Autor Thema: Bewerben, wenn man Voraussetzungen (fast) nicht erfüllt? Wie punkten?  (Read 11941 times)

Spid

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Das GG schreibt derlei überhaupt nicht vor.

Dann lies Dich mal durch die gesamte Rechtsprechung zu dem Thema und wahrscheinlich gibt es dann das große Stirnrunzeln!

Die kenne ich. Auf dieser Basis komme ich zu der Einschätzung.

WasDennNun

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Nach dem GG darf ich nicht benachteiligt werden, wenn ich die konstitutiven Merkmale erfülle.

Nö, aber die Muss-Kriterien kann man ja unterschiedlich gut erfüllen und so kann der Arbeitgeber z.B. aufgrund der Abschlussnote ein Ranking erstellen und nur die besten 10 einladen.
Eben, oder Berufsjahre, oder Gewichtung der Fächer oder oder...
Man muss halt nur Kriterien festlegen und für alle gleich anwenden.

Ich sag doch nichts anderes....aber ich kenne so viele Ausschreibungen die eben nicht zulassen, den Kreis gesetzeskonform einzugrenzen!
Dann interpretierst du die Ausschreibung falsch.
Ich kann alle die, die "muss" Bedingungen der Ausschreibung erfüllen erfüllen einladen, ich darf diejenigen die sie nicht erfüllen nicht einladen.
Ich muss aber nicht alle die alle "muss" Bedingungen erfüllen zum Gespräche einladen, da ich ja anhand von objektiven Kriterien vorher aussortieren kann.

Beispiel: Wenn ich einen wiss. Hochschulstudium voraussetze, kann ich keinen BScler einladen. Wenn ich es als wünschenswert oder förderlich deklariere, dann kann ich auch einen Schulabbrecher einladen, ich muss ihn oder den Bscler nicht einladen, weil ich kann ja trotzdem meine Gespräch nur mit den Master/Diplomer führen.
Oder wo steht dann, dass ich die anderen benachteilige? Sie haben objektiv einen schlechteren Abschluss.

jenna11

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Nach dem GG darf ich nicht benachteiligt werden, wenn ich die konstitutiven Merkmale erfülle.

Nö, aber die Muss-Kriterien kann man ja unterschiedlich gut erfüllen und so kann der Arbeitgeber z.B. aufgrund der Abschlussnote ein Ranking erstellen und nur die besten 10 einladen.
Eben, oder Berufsjahre, oder Gewichtung der Fächer oder oder...
Man muss halt nur Kriterien festlegen und für alle gleich anwenden.

Ich sag doch nichts anderes....aber ich kenne so viele Ausschreibungen die eben nicht zulassen, den Kreis gesetzeskonform einzugrenzen!
Dann interpretierst du die Ausschreibung falsch.
Ich kann alle die, die "muss" Bedingungen der Ausschreibung erfüllen erfüllen einladen, ich darf diejenigen die sie nicht erfüllen nicht einladen.
Ich muss aber nicht alle die alle "muss" Bedingungen erfüllen zum Gespräche einladen, da ich ja anhand von objektiven Kriterien vorher aussortieren kann.

Beispiel: Wenn ich einen wiss. Hochschulstudium voraussetze, kann ich keinen BScler einladen. Wenn ich es als wünschenswert oder förderlich deklariere, dann kann ich auch einen Schulabbrecher einladen, ich muss ihn oder den Bscler nicht einladen, weil ich kann ja trotzdem meine Gespräch nur mit den Master/Diplomer führen.
Oder wo steht dann, dass ich die anderen benachteilige? Sie haben objektiv einen schlechteren Abschluss.

Korrekt, dafür muss der Ersteller der Ausschreibung aber auch Ahnung davon haben und bestenfalls sogar der PR!

Spid

  • Gast
Nein, muß er nicht. Man kann dies auch anhand einer Ausschreibung tun, die jemand gefertigt hat, der über wenig oder keine Ahnung verfügt.

WasDennNun

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Korrekt, dafür muss der Ersteller der Ausschreibung aber auch Ahnung davon haben und bestenfalls sogar der PR!
Eben nicht, die Ausschreibung kann deine Auswahl einschränken, mehr nicht.
Sie kann dich nicht zum Einladen von x-beliebigen Ausschreibungserfüllern zwingen, und so klingt das von dir gesagte.


Spid

  • Gast
Gut, daß Du es einsiehst.

Shihayazad

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Das ist ja spannend hier:
Ich habe nochmal nachgeguckt, wo ich die Idee herhatte, das Bewerber nicht schon in der Vorauswahl ausgeschlossen werden, sofern sie die notwendigen Kriterien mitbringen. Das war hier: https://epub.sub.uni-hamburg.de/epub/volltexte/2010/4430/

S.47:
"Die Vorauswahl muss das Anforderungsprofil zu dem Leistungs- und Befähigungsprofil der Bewerberinnen und Bewerber in für die Gerichte
nachvollziehbarer Weise in Beziehung setzen. Nur soweit grundlegende Elemente des Anforderungsprofils bei bestimmten Bewerberinnen und Bewerbern offenkundig fehlen (z.B. fehlende Laufbahnbefähigung), können sie bereits in der Vorauswahl ausgeschieden werden (OVG NordrheinWestfalen, Beschluss vom 13.04.2000, Az.: 12B 1959/99, in: DÖD 2001, S. 127)"

Der zugrundeliegende Beschluss scheint hier zu liegen: https://openjur.de/u/150278.html

Ich kann die Reichweite und genaue inhaltliche Interpretation der Texte gerade nicht genau überblicken, aber ich finds sehr interessant.

An anderen Stellen finde ich dann aber eher die Aufstellung, wie von euch genannt ("Man muss halt nur Kriterien festlegen und für alle gleich anwenden."), wonach durchaus eine Reihung der Bewerber nach Aktenlage statt finden und das Bewerbungsgespräch eigentlich nur das letzte Mittel sein soll um formal gleichrangige Bewerber besser voneinander abzugrenzen (was in der Praxis auch eher nicht so gemacht wird  :P). Also gilt wahrscheinlich letzteres.
Trotzdem, je mehr ich mich damit beschäftige, desto gravierende finde ich den Unterschied zwischen theoretischem Anspruch und Praxis der Durchführung - und wie sehr man sich eigentlich mit dem Thema beschäftigen müsste, um wirklich fair UND rechtssicher vorzugehen, was wohl nur für die wenigsten Beteiligten zutrifft.

Spid

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In dem entschiedenen Fall fehlte es bereits an der Ausschreibung und somit an einem Bewerberprofil, anhand dessen man eine Vorauswahl hätte vornehmen können.

Shihayazad

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Das hindert einen ja nicht daran, sich allgemein über das (spannende) Thema auszutauschen  ;).

Spid

  • Gast
Es führt dazu, daß es als Argument dafür, daß jeder, der die konstitutiven Merkmale erfüllt, zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen sei, untauglich ist und man sich diesbezüglich nicht weiter damit befassen muß.

Shihayazad

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Der genannte Fall war nie ein Argument für irgend etwas in der Richtung. Ich brachte die Frage auf, wie Bewerbungsprozesse (anhand der Kriterien) denn überhaupt korrekt und rechtssicher durchzuführen sind, was ja offenbar sehr unterschiedlich gehandhabt wird und deshalb für einen Austausch/Diskussion spannend wäre. Wenn du daran kein Interesse hast, ist das ja kein Problem.

Spid

  • Gast
Wenn der genannte Fall kein Argument sein sollte, was hat er dann in einer Diskussion verloren?

Lars73

  • Gast
@Shihayazad
Für ein solches anderes Thema der rechtlichen Vorgaben und deren Umsetzung im Bewerbungsverfahren könnte ja bei Interesse ein neues Thema eröffnet werden.

Vermutlich gibt es drei Gruppen von Behörden im öffentlichen Dienst bei der Ausgestaltung von Bewerbungsverfahren:
1. Die Behörden welche die Vorgaben nicht wirklich kennen.
2. Die Behörden welche die Vorgaben kennen, aber diese ignorieren.
3. Behörden welche rechtskonform agieren.

Ich habe Zweifel, dass 3. überwiegt. Für 2. spricht das meist sehr geringe Risiko von Klagen (außer bei Richterstellen und höheren Leitungsfunktionen im Beamtenbereich). Daneben ist es recht aufwendig ein Verfahren mit interen und externen Bewerbern aus dem Beamten und Tarifbeschäftigtenbereich sauber durchzuführen. Auch halte ich persönlich den Glauben der Gerichte an die Beamtenbeurteilung angesichts der Praxis der Beamtenbeurteilung für recht fraglich. Aber was wäre auch die Alternative für die Gerichte. Daneben sind die meisten Führungskräfte bei der Personalauswahl mit ihrer subjektiven Auswahl meist zufrieden.


Shihayazad

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Zitat
Für ein solches anderes Thema der rechtlichen Vorgaben und deren Umsetzung im Bewerbungsverfahren könnte ja bei Interesse ein neues Thema eröffnet werden.

Das scheint wohl das Beste zu sein. Da wir aber schon seit 2 Seiten eigentlich mittendrin sind und ja schon viele interessante Aspekte genannt worden sind, finde ich es Verschwendung das hier abzuwürgen, aber bevor dieses PingPong-Spiel so weitergeht...

Zitat
Vermutlich gibt es drei Gruppen von Behörden im öffentlichen Dienst bei der Ausgestaltung von Bewerbungsverfahren:
1. Die Behörden welche die Vorgaben nicht wirklich kennen.
2. Die Behörden welche die Vorgaben kennen, aber diese ignorieren.
3. Behörden welche rechtskonform agieren.

Das hier oben ist soweit auch ein sehr schönes zusammenfassendes Schlusswort, wie ich finde. Die geringe Zahl von Klagen, könnte aber auch sehr gut darauf zurückzuführen sein, dass Bewerbern die Mittel und die Kenntnisse fehlen, ihr Recht durchzusetzen und das finde ich sehr bedenklich.