@ Prüfer SH
Der Referentenentwurf wurde im Volltext bereits hier im Thread verlinkt. Meiner Meinung nach hat dieser erhebliche Schwächen und ist (vermutlich auch deshalb) bisher nicht vom Kabinett gebeschlossen und in den Landtag eingebracht worden. Diese Schwächen stellen sich u.a. wie folgt dar:
1. Durch das starke Abschmelzen des geplanten Familienergänzungszuschlages mit steigender Besoldungsgruppe und Erfahrungsstufe wird das Abstandsgebot nicht nur angegriffen, sondern schlicht abgeschafft. Der nominelle Unterschied der gewährten Gesamtbesoldung (inkl. aller Besoldungsbestandteile wie dem neuen Familienergänzungszuschlag) zwischen dem Eingangsamt des ehem. einfachen Dienstes (dann A6) und ehem. gehobenen Dienstes (A9) auf einen
einstelligen Eurobetrag pro Jahr reduziert.
Dies ist dem FM bewusst, wobei dieses entgegen dem BVerwG sich auf den Standpunkt tritt, dass sich das Abstandsgebot ausschließlich auf die Grundbesoldung und nicht auf die Gesamtbesoldung bezieht.
2. Es fehlt jegliche sachliche Begründung für die geplante Anhebung des Einstiegsamtes des ehem. einfachen Dienstes von A4 (2019) auf A5 (2020) und nunmehr auf A6. In diesem Zeitraum haben die Beamtinnen und Beamten der entsprechenden Besoldungsgruppen (Wachtmeister in den Gerichten und Staatsanwaltschaften) keine Aufgabenänderungen erfahren.
3. Über die Änderungen bei der Beihilfe kann man diskutieren. Worin der sachliche Grund bestehen soll lediglich Kinder mit mindestens zwei Geschwistern und Ehepartnerinnen bzw. Ehepartner mit mindestens zwei Kindern einen erhöhten Beihilfesatz zukommen zu lassen erschließt sich mir nicht. Der Entwurf zielt hier auch ausschließlich auf das "Ausrechnen" der Nettoalimentation ab, sodass offenkundig ausschließlich sachfremde Erwägungen zu Grunde liegen.
4. Das Einbeziehen des Familieneinkommens gem. § 45a Abs. 1 SHBesG-E ist absolut indiskutabel. Hier wird die Besoldung der Beamten vom Mitwirken privater Dritter abhängig gemacht (viel Spaß in laufenden Scheidungsverfahren
). Auch weitere Einkünfte der Beamtinnen und Beamten (Kapitalerträge, Mieteinnahmen, vergütete Nebentätigkeiten etc.) selber wurden eins zu eins auf die Besoldung angerechnet.
Auch dass ein solcher Zuschlag nur auf Antrag gezahlt werden soll ist ein offensichtlicher Versuch die Beamtenschaft abzuschrecken. Die Darlegungslast soll in diesem Fall der Antragssteller tragen, wobei die Nachweise für das laufende Jahr erst abschließens bei Vorlage des Steuerbescheides des laufendem Jahres im Folgejahr erbracht werden können. Außer natürlich die Bezügestelle soll zu einer Art Nebenfinanzamt mit monatlicher Einkommensberechnung ausgebaut werden
5. Die Umsetzung der BVerfG-Entscheidung zur Alimentation kinderreicher Beamter in § 45a Abs. 2 SHBesG-E knüpft wieder an das Familieneinkommen ein. Es wird dabei offensichtlich verkannt, dass selbst den Staatssekretären in der Besoldugnsgruppe B9 wesentlich höherer Zuschläge für ein drittes Kind (115% der Grundsicherung) zustehen, da diese ihr Grundgehalt für den Unterhalt des dritten Kindes nicht "anzugreifen" brauchen.
6. In der Berechnungsweise des Grundsicherungsniveaus sind so viele Fehler und Rechentricks enthalten, dass ich die gar nicht aufzählen möchte.
7. Bei der Ermittlung der Kosten der Kinderbetreuung plant das FM die Beamten auf Sizialleistungen gem. § 7 Abs. 2 KiTaG zu verweisen. Eine Begründung dafür, weshalb ein Verweis auf Grundsicherung und Wohngeld unzulässig, der Verweis auf diese konkrete Sozialleistung jedoch zulässig sein soll, bleibt der Entwurf schuldig.
Ich könnte wohl noch ewig weiterschreiben, aber das täte meinem Puls nicht gut. Im Endergebnis führt der Entwurf zur Einführung einer Herdprämie für Beamtenparter und einem montären Anreiz dafür geschaffen wird bloß nicht finanziell fürs Alter vorzusorgen, da die Kapitalerträge ja von der Besoldung abgezogen werden.
Alles in allem scheint es mir, dass hier einfach mal ein Testballon gestartet. Die Landesregierung hat schlicht noch nichts zu verlieren. "Schadenersatz" für die Beamten aufgrund nicht amtsangemessener Alimentation scheidet aus. Viele werden sich abschrecken lassen durch den (wohl bewusst erzeugten) Papierkram und allein dadurch kann man Millionen sparen. Das blödeste was passieren kann ist ein erhobener Zeigefinger vom BVerfG in Karlsruhe oder vom LVerfG in Schleswig und dann geringere Nachzahlungen irgendwann in der Zukunft.
Der dbb SH hat der Finanministerin wohl schon den Kopf gewaschen (
https://www.dbb-sh.de/aktuelles/news/heinold-verteidigt-besoldungsplaene-dbb-sh-sieht-falsche-signale/), aber im Besoldungsgesetzgebunsverfahren ist man dort halt auch nur ein Lobbyist wie jeder andere.