Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 2674726 times)

cyrix42

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2250 am: 06.10.2021 14:10 »
Neben den administrativen und offensichtlich gewollt abschreckenden Elementen wäre die Einbeziehung des Familieneinkommens vor allem eines: eine verfassungswidrige  Herdprämie, wie sie im Buche steht.

Also "Herdprämien" gibt es m.W. zumindest in Bayern und Sachsen. Eine evidente Verfassungswidrigkeit wäre mir nicht bekannt...

Was hat das Familiengeld (wie es in Bayern heist) damit zu tun?

Das müsste dann Fahnder beantworten, da er behauptet hatte, dass dergleichen verfassungswidrig sei...

cyrix42

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2251 am: 06.10.2021 14:15 »
Da das BVerfG erst gerade wieder die vierköpfige Alleinverdienerfamilie als abgeleitete Bezugsgröße bestätigt hat, ist nicht davon auszugehen - so wie ich das gestern dargelegt habe -, dass sich die zu beachtenden Direktiven in nächster Zeit grundlegend ändern werden.

Genau das ist doch die Frage. Das BVerfG schrieb davon, dass in der bisherigen Besoldungspraxis von diesem Modell ausgegangen wurde. Ob dies aber auch für die Zukunft so sein müsse, schrieb es eben gerade nicht.
So heißt es in Randnummer 47 des Urteils 2 BvL 4/18, worum es hier ja insbesondere geht:

Zitat
Die vierköpfige Alleinverdienerfamilie ist demnach eine aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße, nicht Leitbild der Beamtenbesoldung.

Hier ist also durchaus Veränderungspotential gegeben, was der Gesetzgeber auch ausnutzen kann.

WasDennNun

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2252 am: 06.10.2021 15:15 »
Hier ist also durchaus Veränderungspotential gegeben, was der Gesetzgeber auch ausnutzen kann.
könnte, wenn er nicht so hirnlos und schamlos agieren würden.

Finanzer

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2253 am: 06.10.2021 15:27 »
Hier ist also durchaus Veränderungspotential gegeben, was der Gesetzgeber auch ausnutzen kann.
könnte, wenn er nicht so hirnlos und schamlos agieren würden.

Und auch nur im Rahmen einer großangelegten Besoldungsreform.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2254 am: 06.10.2021 15:43 »
Da das BVerfG erst gerade wieder die vierköpfige Alleinverdienerfamilie als abgeleitete Bezugsgröße bestätigt hat, ist nicht davon auszugehen - so wie ich das gestern dargelegt habe -, dass sich die zu beachtenden Direktiven in nächster Zeit grundlegend ändern werden.

Genau das ist doch die Frage. Das BVerfG schrieb davon, dass in der bisherigen Besoldungspraxis von diesem Modell ausgegangen wurde. Ob dies aber auch für die Zukunft so sein müsse, schrieb es eben gerade nicht.
So heißt es in Randnummer 47 des Urteils 2 BvL 4/18, worum es hier ja insbesondere geht:

Zitat
Die vierköpfige Alleinverdienerfamilie ist demnach eine aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße, nicht Leitbild der Beamtenbesoldung.

Hier ist also durchaus Veränderungspotential gegeben, was der Gesetzgeber auch ausnutzen kann.

Das ist so nicht ganz richtig bzw. möglich, aber für die nähere Zukunft unwahrscheinlich - bei der Bemessung des Mindestabstands zur Grundsicherung hat der Besoldungsgesetzgeber weiterhin die vierköpfige Alleinverdienerfamilie als aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße in den Blick zu nehmen. Denn in der aktuellen Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht an keiner Stelle anklingen lassen, dass sich das aktuell geändert hätte; vielmehr aktualisiert es die Direktive an jener Stelle, indem es sie hier hervorhebt und im Anschluss die entsprechenden Bemessungsgrundlagen direktiv ausschließlich an der jeweiligen vierköpfigen Familie umfassend präzisiert (Rn. 46-79). Dass es hierzu zukünftig eine grundlegend andere Sicht entwickeln wird, ist insofern natürlich möglich, aber verbleibt erst einmal im Reich der Spekulationen. Und indsofern bleibt der Gesetzgeber bis auf Weiteres an die aktuelle Rechtsprechung gebunden.

Da das Bundesverfassungsgericht darüber hinaus in der Parellelentscheidung vom selben Tag (2 BvL 6/17) eine umfassende Aktualisierung seiner 1998 zuletzt aufgerufenen Direktiven zu den kinderreichen Familien vornimmt, dürfte zu vermuten sein, dass es - sofern es in nächster Zeit entsprechend auch in der Besoldungsdogmatik vorgehen wollte - nun auch hier die Gelegenheit genutzt hätte. Es wäre auf jeden Fall eher reichlich widersinnig, ein umfassendes Programm zu entwickeln, wenn man es in nächster Zeit über den Haufen werfen wollte. Denn dann würde es eher wahrscheinlich gewesen sein, dass man sogleich das entsprechend auf anderer Grundlage erstellte Programm entwickelt hätte - das nur umso mehr, als dass derzeit aus der Hälfte der Bundesländer Beschlussvorlagen anhängig sind. Wollte man für die nun ein grundlegend anderes Programm entwickeln, würde ein offensichtlich unaufhebbare Diskrepanz zur aktuellen Entscheidung entstehen, das auch im Hinblick darauf, dass das BVerfG zum Zeitpunkt seiner Entscheidung wusste, dass das VG Hamburg und das OVG Schleswig-Holstein die neuen Direktiven anwenden und darauf die beiden anhängigen Beschlussvorlagen aufbauen würden.

Wichi

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2255 am: 06.10.2021 15:46 »
Moin,

echt interessantes Thema hier. Ich verstehe nicht, warum Niedersachsen sich nicht einmal für Beamte mit mehr als zwei Kindern in irgendeiner Art und Weise rührt.

WasDennNun

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2256 am: 06.10.2021 16:13 »
bei der Bemessung des Mindestabstands zur Grundsicherung hat der Besoldungsgesetzgeber weiterhin die vierköpfige Alleinverdienerfamilie als aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße in den Blick zu nehmen.
Darf aber doch auch alle anderen Kombinationen nicht unter den Mindestabstand fallen lassen.
Es kann doch nicht Verfassungskonform sein, dass eine Besoldung konstruiert wird, die dafür sorgt, dass die vierköpfige Alleinverdienerfamilie über dem Mindestabstand liegt, der Kinderlose oder alleinerziehende Single jedoch drunter.
Oder?

Prüfer SH

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2257 am: 06.10.2021 16:25 »
@ Prüfer SH

Der Referentenentwurf wurde im Volltext bereits hier im Thread verlinkt. Meiner Meinung nach hat dieser erhebliche Schwächen und ist (vermutlich auch deshalb) bisher nicht vom Kabinett gebeschlossen und in den Landtag eingebracht worden. Diese Schwächen stellen sich u.a. wie folgt dar:

1. Durch das starke Abschmelzen des geplanten Familienergänzungszuschlages mit steigender Besoldungsgruppe und Erfahrungsstufe wird das Abstandsgebot nicht nur angegriffen, sondern schlicht abgeschafft. Der nominelle Unterschied der gewährten Gesamtbesoldung (inkl. aller Besoldungsbestandteile wie dem neuen Familienergänzungszuschlag) zwischen dem Eingangsamt des ehem. einfachen Dienstes (dann A6) und ehem. gehobenen Dienstes (A9) auf einen einstelligen Eurobetrag pro Jahr reduziert.

Dies ist dem FM bewusst, wobei dieses entgegen dem BVerwG sich auf den Standpunkt tritt, dass sich das Abstandsgebot ausschließlich auf die Grundbesoldung und nicht auf die Gesamtbesoldung bezieht.

2. Es fehlt jegliche sachliche Begründung für die geplante Anhebung des Einstiegsamtes des ehem. einfachen Dienstes von A4 (2019) auf A5 (2020) und nunmehr auf A6. In diesem Zeitraum haben die Beamtinnen und Beamten der entsprechenden Besoldungsgruppen (Wachtmeister in den Gerichten und Staatsanwaltschaften) keine Aufgabenänderungen erfahren.

3. Über die Änderungen bei der Beihilfe kann man diskutieren. Worin der sachliche Grund bestehen soll lediglich Kinder mit mindestens zwei Geschwistern und Ehepartnerinnen bzw. Ehepartner mit mindestens zwei Kindern einen erhöhten Beihilfesatz zukommen zu lassen erschließt sich mir nicht. Der Entwurf zielt hier auch ausschließlich auf das "Ausrechnen" der Nettoalimentation ab, sodass offenkundig ausschließlich sachfremde Erwägungen zu Grunde liegen.

4. Das Einbeziehen des Familieneinkommens gem. § 45a Abs. 1 SHBesG-E ist absolut indiskutabel. Hier wird die Besoldung der Beamten vom Mitwirken privater Dritter abhängig gemacht (viel Spaß in laufenden Scheidungsverfahren  ;)). Auch weitere Einkünfte der Beamtinnen und Beamten (Kapitalerträge, Mieteinnahmen, vergütete Nebentätigkeiten etc.) selber wurden eins zu eins auf die Besoldung angerechnet.

Auch dass ein solcher Zuschlag nur auf Antrag gezahlt werden soll ist ein offensichtlicher Versuch die Beamtenschaft abzuschrecken. Die Darlegungslast soll in diesem Fall der Antragssteller tragen, wobei die Nachweise für das laufende Jahr erst abschließens bei Vorlage des Steuerbescheides des laufendem Jahres im Folgejahr erbracht werden können. Außer natürlich die Bezügestelle soll zu einer Art Nebenfinanzamt mit monatlicher Einkommensberechnung ausgebaut werden  ;D

5. Die Umsetzung der BVerfG-Entscheidung zur Alimentation kinderreicher Beamter in § 45a Abs. 2 SHBesG-E knüpft wieder an das Familieneinkommen ein. Es wird dabei offensichtlich verkannt, dass selbst den Staatssekretären in der Besoldugnsgruppe B9 wesentlich höherer Zuschläge für ein drittes Kind (115% der Grundsicherung) zustehen, da diese ihr Grundgehalt für den Unterhalt des dritten Kindes nicht "anzugreifen" brauchen.

6. In der Berechnungsweise des Grundsicherungsniveaus sind so viele Fehler und Rechentricks enthalten, dass ich die gar nicht aufzählen möchte.

7. Bei der Ermittlung der Kosten der Kinderbetreuung plant das FM die Beamten auf Sizialleistungen gem. § 7 Abs. 2 KiTaG zu verweisen. Eine Begründung dafür, weshalb ein Verweis auf Grundsicherung und Wohngeld unzulässig, der Verweis auf diese konkrete Sozialleistung jedoch zulässig sein soll, bleibt der Entwurf schuldig.

Ich könnte wohl noch ewig weiterschreiben, aber das täte meinem Puls nicht gut. Im Endergebnis führt der Entwurf zur Einführung einer Herdprämie für Beamtenparter und einem montären Anreiz dafür geschaffen wird bloß nicht finanziell fürs Alter vorzusorgen, da die Kapitalerträge ja von der Besoldung abgezogen werden.

Alles in allem scheint es mir, dass hier einfach mal ein Testballon gestartet. Die Landesregierung hat schlicht noch nichts zu verlieren. "Schadenersatz" für die Beamten aufgrund nicht amtsangemessener Alimentation scheidet aus. Viele werden sich abschrecken lassen durch den (wohl bewusst erzeugten) Papierkram und allein dadurch kann man Millionen sparen. Das blödeste was passieren kann ist ein erhobener Zeigefinger vom BVerfG in Karlsruhe oder vom LVerfG in Schleswig und dann geringere Nachzahlungen irgendwann in der Zukunft.

Der dbb SH hat der Finanministerin wohl schon den Kopf gewaschen (https://www.dbb-sh.de/aktuelles/news/heinold-verteidigt-besoldungsplaene-dbb-sh-sieht-falsche-signale/), aber im Besoldungsgesetzgebunsverfahren ist man dort halt auch nur ein Lobbyist wie jeder andere.

Danke für die guten und ausführlichen Antworten! Ist der Gesetzentwurf noch irgendwo zu finden? Es scheint, als sei er zumindest über den Landtag nicht mehr einsehbar - möglicherweise sogar beabsichtigt!?

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2258 am: 07.10.2021 09:17 »
Moin,

echt interessantes Thema hier. Ich verstehe nicht, warum Niedersachsen sich nicht einmal für Beamte mit mehr als zwei Kindern in irgendeiner Art und Weise rührt.

Es wird davon ausgehen, dass es das formal nicht müsse, da die beiden Entscheidungen vom 4. Mai letzten Jahres die Besoldungsgesetzgebung in Berlin und NRW betrachten. Und da in Niedersachsen - anders als in anderen Ländern - die Gewerkschaften und Verbände die Thematik zumindest nicht öffentlich machen, sondern sich in etwas hüllen, was man fast als beredtes Schweigen auffassen könnte, besteht für sie mit hoher Wahrscheinlichkeit kein Handlungsdruck, sich anders zu verhalten. Insofern wartet das Land auf das im nächsten Jahr zu erwartende Donnerwetter aus Karlsruhe - so wie der Vorsitzende Richter des Zweiten Senats des BVerwG ja bereits 2018 in der mündlichen Verhandlung hervorgehoben hat, dass im Hinblick auf den verfassungskonformen Gehalt der niedersächsischen Alimentation seit 2005 "das Gericht in erschreckender Weise festgestellt [habe], dass dies in all den Jahren nicht erreicht wurde" (https://www.goettinger-tageblatt.de/Nachrichten/Der-Norden/Bundesgerichtshof-entscheidet-am-Dienstag-Verdienen-Beamte-in-Niedersachsen-bald-mehr). Ergo macht das Kabinett Weil II das, was es gut kann, nämlich auf gutes Wetter, und wird, wenn die hiesigen Gewerkschaften und Verbände auch weiterhin ihren geregelten Dornröschenschlaf fortsetzen, am Ende ganz überrascht behaupten, dass man von der Karsruher Entscheidung wie vom Blitz aus heiterem Himmel getroffen worden sei. Schweres Wetter ist auch weiterhin in Niedersachsen nicht zu erwarten, wo man doch eigentlich sturmerprobt sein wollte.

boysetsfire

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2259 am: 07.10.2021 12:22 »
Danke für die guten und ausführlichen Antworten! Ist der Gesetzentwurf noch irgendwo zu finden? Es scheint, als sei er zumindest über den Landtag nicht mehr einsehbar - möglicherweise sogar beabsichtigt!?

Auch von mir ein fettes DANKE an @Malkav und @SwenTanortsch.

Der Entwurf war noch gar nicht auf der Landtags-Homepage, im Moment holt das FM die üblichen Stellungnahmen zu dem Entwurf ein. Hier der Link zu dem letzten mir bekannten Entwurf. Ob das noch immer der aktuelle Stand ist, weiß ich nicht.

https://we.tl/t-16SwhcmZaT


Prüfer SH

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« Antwort #2260 am: 07.10.2021 14:44 »
Danke für die guten und ausführlichen Antworten! Ist der Gesetzentwurf noch irgendwo zu finden? Es scheint, als sei er zumindest über den Landtag nicht mehr einsehbar - möglicherweise sogar beabsichtigt!?

Auch von mir ein fettes DANKE an @Malkav und @SwenTanortsch.

Der Entwurf war noch gar nicht auf der Landtags-Homepage, im Moment holt das FM die üblichen Stellungnahmen zu dem Entwurf ein. Hier der Link zu dem letzten mir bekannten Entwurf. Ob das noch immer der aktuelle Stand ist, weiß ich nicht.

https://we.tl/t-16SwhcmZaT


Danke! Das können die doch nicht ernst meinen? Einfach nur traurig und an Boshaftigkeit und fehlender Wertschätzung kaum zu überbieten. Da fällt mir nichts mehr zu ein. Und für diesen Kindergarten habe ich einen Eid abgelegt. Schade, dass dieser nur einseitig zu gelten scheint.

Ich setze jetzt alles auf unsere judikative Gewalt und hoffe, dass wenigstens die sich an die Vorgaben unserer höchsten Instanz halten und diesen Schwachsinn in Sachen Partnereinkommen stoppen.
Interessant in diesem Zusammenhang auch, wie ich das Partnereinkommen ohne Steuerbescheid nachweisen soll, denn nicht jeder ist zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet. Was da an Verwaltungsaufwand entsteht ist Wahnsinn und im Leben nicht mit zwei Vollzeitstellen zu bewältigen.

justilegal

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2261 am: 07.10.2021 17:54 »
Moin,

echt interessantes Thema hier. Ich verstehe nicht, warum Niedersachsen sich nicht einmal für Beamte mit mehr als zwei Kindern in irgendeiner Art und Weise rührt.


Moin,
in Niedersachsen gibt es eine Vereinbarung, dass das NLBV "...ab dem Jahr 2018 bei Vorliegen der Voraussetzungen allen Anspruchsberechtigten von Amts wegen nachträglich eine zusätzliche Alimentation für dritte und weitere Kinder gewährt. Dies bedeutet, dass das NLBV im Folgejahr von Amts wegen aufgrund der dann vorliegenden Zahlen zum sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf den bereits gewährten Familienzuschlag überprüft und ggf. eine Nachzahlung veranlasst. Mit dieser Absprache soll vermieden werden, dass der Richter/Beamte nach einem zügig durchgeführten und für ihn negativen Widerspruchsverfahren binnen eines Monats entscheiden muss, ob er Klage erhebt, obwohl die Berechnungsgrundlagen noch fehlen und er mithin die Erfolgsaussichten nicht abschließend beurteilen kann." (NRB, Mitgliederinformation vom 25.09.2019) Soviel zu Theorie. In der Praxis hatte ich natürlich schon vor Jahren Widerspruch erhoben, die Entscheidung darüber hatte das NLBV vertagt. Im Dezember 2020 und Mai 2021 wies ich dann das NLBV auf die BVerfG- Entscheidung vom 4.05.2020 und die Vereinbarung hin... Im Juli wurde dann mein Widerspruch zurückgewiesen und auch die Prüfung "von Amts wegen" führte nicht zur Nachzahlung. So musste ich dann -ein Jahr nach Veröffentlichung des Urteils und abweichend vom Vorhaben der Vereinbarung- Anfang August 2021 Klage erheben... Aber auch das Gericht hat noch nicht so richtig Lust auf das Verfahren und hat beim NLBV erstmal nachgefragt, ob dieses auch hier das Ruhen des Verfahrens beantragt. Dies hätte es ja auch in anderen Verfahren so gehandhabt. Das NLBV hat dann zum einen mit Verweis auf ein NRW-Verfahren (eigentlich dachte ich, diesbezüglich  wären alle Verfahren mit der Aufforderung vom 4.05.2020 an NRW abgeschlossen/ erledigt) das Ruhen beantragt und auch, weil man erstmal prüfen möchte, ob und welchem Umfang das Urteil vom 4.05.2020, das sie nun zur Kenntnis genommen hätten, Auswirkungen auf Niedersachsen hat... Laut Vereinbarung wollten sie jeweils im Folgejahr den sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf " von Amts wegen" prüfen und nun müssen (eigentlich nicht notwendige) Gerichtsverfahren im September 2021 ruhend gestellt werden, weil sie erst prüfen müssen...

SwenTanortsch

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« Antwort #2262 am: 07.10.2021 19:22 »
@ justilegal

Wenn man das liest, fühlt man sich doch gleich wieder zu Hause: Das NLBV ist Niedersachsens feste Burg und Wehr, dagegen ist Dagobert Ducks Geldspeicher ein offenes Scheunentor. Wie sagt doch der Volksmud so treffend: Gut Ding will Weil haben (oder irgendwie so): Halt die Ohren steif und viel Glück!

clarion

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2263 am: 07.10.2021 23:20 »
Immerhin verzichtet das NLBV auf die Einrede der Verjährung.

By the way, worauf warten wir Niedersachsen  noch mal genau? Dass uns eine ebenfalls verfassungswidrige neue Besoldung zugebilligt wird, die ausschließlich  Beamten mit drei und mehr Kindern zugute kommt?

Ach so ja, Gut Ding will Weil haben.

Nächstes Jahr  ist im Übrigen  Landtagswahl.

cyrix42

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« Antwort #2264 am: 08.10.2021 10:55 »
Ich setze jetzt alles auf unsere judikative Gewalt und hoffe, dass wenigstens die sich an die Vorgaben unserer höchsten Instanz halten und diesen Schwachsinn in Sachen Partnereinkommen stoppen.
Interessant in diesem Zusammenhang auch, wie ich das Partnereinkommen ohne Steuerbescheid nachweisen soll, denn nicht jeder ist zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet. Was da an Verwaltungsaufwand entsteht ist Wahnsinn und im Leben nicht mit zwei Vollzeitstellen zu bewältigen.

Interessant, dass Beamte offenbar nicht dazu in der Lage zu sein scheinen — laut hier vorgebrachter Behauptung —, zu leisten, was von jedem erwartet wird, der Grundsicherung beantragen muss.

Noch einmal: Warum sollte die Unterhaltspflicht des zweiten Elternteils gegenüber dem gemeinsamen Kind keine Rolle spielen? Mag sein, dass die hier vertretenen Beamten zu viel erhalten, um BAFöG-berechtigte Kinder haben zu können. Aber auch bei jedem BAFöG-Antrag müssen die angehenden Bezieherinnen und Bezieher das Einkommen ihrer Eltern (und zwar natürlich beider!) nachweisen. Üblicherweise wird der letzte Steuer-Bescheid akzeptiert; für Selbständige und bei kurzfristigen Änderungen gibt es auch andere Möglichkeiten.

Ich finde es höchst amüsant, wie hier einige auftreten und sich verhalten, als ob Beamte zu weniger in der Lage seien als jeder Grundsicherungsempfänger… :)