Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 1468784 times)

Alrik

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Zumindest reagieren die ersten Gewerkschaften. Ich bin mal gespannt ob die Abgeordneten dieser Farce der Senatsverwaltung für Finanzen endlich mal ein Ende bereiten.https://www.bdk.de/der-bdk/was-wir-tun/aktuelles/dokumente/be_20200806_stn-besg-2021_senfin_hp_anlage-1.pdf

was_guckst_du

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...also wird dich eher mit einem entsprechendem Konzept zu rechnen sein... 8)
Gruß aus "Tief im Westen"

Meine Beiträge geben grundsätzlich meine persönliche Meinung zum Thema wieder und beinhalten keine Rechtsberatung. Meistens sind sie ernster Natur, manchmal aber auch nicht. Bei einer obskuren Einzelfallpersönlichkeit antworte ich auch aus therapeutischen Gründen

SwenTanortsch

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Zumindest reagieren die ersten Gewerkschaften. Ich bin mal gespannt ob die Abgeordneten dieser Farce der Senatsverwaltung für Finanzen endlich mal ein Ende bereiten.https://www.bdk.de/der-bdk/was-wir-tun/aktuelles/dokumente/be_20200806_stn-besg-2021_senfin_hp_anlage-1.pdf

Der Berliner bdk genauso wie die gdp sind die Gewerkschaften, die in den letzten Jahren mit am stärksten um die Sache gekämpft haben. Wäre jede Gewerkschaft so aktiv, dann wäre der Druck auf die politisch Handelnden schon länger deutlich größer.

Und ohne Druck haben bislang weder der Senat noch das Berliner Abgeordnetenhaus reagiert - und das wird auch so weitergehen: Keiner der politisch Handelnden hat ein Interesse daran, dass sich gegenwärtig oder zukünftig die Personalkosten erhöhen - weder die im Moment Regierenden noch die Oppositionsparteien, die hoffen, in der Zukunft zu regieren.

Was sich geändert hat, die Legislative kann auf Grundlage des aktuellen Beschlusses nun untergerichtlich durch das Verwaltungsgericht eine der Rechtsprechung entsprechende Prozeduralisierung der Gesetzesbegründung einklagen, sobald das Gesetz verabschiedet ist. Danach ist das Abgeordnetenhaus gezwungen, mit Blick auf die Begründung zur A-Besoldung zu handeln, so wie es jetzt gezwungen ist, bis Mitte nächsten Jahres mit Blick auf die R-Besoldung zu handeln (und damit auch die problematische A- und B-Besoldung zu thematisieren).

Als Berliner Gewerkschaft würde ich genau das den Verantwortlichen mitteilen - dass nun eine entsprechende Klageschrift vorbereitet wird und dass sie am ersten Tag nach der Gesetzesverabschiedung medienöffentlich an das Verwaltungsgericht versendet wird. Wie gesagt, ohne Druck wird auch weiterhin nichts oder alles sehr langsam sich bewegen. So ist das politische Geschäft - und so war es schon immer und wird es immer bleiben. Die Politik ist die Kunst des Möglichen und leider ist nur in der Autowerbung nix unmöglich.

BerndStromberg

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Genau so ist es, Sven.

Ich werde jedenfalls auch in diesem Jahr wieder Widerspruch gegen meine Besoldung (NRW) einlegen. Mittlerweile habe ich das Gefühl, dass hier seitens des Besoldungsgesetzgebers kein (Rechts-) Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungs(willen)problem vorliegt. Man spekuliert darauf, dass weiterhin möglichst wenige gegen ihre verfassungswidrige Besoldung vorgehen und man in ein paar Jahren auch nur diese Minderheit wird auszahlen müssen. Auch hier gilt leider

„Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt.“

Ytsejam

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Wie sollen die massiven Mehraussagen finanziert werden? Die Länder und Kommunen sind doch jetzt schon chronisch pleite. Da kann man die jetzt kommenden Tarifverhandlungen mit den paar Prozent ja total vergessen.

Nehmen wir einfach mal alle Beamten in ganz Deutschland, rund 2 Millionen. Gehen wir utopisch von 10.000€ mehr pro Jahr aus. Macht zusammen 20 Milliarden Mehrausgaben. Das ist doch (theoretisch) nix. Von der Sache her stellt sich die Frage auch gar nicht, es geht hier um das Erfüllen der verfassungsmäßigen Besoldung, ist doch schon ein Witz dass man überhaupt um so eine Grenze kämpfen muss.

Es fragt übrigens auch keiner, wie das Geld für Flüchtlinge, Hartz4, Corona und Co. aufgebracht wird. Es ist einfach da. Dann muss halt an anderer Stelle gespart werden.

Feidl

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Oder Kredite aufnehmen, wie Habeck es möchte.

BerndStromberg

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Wie sollen die massiven Mehraussagen finanziert werden? Die Länder und Kommunen sind doch jetzt schon chronisch pleite. Da kann man die jetzt kommenden Tarifverhandlungen mit den paar Prozent ja total vergessen.

Nehmen wir einfach mal alle Beamten in ganz Deutschland, rund 2 Millionen. Gehen wir utopisch von 10.000€ mehr pro Jahr aus. Macht zusammen 20 Milliarden Mehrausgaben. Das ist doch (theoretisch) nix. Von der Sache her stellt sich die Frage auch gar nicht, es geht hier um das Erfüllen der verfassungsmäßigen Besoldung, ist doch schon ein Witz dass man überhaupt um so eine Grenze kämpfen muss.

Es fragt übrigens auch keiner, wie das Geld für Flüchtlinge, Hartz4, Corona und Co. aufgebracht wird. Es ist einfach da. Dann muss halt an anderer Stelle gespart werden.
Exakt so sehe ich das mittlerweile auch. V.a. sollte man mal die viel größere Summe berechnen, die der Staat durch die verfassungswidrig niedrige Besoldung der letzten 15 Jahre und damit durch ein riesiges Sonderopfer der Beamten gespart hat!

Auch das ist ja eine der Kernaussagen des BVerfG: Die Zeit der Sonderopfer ist vorbei. Wenn zukünftig bei den Beamten unterhalb der zulässigen Mindestalimentation gespart werden soll, dann nur noch im Rahmen eines finanziellen Gesamtkonzepts, zu dem dann auch die Beamten ihren Anteil (!) beizutragen hätten.
« Last Edit: 21.08.2020 14:47 von BerndStromberg »

SwenTanortsch

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Wie sollen die massiven Mehraussagen finanziert werden? Die Länder und Kommunen sind doch jetzt schon chronisch pleite. Da kann man die jetzt kommenden Tarifverhandlungen mit den paar Prozent ja total vergessen.

Nehmen wir einfach mal alle Beamten in ganz Deutschland, rund 2 Millionen. Gehen wir utopisch von 10.000€ mehr pro Jahr aus. Macht zusammen 20 Milliarden Mehrausgaben. Das ist doch (theoretisch) nix. Von der Sache her stellt sich die Frage auch gar nicht, es geht hier um das Erfüllen der verfassungsmäßigen Besoldung, ist doch schon ein Witz dass man überhaupt um so eine Grenze kämpfen muss.

Es fragt übrigens auch keiner, wie das Geld für Flüchtlinge, Hartz4, Corona und Co. aufgebracht wird. Es ist einfach da. Dann muss halt an anderer Stelle gespart werden.
Exakt so sehe ich das mittlerweile auch. V.a. sollte man mal die viel größere Summe berechnen, die der Staat durch die verfassungswidrig niedrige Besoldung der letzten 15 Jahre und damit durch ein riesiges Sonderopfer der Beamten gespart hat!

Auch das ist ja eine der Kernaussagen des BVerfG: Die Zeit der Sonderopfer ist vorbei. Wenn zukünftig bei den Beamten unterhalb der zulässigen Mindestalimentation gespart werden soll, dann nur noch im Rahmen eines finanziellen Gesamtkonzepts, zu dem dann auch die Beamten ihren Anteil (!) beizutragen hätten.

Genauso ist es, Bernd!

Bei NRW fällt mir sogleich das 2014 vom VerfGH NRW 2014 gekippte Besoldungsanpassungsgesetz 2013/14 ein, das für die BesGr. bis A 10 in Übertragung der Tarifverhandlungen für 2013 eine Besoldungserhöhung von 2,65 % und 2014 von 2,95 %, für die BesGr. A 11 und A 12 jeweils um 1 % und ab A 13 aufwärts sowie die Besoldungsordnungen B, R, C, H und W keine Besoldungserhöhung vorsah, sodass rund 80 Prozent der verbeamteten Beschäftigten für zwei Jahre nur eine sehr eingeschränkte bis gar keine Besoldungserhöhung erfuhren, was von dem damaligen Finanzminister (der heute gänzlich vergessen ist, von dem hat man nie wieder was gehört, wenn ich mich recht entsinne) Norbert Walter-Borjans wie folgt begründet worden war:

„Das ist uns alles andere als leicht gefallen. Ich stehe zu der schon mehrfach zitierten Auffassung, dass der öffentliche Dienst auch in Zukunft attraktiv bleiben muss und dass wir ein Interesse daran haben müssen, dass Menschen, die im öffentlichen Dienst ihre Arbeit tun, dafür auch anständig entlohnt werden. […] Wir müssen sagen, was geht und was nicht geht […] Die komplette Übertragung des Tarifergebnisses hätte das Land bis 2014 mit rund 1,3 Milliarden € mehr belastet. […] Die eingeschränkte Übertragung des Tarifergebnisses hat deshalb mit mangelnder Wertschätzung für die Arbeit der Beamtinnen und Beamten nichts zu tun […] es geht hier nicht darum, dass das, was wir vorschlagen, alternativlos ist, sondern schlicht und ergreifend darum, dass alle Alternativen schlechter gewesen wären.“ (Plenarprotokoll 16/31 v. 15.5.2013, S. 2668).

Und weil er sagen wollte, was geht und was nicht geht, sagte er nicht, dass in NRW die Nettoneuverschuldung von 2013 nach 2014 wie geplant um eine Milliarde Euro sinken würde (https://www.finanzverwaltung.nrw.de/de/pressemitteilung/neuverschuldung-sinkt-auf-24-milliarden-euro) und dass NRW von 2000 bis 2012 pro Jahr durchschnittlich rund 2,4 Milliarden bei der Beamtenbesoldung und -versorgung eingespart hatte, was in dreizehn Jahren einer stattlichen Summe von 31,2 Mrd. Euro entsprach, weshalb das Land in bekannter Fürsorge auch nicht die Tarifbeschäftigten vergessen hatte. In bekanntem Bemühen um eine stetig anständige Entlohnung wurde zusammengefasst:

„Davon entfallen u.a. auf die Minderung der Sonderzahlung ca. 1 Mrd. Euro, Wegfall des Urlaubsgelds ca. 63 Mio. Euro, Änderungen bei der Beihilfe ca. 125 Mio. Euro, Verlängerung der Arbeitszeit für Beamtinnen und Beamte ca. 325 Mio. Euro, Minderung der Anwärterbezüge ca. 50 Mio. Euro sowie auf Rechtsänderungen im Versorgungsbereich rund 500 Mio. Euro. [Absatz] Diese Rechtsänderungen im Rahmen der Beamtenbesoldung und -versorgung sind jedoch keine Schlechterstellung der Beamtinnen und Beamten gegenüber den Tarifbeschäftigten des Landes. Vielfach entsprechen die Rechtsänderungen denen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bzw. zeichnen Änderungen im Tarifbereich nach.“ (vgl. Vorlage 16/820 vom 19.4.2013, darin 8. Sitzung des Unterausschusses „Personal“ des Haushalts und Finanzausschusses, S. 1; vgl. a. Urteil des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen v. 1.7.2014 – VerfGH 21/13 – Rn. 4)

Und deshalb liiiiebe ich es einfach, wenn Politiker von der Wertschätzung des öffentlichen Dienstes sprechen, und kann das nicht oft genug hören…

„Bei aller Freude über das Erreichte müssen wir weiter für einen starken, attraktiven und zukunftsfähigen öffentlichen Dienst des Bundes sorgen. Wichtig ist die Wertschätzung über das Finanzielle hinaus.“ (https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/interviews/DE/2019/12/zukunft-oed-namensartikel-faz.html)

Oder wie es der damalige niedersächsisches Finanzminister 2016 so schön auf den Punkt brachte:

„Die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst erfüllen zweifellos eine wichtige Aufgabe und verdienen Wertschätzung auch in Form von Gehaltssteigerungen. Allerdings müssen die Forderungen auch erfüllbar sein – und an diesem Punkt müssen wir die Realität akzeptieren“. (https://www.mf.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/schneider-jeder-zweite-euro-an-steuereinnahmen-fliet-in-personalausgaben-149399.html)

Und wenn wir als Beamte die Realitäten alle brav mit akzeptieren, geht's dem Staat auch bald wieder ganz schnell ganz ganz viel besser. Die unbezahlten Überstunden von Lehrkräften an Gesamtschulen, Grundschulen und Gymnasien liegen übrigens hier in Niedersachsen seit Regierungsantritt der Regierung Weil II bei knapp 18 Mio (https://www.gew-nds.de/gute-arbeitsbedingungen/ueberstunden-uhr/) und das ist auch gut so, denn je mehr sie unbezahlt Überstunden machen, desto weniger haben sie Zeit, ihre ihnen nicht gewährte amtsangemessene Alimentation auszugeben. Das nennt man nachhaltiges Wirtschaften.

Fahnder

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Hallo SwenTanortsch,

vielen Dank für Ihre umfangreichen und aus meiner Sicht wirklich substantiellen Ausführungen. Ich verfolge die rechtliche Situation seit 2015, habe jedoch nicht im Ansatz mit diesem Ergebnis gerechnet. Es klingt für mich unglaublich, dass das BVerfG monetär deutlich über die Urteile des BVerwG und der weiteren Instanzen hinaus gegangen ist (Sie haben sich ja bereits bei Herrn Voßkuhle bedankt). Insbesondere der umfassende und damit höhere Ansatz der Wohnkosten wird in den Ministerien und Ausschüssen Kopfschmerzen bereiten.

Ich versuche im Moment, etwaige Auswirkung auf mein Bundesland nachzuvollziehen, da ich im letzten Jahr zum Glück noch rechtzeitig Widerspruch für 2019 einlegen konnte und für 2020 dies abhängig von der weiteren Entwicklung noch tuen werde. Die meisten Parameter sind ziemlich gut zu recherchieren (Regelsätze, Besoldung, Steuer, Kindergeld, Mindestbetrag, usw.) bzw. anhand des Sachverhaltes in Berlin zumindest ohne größere Unsicherheiten zuungunsten der Beamtenschaft zu schätzen (Pkv, Heizkosten, Teilhabeleistung, ...).

Die große Unbekannte sind m. E. die Unterkunftskosten. Wie Sie auf Seite 15 festgestellt haben, wurden die Unterkunftskosten laut BVerfG im Gegensatz zum BVerwG in Höhe von genau 50 % bzw. 58,8 % über den im WoGG festgelegten Werten ermittelt. Das BVerfG schreibt jedoch dazu, dass man die Daten seitens der Bundesagentur erhalten habe und diese 95 % aller Fälle einer vierköpfigen Bedarfsgemeinschaft im Bundesland abdecken sollte. Heißt das nun, dass man die Wohnkosten generell dadurch ermitteln kann, dass man die höchste Mietstufe im Land laut WoGG um 50 % erhöht oder handelt es sich hierbei um einen großen Zufall?

Wenn es wirklich so einfach sein sollte wäre eine Alimentationsberechnung für jedes Bundesland in Minuten zu erledigen, ich kann mir dies jedoch kaum vorstellen. Wie sehen Sie das?

WasDennNun

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Du gehst im Moment noch davon aus, dass es möglich ist,

„Den Startpunkt für den Single A5s1 (115% auf h4 salopp gesagt h4)
Den Startpunkt für den Verheiratet A5s1 (115% auf h4 salopp gesagt h4)
Den Startpunkt für den Verheiratet mit K1 .… [zu setzen]
Lässt sich jetzt ja auch leicht ausrechnen.“

Wenn das so möglich wäre, wäre Deine Folgerung richtig, nämlich dass am Ende „etwas rauskommen, was den Fam mit Kinder sehr zu gute kommt und dem Rest wird minimal in Richtung RestderWelt nachgeholfen“.

Allerdings ist die Ausgangsprämisse so nicht möglich, da es nicht einen für die verschiedenen Gruppen unterschiedlichen Ausgangspunkt gibt, von dem aus die Besoldungsberechnungen starten können, weshalb sich letztlich juristisch auch gar nicht die Frage stellt, ob ein Single die amtsangemessene Alimentation erreicht oder nicht – denn diese und alle ähnlichen Fragen sind innerhalb der Besoldungssystematik nicht vorgesehen; insofern haben sie juristisch gesehen keine Relevanz und entfalten von daher keine praktische Bedeutung.
Obiges ist von mir unglücklich gewählt.
Grundsätzlich muss das neue Besoldungsmodell ja eben für "alle" Varianten (mit / ohne Partner 0-10 Kinder) in der A5S1 den 115% Abstand waren.
Dazu gibt es 2,5 Steuerungskomponenten Grundbesoldung (also Single) und Famzuschlag  (abgestuft nach Kinder)
Drum müßte es heißen:
Den Startpunkt für den Single A5s1 (115% auf h4 salopp gesagt h4) = Grundbesoldung GB
Den Startpunkt für den Verheiratet A5s1 = GB plus VAufschlag (115% auf h4 salopp gesagt h4)
Den Startpunkt für den Verheiratet mit K1 .… = GB plus VAufschlag + Kindaufschlag ....

Lässt sich jetzt ja auch leicht ausrechnen.“

Von diesem GB ist "leicht" die entsprechende Besoldung nach oben errechenbar, so dass die Abstände amtsangemessen bleiben, die VAufschläge und K Aufschläge können gleich bleiben (oder mitnem Amtsangemessenheitsfaktor versehen werden).
Davon ausgehen, kann jetzt der Staat jedem 1 € mehr GB gönnen (da GB so scheint es mir immer diese Kriterium erfüllt) und bei VA und KA ordentlich druflegen, damit diese Frechheit geheilt wird.

Fraglich ist, ob VA und KA nicht mit dem Stufenanstieg abgeschmolzen werden kann (denn was ist eigentlich die Grundgesetzliche Bedingung, dass es einen Stufenanstieg geben muss), man bliebe ja über dem +115% Niveau  :-[

Frecherweise könnte der Staat möglichweise ja auch feststellen, dass er den GB absenken (oder einfrieren) kann, da diese ja wesentlich höher ist als er sein müßte *kotz*

Natürlich nur wenn man eben vom Leitbild GB muss für 4 Kopffamilie reichen abkehrt, was aufgrund der jetzigen Lebensrealitäten sicherlich begründbar ist.

Und ob es überhaupt einen VK geben muss, dass kann sicherlich auch noch diskutiert werden. Wenn der Beamte 3 Jahre vollen Sold bei Freistellung für die ersten 3 Jahre der Kinder bekommt, dann braucht der Partner ja kein Geld vom ihm zum Leben.
Also da ist einiges an Musik drin und ich sehe nicht, dass da für die geänderte Besoldung so viel rausspringen muss.

Denn die Grundbesoldung für den Single scheint ja in der jetzigen Höhe nicht illegal zu sein.

Bitte nicht falsch verstehen: Bin nur gedanklich Advocatus Diaboli
Und sehe es als ne Frechheit an, dass Beamte mit Kinder H4 Niveau haben (können)
Es ist halt der historische Stellschraubenfehler, der sich jetzt ändern wird.
Insbesondere muss der Dienstherr ja auf keinen Fall die Grundbesoldung der höchsten Stufe ändern und kann dieses evtl. einfrieren (oder?) Also eine horizontale Stauchung ist doch denkbar oder spricht hier GG mäßig was dagegen.

Und auch für den oben nicht in der GB integrierten denkbare Faktor Wohnkosten sind es ja nur einfache Rechenspiele, wenn man Dienstortbezogen Mietkosten festlegt.

SwenTanortsch

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Hallo SwenTanortsch,

vielen Dank für Ihre umfangreichen und aus meiner Sicht wirklich substantiellen Ausführungen. Ich verfolge die rechtliche Situation seit 2015, habe jedoch nicht im Ansatz mit diesem Ergebnis gerechnet. Es klingt für mich unglaublich, dass das BVerfG monetär deutlich über die Urteile des BVerwG und der weiteren Instanzen hinaus gegangen ist (Sie haben sich ja bereits bei Herrn Voßkuhle bedankt). Insbesondere der umfassende und damit höhere Ansatz der Wohnkosten wird in den Ministerien und Ausschüssen Kopfschmerzen bereiten.

Ich versuche im Moment, etwaige Auswirkung auf mein Bundesland nachzuvollziehen, da ich im letzten Jahr zum Glück noch rechtzeitig Widerspruch für 2019 einlegen konnte und für 2020 dies abhängig von der weiteren Entwicklung noch tuen werde. Die meisten Parameter sind ziemlich gut zu recherchieren (Regelsätze, Besoldung, Steuer, Kindergeld, Mindestbetrag, usw.) bzw. anhand des Sachverhaltes in Berlin zumindest ohne größere Unsicherheiten zuungunsten der Beamtenschaft zu schätzen (Pkv, Heizkosten, Teilhabeleistung, ...).

Die große Unbekannte sind m. E. die Unterkunftskosten. Wie Sie auf Seite 15 festgestellt haben, wurden die Unterkunftskosten laut BVerfG im Gegensatz zum BVerwG in Höhe von genau 50 % bzw. 58,8 % über den im WoGG festgelegten Werten ermittelt. Das BVerfG schreibt jedoch dazu, dass man die Daten seitens der Bundesagentur erhalten habe und diese 95 % aller Fälle einer vierköpfigen Bedarfsgemeinschaft im Bundesland abdecken sollte. Heißt das nun, dass man die Wohnkosten generell dadurch ermitteln kann, dass man die höchste Mietstufe im Land laut WoGG um 50 % erhöht oder handelt es sich hierbei um einen großen Zufall?

Wenn es wirklich so einfach sein sollte wäre eine Alimentationsberechnung für jedes Bundesland in Minuten zu erledigen, ich kann mir dies jedoch kaum vorstellen. Wie sehen Sie das?

Hallo Fahnder,
mir ging es genauso, ich war im Vorfeld gespannt, ob das vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte Wohnkostenmodell als verfassungskonform betrachtet werden würde. Womit ich ebenfalls nicht gerechnet hätte, ist, dass das Bundesverfassungsgericht aus der bisherigen Rechtsprechung eine offensichtlich schlüssige und zugleich noch einmal zwangsläufig über das Bundesverwaltungsgericht hinausgreifende Bestimmungsmethodik für die Unterkunftskosten ableiten würde. Wie schon geschrieben, die ganze Entscheidung nötigt mir höchsten Respekt ab (unabhängig davon, dass sie mir nun inhaltlich passt). Wenn ich auch kein Jursit bin, so empfinde ich sie auch sprachlich sehr elegant (das war bei den beiden Entscheidungen des Jahres 2015 anders).

Während also das Bundesverwaltungsgericht die Mietenstufe als hinreichend betrachtet, sind sie nach dem aktuellen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts nur ein mögliches (aber kein zwingendes) Kriterium, und zwar - wenn man es genau betrachtet - nicht für die Unterkunftskosten als solche, sondern in der möglichen Abstufung "eines an den örtlichen Wohnkosten orientierten (Orts-)Zuschlags" (Rn. 61).

Da es diese Abstufung für Berlin mit großer Wahrscheinlichkeit offensichtlich nicht geben kann, ansonsten hätten das die dem Gericht von der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung gestellten Werte widerspiegeln sollen (und zugleich sollte dann in ganz Berlin nicht eine einheitliche Mietenstufe gelten), konnte ich die beiden Varianten erstellen. Für alle anderen Länder - selbst für die, deren höchstes Mietenniveau ebenfalls + 5 bis unten + 15 %ig überdurchschnittlich ausfällt, sodass dort die Mietenstufe IV zugrunde zu legen wäre (Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland und Thüringen) - wäre ich vorsichtiger, da das Gericht mit Ausnahme von Berlin nicht klärt, was es generell unter realitätsgerechten Unterkunftskosten versteht.

Zugleich gehe ich zwar wie Sie ebenfalls nicht davon aus, dass die für die Jahre 2009 und 2010 und dann für die Jahre 2011 bis 2015 jeweils identischen prozentualen Steigerungen Zufall sein können; aber daraus lässt sich eben leider nicht sachlogisch folgern, dass sie in anderen Regionen ebenfalls zur Bestimmung der Unterkunftskosten anhand der Mietenstufen (also mittels der Konstante 1,5 bzw. 1,58 multipliziert mit dem Betrag der jeweiligen Mietenstufe) herangezogen werden könnten.

Das Bundesverfasungsgericht ist folglich vorgegangen, wie es immer vorgeht, wenn es nicht in den weiten Entscheidungsspielraum der Besoldungsgesetzgeber eingreifen darf: Es hat sie auf ein realitätsgerechtes Vorgehen festgelegt, also unsachgemäße Pauschalisierungen anhand des Existenzminimumberichts für die Kosten von Unterkunft, Heizung und der Bedarfe von Bildung und Teilhabe für verfassungswidrig erklärt, auch eine Methodik als mögliche Leitplanken konkretisiert, zugleich aber wie gehabt betont (anderes könnte es nicht, ohne unverhältnismäßig in den breiten Gestaltungsspielraum der Besoldungsgesetzgeber einzugreifen), dass seine Methodik keine für die Besoldungsgesetzgeber in jeder Einzelheit verbindliche Berechnungsgrundlage darstellt, sodass es ihnen freistünde, die Höhe des Grundsicherungsniveaus mit Hilfe einer anderen plausiblen und realitätsgerechten Methodik zu bestimmen (Rn. 53).

Plausibel wäre eine solche Methode, wenn sie ohne sachfremde Erwägungen auskäme, realitätsgerecht, wenn sie in ihren notwendigerweise typisierenden und also vereinfachenden (aber nicht sachfremden) Erwägungen von dem Ziel bestimmt wäre, sicherzustellen, dass die Nettoalimentation in möglichst allen Fällen den gebotenen Mindestabstand zu dem den Empfängern der sozialen Sicherung gewährleisteten Lebensstandard wahrt (Rn. 52).

Ergo müssen wir abwarten, wie sich jetzt die Rechtspraxis entwickelt. Eines kann man aber auf jeden Fall tun, nämlich das Grundsicherungsniveau an folgenden Prämissen für den jeweiligen Höchstwert eines Landes (also dem Kriterium der höchsten Mietenstufe) ausrechnen:

a) Regelsatz für zwei in einer Bedarfsgemeinschaft lebende Erwachsene
b) Regelsatz für zwei Kinder
c) Unterkunftskosten anhand der höchsten Mietenstufe
d) Heizkosten anhand unverhältnismäßig hoher Heizkosten mittels des entsprechenden Heizspiegels
e) Bedarfe für Bildung und Teilhabe anhand der Werte des BVerfG erstellen

Damit erhält man ein Grundsicherungsniveau, das offensichtlich recht deutlich zu gering ausfallen dürfte (die Faktoren c und e liegen ja offensichtlich zu tief), das aber eine Ahnung hinterlässt, wohin die Reise gehen kann. Denn spaßeshalber kann man ja mal die 50- und 58%ige Steigerung für die Unterkunftskosten hinzurechnen...

Da ich mir gerade noch einmal die Begründungen der aktuellen Besoldungsgesetze anschaue: In welchem Land leben Sie?

SwenTanortsch

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Ich bin nicht sicher, ob ich alles, was Du schreibst, ganz richtig verstehe, Was_Denn_Nun:

Wenn ich alles richtig verstehe, ist noch immer eine Prämisse falsch, nämlich die Voraussetzung - das schließt an dem an, was ich gerade geschrieben habe -, dass sich die Besoldungsgesetzgeber an sachfremden Erwägungen orientieren könnten. Denn das dürfen sie nicht. Ich habe das in meinen beiden langen gestrigen Beiträgen anhand der Wirkung des sozialgesetzlich bestimmten Grundsicherungsniveau versucht darzulegen (vielleicht verstehe ich Dich aber auch falsch; ganz sicher bin ich mir nicht, ob Du das meinst).

Also vereinfacht (und nicht wieder unendlich lang ausgedrückt):

- Die Wirkung der Kosten von Bedarfen für Bildung und Teilhabe darf der Besoldungsgestzgeber allen Beamten zukommen lassen; er kann sie aber (und sollte sie nach meinem Verständnis auch) nur auf die betroffenen Beamten übertragen, die über Kinder verfügen. Sie sollten sich im Familienzuschlag wiederfinden (auf die Problematik, dass die ursprüngliche Bestimmung sozialgesetzlich ausschließlich anhand zweier Kinder erfolgt, Beamte, die Kinder haben, ein oder zwei Kinder haben können - und natürlich noch viel mehr; aber dort greift dann der Beschluss zu den kinderreichen Familien, der noch einmal besonders zu betrachten wäre -, die undifferenzierte Mindestalimentationshöhe aber nur einen Wert kennt, gehe ich hier nicht ein).

- Die Wirkung der Unterkunfts- und Heizkosten können bis zu einem gewissen Betrag (der nicht zu hoch sein kann, da die Kinder beides nicht bezahlen, aber sich Kosten aus ihnen erstrecken (sehr formal formuliert); das gilt genauso für die pauschalisierten Regelsätze für zwei Kinder anhand des Existenzminimumberichts) ebenfalls in den Familienzuschlag mit einfließen. Weit überwiegend müssen sie aber - um das Ergebnis realitätsgerecht zu gestalten und es also nicht auf sachfremden Prämissen zu fundieren - in das Grundgehalt einfließen, das - wie ich gestern erneut und in den Tagen zuvor vertieft - maßgeblich sein muss für die Besoldung, die insgesamt nur in geringem Maße anhand von Ortszuschlägen differenzierbar ist.

Wie gestern schon geschrieben, wenn selbst die Alimentation des ehemals gehobenen Dienstes nicht die Mindestalimentationshöhe erreicht, ist es praktisch ausgeschlossen, dass eine Alimentation - aufgebaut auf dem Ausgangspunkt eben dieser Mindestalimentation - so strukturiert werden kann, dass dann nicht auch das Grundgehalt deutlich steigt. Denn die Wirkung der sozialgesetzlich bestimmten Unterkunftskosten lassen, da am Ende die Eltern für sie aufkommen, nicht zu, dass sie unverhältnismäßig hoch in einem Familienzuschlag einfließen würden. Denn dann käme sehr schnell die sachfremde Erwägung ins Spiel, dass das mit dem ausschließlichen Ziel der Kosteneinsparung geschehen würde und nicht aus dem zu beachtenden Ziel, die Wirkungen aus der sozialgestzlichen Bestimmung realitätsgerecht zu übertragen.

Eine Möglichkeit, wie die anstehende deutliche Erhöhung des Grundgehalts tatsächlich verringert werden könnte, wäre hingegen, die Beihilfeleistungen wieder deutlich zu erhöhen, da sich dieses zumindest in der Theorie auf alle Beamten auswirken würde bzw. - das ist juristisch entscheidend - könnte. Zugleich muss aber auch hier eine abgewogene Entscheidung entwickelt werden; denn die Beihilfe ist ein wichtiger, aber kein dominanter Bestandteil der Alimentation - der dominante Teil der Alimentation ist das Grundgehalt. Und schließlich muss der Gleichheitssatz im Blick behalten werden. Salopp formuliert: Der Besoldungsgesetzgeber kann nicht seinen Beamten die Kosten für Krankheits- und Pflevorsorge spendieren und den überwiegenden Rest der Bevölkerung zur entsprechenden Vorsorge verpflichten. Auch da setzt ihm also das Grundgesetz ab einem bestimmten Punkt eine freundliche, aber unmissverständliche Grenze.

Der langen Rede kurzer Sinn: Doch, die derzeitige Höhe des Grundgehalts sollte - in Anbetracht der deutlichen Steigerung der Mindestalimentation - generell verfassungswidrig sein. Ein System, in dem die Mindestalimentation um streckenwesie mehr als dreißig und vierzig Prozent erhöht werden muss, kann nicht anhand der ausschließlichen Erhöhung von Beihilfeleistungen, Zulagen, Zuschlägen und Sonderzahlungen ausdifferenziert werden, ohne gänzlich aus dem Lot zu geraten.

Fahnder

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Hallo SwenTanortsch,

vielen Dank für Ihre umfangreichen und aus meiner Sicht wirklich substantiellen Ausführungen. Ich verfolge die rechtliche Situation seit 2015, habe jedoch nicht im Ansatz mit diesem Ergebnis gerechnet. Es klingt für mich unglaublich, dass das BVerfG monetär deutlich über die Urteile des BVerwG und der weiteren Instanzen hinaus gegangen ist (Sie haben sich ja bereits bei Herrn Voßkuhle bedankt). Insbesondere der umfassende und damit höhere Ansatz der Wohnkosten wird in den Ministerien und Ausschüssen Kopfschmerzen bereiten.

Ich versuche im Moment, etwaige Auswirkung auf mein Bundesland nachzuvollziehen, da ich im letzten Jahr zum Glück noch rechtzeitig Widerspruch für 2019 einlegen konnte und für 2020 dies abhängig von der weiteren Entwicklung noch tuen werde. Die meisten Parameter sind ziemlich gut zu recherchieren (Regelsätze, Besoldung, Steuer, Kindergeld, Mindestbetrag, usw.) bzw. anhand des Sachverhaltes in Berlin zumindest ohne größere Unsicherheiten zuungunsten der Beamtenschaft zu schätzen (Pkv, Heizkosten, Teilhabeleistung, ...).

Die große Unbekannte sind m. E. die Unterkunftskosten. Wie Sie auf Seite 15 festgestellt haben, wurden die Unterkunftskosten laut BVerfG im Gegensatz zum BVerwG in Höhe von genau 50 % bzw. 58,8 % über den im WoGG festgelegten Werten ermittelt. Das BVerfG schreibt jedoch dazu, dass man die Daten seitens der Bundesagentur erhalten habe und diese 95 % aller Fälle einer vierköpfigen Bedarfsgemeinschaft im Bundesland abdecken sollte. Heißt das nun, dass man die Wohnkosten generell dadurch ermitteln kann, dass man die höchste Mietstufe im Land laut WoGG um 50 % erhöht oder handelt es sich hierbei um einen großen Zufall?

Wenn es wirklich so einfach sein sollte wäre eine Alimentationsberechnung für jedes Bundesland in Minuten zu erledigen, ich kann mir dies jedoch kaum vorstellen. Wie sehen Sie das?

Hallo Fahnder,
mir ging es genauso, ich war im Vorfeld gespannt, ob das vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte Wohnkostenmodell als verfassungskonform betrachtet werden würde. Womit ich ebenfalls nicht gerechnet hätte, ist, dass das Bundesverfassungsgericht aus der bisherigen Rechtsprechung eine offensichtlich schlüssige und zugleich noch einmal zwangsläufig über das Bundesverwaltungsgericht hinausgreifende Bestimmungsmethodik für die Unterkunftskosten ableiten würde. Wie schon geschrieben, die ganze Entscheidung nötigt mir höchsten Respekt ab (unabhängig davon, dass sie mir nun inhaltlich passt). Wenn ich auch kein Jursit bin, so empfinde ich sie auch sprachlich sehr elegant (das war bei den beiden Entscheidungen des Jahres 2015 anders).

Während also das Bundesverwaltungsgericht die Mietenstufe als hinreichend betrachtet, sind sie nach dem aktuellen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts nur ein mögliches (aber kein zwingendes) Kriterium, und zwar - wenn man es genau betrachtet - nicht für die Unterkunftskosten als solche, sondern in der möglichen Abstufung "eines an den örtlichen Wohnkosten orientierten (Orts-)Zuschlags" (Rn. 61).

Da es diese Abstufung für Berlin mit großer Wahrscheinlichkeit offensichtlich nicht geben kann, ansonsten hätten das die dem Gericht von der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung gestellten Werte widerspiegeln sollen (und zugleich sollte dann in ganz Berlin nicht eine einheitliche Mietenstufe gelten), konnte ich die beiden Varianten erstellen. Für alle anderen Länder - selbst für die, deren höchstes Mietenniveau ebenfalls + 5 bis unten + 15 %ig überdurchschnittlich ausfällt, sodass dort die Mietenstufe IV zugrunde zu legen wäre (Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland und Thüringen) - wäre ich vorsichtiger, da das Gericht mit Ausnahme von Berlin nicht klärt, was es generell unter realitätsgerechten Unterkunftskosten versteht.

Zugleich gehe ich zwar wie Sie ebenfalls nicht davon aus, dass die für die Jahre 2009 und 2010 und dann für die Jahre 2011 bis 2015 jeweils identischen prozentualen Steigerungen Zufall sein können; aber daraus lässt sich eben leider nicht sachlogisch folgern, dass sie in anderen Regionen ebenfalls zur Bestimmung der Unterkunftskosten anhand der Mietenstufen (also mittels der Konstante 1,5 bzw. 1,58 multipliziert mit dem Betrag der jeweiligen Mietenstufe) herangezogen werden könnten.

Das Bundesverfasungsgericht ist folglich vorgegangen, wie es immer vorgeht, wenn es nicht in den weiten Entscheidungsspielraum der Besoldungsgesetzgeber eingreifen darf: Es hat sie auf ein realitätsgerechtes Vorgehen festgelegt, also unsachgemäße Pauschalisierungen anhand des Existenzminimumberichts für die Kosten von Unterkunft, Heizung und der Bedarfe von Bildung und Teilhabe für verfassungswidrig erklärt, auch eine Methodik als mögliche Leitplanken konkretisiert, zugleich aber wie gehabt betont (anderes könnte es nicht, ohne unverhältnismäßig in den breiten Gestaltungsspielraum der Besoldungsgesetzgeber einzugreifen), dass seine Methodik keine für die Besoldungsgesetzgeber in jeder Einzelheit verbindliche Berechnungsgrundlage darstellt, sodass es ihnen freistünde, die Höhe des Grundsicherungsniveaus mit Hilfe einer anderen plausiblen und realitätsgerechten Methodik zu bestimmen (Rn. 53).

Plausibel wäre eine solche Methode, wenn sie ohne sachfremde Erwägungen auskäme, realitätsgerecht, wenn sie in ihren notwendigerweise typisierenden und also vereinfachenden (aber nicht sachfremden) Erwägungen von dem Ziel bestimmt wäre, sicherzustellen, dass die Nettoalimentation in möglichst allen Fällen den gebotenen Mindestabstand zu dem den Empfängern der sozialen Sicherung gewährleisteten Lebensstandard wahrt (Rn. 52).

Ergo müssen wir abwarten, wie sich jetzt die Rechtspraxis entwickelt. Eines kann man aber auf jeden Fall tun, nämlich das Grundsicherungsniveau an folgenden Prämissen für den jeweiligen Höchstwert eines Landes (also dem Kriterium der höchsten Mietenstufe) ausrechnen:

a) Regelsatz für zwei in einer Bedarfsgemeinschaft lebende Erwachsene
b) Regelsatz für zwei Kinder
c) Unterkunftskosten anhand der höchsten Mietenstufe
d) Heizkosten anhand unverhältnismäßig hoher Heizkosten mittels des entsprechenden Heizspiegels
e) Bedarfe für Bildung und Teilhabe anhand der Werte des BVerfG erstellen

Damit erhält man ein Grundsicherungsniveau, das offensichtlich recht deutlich zu gering ausfallen dürfte (die Faktoren c und e liegen ja offensichtlich zu tief), das aber eine Ahnung hinterlässt, wohin die Reise gehen kann. Denn spaßeshalber kann man ja mal die 50- und 58%ige Steigerung für die Unterkunftskosten hinzurechnen...

Da ich mir gerade noch einmal die Begründungen der aktuellen Besoldungsgesetze anschaue: In welchem Land leben Sie?

Vielen Dank für die schnelle Antwort. Mich irritiert dennoch rein handwerklich, dass man eindeutig vom 95 %-Perzentil spricht, dann jedoch offensichtlich als Ausgangsbasis die höchste Mietstufe ansetzt und diese mit den immer gleichen o. g. Prozenten erhöht. Soweit dies dann 95 % der Haushaltsgemeinschaften erfasst, stimmt es ja, aber ein "Störgefühl" bleibt. Ggf. liegt es an der Berechnung des WoGG, der eine entsprechende Würdigung zulässt. Aber wofür hat sich das Gericht dann die Daten der Bundesagentur kommen lassen?

Ich lebe in Sachsen, wo man 2016 bereits auf ein Urteil des BVerfG von 2015 reagieren musste. Lustigerweise wurde damals explizit in der Gesetzesbegründung zum "Gesetz zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur Verfassungsmäßigkeit der Beamtenbesoldung" darauf hingewiesen, dass für einen ausreichenden Abstand zur Grundsicherung "mangels Hinweisen des BVerfG" keine Zweifel bestünden. Man macht in Sachsen zwar seit 2015 offensichtlich handwerkliche Fehler in der Berechnung (z. B. Kindergeld wird bei der Berechnung vom Hartz 4 abgezogen und mindert so die Mindestalimentation), aber bis heute wurde nicht darauf reagiert, obwohl das VG Chemnitz bereits im Beschluss vom 08.11.2018 auf Fehler hingewiesen hat (Az.: 3 K 2000/15). Die Frage der Mindestalimentation wurde auch in Sachsen neben den bereits von Ihnen erwähnten Ländern ebenfalls dem BVerfG vorgelegt und liegt dort (leider nur für die R-Besoldung) zur Entscheidung vor.

Ich habe für das wahrlich wohngünstige Sachsen die Berechnung analog BVerfG anhand der höchsten Mietstufe 3 für Dresden vorgenommen. Selbst mit dieser geringen Mietstufe (ohne Berücksichtigung des 95.-Perzentil) wird der Abstand zum Existenzminimum um wenige Prozent gerissen. Soweit man jedoch analog der Entscheidung in Berlin die Unterkunftskosten entsprechend erhöht, um 95 % aller Haushalte zu erfassen, kann man (mit entsprechenden Abstufungen) von einer Unteralimentation 2020 von bis zu 21 % (bei 58,8 % Erhöhung von Mietstufe 3) ausgehen. Das ist wahrlich faszinierend, ist aber aufgrund der bereits ausführlich genannten Gründe nur konsequent und sollte denjenigen Kollegen, die in ähnlichen Ländern wohnen und erst Recht denjenigen, die in teuren Ländern wohnen, ermutigen, wenigstens noch für 2020 Widerspruch einzulegen, um sich ggf. mehrere tausend EUR zu sichern.

Tyrion

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Ich kann mir gut vorstellen, dass die Gesetzgeber u. a. die Grundgehälter für die Eingangsstufe jeder Besoldungsgruppe werden erhöhen müssen, dafür dann aber auch die Struktur der Besoldungstabellen deutlich verändern werden. Bis zur Dienstrechtsreform 1997 waren die Dienstaltersstufen der A-Besoldung alle zwei Jahre gestiegen. Danach wurden die Tabellen neu strukturiert, wobei die Grundgehälter der unteren Dienstaltersstufen erhöht und ab der fünften bzw. neunten Stufe verlängerte Stufenlaufzeiten von drei bzw. vier Jahren eingeführt worden sind.

Ähnliches böte sich auch jetzt an, in dem man z. B. die Anzahl der Stufen deutlich verringert, die Stufenlaufzeiten verlängert und die Erhöhungsbeträge für die folgenden Stufen verringert oder einfriert. Insoweit dürften wohl künftig die jüngeren Beamten durch eine solche Neuregelung stärker von Erhöhungen profitieren als die bereits länger Verbeamteten. Zugleich würde eine solche Regelung aber auch die Auswirkungen auf die Höhe der späteren Versorgungsbezüge begrenzen.

Es ist gut, dass das Thema hier noch mal ausführlich diskutiert wird. Nach dem Wegfall der Sonderzahlung im Jahr 2005 haben viele Beamte Widerspruch eingelegt. Von dem Thema noch unbeleckt dürfte aber ein Großteil der Beamtinnen und Beamten sein, die erst in den letzten Jahren neu eingestellt worden sind und entsprechende Aufrufe nicht mitbekommen haben. Dafür auch mein Respekt an SwenTanortsch, da es doch viel Zeit und Aufwand beansprucht, sich so umfassend in das Thema einzuarbeiten.

Euphyll

  • Gast
In Bayern ist für Nachwuchskräfte auch Stufe 1 der jeweiligen BesGr  weggefallen!