Reicht das für NRW erst mal. Oder müssen die bei der Grundbesoldung noch mal nachlegen?
Das aktuelle Besoldungsanpassungsgesetz für NRW ist eines der am schlechtesten prozeduralisierten in Deutschland, insbesondere erfolgt keine aktuelle Berechnung zum Grundsicherungsniveau und also keine aktuelle Bemessung der Mindestalimentation (vgl. die entsprechende Drucksache 17/6681 vom 27.06.2019, S. 75). Hierzu wird auf die veraltete Vorlage 16/4766 vom 10.02.2017 verwiesen (vgl. dort S. 4-7), deren Prämissen materiell evident unzureichend sind, weil sie mit Blick auf die Unterkunfts-, Heiz- und Kosten für die Bedarfe für Bildung und Teilhabe sowie Sozialtarife ausschließlich auf den jeweiligen Existenzminimumbericht zurückgreift. Zugleich bleibt hier ebenfalls die Bemessung der Jahresnettoalimentation eher unklar, da zwar jeweils ein Wert ausgewiesen, jener aber nur bedingt aufgeschlüsselt wird. Das Gesetz ist insofern sowohl aus materiellen als auch aus prozeduralen Gründen verfassungswidrig.
So sollten beispielsweise für 2017 Unterkunftskosten in Höhe von 592,- € zu Grunde gelegt worden sein (jener ist der Wert des 11. Existenziminimumberichts vom 02.11.2016, BT-Drs. 18/10220, S. 4 f. und S. 7); das verbindliche 95 %-Perzentil der BfA weist jedoch für 2017 Unterkunftskosten in Höhe von 950,- € auf; die Bemessung ist also bereits an dieser Stelle um rund 350,- € zu gering. Legt man für 2020 die von Stuttmann verwendeten Daten zu Grunde und korrigiert die von ihm um rund 100,- € zu hoch angesetzten Unterkunftskosten (er ist 2020 von Unterkunftskosten in Höhe von 1.160,06 € ausgegangen, da ihm das aktuelle 95 %-Perzentil nicht vorlag; die BfA weist für 2019 als aktuelleste Daten ein 95 %-Perzentil von 1.050,- € aus), dann ergibt sich ein Fehlbetrag, der verfassungsrechtlich nicht ausschließlich über (Familien-)Zuschläge ausgeglichen werden kann, sodass ebenfalls die Grundbesoldung nach oben angepasst werden muss.
Wenn die Landesregierung das rund ein Jahr nach der aktuellen BVerfG-Entscheidung noch immer prüft, dann handelt sie entweder instrumentell (denn eine solche Prüfung bedarf keines Aufwands, der ein Jahr in Anspruch nimmt) oder sie ist völlig unfähig, weil sie selbst zu banalsten Handlungen nicht in der Lage wäre. Sofern letzteres der Fall wäre, dürfte man für NRW nur beten, dass die Bundesrepublik bald einen demokratischen Kanzler christlicher Provenienz erhielte, der so dann auch seinem Amtseid nachkäme, nämlich Schaden vom Land zu wenden.
@ saper aude
Zur Wahrung der Ansprüche kinderreicher Beamter ist ein eigener Widerspruch nötig, der der entsprechenden Norm widerspricht. In diesem Sinne ist die Schlussformel der Entscheidung 2 BvL 6/17, Rn. 93-95 zu verstehen, die im Sinne der Entscheidung genau jene Norm(en) behandelt und also hervorhebt, dass auch ein Widerspruchsverfahren zur Anspruchserhaltung ausreicht (Rn. 95). Ein einfacher Widerspruch gegen die Besoldung als solche dürfte nicht ausreichen.
Und Danke, Diplomverwaltungswirt, für den Link auf das sehr erhellende Statement unseres sinkenden Leitsterns unionischer Politik: "Es gibt immer so kleine Momente, die nicht einfach sind [...] Ich bin immer derjenige, das sage ich ganz offen, der versucht, einen Ausgleich vorzunehmen" - für die Bayerischen Beamten ist es offensichtlich schade, dass der Kollege Söder am Ende nicht in der Lage war, durch einen anvisierten Amtswechsel Schaden vom Land abzuwenden; zugleich wird es für ihn wohl nix mehr mit einer Karriere als Torschützenkönig des FC Bayerns, denn die können keinen gebrauchen, der nur versucht, einen Ausgleich vorzunehmen, sondern brauchen immer welche, die Siegtreffer erzielen - Söder wird also höchstwahrscheinlich nicht mehr der Lewandowski der deutschen Politik. Eigentlich schade. Und zugleich zeigt seine in die Länge gezogene Aussage ja eindeutig, wohin die Reise auch in Bayern gehen soll. Auch dadurch wird offenbar, weshalb man ab dem August 2020 nichts mehr von der intensiven Prüfung gehört hat, die das Finanz-, Wissenschafts- und Justizministerium angekündigt hatten. Und wer sich am Ende der eindeutigen Ausagen des MP noch so artig bedankt, der darf sich nicht wundern, wenn ihm als Franke zwar Lobeshymnen gesungen werden, während sich Söder sicherlich seinen Teil denkt, weshalb er ja offensichtlich so mit dem BBB umspringen kann, wie er es tut...