Nur kurz, da ich gerade mich eher mit anderen Dingen befasse:
Gute Darstellung der Problematik der nicht ausreichenden Prozedualisierung. Dazu habe ich mich -- außer dem Hinweis auf einen Begründungsversuch im Gesetzesentwurf -- nicht eingelassen. Ob und ggf. wie dieses Problem geheilt werden kann: Keine Ahnung. Aber dass auch andere Wege als einfach nur die Anhebung der Grundbesoldung denkbar sind, obwohl hier viele gern darin die einzig mögliche Lösung sehen wollen, sollte mittlerweile klar geworden sein.
Da der Besoldungsgesetzgeber nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Umsetzung der aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Pflicht zur amtsangemessenen Alimentation über einen weiten Entscheidungsspielraum verfügt (vgl. in der aktuellen Entscheidung Rn. 26 m.w.N.), gibt es immer weitere Möglichkeiten, wie er die zu gewährende Mindestalimentation erreicht. Allerdings ist die Differenz zwischen der durch die aktuelle bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung zu gewährenden Mindest- und der derzeit tatsächlich gewährten Nettoalimentation in allen Bundesländer so groß, dass den Besoldungsgesetzgebern gar nichts anderes übrig bleiben wird, als auch und gerade die Grundgehaltssätze zu erhöhen. Darüber hinaus wäre es ihnen prinzipiell ebenfalls gestattet, ein "Familieneinkommen" gesetzlich zu Grunde zu legen, nämlich wenn es ihnen gelänge, dieses verfassungskonform zu begründen. Das Problem dürfte nun allerdings sein, dass das verfassungsrechtlich kaum möglich wäre - jedenfalls nicht unter der Prämisse, damit primär Personalkosten einsparen zu wollen.
Der Gesetzentwurf Schleswig-Holsteins ist so verstanden die nächste weitgehende politische Bankrotterklärung einer (Landes-)Regierung wie vormals die mittlerweile in Berlin und vom Bund verabschiedeten aktuellen Anpassungsgesetze und die weiterhin geplanten in Thüringen und Sachsen. Letztlich ist es juristisch betrachtet nur noch erschreckend (das meine ich nicht moralisch), was sich im Gefolge der aktuellen bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung seit dem Sommer 2020 in unserer Bundesrepublik vollzieht, insbesondere da nun durch die entsprechend zu befürchtenden 16 anstehenden Anpassungsgesetze für die Jahre 2022 ff. endgültig eine schwere Verfassungskrise ins Haus zu stehen droht, wenn dann die sich in Berlin, dem Bund, Thüringen, Sachsen und Schleswig-Holstein zum Teil bereits vollzogenen, teilweise derzeit noch geplanten Willkürentscheidungen erwartbar fortsetzten und sich am Ende erwartbar alle 17 Besoldungsgesetzgeber in vielfach unterschiedlicher Form vorsätzlich - und damit willkürlich - über die verfassungsmäßige Ordnung hinweggesetzt und also verfassungswidrige Ermächtigungen vollzogen hätten, die ganz offensichtlich mindestens in Teilen eine neue Verfassungswirklichkeit schaffen würden - eben das nur umso mehr, als dass es im Anschluss zu befürchten wäre, dass das dann in den Jahren danach zu Regel würde, sodass also die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts letztlich keine bindende Wirkung mehr zu entfalten drohte. Damit endete dann die nun 70 Jahre währende Verfassungswirklichkeit zugunsten einer bestenfalls formalen Demokratie, in der sich Legislative und/oder Exekutive nur noch im Bedarfsfall an die Verfassung gebunden fühlten, sodass das Individuum seiner Grundrechte beraubt wäre, da es sie nicht mehr juristisch durchsetzen könnte. Die seinen bisherigen Rechtsstatus zerstörenden Folgen zeigten dann "Gesetze", wie sie nun der gerade betrachtete Gesetzentwurf schaffen möchte, was hier an sehr vielen Punkten gezeigt werden könnte, aber nur an einem kurz gezeigt werden soll:
Der Grundgehaltssatz in der Besoldungsgruppe A 6/2 soll 2.478,40 € betragen, in der Besoldungsgruppe A 8/2 2.676,56 (vgl. S. 15). Der Familienzuschlag beider Besoldungsgruppen soll identisch gestaltet werden (vgl. S. 16). Der neu zu schaffende Familienergänzungszuschlag soll für das erste Kind in der Besoldungsgruppe A 6/2 287,- € betragen, in der Besoldungsordnung A 8/2 65,- € (vgl. S. 18). Damit verfügte ein entsprechender Beamter in der Besoldungsgruppe A 6 über ein monatlich um 23,84 € höheres Bruttogehalt als jener in der Besoldungsgruppe A 8, womit sowohl das Alimentationsprinzip als auch das Leistungsprinzip de facto abgeschafft werden würden, da es trotz einer jahrzehntelang gewachsenen bisherigen Verfassungswirklichkeit, in deren Folge auch die beiden gerade genannten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums entstanden sind, nun weithin in der Willkür des Gesetzgebers liegen würde, ob und ggf. wie er die materiellen Bedingungen ändern wollte. Das Ergebnis wäre also eine andere Republik, da nicht zu garantieren wäre, dass sich der Gesetzgeber dann nicht auch in anderen Fällen nicht mehr an die Rechtsprechung der Judikative gebunden sehen wollte - oder andersherum: Geschichtlich zeigt sich immer wieder - in Deutschland beispielsweise in der Zeit der Präsidialkabinette ab 1930 -, dass das Zertreten der Verfassungswirklichkeit in der nur noch formalen Beachtung der Verfassung eine neue Verfassungswirklichkeit schafft, die dann - um das Beispiel fortzuführen - 1933 nicht zwangsläufig in die NS-Herrschaft münden musste, die aber eben auch keinen genügenden Schutz mehr vor dieser garantierte, da die Weimarer Verfassung nun bereits so weitgehend ausgehöhlt worden war und also Ende 1932 gesellschaftlich von breiten Teilen der Gesellschaft und nicht geringen Teilen der staatlichen Institutionen nicht mehr akzeptiert wurde, sodass die staatliche Willkür für diese allesamt akzeptabel und auch in breiten gesellschaftlichen Teilen gewollt worden war. In Abwandlung des etwas verkürzenden Marx'schen Diktums: Das gesellschaftliche Sein bestimmt das Bewusstsein oder: Das Faktische entfaltet normative Kraft
"Die Entwicklung des Berufsbeamtentums ist historisch eng mit derjenigen des Rechtsstaats verknüpft: War der Beamte ursprünglich allein dem Regenten verpflichtet, wandelte er sich mit dem veränderten Staatsverständnis vom Fürsten- zum Staatsdiener. Seine Aufgabe war und ist es, Verfassung und Gesetz im Interesse des Bürgers auch und gerade gegen die Staatsspitze zu behaupten. Das Berufsbeamtentum als Institution gründet auf Sachwissen, fachlicher Leistung und loyaler Pflichterfüllung. Es soll eine stabile Verwaltung sichern und damit einen ausgleichenden Faktor gegenüber den das Staatswesen gestaltenden politischen Kräften bilden" (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 12. Juni 2018 - 2 BvR 1738/12 -, Rn. 118). "Die Strukturentscheidung des Art. 33 Abs. 5 GG belässt ausreichend Raum, die geschichtlich gewachsene Institution in den Rahmen unseres heutigen Staatslebens einzufügen [...] und den Funktionen anzupassen, die das Grundgesetz dem öffentlichen Dienst in der freiheitlichen, rechts- und sozialstaatlichen Demokratie zuschreibt" (ebd. Rn. 120)
"Zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums sowie zum Kern der institutionellen Garantie aus Art. 33 Abs. 5 GG zählt die Treuepflicht des Beamten [...]. Ihr kommt besondere Bedeutung auch im modernen Verwaltungsstaat zu, dessen sachgerechte und effiziente Aufgabenwahrnehmung auf eine intakte, loyale, pflichttreue, dem Staat und seiner verfassungsmäßigen Ordnung innerlich verbundene Beamtenschaft angewiesen ist [...]. Der Beamte ist dem Allgemeinwohl und damit zur uneigennützigen Amtsführung verpflichtet und hat bei der Erfüllung der ihm anvertrauten Aufgaben seine eigenen Interessen zurückzustellen. Der Einsatz wirtschaftlicher Kampf- und Druckmittel zur Durchsetzung eigener Interessen, insbesondere auch kollektive Kampfmaßnahmen im Sinne des Art. 9 Abs. 3 GG wie das Streikrecht, lassen sich mit der Treuepflicht des Beamten nicht vereinbaren [...]. Die Gewährleistung einer rechtlich und wirtschaftlich gesicherten Position soll ihn dabei in die Lage versetzen, seiner Treuepflicht zu genügen." (ebd., Rn. 121) "Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren [...]. Die Besoldung des Beamten stellt kein Entgelt für bestimmte konkrete Dienstleistungen dar, sondern ist eine 'Gegenleistung' des Dienstherrn dafür, dass sich der Beamte ihm mit seiner ganzen Persönlichkeit zur Verfügung stellt. Sie bildet die Voraussetzung dafür, dass sich der Beamte ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf widmen und die ihm im Staatsleben zufallende Funktion, eine stabile Verwaltung zu sichern und damit einen ausgleichenden Faktor gegenüber den das Staatsleben gestaltenden politischen Kräften zu bilden, erfüllen kann [...]. Deshalb ist die Folgerung unabweisbar, dass die Sicherung eines angemessenen Lebensunterhalts als ein besonders wesentlicher hergebrachter Grundsatz anzusehen ist, zu dessen Beachtung der Gesetzgeber verpflichtet ist" (ebd., Rn. 123).
"Mit der unmittelbaren objektiven Gewährleistung des angemessenen Lebensunterhalts begründet Art. 33 Abs. 5 GG zugleich aber auch ein grundrechtsähnliches Individualrecht des einzelnen Beamten gegenüber dem Staat [...]. Diese subjektiv-rechtliche Ausprägung des Art. 33 Abs. 5 GG folgt aus der Eigenart des beamtenrechtlichen Rechtsverhältnisses: Der Beamte steht dem Staat als seinem Dienstherrn gegenüber, der in seiner Stellung als Gesetzgeber zugleich für die Regelung des Rechtsverhältnisses sowie die Verteilung der gegenseitigen Rechte und Pflichten allein zuständig und verantwortlich ist. Der einzelne Beamte hat keine eigenen Möglichkeiten, auf die nähere Ausgestaltung seines Rechtsverhältnisses einzuwirken. Er ist vielmehr auf die Regelung angewiesen, die sein Dienstherr als Gesetzgeber getroffen hat. Wenn daher das Grundgesetz in Art. 33 Abs. 5 GG unmittelbar die Gewähr dafür bieten will, dass die beamtenrechtliche Gesetzgebung bestimmten eng begrenzten verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen entspricht, dann liegt die Annahme nahe, dass den hauptsächlich und unmittelbar Betroffenen ein entsprechendes Individualrecht eingeräumt werden soll, damit sie insoweit in Übereinstimmung mit den rechts- und sozialstaatlichen Grundprinzipien ihre verfassungsmäßige Stellung auch rechtlich wahren können" (ebd., Rn. 124).
"Nach allgemeiner Auffassung zählt die Treuepflicht des Beamten zu den Kernbestandteilen der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums [...]. Inhaltlich verlangt die Treuepflicht, dass der Beamte bei Erfüllung der ihm anvertrauten Aufgaben seine eigenen Interessen zurückzustellen hat [...]. Arbeitskämpfe der Beamtenschaft lassen sich damit nicht in Einklang bringen. Befürchtungen, wonach ein solches Verständnis das Beamtenverhältnis zu einem grundrechtsfreien Bereich mache, in dem die Gehorsamspflicht dazu führe, dass den Beamten ähnlich der Vorstellung des besonderen Gewaltverhältnisses keine eigenen Rechte gegenüber dem Dienstherrn zuerkannt würden [...], sind unbegründet. Die Treuepflicht schließt mit Blick auf Art. 9 Abs. 3 GG nicht jegliches private oder berufsständische Engagement des Beamten aus; ein generelles Betätigungsverbot des Beamten für eine Koalition stellt weder einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums dar, noch folgt es aus dem Sinn und Zweck des Beamtenverhältnisses" (ebd., Rn. 150)
Eine enge Beziehung weist das Streikverbot darüber hinaus zu dem Alimentationsprinzip auf [...], das nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ebenfalls einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums darstellt [...]. Der Beamte verpflichtet sich mit Eintritt in das Beamtenverhältnis, seine gesamte Arbeitskraft dem Dienstherrn zur Verfügung zu stellen [...]. Als Ausgleich hat der Dienstherr den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren [...]. Art. 33 Abs. 5 GG enthält damit eine unmittelbare, objektive Gewährleistung des angemessenen Lebensunterhalts und gewährt wegen der Eigenart des beamtenrechtlichen Rechtsverhältnisses, in welchem dem Beamten kein Einfluss auf die Ausgestaltung seiner Arbeitsbedingungen zukommt, zugleich ein grundrechtsähnliches, materielles Recht gegenüber dem Staat [...]. Hiermit geht die einseitige, hoheitliche Festlegung der Besoldung der Beamten durch den Dienstherrn einher." (ebd., Rn. 151)