Länder gibt es privatrechtlich organisierte TV-L-Anwender, die zwar nicht TVP sind, aber einer TVP gehören - so daß sich das Problem mittelbar auswirkt.

Jockel

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Antw:Immernoch Stufenlaufzeit bei Elternzeit
« Antwort #81 am: 24.07.2020 11:52 »
Der Gesetzgeber geht vom Legalitätsgrundsatz der Exekutive aus und hält daher die Mitbestimmung in Grenzen.

Spid

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Antw:Immernoch Stufenlaufzeit bei Elternzeit
« Antwort #82 am: 24.07.2020 12:38 »
Das Forum zeigt doch eher, daß es damit im Hinblick auf das arbeitsrechtliche Handeln nicht allzu weit her ist und die Annahme mithin falsch ist - oder besteht aus den Erfahrungen hier im Forum Anlaß zu der Vermutung, AG, die dem Personalvertretungsrecht unterliegen, bedürften in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten eine geringere Kontrolle ihres Tuns als solche, die dem BetrVG unterliegen?

Isie

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Antw:Immernoch Stufenlaufzeit bei Elternzeit
« Antwort #83 am: 24.07.2020 12:56 »
Eingruppierung ist auch in den PersVG ein Mitbestimmungstatbestand, der die Stufenfestsetzung einschließlich der Berücksichtigung einschlägiger Berufserfahrung und auch die Stufenfestsetzung bei Höhergruppierung oder Herabgruppierung umfasst. Die Mitbestimmung beschränkt sich auf die Kontrolle der Einhaltung der tariflichen Normen.
Andere Stufenaufstiege unterliegen grundsätzlich nicht der Mitbestimmung, wobei es in den verschiedenen PersVG punktuell abweichende Regelungen gibt.

Spid

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Antw:Immernoch Stufenlaufzeit bei Elternzeit
« Antwort #84 am: 24.07.2020 13:19 »
Also besteht auch punktuell in einigen Ländern das Problem bei öffentlich-rechtlich organisierten AG, mithin auch für die Länder selbst, daß es sich um mitbestimmungspflichtige Tatbestände handelt und eine Klaglosstellung nicht so einfach möglich ist?

Jockel

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Antw:Immernoch Stufenlaufzeit bei Elternzeit
« Antwort #85 am: 24.07.2020 13:21 »
Das Forum zeigt doch eher, daß es damit im Hinblick auf das arbeitsrechtliche Handeln nicht allzu weit her ist und die Annahme mithin falsch ist - oder besteht aus den Erfahrungen hier im Forum Anlaß zu der Vermutung, AG, die dem Personalvertretungsrecht unterliegen, bedürften in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten eine geringere Kontrolle ihres Tuns als solche, die dem BetrVG unterliegen?
Nein. Volle Zustimmung. Die Annahme ist eine Farce aber systemimmanent richtig. Siehe Artikel 20 Absatz 3 GG. Da steht es und da steht NICHT das private Unternehmen an Recht und Gesetz gebunden sind, also bedarft es eines höheren Schutzgrades für die dort Beschäftigten.

SH hat z.B. auch eine "Allzuständigkeit" im PersVG.

Isie

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Antw:Immernoch Stufenlaufzeit bei Elternzeit
« Antwort #86 am: 24.07.2020 13:39 »
Also besteht auch punktuell in einigen Ländern das Problem bei öffentlich-rechtlich organisierten AG, mithin auch für die Länder selbst, daß es sich um mitbestimmungspflichtige Tatbestände handelt und eine Klaglosstellung nicht so einfach möglich ist?
Alle tariflichen Stufenaufstiege, die wegen Erfüllung der Stufenlaufzeiten erfolgt sind, unterliegen nicht der Mitbestimmung. Also sind im Zusammenhang mit der ggf. falschen Berechnung der Stufenlaufzeit vorzunehmende Korrekturen kein Mitbestimmungstatbestand. Die einzige Ausnahme sind Stufenfestsetzungen, die gleichzeitig mit einer Eingruppierung erfolgt sind. Also ist eine Klaglosstellung in den meisten Fällen insoweit kein Problem.  Bezüglich der höhergruppierten oder herabgruppierten Beschäftigten halte ich es für unwahrscheinlich, dass jemand Klage erhebt, weil in seiner vorherigen Entgeltgruppe Stufenlaufzeiten falsch berechnet wurden. Und damit verbleiben als der Mitbestimmung unterliegen Korrekturen nur noch diejenigen, bei denen die Dauer der bei der Einstellung vorhandenen einschlägigen Berufserfahrung falsch berechnet wurde und dadurch eine zu niedrige Stufe festgesetzt wurde.

Spid

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Antw:Immernoch Stufenlaufzeit bei Elternzeit
« Antwort #87 am: 24.07.2020 13:41 »
Das Forum zeigt doch eher, daß es damit im Hinblick auf das arbeitsrechtliche Handeln nicht allzu weit her ist und die Annahme mithin falsch ist - oder besteht aus den Erfahrungen hier im Forum Anlaß zu der Vermutung, AG, die dem Personalvertretungsrecht unterliegen, bedürften in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten eine geringere Kontrolle ihres Tuns als solche, die dem BetrVG unterliegen?
Nein. Volle Zustimmung. Die Annahme ist eine Farce aber systemimmanent richtig. Siehe Artikel 20 Absatz 3 GG. Da steht es und da steht NICHT das private Unternehmen an Recht und Gesetz gebunden sind, also bedarft es eines höheren Schutzgrades für die dort Beschäftigten.

SH hat z.B. auch eine "Allzuständigkeit" im PersVG.

Art. 20 Abs. 3 GG bindet die Verwaltung aber lediglich in ihrem Verwaltungshandeln, im Arbeitsrecht handelt der öffentliche AG aber nicht als solche. Recht und Gesetz gelten als solche ebenso für alle privatrechtlich organisierten AG.

Spid

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Antw:Immernoch Stufenlaufzeit bei Elternzeit
« Antwort #88 am: 24.07.2020 13:50 »
Also besteht auch punktuell in einigen Ländern das Problem bei öffentlich-rechtlich organisierten AG, mithin auch für die Länder selbst, daß es sich um mitbestimmungspflichtige Tatbestände handelt und eine Klaglosstellung nicht so einfach möglich ist?
Alle tariflichen Stufenaufstiege, die wegen Erfüllung der Stufenlaufzeiten erfolgt sind, unterliegen nicht der Mitbestimmung. Also sind im Zusammenhang mit der ggf. falschen Berechnung der Stufenlaufzeit vorzunehmende Korrekturen kein Mitbestimmungstatbestand. Die einzige Ausnahme sind Stufenfestsetzungen, die gleichzeitig mit einer Eingruppierung erfolgt sind. Also ist eine Klaglosstellung in den meisten Fällen insoweit kein Problem.  Bezüglich der höhergruppierten oder herabgruppierten Beschäftigten halte ich es für unwahrscheinlich, dass jemand Klage erhebt, weil in seiner vorherigen Entgeltgruppe Stufenlaufzeiten falsch berechnet wurden. Und damit verbleiben als der Mitbestimmung unterliegen Korrekturen nur noch diejenigen, bei denen die Dauer der bei der Einstellung vorhandenen einschlägigen Berufserfahrung falsch berechnet wurde und dadurch eine zu niedrige Stufe festgesetzt wurde.

Du meinst „unterliegen außerhalb des Geltungsbereiches des BetrVG nicht der Mitbestimmung“? Und hattest Du nicht selbst punktuelle Ausnahmen in einigen LPVG ins Spiel gebracht? Und was ist mit SH, wo @Jockel die Allzuständigkeit des PR eingebracht hat?

Isie

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Antw:Immernoch Stufenlaufzeit bei Elternzeit
« Antwort #89 am: 24.07.2020 14:13 »
Selbstverständlich außerhalb des BetrVG. Wie von dir anheimgestellt, habe ich die personalvertretungrechtlichen Regelungen der Bundesländer angeschaut, allerdings nicht die Wortlaute der einzelnen Gesetze, sondern länderübergreifende Kommentierungen zu den einzelnen Arten der Stufenfestsetzung. Die dort genannten punktuellen Ausnahmen beziehen sich nicht auf die regulären Stufenaufstiege wegen Erfüllung der Stufenlaufzeit.