Autor Thema: AN-seitige fristlose Kündigung aufgrund vermuteten Eingruppierungsirrtums  (Read 9391 times)

Addams

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Folgendes Szenario:

Ein Arbeitnehmer ist nach intensiver Auseinandersetzung mit den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltordnung der Meinung, dass die Wertigkeit seiner auszuübenden Tätigkeiten höher ist, als die Stellenbewertungskommission in ihrem Ergebnis als Rechtsmeinung vertritt. Die Aufforderung, ein Gehalt entsprechend der angestrebten Entgeltgruppe zu bezahlen, blieb erwartungsgemäß unbeantwortet. Da er aufgrund dieser vermuteten fehlerhaften Rechtsmeinung ein niedrigeres Gehalt ausgezahlt bekommt, als ihm seiner Meinung nach zusteht, bleibt als einziger Weg der Klärung eine Eingruppierungsfeststellungsklage.

Nun hat dieser Arbeitnehmer das Angebot, ab sofort ein neues und besser vergütetes Arbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber zu beginnen. Aufgrund der langjährigen Tätigkeit beim alten Arbeitgeber würde die Kündigungsfrist allerdings 6 Monate zum Quartalsende betragen. Selbst bei einem großzügigen Entgegenkommen des bisherigen Arbeitgebers, die Kündigungsfrist per Aufhebungsvertrag auf 3 Monate zu verkürzen, entstünde dem Arbeitnehmer weiterhin jeden Monat ein Einkommensverlust aufgrund des (bisher nur vermuteten) Eingruppierungsirrtums. Daher entschließt sich der Arbeitnehmer, das Arbeitsverhältnis ab sofort fristlos zu kündigen. Als Begründung hierfür führt er die Verletzung der Hauptpflicht des Arbeitgebers an, welche in der korrekten Vergütung der Arbeitsleistung besteht, was laut Meinung des Arbeitnehmers nicht der Fall ist.

Wie würde es hier nun weitergehen, falls der Arbeitgeber beschließt, gegen diese fristlose Kündigung juristisch vorzugehen? Ich weiß aus anderen Beiträgen im Forum hier, dass es generell wohl sehr schwierig für den Arbeitgeber wäre, im Falle einer nicht fristgerechten Kündigung erfolgreich zu klagen, da nicht nur nachgewiesen werden muss, dass dadurch ein Schaden entstanden ist, sondern dass dieser auch genau beziffert werden muss. Für dieses dargestellte Szenario gehen wir aber davon aus, dass der Arbeitgeber diesen Schaden genau beziffern könnte. Müsste dann aber trotzdem zuerst die tatsächliche Eingruppierung durch das Gericht ermittelt werden, um festzustellen, ob die Kündigung korrekt oder fehlerhaft war?

Vielen Dank!

Spid

  • Gast
Der AN wäre, wenn der AG Kündigungsschutzklage erhebt, in der Beweislast für das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Wenn der AG das Entgelt der Entgeltgruppe zahlt, von dem die Arbeitsvertragsparteien im Arbeitsvertrag ausgegangen sind, daß es die zutreffende seining sich die auszuübende Tätigkeit nicht verändert hat, läge ein solcher nur dann vor, wenn es sich um einen sehr deutlichen Eingruppierungsirrtum handelte.

Addams

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Vielen Dank schon mal für die Antwort. Was entspräche einem sehr deutlichen Eingruppierungsirrtum? In dem Szenario vertritt der Arbeitgeber die Rechtsmeinung einer Eingruppierung in E8, die angestrebte und tatsächliche Eingruppierung laut Entgeltordnung ergäbe aber eine E9b. Da es sich hierbei nur um zwei Entgeltgruppen Differenz handelt, klingt das erst mal nicht nach einem sehr deutlichen Eingruppierungsirrtum, gerade weil eben noch das Steigerungswort "sehr" (deutlich) bedient sein müsste.

Spid

  • Gast
Das würde ich nicht zwingend an der Zahl der Entgeltgruppen festmachen, sondern an der Offenkundigkeit des Irrtums. Es muß sich ja um eine gravierende Pflichtverletzung handeln. Die kann ja nur schwerlich vorliegen, wenn neben dem AG auch PR/BR und vor allem auch Du ebenfalls zu der Beurteilung kamen, daß die im Arbeitsvertrag genannte Eingruppierung zutreffend sei.

WasDennNun

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@Addams steht in deinem Arbeitsvertrag eine Entgeltgruppe?

Carnie

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Wäre rein formell vor der fristlosen Kündigung nicht erst eine Abmahnung an den Arbeitgeber zu stellen mit der Aufforderung der korrekten Bezahlung ? 

Britta2

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Hat der aktuelle AG Interesse daran, diesen AN unbedingt behalten zu wollen (Schikane)?
Besser für beide Seiten wäre mMn doch eine Aufhebungsvertrag.

Spid

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Seit wann ist das Bestehen auf die Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung Schikane?

WasDennNun

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Seit wann ist das Bestehen auf die Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung Schikane?
Schikane ist es wenn man einen Aufhebungsvertrag nicht zustimmt, obwohl man keinen betriebliche Notwendigkeit und keinen nutzen dadurch hat, sondern eher nur Kosten.

Denn erstens wird erfahrungsgemäß oftmals ein Mitarbeiter, dem das widerfährt nicht mehr die Arbeitsleistung erbringen, die er vorher erbracht hat, die oftmals über der geschuldeten lag.
Zweitens fallen bei solchen Menschen oftmals unerklärliche psychosomatische Erkrankung an, so das sie keine Arbeitsleistung mehr erbringen können.
Drittens gibt es dann auch noch MA, die vertragsbrüchig werden und nicht mehr die geschuldete Arbeitsleistung erbringen und zum no Performer mutieren.

FGL

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Denn erstens wird erfahrungsgemäß oftmals ein Mitarbeiter, dem das widerfährt nicht mehr die Arbeitsleistung erbringen, die er vorher erbracht hat, die oftmals über der geschuldeten lag.
Zweitens fallen bei solchen Menschen oftmals unerklärliche psychosomatische Erkrankung an, so das sie keine Arbeitsleistung mehr erbringen können.
Drittens gibt es dann auch noch MA, die vertragsbrüchig werden und nicht mehr die geschuldete Arbeitsleistung erbringen und zum no Performer mutieren.
Dann ist es aber nicht der AG, der die Schikane betreibt...

Spid

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Seit wann ist das Bestehen auf die Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung Schikane?
Schikane ist es wenn man einen Aufhebungsvertrag nicht zustimmt, obwohl man keinen betriebliche Notwendigkeit und keinen nutzen dadurch hat, sondern eher nur Kosten.

Denn erstens wird erfahrungsgemäß oftmals ein Mitarbeiter, dem das widerfährt nicht mehr die Arbeitsleistung erbringen, die er vorher erbracht hat, die oftmals über der geschuldeten lag.
Zweitens fallen bei solchen Menschen oftmals unerklärliche psychosomatische Erkrankung an, so das sie keine Arbeitsleistung mehr erbringen können.
Drittens gibt es dann auch noch MA, die vertragsbrüchig werden und nicht mehr die geschuldete Arbeitsleistung erbringen und zum no Performer mutieren.

Recht braucht Unrecht nicht zu weichen - das ist keine Schikane. Das Bestehen auf das Einhalten von Verträgen auch nicht, unsere Rechts- und Wirtschaftsordnung basieren darauf, daß Verträge einzuhalten sind.

WasDennNun

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Dann ist es aber nicht der AG, der die Schikane betreibt...
Richtig.

Philipp

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Schikane ist es wenn man einen Aufhebungsvertrag nicht zustimmt, obwohl man keinen betriebliche Notwendigkeit und keinen nutzen dadurch hat, sondern eher nur Kosten.

Ein Aufhebungsvertrag ist freiwillig. Im TVÖD ist die Kündigungsfrist klar gestaffelt - wer hat hier das Wort "Schikane" ins Spiel gebracht?

Eine Planstelle - ich unterstelle mal, dass es sich hier um eine handelt - ist betrieblich Notwendig. Die Behörde benötigt diese Personalie um ihren Pflichten nachzukommen. Die Neubesetzung erfordert ja ebenfalls Zeit und Aufwand durch die Behörde.

Schikane wäre es höchstens, wenn der potentielle Nachfolger bei gleicher Eignung höher eingruppiert würde  ;D aber das will ich mal nicht prognostizieren.

WasDennNun

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Recht braucht Unrecht nicht zu weichen - das ist keine Schikane. Das Bestehen auf das Einhalten von Verträgen auch nicht, unsere Rechts- und Wirtschaftsordnung basieren darauf, daß Verträge einzuhalten sind.
Natürlich kann das Schikane sein.
Auch rechtmäßiges Verhalten kann Schikane sein.
Unnötig jemanden Schwierigkeiten zu bereiten nur aus Böswilligkeit o.ä. ist nun mal Schikane.
Ob dies hier der Fall ist, wissen wir nicht.

@Phillip: Es kann Schikane sein, muss es aber nicht.
In diesem Fall scheint der AG ja bereit zu sein dem AN (3 statt 6 Monate) entgegen zukommen, da würde ich jetzt nicht Schikane vermuten.

Spid

  • Gast
Es ist lediglich dann Schikane, wenn die Ausübung eines Rechts nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen, siehe §226 BGB.