Autor Thema: Entgeltordnung TV-L Teil II Nr. 11 ab 01.01.2021  (Read 7123 times)

Wastelandwarrior

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Antw:Entgeltordnung TV-L Teil II Nr. 11 ab 01.01.2021
« Antwort #15 am: 02.07.2020 15:45 »
Es ist auch strafbar, Drogen zu kaufen. Aber, oh Schreck, die Leute stehen nicht an bei den Justizvollzugsanstalten. Das ist und bleibt unseriöse und die Leute in die Irre führende Besserwisserei.

Die richtige Rechtsauffassung ist: es ist ein offensichtliches Redaktionsversehen und es gibt nur eine sinnvolle Lösung: die Regeln des § 29d TVÜ-Länder mit den Fristen und Terminen 1 Jahr später.

Es ist doch nicht so schwer.

Spid

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Antw:Entgeltordnung TV-L Teil II Nr. 11 ab 01.01.2021
« Antwort #16 am: 02.07.2020 15:51 »
Das Redaktionsversehen liegt mutmaßlich vor, führt uns aber nur hierher:
Die korrekte Anwendung der genannten Norm wäre aber eben kein Bestandsschutz und kein Antragserfordernis. Die teleologische Extension auf weitere Fälle ist bei der Tarifauslegung im Vergleich zu gesetzlichen Regelungen begrenzt, da im Gegensatz zu Gesetzen bei Verträgen eben nicht davon ausgegangen werden kann, daß die Vertragsparteien alle sinnvollen Fälle miteinschließen wollten, während zumindest der BGH dies dem Gesetzgeber unterstellt. Da die Tarifvertragsparteien zudem allein in dieser Tarifrunde eine Vielzahl unterschiedlicher Regelungen zu Überleitungstatbeständen getroffen haben, kann im Wege der Auslegung nicht ermittelt werden, welche genau die TVP hier möglicherweise haben vereinbaren wollen - und warum es ausgerechnet eine sein sollte, die dem Wortlaut der Regelung widerspricht. Im Gegensatz zum Gesetzgeber stellt sich bei Vertragspartnern dann auch die Frage, warum sie eine inhaltsleere Norm, deren inhaltliche Wirkungslosigkeit lange vor dem beabsichtigten Eintritt ihrer wie auch immer beabsichtigten Wirkung bekannt war, nicht im Einvernehmen miteinander dahingehend geändert haben, als daß die beabsichtigte Wirkung auch darin normiert ist - und ob das nicht eher ein Zeichen dafür ist, daß diese eben keine einheitliche Absicht zur Wirkung der Norm haben oder sie deren Inhaltsleere und Wirkungslosigkeit nicht einfach hinzunehmen bereit waren oder mangels Einvernehmen darüber hinnehmen mußten.

Davon ab ist der Maßstab für die Auslegung nicht, ob sie zu einer sinnvollen Lösung führt. Ich erinnere nur an die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes des Arbeitsvorgangs durch das BAG.

Wastelandwarrior

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Antw:Entgeltordnung TV-L Teil II Nr. 11 ab 01.01.2021
« Antwort #17 am: 02.07.2020 15:58 »
Die Unsinn ist und bald überprüft werden wird...

Ich streite mich mit dir über dieses Thema nicht mehr, ich wollte nur dem Threadersteller, die Rechtslage aus "Nicht-Nerd"-Sicht darlegen. Sein Arbeitgeber wird genau so handeln. Da kann er dann überlegen, ob er ominösen, radikalen Klageempfehlungen aus dem Internet folgt... oder einen Antrag stellt.  ;D

Spid

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Antw:Entgeltordnung TV-L Teil II Nr. 11 ab 01.01.2021
« Antwort #18 am: 02.07.2020 16:02 »
Wenn das Handeln der AG Maßstab für Rechtmäßigkeit wäre, könnten wir uns Arbeitsgerichte sparen. Und das Forum. Wird also wohl nicht so sein... Mithin dürfte ein Vertrauen auf das Tun des AG die radikale Empfehlung sein.

WasDennNun

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Antw:Entgeltordnung TV-L Teil II Nr. 11 ab 01.01.2021
« Antwort #19 am: 02.07.2020 16:52 »
Im Gegensatz zum Gesetzgeber stellt sich bei Vertragspartnern dann auch die Frage, warum sie eine inhaltsleere Norm, deren inhaltliche Wirkungslosigkeit lange vor dem beabsichtigten Eintritt ihrer wie auch immer beabsichtigten Wirkung bekannt war, nicht im Einvernehmen miteinander dahingehend geändert haben, als daß die beabsichtigte Wirkung auch darin normiert ist - und ob das nicht eher ein Zeichen dafür ist, daß diese eben keine einheitliche Absicht zur Wirkung der Norm haben oder sie deren Inhaltsleere und Wirkungslosigkeit nicht einfach hinzunehmen bereit waren oder mangels Einvernehmen darüber hinnehmen mußten.
Sie haben ja noch nicht mal öffentlich Kommuniziert, dass sie dort einen Fehler gemacht haben, der anders auszulegen ist.
Oder ist denen diese Situation nicht bekannt und sie dulden es einfach, so wie es ist.
Das kann doch nicht so schwer sein, hier die paar Korrekturzeilen, zu verfassen und unterschreiben zu lassen, sind ja noch 5 Monate

Spid

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Antw:Entgeltordnung TV-L Teil II Nr. 11 ab 01.01.2021
« Antwort #20 am: 02.07.2020 16:54 »
Zumindest dann, wenn sich die Parteien einig darüber wären, was gemeint gewesen sein soll.

WasDennNun

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Antw:Entgeltordnung TV-L Teil II Nr. 11 ab 01.01.2021
« Antwort #21 am: 02.07.2020 17:10 »
@Fragmon
Sicherlich wird es so angewendet werden. Allerdings sehe ich eine erhebliche Erfolgsaussicht bei entsprechenden Klagen von Beschäftigten. Es gibt allerdings nicht sehr viele Sachverhalte wo sich die Klage lohnt.
Naja, wenn einer keinen Antrag gestellt hat und dann 2022 feststellt, dass er hätte einen stellen sollen, dann kann er trotzdem auf seine höhere Eingruppierung ohne Tätigkeitsänderung verweisen.

Insofern ist es ja für die AN eine komfortable Situation, wenn die AGs ihn nicht automatisch höhergruppieren (obwohl sie es müssten).
Der AN kann sich die beste Situation aussuchen.

Doof nur für die die keine Antrag stellen wollen würden, aber dann auf nen AG treffen, der sie korrekterweise gleich höhergruppiert.

Wastelandwarrior

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Antw:Entgeltordnung TV-L Teil II Nr. 11 ab 01.01.2021
« Antwort #22 am: 02.07.2020 20:55 »
es wäre nocht korrekt. 🤷‍♂️

Spid

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Antw:Entgeltordnung TV-L Teil II Nr. 11 ab 01.01.2021
« Antwort #23 am: 02.07.2020 22:08 »
Selbstverständlich wäre es das. Bei der Auslegung „ist  wegen  der  weitreichenden  Wirkung  der Tarifnormen  auf  die  Rechtsverhältnisse  von  an  Tarifbertragsverhandlungen unbeteiligten  Dritten  im  Interesse  der  Rechtssicher­heit  und  Rechtsklarheit  zu  fordern,  daß  der  Wille  der  Tarifver­tragsparteien  grundsätzlich  nur  dann  bei  der  Tarifauslegung  be­rücksichtigt  werden  kann,  wenn  er  in  den  tariflichen  Normen  sei­nen  Niederschlag  gefunden  hat.“ (BAG, Urteil v. 31.10.1990 - 4 AZR 114/90) „Tarifver­träge enthalten Rechtsnormen.  Die Normunterworfenen müssen erken­nen,  welchen Regelungsinhalt die Normen haben.  Sie können nicht auf Auskünfte bei ihren Koalitionen verwiesen werden.  Sofern Normunterworfene nicht zu Objekten heruntergestuft werden sollen, müssen die Normen aus Wortlaut und Zusammenhang unter Berücksich­tigung ihrer Geschichte verständlich sein.“ (BAG, Urteil v. 23.02.1994 - 4 AZR 224/93) Ein abweichender Wille von den tatsächlich getroffenen Normen hat sich aber eben nicht in den Tarifnormen niedergeschlagen. Möglicherweise könnte ein Redaktionsversehen ursächlich sein, das sich heilen ließe, wenn und insoweit dieses nicht nur aus dem Tarifvertrag selber ergäbe, sondern auch der eigentliche Wille der Tarifparteien sich ohne weiteres auch für die Tarifunterworfenen erkennen ließe (BAG, Urteil v. 04.08.2016 - 6 AZR 129/15). Im Gegensatz zum TVÖD in beiden Fassungen haben die TVP des TV-L alleine in dieser Tarifrunde eine Vielzahl von unterschiedlichen Regelungen bei Überleitungstatbeständen getroffen, mal mit, mal ohne Bestandsschutz, mal mit, mal ohne Antrag. Zudem haben sie dabei auch andere weitgehend inhaltsleere Normen geschaffen, so z.B. §29e Abs. 1 TVÜ-L, bei dem auch nicht von einem Redaktionsversehen auszugehen ist. Es ist mithin nicht einmal zweifelsfrei erkennbar, daß §29f TVÜ-L überhaupt einen Regelungsgehalt haben sollte, der von der üblichen Tarifautomatik abweichen sollte. Sofern man dies dennoch bejahte, ist auch in der Gesamtschau von Gesamtwerk, Geschichte und Zusammenhang beim besten Willen nicht erkennbar, welche das sein sollte, da alleine der TVÜ-L in dieser Tarifrunde zahlreiche Modi - Überleitung in eine andere Entgeltgruppe und Antragsmöglichkeit, Überleitung in dieselbe Entgeltgruppe mit Bestandsschutz und Antragserfordernis, Überleitung in eine andere Entgeltgruppe ohne Bestandsschutz und ohne Antragsmöglichkeit - vorsieht. Das sachgerechte Auslegungsergebnis ist mithin jene Auslegung, die sich aus dem Wortlaut selbst ergibt und die auch jene ist, die dem Standard des Tarifvertrages selbst entspricht: TB sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit eingruppiert.

WasDennNun

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Antw:Entgeltordnung TV-L Teil II Nr. 11 ab 01.01.2021
« Antwort #24 am: 03.07.2020 07:00 »
Was soll man eigentlich davon halten, wenn man einen Redaktionsfehler kennt, ihn locker ändern könnte, bevor er Schaden anrichtet und es dann nicht macht?
Vorsätzliche Dummheit oder Faulheit?

Es ist und bleibt eine Chance für die TB, die Jahre später auf die fehlende Antragserfordernis pochen und dann rückwirkend ihre Eingruppierung korrigiert haben wollen.

Da wird dann der AG mit leben müssen und hoffentlich entsprechend neue Durchführungsrichtlinien schreiben.  ;D

Und die die auf alle Fälle höhergruppert werden wollen, können ja dann den Wische dem AG geben.

Also für die TB nur Vorteile, sofern die Durchführungsrichtlinien vorgeben, das ein Antrag notwendig ist.


Spid

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Antw:Entgeltordnung TV-L Teil II Nr. 11 ab 01.01.2021
« Antwort #25 am: 03.07.2020 07:02 »
Auch der AG kann seine Rechtsmeinung noch nach Jahren ändern.

Wastelandwarrior

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Antw:Entgeltordnung TV-L Teil II Nr. 11 ab 01.01.2021
« Antwort #26 am: 03.07.2020 10:00 »
@WasDennNun:

Offensichtliche Fehler muss man ja nicht korrigieren, weil jeder (außer Spid) weiß, was gemeint war.

Korrekturen scheitern in der regel an Gewerkschaften, weil die aus solche Lapalien dann ein "quit pro quo" machen und irgendwelchen Mist aus der Tasche ziehen, den sie für sinnvoll halten. Das ist dann für die Arbeitgeber ein no-go und es bleibt, wie es ist.
"Tarifpflege" wird zunehmend schwierig (mein Eindruck ohne nähere Kenntnisse). Also wird es 2021/22 rückwirkend angepasst, wenn ohnenhin Pakete verhandelt werden (vielleicht).

Spid

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Antw:Entgeltordnung TV-L Teil II Nr. 11 ab 01.01.2021
« Antwort #27 am: 03.07.2020 10:11 »
Also räumst Du gerade ein, daß die TVP sich gar nicht einig sind, was gemeint sein könnte. Q.E.D.

WasDennNun

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Antw:Entgeltordnung TV-L Teil II Nr. 11 ab 01.01.2021
« Antwort #28 am: 03.07.2020 10:19 »
@WasDennNun:

Offensichtliche Fehler muss man ja nicht korrigieren, weil jeder (außer Spid) weiß, was gemeint war.
Und warum wird nicht darauf öffentlich und für alle die dieses Werk einsehen wollen hingewiesen?
Wo ist die Presseerklärung, die dies für den normal Bürger ersichtlich macht, dass das ein offensichtlicher Fehler ist.
Warum gibt es dann bei der TdL kein Hinweis, wenn man dort sich die pdfs holt?

Spid

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Antw:Entgeltordnung TV-L Teil II Nr. 11 ab 01.01.2021
« Antwort #29 am: 03.07.2020 10:26 »
Weil das keine Abhilfe wäre, siehe BAG, Urteil v. 23.02.1994 - 4 AZR 224/93.