Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 2716306 times)

micha77

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2160 am: 14.09.2021 15:49 »
Deshalb scheint der Hess. VGH im Herbst 2020 beim Prozessbeauftragten des Hessischen Innenministeriums schriftlich ein Anerkenntnis der anhängigen Klage angeregt zu haben, wie es der Beitrag hervorhebt. Sofern das Innenministerium darauf eingegangen wäre - so ist zu vermuten -, bräuchte man in Hessen wohl nicht weiter zu warten.

sorry, ich stehe gerade auf dem Schlauch...auf was braucht man nicht warten? Auf ein Urteil vom Verwaltungsgerichtshof?

micha77

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2161 am: 14.09.2021 15:53 »
@Rentenonkel: Die Forderung der Union ist ja auch eine, die man durchaus stellen kann. Wenn man der Meinung ist, dass die Gut- und Bestverdienenden (insbes. Familien) zu viele Steuern zahlen, dann kann der Vorschlag dies angehen. Allein: Es ist keine Lösung für das hier diskutierte Problem, dass einige Beamten-Familien weniger als die 115% des Existenzminimums zur Verfügung haben. Und darauf wollte ich hinweisen...

Das sehe ich anders: Wenn der kleinsten Beamtenfamilie 9500 EUR / Jahr für eine verfassungsgemäße (Netto-)Besoldung fehlen, müsste der (Landes-)Gesetzgeber die (Brutto-)Alimente bei der derzeitigen Steuergesetzgebung um etwa 11.500 EUR bis 12.000 / Jahr brutto anheben.

Je nachdem, welches politische Modell sich auf Bundesebene für die finanzielle Verbesserung der Kinder durchsetzt, könnten aber auch schon 6000 EUR - 9000 EUR brutto / Jahr reichen. Für die betroffene Beamtenfamilie mag es egal sein, aus welcher Tasche die insgesamt 9.500 EUR netto / Jahr fließen. Für den Landesgesetzgeber ist es sicherlich nicht egal. Je stärker er den kleinsten Beamten für eine verfassungsgemäße Alimentation unterstützen muss, desto weitreichender sind die Folgen auf die gesamte Besoldungsstruktur.

Im Hinblick auf die nötigen Erhöhungen der betroffenen und der darauf aufbauenden Besoldungsgruppen geht es da schon um nennenswerte Unterschiede in der Haushaltsplanung.

...und was ist mit den möglichen Nachzahlungen? Da müssten sich dann die jeweiligen Länder was zusammenstricken?

ACDSee

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2162 am: 14.09.2021 16:35 »
In Sachsen-Anhalt müsste aufgrund einer seit 2015 jährlich erneuerten Zusage des dortigen Finanzministeriums, dass kein Widerspruch gegen die Besoldungshöhe notwendig sei, auf Basis der noch ausstehenden Neuregelung ab 2015 für alle Beamten nachgezahlt werden.

Vor 2015 besteht somit wohl nur dann die Hoffnung auf eine Nachzahlung, wenn man bereits in den Jahren vor 2015 Widerspruch erhoben hat. Die Situation in anderen Bundesländern ist mir nicht bekannt.

xap

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2163 am: 14.09.2021 17:34 »
@was_guckst_du: Bisher behauptet auch nur Herr Hasselhoff, das die Besoldung in dieser Form Verfassungsgemäß wäre. Mal sehen was unser oberstes Gericht in ein paar Jahren dazu sagt, wenn die entsprechenden Klagen durchgefochten wurden.
...ja, das kann (und wird) dauern...und bis dahin schauen sie in die Röhre...wenn es dann das Berufsbeamtentum in heutiger Form überhaupt noch gibt..

Geh einfach woanders Trollen. Dein Gesabbel interessiert keine Sau.

sapere aude

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2164 am: 14.09.2021 18:01 »
Ich finde die Argumentation im Entwurf eigentlich stimmig und konsequent umgesetzt. Es wird auch auf eine "Weltverbesserungsideologie" (siehe Schleswig-Holstein) verzichtet.
Redlich verhält sich das Land auch bezüglich der Zusage aus bzw. ab 2015. Andere Dienstherren haben diesbezüglich erhebliche Erinnerungslücken.

Bzgl. Hessen
"Die Gesetzgebung zu einer insgesamt verfassungsgemäßen Alimentation in Hessen anhand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und anhand des noch ausstehenden Urteils des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs zu unserer Klage möchten wir gesondert behandeln. Dies würde die Einkommensrunde sicher überfrachten. Außerdem hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof ja noch nicht entschieden."

https://www.dbb-hessen.de/aktuelles/news/tarifverhandlung-fuer-den-oeffentlichen-dienst-in-hessen-schwieriger-start/

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2165 am: 14.09.2021 18:31 »

@topic: Verstehe ich das Richtig, das die Maßgabe der "vierköpfigen Einzelverdiener Beamtenfamilie" solange fortgilt, bis das Bundesverfassungsfericht anderweitig befindet?
Das OVG Schleswig-Holstein hat das Thema im obigen Urteil mMn ja recht gut ausgeführt.

Das Bundesverfassungsgericht legt sie in ständiger Rechtsprechung seinen Entscheidungen zu Grunde, sofern die Nettoalimentation eine Rolle spielt, da die Amtsangemessenheit der Alimentation als Beurteilungsgrundlage sich grundsätzlich an der absoluten Höhe der Nettobezüge bemisst (BVerfG, Urt. v. 5.5.2015, 2 BvL 17/09, Rn. 104). In diesem Sinne ist die vierköpfige Alleinverdienerfamilie eine aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße, für die ausschließlich Direktiven mit Blick auf die Amtsangemessenheit der Besoldung vorliegen (BVerfG, Urt. v. 4.5.2020, 2 BvL 4/18, 47). Kinderreiche Familien sind hingegen als Sonderfall der Besoldungsrechtsprechung zu verstehen, weil das BVerfG in ständiger Rechtsprechung auf Grund der bisherigen Praxis des Besoldungsgesetzgebers davon ausgeht, dass er die Grundbesoldung so bemisst, dass sie (zusammen mit den Familienzuschlägen für den Ehepartner und die ersten beiden Kinder) in allen Stufen der Besoldungsordnung im Wesentlichen amtsangemessen ist (BVerfG, Urt. v. 4.5.2020, 2 BvL 6/17,  Rn. 30). Für Ein-Kind- oder kinderlose Ehen gibt es hingegen in der Besoldungsrechtsprechung - jedenfalls mit Blick auf die Nettobezüge - keine Rechtsprechung. Deshalb knüpft das Bundesverfassungsgericht die Bemessung der Mindest- und der Nettoalimentation auch weiterhin direktiv an die vierköpfige Alleinverdienerfamilie, die entsprechend vom Gesetzgeber zu beachten sind, da es keine anderen Direktiven gibt.

@ Micha77

Ja, wenn die Regierung des Landes Hessen der Anregung des Hessischen Verwaltungsgerichtshof, die anhängige Klage anzuerkennen, akzeptiert hätte, hätte sie damit den offensichtlich verfassungswidrigen Gehalt akzeptiert, der u.a. darin zu suchen ist, dass selbst in der ersten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 11 die Mindestalimentation nicht erreicht wird. Als Folge müsste der rechtswidrige Zustand behoben werden, da der Gesetzgeber eine mit der Verfassung unvereinbare Rechtslage weder für die Gegenwart noch für die Vergangenheit fortbestehen lassen darf (BVerfG, Beschl. v. 22.3.1990, 2 BvL 1/86, Rn. 65.

HansGeorg

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2166 am: 15.09.2021 07:05 »
Der Gesetzesentwurf Sachsen-Anhalt  widerspricht dem aber ein bisschen. Hier wird angenommen, dass die Bezugsgröße kein Leitbild sei und wohlaber auch der Verdienst der Ehefrau/ des Ehemanns in die Bemessung der Besoldung mit anzunehmen sei. Ich verstehe nicht ganz ob sich da etwas schöngeredet werden soll oder aber wieder ein neues Faß der igrnoranz gegenüber bisheriger Rechtssprechung geöffnet wird.

was_guckst_du

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2167 am: 15.09.2021 08:02 »
NRW - Gesetz zur Alimentation kinderreicher Familien
und zur Besoldung bei begrenzter Dienstfähigkeit
verabschiedet


Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Beschluss vom 4.5.2020 - 2 BvL 6/17 - die Verfassungswid-
rigkeit der Höhe des bisherigen Familienzuschlags in der Besoldung für das dritte und jedes weitere
zu berücksichtigende Kind festgestellt und das Land Nordrhein-Westfalen verpflichtet, eine Neurege-
lung zu schaffen. Am 9.9.2021 wurde das entsprechende Gesetz im Landtag endgültig verabschiedet.
Gruß aus "Tief im Westen"

Meine Beiträge geben grundsätzlich meine persönliche Meinung zum Thema wieder und beinhalten keine Rechtsberatung. Meistens sind sie ernster Natur, manchmal aber auch nicht. Bei einer obskuren Einzelfallpersönlichkeit antworte ich auch aus therapeutischen Gründen

Rentenonkel

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2168 am: 15.09.2021 09:17 »
@Rentenonkel: Die Forderung der Union ist ja auch eine, die man durchaus stellen kann. Wenn man der Meinung ist, dass die Gut- und Bestverdienenden (insbes. Familien) zu viele Steuern zahlen, dann kann der Vorschlag dies angehen. Allein: Es ist keine Lösung für das hier diskutierte Problem, dass einige Beamten-Familien weniger als die 115% des Existenzminimums zur Verfügung haben. Und darauf wollte ich hinweisen...

Das sehe ich anders: Wenn der kleinsten Beamtenfamilie 9500 EUR / Jahr für eine verfassungsgemäße (Netto-)Besoldung fehlen, müsste der (Landes-)Gesetzgeber die (Brutto-)Alimente bei der derzeitigen Steuergesetzgebung um etwa 11.500 EUR bis 12.000 / Jahr brutto anheben.

Je nachdem, welches politische Modell sich auf Bundesebene für die finanzielle Verbesserung der Kinder durchsetzt, könnten aber auch schon 6000 EUR - 9000 EUR brutto / Jahr reichen. Für die betroffene Beamtenfamilie mag es egal sein, aus welcher Tasche die insgesamt 9.500 EUR netto / Jahr fließen. Für den Landesgesetzgeber ist es sicherlich nicht egal. Je stärker er den kleinsten Beamten für eine verfassungsgemäße Alimentation unterstützen muss, desto weitreichender sind die Folgen auf die gesamte Besoldungsstruktur.

Im Hinblick auf die nötigen Erhöhungen der betroffenen und der darauf aufbauenden Besoldungsgruppen geht es da schon um nennenswerte Unterschiede in der Haushaltsplanung.

...und was ist mit den möglichen Nachzahlungen? Da müssten sich dann die jeweiligen Länder was zusammenstricken?

In NRW sind von den errechneten Ansprüchen für kinderreiche Beamte in Höhe von rund 600 MIO EUR für die Zeit von 2011-2020 bereits rund 568 MIO EUR verjährt. Es werden nach den ersten Berechnung für diesen Zeitaum lediglich 32 Mio EUR im Haushalt bereit gestellt. Mit Nachzahlungen für die Vergangenheit haben daher die wenigsten Beamten zu rechnen, es sei denn, es liegen noch offene Verfahren für die Vergangenheit vor oder die jeweilige Landesregierung zahlt diese freiwillig und ohne Rechtsanspruch nach.

WasDennNun

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2169 am: 15.09.2021 09:19 »
NRW - Gesetz zur Alimentation kinderreicher Familien
und zur Besoldung bei begrenzter Dienstfähigkeit
verabschiedet


Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Beschluss vom 4.5.2020 - 2 BvL 6/17 - die Verfassungswid-
rigkeit der Höhe des bisherigen Familienzuschlags in der Besoldung für das dritte und jedes weitere
zu berücksichtigende Kind festgestellt und das Land Nordrhein-Westfalen verpflichtet, eine Neurege-
lung zu schaffen. Am 9.9.2021 wurde das entsprechende Gesetz im Landtag endgültig verabschiedet.
Na immerhin ein erster Schritt!

Und ich finde es immer noch eine bodenlose Ungerechtigkeit, dass Singles und andere Kinderlose Beamte so extrem viel bessergestellt sind, als die mit Kindern!
Und ich verstehe immer noch nicht, warum es erlaubt ist, dass Beamte mit 1 oder 2 Kinder schlechter gestellt werden dürfen, als der Single, die Beamten mit 3 Kinder aber nicht einen Euro weniger für sich haben dürfen als die mit 2 Kinder.
Ein in sich absolut korruptes und faules System welches so extrem mit zweierlei Maß misst, dass gehört gehörig aufgeräumt.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2170 am: 15.09.2021 10:45 »
Der Gesetzesentwurf Sachsen-Anhalt  widerspricht dem aber ein bisschen. Hier wird angenommen, dass die Bezugsgröße kein Leitbild sei und wohlaber auch der Verdienst der Ehefrau/ des Ehemanns in die Bemessung der Besoldung mit anzunehmen sei. Ich verstehe nicht ganz ob sich da etwas schöngeredet werden soll oder aber wieder ein neues Faß der igrnoranz gegenüber bisheriger Rechtssprechung geöffnet wird.

Auch dieser Gesetzentwurf zimmert sich die je eigene Welt, was für Regierungen Sachsen-Anhalts mittlerweile eine gute Tradition darstellt. Nach 2015 hat man sich eng an den verfassungswidrigen Regelungen Sachsens orientiert, die das Bundesverfassungsgericht 2017 entsprechend behandelt hat (BVerfG, Beschl. v. 23.05.2017, 2 BvR 883/14). Derzeit orientiert man sich eng an den Ideen der Thüringer Landesregierung, zu der das Battis-Gutachten gerade alles, was nötig ist, gesagt hat (und für die es sicherlich interessant werden wird, was der Wissenschaftliche Dienst des Landtages zum Thema sagen wird, den die Grünen mit einer Begutachtung des aktuellen Gesetzentwurfs beauftragt haben). Das lässt sich für Sachsen-Anhalt beispielsweise anhand der Bemessung der Unterkunftskosten zeigen, mit denen das Land nun Thüringer Ideen folgt. Denn auch hier wird zunächst zwar die BVerfG-Entscheidung vom 04.05.2020 korrekt referiert (ST-Drs. 8/138 v. 7.9.2021, S. 45 f.), jedoch dabei ebenfalls die maßgebliche sozialgerichtliche Rechtsprechung ausgeklammert. Als Folge werden nicht das vom Bundesverfassungsgericht auf Grundlage der maßgeblichen BSG-Entscheidungen zu Grunde gelegte 95 %-Perzentil als Summe der laufenden Unterkunfts- und laufenden Betriebskosten und danach die realitätsgerechten Heizkosten betrachtet, sondern wie in Thüringen eine nicht realitätsgerechte Betrachtung vorgenommen. Als Ergebnis werden beispielsweise für das Jahr 2008 monatliche warme Unterkunftskosten in Höhe von 594,- € zu Grunde gelegt (vgl. ebd., S. 91). Nach Maßgabe der aktuellen BVerfG-Entscheidung betragen sie realitätsgerecht hingegen 720,- € als Summe der entsprechenden 95 %-Perzentile und der laufenden Heizkosten unter Beachtung des Heizspiegels für Deutschland, sodass allein diesbezüglich ein Fehlbetrag von monatlich 126 € bei der Bemessung des Grundsicherungsniveaus vorliegt, der sich bei der Bemessung der Mindestalimentation auf rund 145,- € erhöht und also im Jahr 2008 zu einem jährlichen Fehlbetrag von rund 1.740,- € führt. Allein diese fehlerhafte Bemessung macht die weiteren rund 230 Seiten des Gesetzentwurfs gegenstandslos, da unter Beachtung der realitätsgerechten Kosten für die Unterkunft in jedem Jahr seit 2008 eine amtsangmessene Alimentation deutlich verfehlt wird. So würde allein unter Beachtung der gerade dargelegten Prämisse die Mindestalimentation 2008 nicht 23.780,72 € betragen, sondern 25.519,52 € (vgl. ebd., S. 91 f.). Denn die gewährte Nettoalimentation - über deren Berechnung ebenfalls noch etwas zu sagen wäre - betrug 2008 nach Ansicht der Landesregierung nur 23.869,27 € (ebd., S. 94). Da der Gesetzgeber aber, wie gestern schon hervorgehoben, eine mit der Verfassung unvereinbare Rechtslage weder für die Gegenwart noch für die Vergangenheit fortbestehen lassen darf (BVerfG, Beschl. v. 22.3.1990, 2 BvL 1/86, Rn. 65), braucht es keine weitere Betrachtung jenes Entwurfs mehr, da er bereits durch diese paar Zeilen im Sinne unserer Rechtsordnung gegenstandslos geworden ist.

Um nun aber solche durch nichts zu rechtfertigende Konstruktionen irgendwie scheinbar rechtfertigen zu wollen, sind als wiederehrende Folge auch hier Destruierungen unserer Rechtsordnung fast zwangsläufig nötig, so wenn die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gezielt diskreditiert wird, als handelte es sich bei ihm um einen politischen Gegner in Wahlkampfzeiten und nicht um eine unabhängige staatliche Gewalt, die offensichtlich ein Bisschen mehr Respekt verdiente, wenn man sich nicht auf das Niveau auftrumpender und piseliger Vertreter anderer Rechtauffassungen herabbegeben möchte: "Die 'Alleinverdienerfamilie', bestehend aus der Beamtin oder dem Beamten, der nicht erwerbstätigen Ehegattin/des nicht erwerbstätigen Ehegatten sowie zwei Kindern, bezeichnet das Bundesverfassungsgericht als 'Bezugsgröße, jedoch nicht Leitbild der Beamtenbesoldung' (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2020 - 2 BvL 4/18 - Rdnr. 47), wobei den Berechnungen dieser vierköpfigen Alleinverdienerfamilie die niedrigste Besoldungsgruppe und die niedrigste Erfahrungsstufe zugrunde gelegt werden müssen. In der Wirklichkeit dürfte diese Bezugsgröße gar nicht oder im Einzelfall nur kurzzeitig auftreten, denn bei jedem Stufenaufstieg erhöht sich bereits die Besoldung und die beiderseitige Berufstätigkeit dürfte in der Realität angestrebt und umgesetzt werden. Demnach kann davon ausgegangen werden, dass keine Beamtin oder kein Beamter Bezüge bezieht oder zukünftig beziehen wird, die nur knapp oberhalb der verfassungsrechtlichen Untergrenze liegen." (ST-Drs. 8/138 v. 7.9.2021, S. 8 ) In der Wirklichkeit werden weiterhin diverse Besoldungsgruppen unterhalb der verfassungsrechtlichen Untergrenze alimentiert und sollen das auch weiterhin auf Grundlage eines Gesetzes werden, das Abgeordnete beschließen sollen, die nach Maßgabe der gerade zitierten Betrachtung nur kurzzeitig dafür ein Mandat haben, was deren Entscheidung genauso wenig delegitimierte, wie eine amtsangemessene Alimentation von Leitbildern abhängig ist, unabhängig davon, von welcher Partei diese produzieren werden. Die Norm setzt das Recht und nicht Leitbilder - dieser letzte Satz dürfte weitgehend das zusammenfassen, was das BVerfG in der besagten Rn. 47 sagen möchte.

lotsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2171 am: 15.09.2021 12:43 »


In NRW sind von den errechneten Ansprüchen für kinderreiche Beamte in Höhe von rund 600 MIO EUR für die Zeit von 2011-2020 bereits rund 568 MIO EUR verjährt. Es werden nach den ersten Berechnung für diesen Zeitaum lediglich 32 Mio EUR im Haushalt bereit gestellt. Mit Nachzahlungen für die Vergangenheit haben daher die wenigsten Beamten zu rechnen, es sei denn, es liegen noch offene Verfahren für die Vergangenheit vor oder die jeweilige Landesregierung zahlt diese freiwillig und ohne Rechtsanspruch nach.
[/quote]

So etwas nenne ich rentierliche Gesetzgebung. Bei jedem Fehler, den ich in meiner Amtsführung mache, wird geprüft, ob dieser fahrlässig, grob fahrlässig, oder vorsätzlich zustande gekommen ist. Die Gesetzgebung im Rahmen der Beamtenbesoldung erscheint mir mindestens grob fahrlässig. Hier läuft jedoch niemand die Gefahr für irgendetwas haftbar gemacht zu werden.
Hierbei bin ich auf das Thema legislatives Unrecht gekommen. Mit dem Ergebnis, dass der Staat grundsätzlich nicht für schlecthe Gesetzgebung haftet, aber
„Nur ausnahmsweise – etwa bei sogenannten Maßnahme- oder Einzelfallgesetzen – kann etwas Anderes in Betracht kommen und können Belange bestimmter Einzelner unmittelbar berührt werden, so dass sie als „Dritte“ im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB angesehen werden können.“

xap

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2172 am: 19.09.2021 10:23 »
Es gibt Neuigkeiten aus Thüringen, seht selbst:

https://www.thueringer-beamtenbund.de/aktuelles/news/amtsangemessene-alimentation-und-altersgeld-prioritaer/

Das Protokoll des Haushaltsausschusses oder das Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes konnte ich leider nicht finden. Evtl kann das ja noch jemand aus der Parlamentsdokumentation ausgraben...

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2173 am: 19.09.2021 12:58 »
Es gibt Neuigkeiten aus Thüringen, seht selbst:

https://www.thueringer-beamtenbund.de/aktuelles/news/amtsangemessene-alimentation-und-altersgeld-prioritaer/

Das Protokoll des Haushaltsausschusses oder das Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes konnte ich leider nicht finden. Evtl kann das ja noch jemand aus der Parlamentsdokumentation ausgraben...

Die Veröffentlichung dürfte noch eine Zeit dauern, da die Ausarbeitungen des wissenschaftlichen Diensts grundsätzlich erst den Mitgliedern des Landtags, den Gremien des Landtags sowie den Fraktionen zur Verfügung gestellt und nach einem weiteren Monat veröffentlicht werden: https://www.thueringer-landtag.de/landtag/landtagsverwaltung/wissenschaftlicher-dienst/

Der Obelix

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2174 am: 20.09.2021 09:54 »
"Ferner werden mit Wirkung zum 1.Januar 2020 jeweils die Grundgehaltssätze der Erfahrungsstufen1 für die Besoldungsgruppen A6 und A7 aus der BesoldungsordnungA gestrichen und für alle Besoldungsempfänger die Familienzuschläge für das erste und zweite zu berücksichtigen-de Kind dergestalt angepasst, dass das danach ermittelte Mindest-abstandsgebot in jedem Fall gewahrt wird."

Eine wirklich tolle Idee aus dem thüringschen Entwurf: Man streicht einfach das , was nicht verfassungsgemäß ist, aus der Besoldungstabelle. Das könnte man dann immer dann machen, wenn ein Gericht eine Besoldungsstufe als Verfassungswidrig erachtet.

So haben wir zwar einen Flickenteppich, aber man könnte als Gesetzgeber immer nur drauf reagieren wenn man muss :P :P :P :P :P :P :P :P :P