Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 1468509 times)

kommunalbeamter91

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Dem gegenübergestellt wird die Jahrenettoalimentation mit Kindergeld
                                               
                                          2013             2014              2015

Jahresbruttobezüge        24.660,23 €    25.233,20 €     25.960,33 €

-  Einkommensteuer            460,00 €        474,00 €          546,00 €

-  Kranken- und
   Pflegeversicherung        5.426,88 €      5.486,88 €       5.586,24 €

+ Kindergeld                   4.416,00 €       4.416,00 €       4.512,00 €

Jahresnettoalimentation 23.189,35 €      23.688,32 €      24.340,09 €

monatlich=                       1932,45 €        1974,02 €        2028,34 €         


Organisator

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Ahso. Dann die Mindest- wie auch die tatsächliche Alimentation jeweils das Kindergeld. Bischen umständliche Antwort, aber danke.

SwenTanortsch

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Der Besoldungsgesetzgeber berechnet zunächst auf Grundlage der zu beachtenden Sozialgesetzgebung das sozialhilferechtliche Grundsicherungsniveau anhand einer vierköpfigen Familie, die also über keine berufstätige Ernährer verfügt. Jenes entspricht steuerrechtlich dem steuerfrei zu stellenden Existenzminimum. Dieses wird mit dem Faktor 1,15 multipliziert (also um 15 % erhöht), sodass dann beamten- und besoldungsrechtlich die Mindestalimentation vorliegt. Sie ist die Nettoalimentation, die der Besoldungsgesetzgeber einem Beamten einer vierköpfigen Familie gewähren muss, der sich in der Eingangstufe der untersten Besoldungsgruppe befindet. Die Mindestalimentation bildet den Ausgangspunkt, von dem aus die gesamte Besoldungsordnung A aufgebaut wird (und da die Besoldungsordnungen in Abhängigkeit zueinander stehen, mittelbar auch die Besoldungsordnungen B und R).


Ich hab das mal spaßeshalber für Berlin durchgerechnet:

Also nach SGB 2 für eine Familie Mann, Frau , Kind 6 Jahre, Kind 4 Jahre
Regelbedarf insgesamt  1336 € (2x389 +308+250)
KdU nach Berliner AV Wohnen:  705,60 € Bruttokalt + 136,80 € Heizung/WW
Gesamtbedarf:  2178,40 € - 408 € KG = 1770,40 € x 115 % = 2035,96 €

Beamter A4 verh. 2 KInder, Stufe 1  =  2478,45 € netto abzgl. ca 350 € PKV =  2128,45 €

Würde bedeuten, dass sogar deas Land Berlin aktuell die Mindestalimentation erfüllt ! ?

Oder hab ich da irgendwo einen Rechenfehler ?

Das ist ein gutes Beispiel, yamato, um noch einmal die Sachlage durchzugehen. Denn nach der von Dir verwendeten Methodik sind bisher der Bund und die allermeisten Länder in etwa vorgegangen, um das sozialhilferechtliche Grundsicherungsniveau zu bestimmen. Das allerdings hat das Bundesverfassungsgericht nun mit Blick auf die Unterkunftskosten, die Kosten für Heizung und die Bedarfe für Bildung und Teilhabe für verfassungswidrig erklärt.

Also gehen wir mal die Posten im einzelnen durch, um zu sehen, wohin uns die Berechnung von Grundsicherungsniveau und Mindestalimentation nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht führt (ich gebe nachfolgend jeweils die Quellen an, um Darlegung überprüfbar zu machen):

a) Regelbedarf für zwei in einer Bedarfsgemeinschaft zusammenlebende Erwachsene

Das Bundesverfassungsgericht hat für verfassungskonform erklärt, dass hier der Regelbedarf typisierend zugrunde gelegt werden darf (vgl. im aktuellen Beschluss – 2 BvL 4/18 – Rn. 54; https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html). Dieser Regelbedarf ergibt sich aus der Übersicht 4 des aktuellen Existenzminimumberichts auf S. 9; https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/2018-10-31-12-existenzminimumbericht.html): 9.360,- €.

b) Regelbedarf für zwei Kinder

Auch hier hat das Verfassungsgericht für rechtens erklärt, dass – so wie das bislang auch die meisten Besoldungsgesetzgeber vollzogen haben – die Regelbedarfsstufe nach dem Lebensalter verfassungskonform ist; sie muss mit der Anzahl der für die einzelnen Regelbedarfsstufen relevanten Lebensalter  gewichtet werden (Rn. 54). Der Wert ergibt sich aus der BT-Drs. 19/5400 vom 09.11.2018, Übersicht 2, S. 6 (http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP19/2413/241350.html), auf den das BVerfG an gleicher Stelle verweist (Rn. 54): 3.528,- x 2 Kindern: 7.056 €

c) Kosten für die Bedarfe für Bildung und Teilhabe

Das Bundesverfassungsgericht hat die bisher von weitgehend allen Ländern und dem Bund erfolgte Bestimmung des Wertes ausschließlich anhand des Existenminimumberichts für verfassungswidrig erklärt, da eine solche, pauschalisierende Vorgehensweise nicht realitätsgerecht ist (Rn. 66-71). Es hat hier zugleich eine deutliche Ausweitung sowie eine zukünftig von den Gesetzgebern einzuhaltende Beobachtungspflicht festgelegt; als Folge werden die zu berücksichtigenden Kosten für Bildung und Teilhabe zukünftig wohl recht deutlich steigen. Ich fasse jetzt hier nicht die gesamte Argumentation zusammen. Für 2015 hat es den nachfolgenden Wert angesetzt (Rn. 146) und ist zugleich davon ausgegangen, dass er nicht realitätsgerecht, sondern zu niedrig ist (Rn. 142 f.): 893,52. In Ermangelung des tatsächlichen Werts wird dieser deutlich zu niedrige nachfolgend für 2020 zugrundegelegt.

d) Heizkostenkosten

Auch hier hat das Bundesverfassungsgericht die bisher weitgehend von allen Ländern vorgenommene Bestimmung ausschließlich anhand des Existenzminimumberichts für verfassungswidrig erklärt und ist wie zuvor schon das Bundesverwaltungsgericht der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gefolgt (vgl. Rn. 62 f.), das regelmäßig von unangemessen hohen Heizkosten ausgeht, solange der örtlich zuständige Grundsicherungsträger keine differenzierten Heizspiegel für den konkreten Vergleichsraum erstellt, die zuverlässige Schlüsse für grundsicherungsrechtlich angemessene Heizkosten zulassen (vgl. BSG, Entscheidung v. 4.6.2014 – B 14 AS 53/13 R – Rn. 59; https://openjur.de/u/692765.html).

Die Heizkosten sind durch die Multiplikation der abstrakt angemessenen Wohnfläche mit dem entsprechenden Tabellenwert, der auf die Größe der Wohnanlage hindeute, zu berechnen.  Analog zum Vorgehen des Bundesverwaltungsgerichts sind 85 m² Wohnfläche sowie als Höchstwert für den Energieträger „Fernwärme“ bei einer abstrakten Wohnfläche des Gebäudes von 100 bis 250 m² anzusetzen (BVerwG, Beschluss v. 30.10.2018 – BVerwG 2 C 32.17 – Rn. 113; https://www.bverwg.de/de/301018B2C32.17.0). Da ein Heizspiegel für 2020 noch nicht vorliegt, greife ich auf den des letzten Jahres zurück (vgl. den Button „Heizspiegel-Flyer herunterladen“ unter https://www.heizspiegel.de/heizkosten-pruefen/heizspiegel/; im Flyer finden sich die Werte auf S. 4). Anzusetzen sind: 21,31 € x 85 m² Wohnfläche = 1.811,35 €

e) Unterkunftskosten

Auch hier sind die Besoldungsgesetzgeber bislang weitgehend einheitlich dem Existenzminimumbericht gefolgt und haben den dort angegebenen Wert zugrunde gelegt. Das weist das Bundesverfassungsgericht nun ebenfalls als nicht realitätsgerecht zurück und erklärt ein solches Vorgehen für verfassungswidrig (Rn. 55 f.). Dahingegen greift es auf aktuelle statistische Daten für das Land Berlin zurück, die ihm von der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung gestellt worden und die realitätsgerecht sind (Rn. 16, 55, 141).

Da es diese Werte seinem Beschluss nicht beifügt hat, gehe ich hier einen pragmatischen Weg und entwickle drei Varianten: (I) Erstens lege ich den Wert für 2015 zugrunde, so als ob sich die Unterkunftskosten seitdem nicht verändert hätten. Diesen setzt das Bundesverfassungsgericht mit 13.397,52 € an (Rn. 146). Er sollte, da die Unterkunftskosten seitdem gestiegen sind, zu gering sein. Deshalb extrapoliere ich zwei Varianten, die den tatsächlichen Unterkunftskosten für 2020 höchstwahrscheinlich näher kommen.

Dazu nutze ich, dass das Bundesverfassungsgericht für die Jahre 2009 und 2010 bzw. zwischen 2011 und 2015 Unterkunftskosten zugrunde legte, die 2009 und 2010 exakt 50 % und ab 2011 bis 2015 exakt 58,8 % oberhalb der vom Bundesverwaltungsgericht veranschlagten lagen. Diese einheitlichen Werte können kein Zufall sein, dürften also zumindest auch danach in Regionen liegen, die auch heute noch anzunehmen sind. Von daher beläuft sich die zweite Variante auf einen 50 % höheren Wert (II), als ihn das Bundesverwaltungsgericht nach seiner Berechnungsgrundlage voraussetzte, und die dritte auf einen 58,8 % höheren Wert (III).

Das Bundesverwaltungsgericht legt als Grundlage seiner Berechnung einen Vier-Personen-Haushalt sowie die Mietenstufe IV zugrunde und kommt auf Grundlage von § 12 (1) WoGG in Verbindung mit der dort genannten Anlage 1 (https://www.gesetze-im-internet.de/wogg/anlage_1.html) für das Jahr 2020 zu folgenden Unterkunftskosten von 803,- € x 12 = 9.636,- €. Daraus folgen anzunehmende Unterkunftskosten für die Variante II von 14.454,- € und die Variante III 15.224,88 €. Nach der Variante II hätten sich die Unterkunftskosten von 2015 nach 2020 um 7,8 % erhöht, also pro Jahr um 1,6 %, nach der Variante III um 13,6 %, also pro Jahr um2,7 %.

Damit liegen alle Faktoren vor die für eine Berechnung des zugrunde zu legenden sozialhilferechtlichen Grundsicherungsniveau nötig sind:

(a) Regelbedarf für zwei Erwachsene: 9.360,- €
(b) Regelbedarf für zwei Kinder: 7.056,- €
(c) Bedarfe für Bildung und Teilhabe: 893,52 €
(d) Heizkosten: 1.811,35 €.

Ohne Unterkunftskosten ergibt sich ein Wert von 19.090,87 €. Dieser Wert liegt, da die Bedarfe für Bildung und Teilhabe nicht realitätsgerecht und also zu gering angesetzt sind (s.o.), insgesamt zu niedrig.

Unter Hinzuziehung der drei Varianten der Unterkunftskosten ergibt sich folgender Korridor eines zugrunde zu legenden Grundsicherungsbedarfs:

I. 19.090,87 € + 13.397,52 € = 32.488,39 €

II. 19.090,87 € + 14.454,- € = 33.544,87 €

III. 19090,87 + 15.224, 88 € = 34.315,75 €

Der Wert der Variante I ist offensichtlich zu gering, weil er zugrundelegte, dass die Unterkunftskosten in Berlin seit 2015 nicht mehr gestiegen wären. Die Varianten II und III gehen von einer methodischen Fortführung der Werte von 2009 und 2010 (Variante II) bzw. seit 2011 (Variante III) aus. Sie sollten näher an den realistischen Unterkunftskosten liegen, eben weil sich die Unterkunftskosten seit 2015 erhöht haben. Insgesamt sollten aber alle drei Werte eher zu gering als zu hoch liegen, eben weil die sich recht deutlich erhöhenden Bedarfe für Bildung Teilhabe derzeit noch nicht berücksichtigt werden können (s.o.).

Um zur für das Land Berlin zu gewährenden Mindestalimentation zu gelangen, muss das Grundsicherungsniveau um 15 % erhöht, also mit dem Faktor 1,15 multipliziert werden. Daraus ergeben sich für die drei Varianten folgende Mindestalimentationen für das Jahr 2020:

I. 37.361,54 €

II. 38.576,60 €

III. 39.463,11 €

Das Bundesverfassungsgericht hat für 2015 eine Mindestalimentation von 33.651,02 € festgelegt, die Steigerung beliefe sich bis zum Jahr 2020 auf

I. gesamt 11,0 % bzw. pro Jahr auf 2,2 %

II. gesamt 14,6 % bzw. pro Jahr auf 2,9 %

III. Gesamt 17,3 % bzw. pro Jahr auf 3,45 %

Der langen Rede kurzer Sinn. Dadurch, dass das Bundesverfassungsgericht die bisherige Methodik, die der Bund und die Länder also bislang weitgehend einheitlich vollzogen haben, für verfassungswidrig erklärt hat und dass seine auf realitätsgerechten Werten basierende Methodik insbesondere mit Blick auf die Unterkunftskosten, in abgeschwächter Form für die Heizkosten und die Bedarfe für Bildung und Teilhabe deutlich höhere Kostenwerte fordert, erhöht sich die zu gewährende Mindestalimentation in der Eingangsstufe der untersten Besoldungsgruppe der Besoldungsordnung A immens. Denn der von Dir errechnete Nettoalimentationswert von monatlich 2.128,45 €, yamato, führte zu einer Jahresalimentation von 25.554,14 € und läge zwischen rund 12.000,- € und 14.000,- € zu niedrig.

Genau deshalb habe ich dieses Thema hier begonnen, eben um jedem klar zu machen, der bislang kein Widerspruch eingelegt hat, dass es nicht unvorteilhaft sein sollte, dass bis Ende des Jahres zu tun.

Nun hat das hier recht viel Zeit gekostet – ich werde morgen noch einmal (der Beitrag wird ebenfalls lang) auf Deinen wichtigen Beitrag eingehen, Was_Denn_Nun. Heute schaffe ich das nicht mehr.

Und wer weiterhin glaubt, dass die aktuelle Entscheidung keine Auswirkungen für die A-Besoldung haben sollte, lese, was der Verband Berliner Verwaltungsjuristen aktuell schreibt:

„Mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Juli 2020 – 2 BvL 4/18 – steht nunmehr fest, dass die Besoldung der Richter und Staatsanwälte in den Jahren 2009 bis 2015 sowie der Besoldungsgruppe R 3 im Jahr 2015 nicht genügte, um diesen Berufsgruppen einen nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren.

Auch wenn sich die Entscheidung lediglich auf die Besoldung der Richter und Staatsanwälte bezieht, hat sie zumindest mittelbare Wirkung für die A- und BBesoldung der Beamten des Landes Berlin. Denn die Höhe der Besoldung der Beamten der Besoldungsgruppen A 13 bis A 16 und B3 entspricht, abhängig von Erfahrungsstufen, im Wesentlichen der Besoldung der Richter und Staatsanwälte oder ist sogar identisch (B-Besoldung). Die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts sind damit gleichermaßen auf die Beamtenschaft anzuwenden.“ (https://www.berliner-verwaltungsjuristen.de/dienstrecht/besoldung/ohrfeige-f%C3%BCr-das-land-berlin.html)

Und zugleich sei daran erinnert, was das Bundesverfassungsgericht in seiner Pressemitteilung hervorhob:
„Beim systeminternen Besoldungsvergleich ist neben der Veränderung der Abstände zu anderen Besoldungsgruppen in den Blick zu nehmen, ob in der untersten Besoldungsgruppe der gebotene Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau eingehalten ist. Ein Verstoß hiergegen betrifft insofern das gesamte Besoldungsgefüge, als sich der vom Gesetzgeber selbst gesetzte Ausgangspunkt für die Besoldungsstaffelung als fehlerhaft erweist. […]
Insbesondere hat das Land Berlin nicht dargetan, dass die teilweise drastische Abkopplung der Besoldung der Richter und Staatsanwälte von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung in Berlin Teil eines schlüssigen und umfassenden Konzepts der Haushaltskonsolidierung gewesen wäre, bei dem die Einsparungen – wie verfassungsrechtlich geboten – gleichheitsgerecht erwirtschaftet werden sollten.“ (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/bvg20-063.html)
Mehr muss dazu nicht mehr gesagt werden, denke ich.

BaWülerin

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https://www.bbw.dbb.de/aktuelles/news/zwei-bverfg-entscheidungen-mit-weitreichenden-auswirkungen/

Keine Ahnung, ob das schon verlinkt war.
Lediglich nochmals zur Kenntnis.

WasDennNun

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So weist die Gemeinde Buchholz in der Nordheide ein Mietenniveau auf, das der Mietenstufe VI (25 bis unter 35 %ig überdurchschnittlich) entspricht, die Nachbargemeinde Tostedt verfügt nur über ein Mietenniveau, das der Mietenstufe III entspricht (- 5 bis + 5 %ig durchschnittlich). Wie sollte jetzt ein Dienstherr, der für alle seine Beamten dieselben Alimentationspflichten hat, den Ortszuschlag bemessen, wenn in der Praxis dicht an dicht ein um 40 % unterschiedliches Mietenniveau herrscht?

Das war die Frage, die ich weiter oben gestellt habe, und auf die mir als einzige Antwort einfällt: Er muss, um das Abstandgebot einzuhalten, die Grundgehälter so weit anheben, dass sie am Ende durch einen verhältnismäßig geringfügigen Ortszuschlag als Alimentationsergänzung, dafür sorgen, dass im Dienstort in Buchholz noch eine verfassungskonforme Alimentationshöhe gegeben ist. Er kann aber nicht das Grundgehalt insgesamt so niedrig belassen, dass es in der Gemeinde Torstedt gerade noch oberhalb der Unteralimentation wäre, und in Buchholz mittels eines hohen Ortszuschlags für eine dort dann ebenfalls amtsangemessene Alimentation sorgen. Denn damit würde er offensichtlich gegen das Abstandgebot verstoßen und auch das Staatsziel der anzustrebenden einheitlichen Lebensverhältnisse verletzen.
Und das denke ich ist heutzutage mittels entsprechenden Daten und IT absolut keine grosse Sache mehr.
(Wenn er nach dem Wohnortprinzip agiert, wenn er jedoch nach dem Dienstort geht, dann noch einfacher....)

Es bleibt für mich fraglich warum ein A4er in einer teuren Gegend wg. des Dienstherren wohnend nicht mehr haben darf als ein A5 in einer billigen Wohngegegend.

Der Staat kann ja alternativ Mietzuschüsse gewähren, dass scheint ja erlaubt, also müsste er sich nicht zwingend am teueresten Mieter orientieren.

Ich bleibe dabei: Die illegale Unteralimentation ist bei Beamten mit Kind und Kegel zu finden, da gehört ne Schippe drauf. Bei dem Rest kann zum grössten Teil das in einer unveränderten Besoldung münden, solange man sich zukünftig parallel zu TV Abschlüssen bewegt. Und wenn der Dienstherr böse ist, dann kappt er oben was weg.

Bleibt für mich die Frage: Gibt es Konstellationenen wo Pensionär mit "mittellosen" Ehepartner in die Unteralimentation fallen könnte.

SwenTanortsch

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So weist die Gemeinde Buchholz in der Nordheide ein Mietenniveau auf, das der Mietenstufe VI (25 bis unter 35 %ig überdurchschnittlich) entspricht, die Nachbargemeinde Tostedt verfügt nur über ein Mietenniveau, das der Mietenstufe III entspricht (- 5 bis + 5 %ig durchschnittlich). Wie sollte jetzt ein Dienstherr, der für alle seine Beamten dieselben Alimentationspflichten hat, den Ortszuschlag bemessen, wenn in der Praxis dicht an dicht ein um 40 % unterschiedliches Mietenniveau herrscht?

Das war die Frage, die ich weiter oben gestellt habe, und auf die mir als einzige Antwort einfällt: Er muss, um das Abstandgebot einzuhalten, die Grundgehälter so weit anheben, dass sie am Ende durch einen verhältnismäßig geringfügigen Ortszuschlag als Alimentationsergänzung, dafür sorgen, dass im Dienstort in Buchholz noch eine verfassungskonforme Alimentationshöhe gegeben ist. Er kann aber nicht das Grundgehalt insgesamt so niedrig belassen, dass es in der Gemeinde Torstedt gerade noch oberhalb der Unteralimentation wäre, und in Buchholz mittels eines hohen Ortszuschlags für eine dort dann ebenfalls amtsangemessene Alimentation sorgen. Denn damit würde er offensichtlich gegen das Abstandgebot verstoßen und auch das Staatsziel der anzustrebenden einheitlichen Lebensverhältnisse verletzen.
Und das denke ich ist heutzutage mittels entsprechenden Daten und IT absolut keine grosse Sache mehr.
(Wenn er nach dem Wohnortprinzip agiert, wenn er jedoch nach dem Dienstort geht, dann noch einfacher....)

Es bleibt für mich fraglich warum ein A4er in einer teuren Gegend wg. des Dienstherren wohnend nicht mehr haben darf als ein A5 in einer billigen Wohngegegend.

Der Staat kann ja alternativ Mietzuschüsse gewähren, dass scheint ja erlaubt, also müsste er sich nicht zwingend am teueresten Mieter orientieren.

Ich bleibe dabei: Die illegale Unteralimentation ist bei Beamten mit Kind und Kegel zu finden, da gehört ne Schippe drauf. Bei dem Rest kann zum grössten Teil das in einer unveränderten Besoldung münden, solange man sich zukünftig parallel zu TV Abschlüssen bewegt. Und wenn der Dienstherr böse ist, dann kappt er oben was weg.

Bleibt für mich die Frage: Gibt es Konstellationenen wo Pensionär mit "mittellosen" Ehepartner in die Unteralimentation fallen könnte.

Wie gesagt, ich antworte morgen ausführlicher.

Das Abstandsgebot ergibt sich aus dem Leistungsprinzip; beide sind hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums und haben damit eine grundgesetzgleiche Wirkung. In diesem Sinne formuliert das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung:

"Durch die Anknüpfung der Alimentation an innerdienstliche, unmittelbar amtsbezogene Kriterien wie den Dienstrang soll sichergestellt werden, dass die Bezüge entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter abgestuft sind. Daher bestimmt sich die Amtsangemessenheit im Verhältnis zur Besoldung und Versorgung anderer Beamtengruppen. Gleichzeitig kommt darin zum Ausdruck, dass jedem Amt eine Wertigkeit immanent ist, die sich in der Besoldungshöhe widerspiegeln muss. Die Wertigkeit wird insbesondere durch die Verantwortung des Amtes und die Inanspruchnahme des Amtsinhabers bestimmt. Die 'amts'-angemessene Besoldung ist notwendigerweise eine abgestufte Besoldung". (vgl. z.B. BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - Rn. 146; https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2012/02/ls20120214_2bvl000410.html)

Durch die unterschiedliche Wertigkeit der Ämter muss die Besoldungshöhe eines höheren Amtes höher ausfallen. Von daher darf ein Beamter beispielsweise der Besoldungsgruppe A 5 in der gleichen Erfahrungsstufe wie ein Beamter der Besoldungsgruppe A 6 nicht besser besoldet werden als dieser. Das darf auch nicht durch Zulagen geschehen, weil dadurch die Wertigkeit der Ämter ausgehöhlt werdne würde, was auf der einen Seite den sich in einer höheren Besoldungsgruppe befindenden Beamten in seinen grundgesetzlgeichen Rechten verletzen würde und auf der anderen gegen die innere Logik des Alimentationsprinzip verstieße.

yamato

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In dem Urteil wird eine deutlich höhere Miete von ca. 1100 Euro ( entsprechend der höchsten Wohngeldstufen Berlin ) zugrundegelgt als in deinem Beispiel. Außerdem wurde für die 4 koepfige Familie bereits 2015 ein höherer pkv Beitrag von 550 Euro angenommen und 74 Euro kulturelle Teilhabe. Die dort berechnete Mindestalimentation für 2015 lag schon bei 2800 Euro.

Deswegen hatte ich ja gefragt ob ich Rechenfehler hätte. So gesehen ist das BverfG also von der reinen SGB2 Berechnung abgewichen, den die Wohngeldstufen haben keinen Einfluss auf das SGB 2, die kulturelle Teilhabe hatte ich vergessen und die PKV nur geschätzt. Da ich nur ein alleinstehender Beamter bin kannte ich die Sätze für Familienangehörige nicht.
Aber Herr Tanortsch hat das ja auch noch ausführlich und gut verständlich erläutert. Mal sehen ob sich das auch auf die Bundesbeamten auswírkt.

boysetsfire

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@SwenTanortsch: Vielen Dank für deine ausführlichen Erläuterungen und Berechnungen. Nach 2015 hätte ich nicht gedacht, dass das BVerfG zur Vernunft kommt...  Widerspruch ist raus. :)

WasDennNun

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Wenn dem so ist, wieso können sich dann die zwei Berliner Richter und die Witwe der R-Besoldung 1, 2 und 3, von denen wir nicht wissen, ob sie überhaupt Kinder haben, nach dem BVerfG Urteil 2 BvL 4/18 vom 04.05.2020 über eine Nachzahlung für die Jahre 2009-2015 freuen........
Weil die Grundbesoldung nicht ausdifferenziert ist, sie aber zukünftig nach unten für Singles korrigiert werden könnte, um monetär Luft nach oben zu haben um für Kinder mehr Geld zu haben.

Und wenn wie Gruenhorn anmerkte ein Mietzuschuss (anstelle des Ortszuschusses) einfliest, dann wird es für die Singles in günstigen Wohngegenden Kürzungen geben (können).


kommunalbeamter91

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Wenn dem so ist, wieso können sich dann die zwei Berliner Richter und die Witwe der R-Besoldung 1, 2 und 3, von denen wir nicht wissen, ob sie überhaupt Kinder haben, nach dem BVerfG Urteil 2 BvL 4/18 vom 04.05.2020 über eine Nachzahlung für die Jahre 2009-2015 freuen........
Weil die Grundbesoldung nicht ausdifferenziert ist, sie aber zukünftig nach unten für Singles korrigiert werden könnte, um monetär Luft nach oben zu haben um für Kinder mehr Geld zu haben.

Und wenn wie Gruenhorn anmerkte ein Mietzuschuss (anstelle des Ortszuschusses) einfliest, dann wird es für die Singles in günstigen Wohngegenden Kürzungen geben (können).

Für die Zukunft ggf ja. Aber ein Widerspruch kann sich im Moment auch für die Kinderlosen lohnen.

BerndStromberg

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Wenn dem so ist, wieso können sich dann die zwei Berliner Richter und die Witwe der R-Besoldung 1, 2 und 3, von denen wir nicht wissen, ob sie überhaupt Kinder haben, nach dem BVerfG Urteil 2 BvL 4/18 vom 04.05.2020 über eine Nachzahlung für die Jahre 2009-2015 freuen........
Weil die Grundbesoldung nicht ausdifferenziert ist, sie aber zukünftig nach unten für Singles korrigiert werden könnte, um monetär Luft nach oben zu haben um für Kinder mehr Geld zu haben.

Und wenn wie Gruenhorn anmerkte ein Mietzuschuss (anstelle des Ortszuschusses) einfliest, dann wird es für die Singles in günstigen Wohngegenden Kürzungen geben (können).
Rechtlich mag das ja evtl. zulässig sein, aber ich glaube kaum, dass man soweit gehen wird. Der Staat hat ja nicht in den attraktiven Ballungsräumen das Problem, Fachkräfte für den Staat zu gewinnen, sondern in der Provinz. Eigentlich müsste man dort eine „Buschzulage“ wie damals nach der Wende im Osten einführen, anstatt das Arbeiten dort durch Gehaltsabschläge noch unattraktiver zu machen.

SwenTanortsch

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@Bernd Stromberg:
Ja, ich finde es auch überraschend, wenn ein A5 in Mü nicht mehr bekommen darf als ein A6er im billigen Mietland.
Aber sei es drum.

Und ja ich denke, dass die Mindesalimentation kein Problem ist, da ja die Singels schon drüber sind und man eben nur mittels vernünftige Fam Aufschläge hier alle anheben kann, so dass sie drüber kommen.
Das macht sich gut und ist auf dauer nicht teuer.
Und ja, in dem man einfach mal die unteren Stufen anhebt in der Mitte staucht, wird die Endstufe nicht teurer werden (müssen) und damit auch Pension etc. nicht.

@Swen
Oder gibt es verpflichtende Gründe wie und im welchem Masse die Stufen ausgestalltet sein müssen,
Zitat
Das ganze Unterfangen ist reichlich kompliziert, WasDennNun, weil unterschiedliche Faktoren und Berechnungswege zu beachten sind. Mit Blick auf die Komplexität versuche ich es mal wieder kurz (und wird es am Ende doch wieder lang):
Ein wenig will ich dir da widersprechen.
Ich bin Informatiker und von daher sehe ich da keine große Komplexität in dem Besoldungsmodell.
Da muss man nur die Binnenebeziehungen der einzelnen Besoldungen definieren (z.B. A5<A6<A7... und Abstand muß Regel X folgen)
Den Startpunkt für den Single A5s1 (115% auf h4 salopp gesagt h4)
Den Startpunkt für den Verheiratet A5s1 (115% auf h4 salopp gesagt h4)
Den Startpunkt für den Verheiratet mit K1 ....
Lässt sich jetzt ja auch leicht ausrechnen.

Das sind dann nicht so viele unabhängige Parameter an denen man drehen kann, da lässt sich locker ein Modell entwickeln, welches die minimale Gesetzeskonforme Anpassung definiert.
Einige äußeren Parameter sind jetzt ja durch das Urteil klarer definiert.

Was die anderen Prüfbereiche angeht ist es ja auch kein rechnerisches Hexenwerk.

Am Ende wird sicherlich etwas rauskommen, was den Fam mit Kinder sehr zu gute kommt und dem Rest wird minimal in Richtung RestderWelt nachgeholfen.

Nun gut, jetzt die angekündigte Antwort, die ich in zwei Abschnitte unterteile, weil sie sehr lang ist.

Nachdem ich gestern drei Varianten einer Berliner Mindestalimentation erstellt habe, geht es jetzt weiter, also vom Grundsicherungsniveau zur Mindestalimentation und damit in den Bereich, der uns als Beamte thematisch vordringlich interessiert: die praktische Auswirkung auf Besoldung und Alimentation.

1) Welche Nettoalimentation gewährt das Land Berlin derzeit?

Vorweg sollen zunächst, weil die Mindestalimentation im folgenden zentral ist und ich weiterhin möglichst anhand von Praxiswerten argumentieren möchte, da sie anschaulicher sind als rein theoretische Ausführungen, noch einmal die drei Varianten der Mindestalimentation festgehalten werden:

Variante I: 37.361,54 €, also die Mindestalimentation, die vom Bundesverfassungsgericht für das Jahr 2015 rechtskräftig zugrunde gelegt worden ist (vgl. im aktuellen Beschluss Rn. 146). Die Anwendung setzte unrealistisch voraus, dass die Unterkunftskosten in Berlin seit 2015 nicht mehr gestiegen seien.

Variante II: 38.576,60 €, also die Mindestalimentation unter der Prämisse, dass die zugrundezulegenden Unterkunftskosten in Berlin seit 2015 jährlich im Durchschnitt um 1,6 % gestiegen wären.

Variante III: 39.463,11 €, also die Mindestalimentation unter der Prämisse, dass die zugrundezulegenden Unterkunftskosten in Berlin seit 2015 jährlich im Durchschnitt um 2,7 % gestiegen wären.

Damit haben wir nun ein Tableau, von dem aus man vorweg die im aktuellen Jahr 2020 vom Land gewährte Nettoalimentation betrachten kann. Dabei gilt festzuhalten, dass auch die Werte der Variante II und III eher zu gering als zu hoch angesetzt werden, da in Ermangelung des aktuellen Werts der Kosten für Bildung und Teilhabe der von 2015 für das Jahr 2020 zugrunde gelegt worden ist. Diese Kosten werden aber heute deutlich höher sein, wie ich gestern dargelegt habe.

Die aktuelle Nettoalimentation lässt sich einfach wie folgt erstellen:

In den Besoldungsrechner für das Land Berlin (https://oeffentlicher-dienst.info/beamte/be/) werden eingegeben:

a) die jeweilige Besoldungsgruppe,
b) die Erfahrungsstufe 1,
c) die Familienzulage der Stufe 3 (verheiratet und zwei Kinder)
d) Lohnsteuerklasse III

Auf dieser Grundlage erhält man die Jahresnettobesoldung. Zu ihr ist

e) das Kindergeld für zwei Kinder in Höhe von 4.848,- €

hinzuzuaddieren sowie sind

f) die Kosten für die PKV abzuziehen.

Als Ergebnis erhält man die jährliche Nettoalimentation.

Da die aktuellen Kosten für die PKV nicht vorliegen, habe ich sie auf Grundlage der vom Bundesverfassungsgericht für den Zeitraum von 2009 bis 2015 zugrunde gelegten extrapoliert (s. zu den Werten im aktuellen Beschluss unter Rn. 150 f.). Die PKV-Kosten sind in jenem Zeitraum im Jahresdurchschnitt um 2,5 Prozent gestiegen. Ich setze für den Zeitraum von 2016 bis heute erneut eine geringere Steigung voraus, um das Thema lieber von einem unteren Rand der Alimentationshöhe zu betrachten und gehe von einer jährlichen Steigung um 1,5 % aus. Damit wären die PKV-Kosten von 2015 nach 2020 von 5.586,24 € auf 6.017,97 € gestiegen (legte man eine durchschnittliche Steigerung um 2,0 % und 2,5 % zugrunde, wären 6.167,66 € und 6,320,31 € anzusetzen).

Zur Jahresnettobesoldung sind folglich 4.848,- € Kindergeld hinzuzuaddieren und davon 6.017,97 € abzuziehen – oder kürzer: von der Jahresnettobesoldung sind 1.169,97 € abzuziehen.

Auf dieser Grundlage lässt sich nun die Nettoalimentation berechnen, die das Land Berlin im aktuellen Kalenderjahr 2020 seinen Beamten gewährt, was zunächst für die unterste Besoldungsgruppe anhand der Angaben a) bis f) festgehalten werden soll:

Besoldungsgruppe A 4: Jahresnettobesoldung: 30.799,32 € - 1.169,87 € = 29.629,35 €.

Die reale Jahresnettobesoldung liegt um 7.732,19 € unterhalb der Variante I, müsste also um 26,1 % erhöht werden, um die Mindestalimentation zu erreichen. Sie liegt um 8.947,25 € unterhalb der Variante II, müsste also um 30,2 % erhöht werden, um die Mindestalimentation zu erreichen. Sie liegt um 9.833,76 € unterhalb der Variante III, müsste also um 33,2 % erhöht werden, um die Mindestalimentation zu erreichen.

Zugleich stellt sich die Frage, ab welcher Besoldungsgruppe wird eigentlich die Mindestalimentation erreicht, die ja eigentlich zwingend von der untersten, also der Besoldungsgruppe A 4 erreicht werden müsste, um zu einer verfassungskonformen Alimentation zu gelangen? Unter Beachtung der Angaben a) bis f) ergeben sich folgende Werte:


Besoldungsgruppe A 5: Jahresnettobesoldung: 31.092,04 € - 1.169,87 € = 29.922,07 €.
Besoldungsgruppe A 6: Jahresnettobesoldung: 31.301,72 € - 1.169,87 € = 30.131,75 €.
Besoldungsgruppe A 7: Jahresnettobesoldung: 32.083,16 € - 1.169,87 € = 30.913,19 €.
Besoldungsgruppe A 8: Jahresnettobesoldung: 33.224,96 € - 1.169,87 € = 32.054,99 €.
Besoldungsgruppe A 9: Jahresnettobesoldung: 35.271,81 € - 1.169,87 € = 34.101.84 €.
Besoldungsgruppe A 10: Jahresnettobesoldung: 36.472,72 € - 1.169,87 € = 35.302,75 €.


Bis hierhin lässt sich feststellen, dass in Berlin heute im Jahr 2020 noch nicht einmal die Besoldungsgruppe A 10 die Mindestbesoldungshöhe erreicht, die im Jahre 2015 (Variante I) die Besoldungsgruppe A 4 hätte zwingend erreichen müssen.


Besoldungsgruppe A 11: Jahresnettobesoldung: 40.044,22 € - 1.169,87 € = 38.874,25 €.


Die Besoldungsgruppe A 11 überschreitet nun die Mindestalimentationshöhe, die im Jahre 2015 die Besoldungsgruppe A 4 hätte zwingend erreichen müssen. Sie bleibt aber weiterhin hinten den Varianten II und III zurück. In Berlin erreicht also heute noch nicht einmal die Besoldungsgruppe A 11 das Alimentationsniveau, das eigentlich die Besoldungsgruppe A 4 zwingend erreichen müsste.


Besoldungsgruppe A 12: Jahresnettobesoldung: 42.111,42 € - 1.169,87 € = 40.941,45 €.


Die Besoldungsgruppe A 12 überschreitet nun auch in den Varianten II und III die Mindestalimentation. Sie erreicht also in etwa das Mindestniveau, das also die Besoldungsgruppe A 4 zwingend erreichen muss.

Deswegen, boysetsfire, alles richtig gemacht – ich freue mich (keine Floskel)!

2) Was folgt jetzt daraus für die Besoldungssystematik?

Jetzt komme ich endlich zu Deinem Beitrag, Was_Denn_Nun, und muss vorausschicken, dass ich praktisch keinerlei Ahnung von Informatik habe und von daher von dem, was Du schreibst, nur profitieren kann. Zugleich gehe ich davon aus, dass alle deutschen Besoldungsgesetzgeber in nächster Zeit auf die Expertisen ihrer Informatiker angewiesen sein werden, da eben die weitere Ausformung, womöglich auch ein gänzlicher Neuaufbau der Besoldungsordnungen bevorsteht, was mit den zu beachtenden rechtlichen Grundlagen, die sich aus dem Beamten- und Besoldungsrecht ergeben, zu tun hat. Denn an einer – für die weitere Entwicklung zentralen – Stelle liegt Deinen Überlegungen eine falsche Prämisse zugrunde, weshalb die zukünftige Ausgestaltung der Besoldungssystematik deutlich komplexer sein wird.

Du gehst im Moment noch davon aus, dass es möglich ist,

„Den Startpunkt für den Single A5s1 (115% auf h4 salopp gesagt h4)
Den Startpunkt für den Verheiratet A5s1 (115% auf h4 salopp gesagt h4)
Den Startpunkt für den Verheiratet mit K1 .… [zu setzen]
Lässt sich jetzt ja auch leicht ausrechnen.“

Wenn das so möglich wäre, wäre Deine Folgerung richtig, nämlich dass am Ende „etwas rauskommen, was den Fam mit Kinder sehr zu gute kommt und dem Rest wird minimal in Richtung RestderWelt nachgeholfen“.

Allerdings ist die Ausgangsprämisse so nicht möglich, da es nicht einen für die verschiedenen Gruppen unterschiedlichen Ausgangspunkt gibt, von dem aus die Besoldungsberechnungen starten können, weshalb sich letztlich juristisch auch gar nicht die Frage stellt, ob ein Single die amtsangemessene Alimentation erreicht oder nicht – denn diese und alle ähnlichen Fragen sind innerhalb der Besoldungssystematik nicht vorgesehen; insofern haben sie juristisch gesehen keine Relevanz und entfalten von daher keine praktische Bedeutung.

Wieso ist das so?

Der Besoldungsgesetzgeber ist zunächst gezwungen, auf sozialgesetzlicher Grundlage das sozialhilferechtliche Grundsicherungsniveau zu erstellen. Jenes ist zunächst einmal – gänzlich unabhängig vom Besoldungsgesetzgeber – für alle auf Sozialhilfe Angewiesenen wichtig – dient dabei aber vor allem einer ganz anderen Zweckstellung: Denn es ist ja dem Staat nicht verwehrt, seinen Bürgern einen höheren als den untersten Sozialhilfesatz zuzusprechen, wenn sie – aus welchen Gründen auch immer – über kein Einkommen verfügen.

Die eigentliche Zweckstellung der auf sozialgesetzlicher Grundlage erstellten Grundsicherung dient insofern dem Steuerrecht: Denn jene Grundsicherung ist steuerrechtlich betrachtet der höchste Wert, der steuerfrei gestellt werden muss (würde das Grundsicherungsniveau als niedrigster zu gewährender Anspruch besteuert werden, würde das zum Unterschreiten des Grundsicherungsniveau führen und wäre damit verfassungswidrig): Steuerrechtlich gesehen stellt das Grundsicherungsniveau das Existenzminimum dar, ist also der Betrag, der für alle einkommensteuerlich zu Veranlagenden freigestellt wird: ergo der Steuerfreibetrag. Oberhalb des Freibetrags wird jeder weitere Euro besteuert, findet man also Brutto- und Nettowerte. Unterhalb des Steuerfreibetrags gibt es steuerlich gesehen keine Bruttowerte, da keine Besteuerung stattfindet.

Daraus folgt aber weiterhin, dass jeder weitere Betrag, der von Sozialhilfe Betroffenen sozialgesetzlich zusteht und damit über den eigentlichen Wert des Existenzminimums (des Steuerfreibetrags) hinausreicht, steuerrechtlich ebenfalls nicht veranlagt werden darf: Denn sozialgesetzlich würde das wiederum zum Unterschreiten der Grundsicherung führen, was als solches verfassungswidrig ist.

Wenn also beispielsweise das Bundesverwaltungsgericht in seinem Vorlagebeschluss bei der Erstellung des Grundsicherungsniveaus zur Bestimmung der Unterkunftskosten auf ein Wohnkostenmodell analog zum Wohngeldgesetz zurückgegriffen hat (BverwG-Beschluss v. 22.9.2017 – BVerwG 2 C 56.16 u.a. – Rn. 160, 166-169; https://www.bverwg.de/220917B2C56.16.0), dann nahm es Unterkunftskostenzuschüsse nach der Sozialgesetzgebung zur Grundlage, da die Mietenstufen die jeweils steuerlich freigestellten Beträge definiert, die in Regionen mit einem bestimmten Mietenniveau zugrundezulegen sind. Vereinfacht ausgedrückt: Die Mietenstufen stellen – steuerrechtlich gesehen – mit Blick auf die Unterkunft einen Steuerfreibetrag für die jeweiligen Regionen dar, der für von Sozialhilfe Betroffene gilt; insofern handelt es sich bei den von ihnen definierten Werten ebenfalls um Nettobeträge.

Und damit kommen wir nun langsam zum Beamten- und Besoldungsrecht. Aus der historischen Entwicklung hat sich beamtenrechtlich das Alimentationsprinzip entwickelt, das zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählt und aussagt, dass der Dienstherr seine Beamte und ihre Familie lebenslang amtsangemessen zu alimentieren hat. Als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums ist das ein grundgesetzgleiches Recht.

Da das Alimentationsprinzip sich nicht nur auf den einzelnen Beamten, sondern auch auf seine Familie erstreckt, haben Besoldung und Alimentation sie mit zu beachten. In seinem aktuellen Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht das wie folgt formuliert: „Die vierköpfige Alleinverdienerfamilie ist demnach eine aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße, nicht Leitbild der Beamtenbesoldung.“ (Rn. 47)

Im Endeffekt hat sich historisch – erneut etwas vereinfacht ausgedrückt – die Bemessung der Alimentation und der Besoldung an der vierköpfigen Familie ausgerichtet, da die vierköpfige Familie das häufigste Familienmodell war. Da es als Bemessungsgrundlage historisch tradiert ist, behält es das Verfassungsgericht bei, da damit die Kontinuität der Rechtsprechung gewahrt werden kann. Deshalb hebt das Verfassungsgericht heute hervor, sie sei „Bezugsgröße“, aber kein „Leitbild“.

Da nun der Dienstherr die Beamten und ihre Familie amtsangemessen alimentieren muss, bedurfte es historisch eines Ausgangspunktes, eines Abgrenzungsbezugs, um eine noch amtsangemessene von einer nicht mehr amtsangemessenen Alimentation unterscheiden zu können. Auch das hat das Verfassungsgericht an gleicher Stelle und mit Blick auf seine ständige Rechtsprechung prägnant formuliert:

Das Alimentationsprinzip „besagt, dass bei der Bemessung der Besoldung der qualitative Unterschied zwischen der Grundsicherung, die als staatliche Sozialleistung den Lebensunterhalt von Arbeitsuchenden und ihren Familien sicherstellt, und dem Unterhalt, der erwerbstätigen Beamten und Richtern geschuldet ist, hinreichend deutlich werden muss“ und weiter: „Dieser Mindestabstand wird unterschritten, wenn die Nettoalimentation (unter Berücksichtigung der familienbezogenen Bezügebestandteile und des Kindergelds) um weniger als 15 % über dem Grundsicherungsniveau liegt“ (ebd. Rn. 47).

Und damit sind wir jetzt beim Ausgangspunkt sowohl der Besoldungsstaffelung als auch diesen Abschnitts angelangt: Es stellt sich rechtlich nicht die Frage (sie ist innerhalb der Besoldungssystematik nicht vorgesehen), ob ein lediger Beamter oberhalb oder unterhalb des 15-%igen Abstands zum Grundsicherungsniveaus alimentiert wird. Man könnte also anfangen, anhand der analogen Parameter, die sozialgesetzlich für Ledige gelten, deren Grundsicherungsniveau zu erstellen und daraus dann eine entsprechende Mindestalimentation berechnen – aber das würde rechtlich betrachtet zu einem inkommensurablen Ergebnis führen (also Äpfel mit Birnen vergleichen), da ein solches Vorgehen keine Rechtsgrundlage hat.

Der Dienstherr könnte so vorgehen, aber ein solches Vorgehen hätte die Berechtigung wie jedes andere Vorgehen auch (solange es verfassungskonform ist), das er auf Grundlage seines weiten Entscheidungsspielraums bei der Umsetzung seiner Pflicht, eine amtsangemessen Alimentation zu gewähren, hat. Jedes Vorgehen muss so gestaltet sein, dass es am Ende auf die eine einzige Mindestalimentation zurückzuführen ist, was ich einem weiteren Beitrag nachfolgend erläutere...

SwenTanortsch

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3) Die Mindestalimentation als Ausgangspunkt für die Besoldungsstaffelung

Als Zusammenfassung der bisherigen Darlegung kann insofern festgehalten werden, dass der Besoldungsgesetzgeber rechtlich verbindlich nur über ausschließlich einen Ausgangspunkt verfügt (einen anderen kann er sich nicht schaffen), von dem aus die Besoldungssystematik und damit der Besoldungsaufbau und die Besoldungsstaffelung zu vollziehen sind: die Nettomindestalimentation eines verheirateten Beamten mit zwei Kindern, der sich in der Eingangsstufe der untersten Besoldungsgruppe der Besoldungsordnung A befindet. Diese Mindestalimentation muss einen 15-%igen Abstand zum Grundsicherungsniveau einer entsprechend auf Sozialleistungen angewiesenen Familie aufweisen.

Daraus resultieren nun für den Besoldungsgesetzgeber mehrere Probleme.

a) Das Nettoprinzip

Sein erstes Problem ist, dass er mit der Mindestalimentation über einen Nettowert verfügt, was sich daraus ergibt, dass der sozialgesetzliche Vergleichspunkt nur das Nettoprinzip kennt. Die Ableitung aus dem Sozialrecht lässt den Ausgangspunkt als Nettowert entstehen – und in dem Moment, wo er vorhanden ist, ist er vom Sozialrecht als solchem ausnahmslos befreit, jedoch nicht von ihrer Wirkung. Ausnahmslos ist er vom Sozialrecht deshalb befreit, weil jede Alimentation oberhalb der Grundsicherung liegt, wodurch ein Beamter qua Amt keinen Sozialhilfeanspruch haben kann. Das ist Folge des eben schon zitierten „qualitativen Unterschieds“ und verdeutlicht, dass das Besoldungsrecht eine andere Zweckstellung verfolgt als das Sozialrecht.

Nichtsdestotrotz kann der Besoldungsgesetzgeber nicht willkürlich mit der Wirkung – also den Folgen – der Sozialgesetzgebung umgehen: So hat er beispielsweise mit Blick auf die Besoldung die aus den sozialrechtlichen Grundlagen entspringenden Konsequenzen für Familien zu beachten. Die Ableitung der Mindestalimentation aus der Grundsicherung bindet den Besoldungsgesetzgeber und schränkt ihn in seinem weiten Entscheidungsspielraums ein, über den er bei der Umsetzung seiner Pflicht, eine amtsangemessen Alimentation zu gewähren, verfügt. Darauf wird noch einmal zurückzukommen sein.

Das erste Problem ist aber zunächst, dass am Ausgangspunkt ein Nettobetrag steht, die Besoldung und ihre weiteren Bestandteile wie beispielsweise Zulagen und Sonderzahlungen aber als Bruttobeträge auszuzahlen sind. Gäbe es nur ein Grundgehalt als einzigen Besoldungsbestandteil, dann wäre die Berechnung der Bruttobesoldung einfach – und es würde auch kein Besoldungsgesetzgeber gehindert werden (höchstwahrscheinlich zumindest), so vorzugehen, also auf jegliche Besoldungsdifferenzierung zu verzichten und ein Besoldungssystem nur anhand von Besoldungsgruppen und Besoldungsstufen zu erstellen, das also keine Zuschläge, Zulagen und Sonderzahlungen etc. kenne würde. Ein solches System würde jedoch für ihn teuer werden, da er die Besoldung dann nicht mehr differenzieren und damit für einzelnen Gruppen begrenzen könnte.

Das erste – oder ein erstes – Problem liegt also zunächst darin, aus einem Nettowert wieder viele Bruttowerte zu machen, die dann am Ende zusammengenommen einen Bruttobetrag gewähren, der einem progressiv verfahrenden Steuersystem unterworfen ist und unter dessen Beachtung schließlich - nach Addition des Kindergelds und Subtraktion der PKV-Kosten - oberhalb der Netto-Mindestalimentation liegt (als Folge des Problems sind beispielsweise manche Zuschläge oder Zulagen an Besoldungsgruppen gebunden und folglich entsprechend differenziert).

b) Die Wirkungen der Sozialgesetzgebung

Aus dem Gleichheitssatz ist abzuleiten, dass die aus einem bestimmten Zweck zustande gekommenen Beträge der ursprünglich sozialgesetzlich vorgenommenen Festsetzungen, weiter wirken müssen. Das gilt offensichtlich beispielsweise für die familiären Bestandteile der Berechnung des Grundsicherungsniveau. Der Besoldungsgesetzgeber kann wegen des Gleichheitssatzes den Beamten, die ja vom Recht der Inanspruchnahme von Sozialleistungen ausgeschlossen sind (das Alimentationprinzip hat dafür zu sorgen, dass ein solcher Anspruch nicht auftreten kann), nicht das Gut verwehren, dass den vom Sozialsystem Abhängigen als Grundsicherung gewährt wird.

Das ist auch genau der Grund, weshalb das Bundesverfassungsgericht die Besoldungsgesetzgeber seit jeher an seine Beobachtungspflicht erinnert und gemahnt. Denn genau dieser Beobachtungspflicht ist das Berliner Abgeordnetenhaus – wie im aktuellen Beschluss hervorgehoben – weder mit Blick auf die Unterkunfts- und Heizkosten noch bei den Bedarfen von Bildung und Teilhabe ausreichend nachgekommen (vgl. insbesondere Rn. 53 und 71).

Eine zentrale Wirkung, die der Besoldungsgesetzgeber zu beachten hat, sind folglich die bei der Bestimmung der Grundsicherung im familiaren Rahmen gewährten Beträge, also insbesondere die Regelleistungen für zwei Kinder und die realitätsgerechten Bedarfe für Bildung und Teilhabe, aber auch in Teilen die realitätsgerechten Heiz- und Unterkunftskosten, da diese ja auf der Grundlage nicht nur von zwei Erwachsenen, sondern auch von zwei Kindern beruhen. Der Besoldungsgesetzgeber kann folglich  all diese weiterwirkenden Bestandteile allen Beamten gewähren – er kann sie aber nicht, da hier eine aus dem Gleichheitssatz abzuleitende mittelbare Wirkung gegeben ist, den Familien verwehren.

Die zukünftig realitätsgerecht höher zu veranschlagenden Kosten für die Heiz- und Unterkunftskosten sowie die Bedarfe für Bildung und Teilhabe werden sich auch und gerade mit Blick auf die Kosten der Bedarfe für Bildung und Teilhabe in höheren Familienzuschlägen niederschlagen müssen. Diese werden sich folglich – unabhängig von den Grundgehältern – zukünftig erhöhen, und zwar das eventuell recht deutlich.

Ein Problem für den Besoldungsgesetzgeber wird dabei allerdings sein, dass sich die konkreten Beträge wegen des qualitativen Unterschieds von Leistungen der Grundsicherung und der Alimentation von Beamten grundsätzlich nie eins zu eins aus den sozialrechtlichen Vorgaben ableiten oder sogar auf den Cent genau berechnen lassen. Hierhin zeigt sich sowohl die andere Zweckstellung von Sozial- auf der einen und Beamten- und Besoldungsrecht auf der anderen Seite als auch der weite Entscheidungsspielraum, über den der Besoldungsgesetzgeber bei der Umsetzung seiner Pflicht, eine amtsangemessen Alimentation zu gewähren, verfügt.

Der Besoldungsgesetzgeber kann und muss folglich seinen weiten Entscheidungsspielraum nutzen, um eine nach Gruppen differenzierte Besoldung zu entwickeln und zu gewähren, ohne dass er während der Entwicklung oder Fortführung der Systematik mit Blick auf die Differenzierung konkret bis ins letzte einzuhaltende Vorgaben vorfindet. Sein Entscheidungsspielraum bleibt weit, aber kann nicht willkürlich genutzt werden und verbleibt grundsätzlich immer der gerichtlichen Kontrolle unterworfen.

Um es wiederum an den Familienzuschlägen zu verdeutlichen: Der Besoldungsgesetzgeber kann die für die Festsetzung des Grundsicherungsniveaus relevanten Werte so eng auslegen, dass am Ende die Familienzuschläge in Teilen oder als Ganzes zu gering ausfallen, was als letztes wiederum vom Verfassungsgericht entschieden werden müsste (also ob eine zu enge Auslegung vorhanden war); er kann sie aber auch so weit ausdehnen (und sie am Ende ja nur einem Teil der Beamten gewähren), dass am Ende ihre Ableitung aus der Mindestalimentation so hoch ausfällt, dass wiederum andere Teile, die aus der Mindestalimentation entspringen, zu gering bemessen werden – auch das müsste im letzten das Verfassungsgericht entscheiden. Die Mindestalimentation legt eine Richtschnur fest, einen Korridor, sie zwingt den Besoldungsgesetzgeber, diese nicht wesentlich zu unterschreiten, sie lässt ihm aber jedes Recht, sie am Ende zu überschreiten.

c) Die Unterkunftskosten und das Grundgehalt

Und damit wären wir nun bei den Unterkunftskosten – wobei ich mich hier nun kürzer fassen kann, weil hierzu schon viel geschrieben worden ist.

Anders als bei Familienbestandteilen sind von Unterkunftskosten alle Beamten und ihre Familie betroffen. Auch hier entfaltet nun die ursprüngliche Berechnungsgrundlage Wirkung. Denn da das Verfassungsgericht gerade sie bei der Festsetzung des Grundsicherungsniveaus unter einem realitätsgerechten Blick als bislang deutlich zu gering erachtet hat und sie also bezogen auf die Mindestalimentation einen nun prozentual und real deutlich höheren Anteil haben als zuvor, müssen sie in geeigneter Form bei der Besoldung aller Beamten Beachtung finden.

Dabei legt das Verfassungsgericht zunächst fest, dass zur Berechnung der Unterkunftskosten das Wohnortsprinzip greift (Rn. 58). Es differenziert im Folgenden aber nicht eindeutig zwischen Wohn- und Dienstort, hebt jedoch – wie schon zitiert – hervor: „Anders als die Regierung des Saarlandes in ihrer Stellungnahme ausführt, kann der Dienstherr nicht erwarten, dass Beamte der untersten Besoldungsgruppe ihren Wohnsitz ‚amtsangemessen‘ in dem Ort wählen, der landesweit die niedrigsten Wohnkosten aufweist. Diese Überlegung entfernt sich unzulässig vom Grundsicherungsrecht, das die freie Wohnortwahl gewährleistet, insbesondere auch den Umzug in den Vergleichsraum mit den höchsten Wohnkosten.“ (Rn. 60)

Die Aussagen des letzten Zitats führen aus, dass es dem Beamten möglich sein muss, selbst dann seine Unterkunft auch an einem Wohnort mit den höchsten Wohnkosten zu wählen, wenn sein Dienstort sich an einem Ort mit den niedrigsten Wohnkosten befindet. Auch das verdeutlicht, dass ein die Abstufung der Besoldung über eine geringe Grundbesoldung und dann in hohen Differenzen gestaffelte Ortszuschläge verfassungsrechtlich kaum möglich sein sollte (unabhängig von den in den letzten Tagen dargelegten Gründen, die dagegen sprechen würden).

Nicht umsonst führt das Verfassungsgericht mit Blick auf die generelle Bedeutung des Grundgehalt bei der Bemessung der Besoldungs- und Alimentationshöhe zwar zunächst aus: „Ob eine zur Behebung eines Verstoßes gegen das Mindestabstandsgebot erforderliche Neustrukturierung des Besoldungsgefüges zu einer Erhöhung der Grundgehaltssätze einer höheren Besoldungsgruppe führt, lässt sich daher nicht mit der für die Annahme eines Verfassungsverstoßes erforderlichen Gewissheit feststellen.“ (Rn. 49) Damit lässt es zunächst offen, wie der Besoldungsgesetzgeber auf einen Verstoß gegen Mindestabstandsgebot zu verfahren hat; alles andere würde auch in den weiten Gestaltungsspielraum des Besoldungsgesetzgebers eingreifen.

Jedoch führt das Verfassungsgericht im direkten Anschluss weiter aus: „Die Wahrscheinlichkeit hierfür [für eine Erhöhung der Grundgehaltssätze] ist umso größer, je näher die zur Prüfung gestellte Besoldungsgruppe selbst an der Grenze zur Mindestbesoldung liegt. Je deutlicher der Verstoß ausfällt und je mehr Besoldungsgruppen hinter dem Mindestabstandsgebot zurückbleiben, desto eher ist damit zu rechnen, dass es zu einer spürbaren Anhebung des gesamten Besoldungsniveaus kommen muss, um die gebotenen Abstände zwischen den Besoldungsgruppen wahren zu können.“ (ebd.)

Auch damit wird deutlich, dass die Wirkung der sozialgesetzlich festgestellten hohen Unterkunftskosten sich fortsetzen auf alle Beamte. Denn wie oben dargelegt, bleiben derzeit offensichtlich alle Berliner Besoldungsgruppen bis einschließlich mindestens A 11 hinter der Mindestalimentation zurück, so dass die Heilung – da der Mangel stark aus einer bisher deutlich zu geringen Beachtung der Unterkunftskosten herrührt und von diesen zu gering beachteten Kosten alle Beamte betroffen sind – nur durch entsprechende Anhebung der Grundgehälter erfolgen kann.

Um am Ende die Mindestalimentation in der untersten A-Besoldungsgruppe zu gewähren, sollte insofern eine deutliche Erhöhung des Grundgehaltssatzes erforderlich sein. Mit Blick auf die übergreifende Thematik – die Besoldungssystematik und Besoldungsstaffelung – sollte es kaum anders möglich sein, als von hieraus die nötige Heilung in Angriff zu nehmen. Und das dürfte zugleich ein komplexes Unterfangen sein, um die verfassungsrechtlich zu beachtenden weiteren Parameter innerhalb eines progressiven Steuersystems ebenfalls zu erfüllen, die sich aus der Weiterwirkung der ursprünglich sozialgesetzlichen Bestimmung ergeben: also anhand von Zuschlägen, Zulagen und ggf. Sonderzahlungen.

Denn damit im Orchester muss dann die Besoldungsstaffelung erfolgen, die das Abstandsgebot einhält, also auch mit Blick auf das Zuschlags-, Zulagen und Sonderzahlungssystem, sodass am Ende das Abstandsgebot für und zwischen allen Besoldunsgruppen und Besoldungsstufen erfüllt wird. Arbeitslos, Was_Denn_Nun, werdet ihr Informatiker in Zukunft wohl eher nicht werden.

Unknown

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Ich stelle einfach meine Frage nochmal:

Zählt bei einem möglichen Ortszuschlag der Ort der Dienststelle oder der Wohnort?
Was würde passieren, wenn die Regierung aus welchen Gründen auch immer den Regelsatz an die richtigen Bedingungen angleicht? Nehmen wir einfach mal 200 Euro mehr an. Unabhängig davon, ob dieses passieren würde oder nicht, aber müssten dann die Bezüge noch stärker ansteigen?
Eines ist doch klar, dass die Länder gar nicht die finanziellen Mittel haben, diese möglichen Erhöhungen zu finanzieren. Aus diesem Grund bin ich mir ziemlich sicher, dass auf alle Fälle versucht wird irgendeine Krücke zu finden, um die Mehrausgaben so gering wie möglich zu halten. Letztendlich würde es den Ländern Milliarden kosten. Natürlich haben sie auch über die Jahre Milliarden eingespart durch gar keine oder nur sehr geringe Erhöhungen.
Wie sollen die massiven Mehraussagen finanziert werden? Die Länder und Kommunen sind doch jetzt schon chronisch pleite. Da kann man die jetzt kommenden Tarifverhandlungen mit den paar Prozent ja total vergessen.

SwenTanortsch

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Wie ich gerade geschrieben habe (innerhalb eines sehr langen Beitrags, sodass das es dort leicht untergeht), Unknown, unterscheidet das Bundesverfassungsgericht offensichtlich nicht zwischen Dienst- und Wohnortprinzip. Würde es das tun, würde es unverhältnismäßig in den weiten Entscheidungsspielraum eingreifen, über den der Besoldungsgesetzgeber verfügt.

Zugleich kann es durch die derzeit massiven Mehrausgaben bei gleichzeitigem Wegfall erheblicher Steuereinnahmen am Ende tatsächlich zu einer Haushaltsnotlage kommen. Diese hätte der Besoldungsgesetzgeber innerhalb seiner Gesetzesbegründung auf der dritten Prüfungsstufe zu konstatieren und umfassend nachzuweisen.

Sofern dieser Nachweis berechtig gebracht ist, dürfte er eine amtsangemessene Alimentation unterschreiten - jedoch müsste er dafür ein umfassendes Haushalts- und Sparkonzept entwickeln, in dem die Beamtenbesoldung nur ein anteilig verhältnismäßiger Teil sein darf.

In der Vergangenheit war es eher so, dass die Haushaltskonsolidierung offensichtlich deutlich auf dem Rücken der Beamten ausgetragen worden ist - und war es bislang ausnahmslos so, dass kein Besoldungsgesetzgeber ein entsprechendes Konzept seiner Gesetzesbegründung beigefügt hat. Solange das nicht geschieht, ist eine Unteralimentation verfassungswidrig.