Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 1468855 times)

WasDennNun

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Das Land Berlin hat jetzt allen Beamten einer vierköpfigen Familie, deren Ernährer sich in der Eingangsstufe der untersten Besoldungsgruppe befindet, die Differenz von Mindestalimentation und tatsächlich gewährter Nettoalimentation zu erstatten, also: 9.381,38 €.
Richtig. Und kann dies mit der fehlerhaften Systematik durch minimalster Erhöhung des Grundgehaltes und extremer Erhöhung des Famzuschlages korrigieren, da dieses Ungleichgewicht ja zu der fehlerhaften Alimenation führte.
Und da der Gesetzgeber hier aufs krasseste sich verrechnet hat bzgl. der Bemessung des Grundgehaltes der Singles im Verhältnis zum Familienzuschlag und deswegen die Besoldungsgesetze allesamt illegal sind.

Du gehst immer davon aus, dass der Fehler primär im Grundgehalt liegt, aber ich verstehe nicht warum er Gesetzgeber nicht damit argumentieren kann, dass der Fehler im Verhältnis Grundgehalt zu FamZuschlag liegt?
Zitat
Folgendes Vorgehen ginge folglich gleichzeitig nicht:

I. Beamter einer vierköpfigen Familie: Das Grundgehalt wie II. und alle weiteren Zuschläge wie II. sowie der Familienzuschlag ergeben eine Summe von 33.145,-, sodass hier die Mindestalimentation erfüllt wäre.

II. Lediger Beamter: Das Grundgehalt wie I und alle weiteren Zuschläge wie I sowie kein Familienzuschlag ergeben eine Summe von 23.764,- € mit der Begründung, nun sei ja die Mindestalimentation anhand der pauschalisierten Kosten aus dem Existenzminimumbericht erfüllt.
Das ist natürlich mumpitz, klar. Er muss die gleiche Systematik für den Single hinzuziehen wie für die Familie.
Ergo  er muss folgendes Prüfen:
Eine Prüfung ob das Grundgehalt bei Singles die Mindestalimantion (und die weiteren Kriterien) verletzt.
Hierbei muss natürlich den Berechnungen des Verfassungsgerichtes folgend, die Mindestalimentation eines Singles berücksichtigt errechnet werden, denn die Ausrichtung des Grundgehaltes an eine 4K Familie ist nicht in Stein gemeißelt, wenn ich es richtig interpretiere.

Und ohne korrekt zu rechnen die obige Zahlen nehmend, und nur mal pi/daumen, (sprich Kinder weg, Partner weg, Geld halbiert(ist falsch ich weiß, zu niedrig angesetzt), Unterkunft etc. bleibt wie gehabt, (ist falsch ich weiß, was ja zu hoch angesetzt ist):
a) pauschalisierte Regelleistung für 1 Erwachsene: 4224,- €
b) pauschalisierte Regelleistung für 2 Kinder: ---- €
c) Unterkunftskosten: 11.400,06 €
d) Heizkosten: 1.861,50 €
e) Bedarfe f. Bildung und Teilhabe: ---
Summe des Grundsicherungsniveaus: 17485,56
MindestAlimenation: 20100€
Dies wäre jetzt mal beispielhaft (jaja nicht korrekt gerechnet aber so ungefähr und nach gleicher Systematik ) die Mindestali eines Singles in Berlin, die nicht mit dem Grundgehalt (+115%) unterschritten werden darf. Berechnung folgt dem BVerfG zur Berechnung der MindestAli 4K Familie.

Und was hat er jetzt der liebe Berline? A4S1 Netto: 23864 abzgl. PKV 3600 =20200€
Bingo Punkt Landung: Grundgehalt könnte also bleiben *kotz*

Also gibt es für einen Single eigentlich keinen Grund am großartig am Grundgehalt wg. MindestAli zu schrauben.

Alle weiteren Zuschläge wie sowie der Familienzuschlag ergeben eine Summe von > 33.145,-, sodass hier die Mindestalimentation erfüllt wäre.

@ Swen: Warum ist da die Grundprämisse falsch?
Warum muss der Gesetzgeber den Gap bei der 4K Familie (maßgeblich)  via Grundgehalt korrigieren, wenn doch erkennbar ist, dass der Fehler in der Höhe des FamZuschlages liegt?


PS:
Weiterhin bleibe ich bei der These, dass ja im Zweifel "nur" für Stufe 1+ eine Anhebung notwendig ist und man die Letzte Stufe unverändert lassen kann und nur die Steigerungen dazwischen zu ändert braucht (bzgl. der Fragestellung der Mindestalimentation). Sorry Pensionäre, ihr geht leer aus. *kotz2*

micha77

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Der langen Rede kurzer Sinn: Doch, die derzeitige Höhe des Grundgehalts sollte - in Anbetracht der deutlichen Steigerung der Mindestalimentation - generell verfassungswidrig sein. Ein System, in dem die Mindestalimentation um streckenwesie mehr als dreißig und vierzig Prozent erhöht werden muss, kann nicht anhand der ausschließlichen Erhöhung von Beihilfeleistungen, Zulagen, Zuschlägen und Sonderzahlungen ausdifferenziert werden, ohne gänzlich aus dem Lot zu geraten.
Die Mindestalimentation für Beamte mit (zwei) Kinder, ja.
Für Singles, Nein.
Änderung der Höhe des Famzuschlages und schon bleiben Singles bei einer +1€ in der Alimentationserhöhung.
Ich verstehe nicht warum das nicht gehen sollte.

Oder bist du ernsthaft der Meinung, dass die Alimentation eines Singles zwingend um 30% erhöht werden muss, damit diese Verfassungskonform ist?

Der Jahrelange Fehler im Besoldungssystem ist, dass die Kinderzuschläge zu niedrig sind im Gesamtgefüge und damit das Grundgehalt zu teuer wurde.

Weiterhin kann man ja die Einstiegsstufen abschaffen und die Laufzeiten der oberen erhöhen, somit die jüngeren Beamten mit nem Geldregen versorgen und die oberen gehen dann auch leer aus. Warum sollte diese Variante nicht greifen? Wo wäre da ein Verfassungskonflikt?

Ich sehe bezogen auf die Mindestalimenation genug Spielraum, dass es für die Endstufe kein nennenswerten Cent mehr gibt, wenn man die Besoldungssystematik ein wenige verdreht.

Ich glaube, ich hätte besser gleich anhand der Praxis und nicht weitgehend mittels eines langen und weitgehend theoretischen Textes argumentieren sollen: Denn grau ist alle Theorie. Deshalb mache ich nun die Wirkung, die sich aus der ursprünglich sozialgesetzlichen Grundlage des Grundsicherungsniveaus ergibt, noch einmal anhand der Berliner Nettoalimentation in der Eingangsstufe der untersten Besoldungsgruppe nachvollziehbar:

Zunächst erstelle ich anhand des Besoldungsrechners die aktuellen Werte für die BesGr. A 4, Erfahrungsstufe 1, Familienzulage Stufe 3 (verheiratet, zwei Kinder), Lohnsteuerklasse III (https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/be?id=beamte-berlin-2020&g=A_4&s=1&f=3&z=100&zulageid=10.1&zulageid=10.2&zulage=&stj=2020&stkl=3&r=0&zkf=0):

a) Grundgehalt: + 2.180,53 €
b) Familienzulage: + 409,58 €
c) Sonderzahlung: + 129,17 €
c) Monats-Brutto: + 2.719,28 €
d) Lohnsteuer: -152,67 €
Monats-Nettobesoldung: 2.566,61 € bzw. Jahresnetto: 30.799,32 €



Um zur Nettoalimentation zu gelangen, sind weiter zu beachten (ich nehme die Werte meines Beitrags vom 20.08., 18:05 Uhr zur Grundlage):

e) Kindergeld: + 404,- €
f) PKV: - 501,50 €

Die monatliche Nettoalimentation liegt folglich bei 2.369,28 € oder bei 28.431,36 € pro Jahr.

Die Mindestalimentation beträgt nach (s. wiederum den genannten Beitrag):

Variante I: 37.361,54 € pro Jahr bzw. 3.113,46 € pro Monat

Variante II: 38.576,60 € pro Jahr bzw. 3.214,72 € pro Monat

Variante III: 39.463,11 € pro Jahr bzw. 3.288,59 € pro Monat

Die derzeitige Nettoalimentation müsste also pro Monat in der

Variante I um 744,18 € (+ 31,04 %)

Variante II um 845,44 € (+ 35,68 %)

Variante III um 919,31 € (+ 38,8 %)

erhöht werden.

Hallo zusammen,

ich lese jetzt auch schon eine Weile interessiert mit. Ich möchte mich auch erstmal bei SwenTanortsch für die eingehenden Ausführungen bedanken.

Wie sieht das denn mit sonstigen Zulagen aus? Stellenzulagen, Amtszulagen, sonstige Zulagen (Schicht etc.),
oder auch Sonderzahlungen (welche Sonderzahlung für Berlin ist oben mit gemeint?), werden die voll angerechnet?

PiefkeÖsi

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Vielen Dank an euch für die ausführliche Darstellung des Urteils und seine möglichen Folgen!

Nun mal eine ganz dumme Frage: Wenn ich nun – gemäß der zahlreichen Empfehlungen – Widerspruch einlegen möchte, wie genau mache ich das (Niedersachsen)?

Gibt es irgendwo einen Mustertext?

Danke!

Der Optimist

Ein mögliches Widerspruchsschreiben habe ich hier am 31.07. im Beitrag von 12:18 Uhr eingestellt. Zugleich sind im gleichen Zeitraum weitere genannt worden.

Hiermal ein große Dankeschön für das Muster, Widerspruch ist bereits beim Dienstherrn eingelegt (SN).

VG PiefkeÖsi

SwenTanortsch

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Zitat

Da alle vier Besoldungsordnungen - A, B, R und W - ob der abgestuften Wertigkeit der Ämter aufeinander beziehbar sein müssen und allesamt dem Abstandsgebot unterliegen, ist heute bereits klar, dass der massiv verfasungswidrige Charakter der R-Besoldungsordnung genauso für die A- und B-Besoldungsordnungen gilt - die W-Besoldungsordnung wird noch einmal gesondert zu überprüfen sein, weil ihr systematisch ein Zulagensystem nach Leistung inhärent ist, das die A-, B- und R-Ordnungen so nicht kennen.


In der Vergangenheit wirkte sich eine Erhöhung des W2/W3-Grundgehaltes, zumindest in NRW, in der Regel nicht aus, da die aufgrund der Unteralimentierung damals nötige Erhöhung des W2/W3-Grundgehaltes um 600 bzw. 300€ mit den Leistungszulagen schlimmstenfalls komplett verrechnet wurden. Ist nicht davon auszugehen, dass dies auch hier der Fall sein wird, und man daher oft leer ausgehen wird, es sei denn, es wird auch die Familienzulage erhöht?

Subjektiv fühle ich mich allerdings nicht unteralimentiert, zumal ich mit meinen Leistungszulagen zufrieden sein kann und auch einen Beruf habe, den ich sehr gerne ausführe und der mir auch sehr viele Freiheiten bei großer Sicherheit gibt. Bei jüngeren Kolleg*innen, insbesondere in Fächern, in denen es keine Alternative in der freien Wirtschaft gibt, sieht das finanziell schon ganz anders aus.

Im Übrigen kann ich mir nicht vorstellen, dass Erhöhungen in der hier diskutierten Größenordnung politisch überhaupt durchsetzbar wären.

Da die Besoldungssystematik der Besoldungsordnungen A, B und R gänzlich anders strukturiert ist als die der Besoldungsordnung W, traue ich mir nicht zu, für letztere eine Prognose abzugeben. Sie ist noch einmal ein ganz eigenes Universum. Insofern würde ich am besten das Gespräch mit der zuständigen Personalvertretung suchen - und zugleich würde ich vorsorglich Widerspruch einlegen. Denn das kann ja nicht schaden...

... und der Ratschlag beruht zugleich auf den vom Bundesverfassungsgericht festgelegten Größenordnungen. Je höher sie sind, desto höher wohl auch die Wahrscheinlichkeit, dass das auf die W-Besoldung zurückschlägt.

Da die aus dem Alimentationsprinzip abgeleiteten Rechte als grundgesetzgleich anzusehen sind - das Alimentationsprinzip ist ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums - und da die amtsangemessene Alimentation eines dieser abgeleiteten Rechte ist, bedeutete eine Nichtdurchsetzbarkeit, dass unsere Verfassungsordnung politisch so angegriffen wäre, dass sie nicht mehr in der Lage wäre, den absoluten Kernbereich der Verfassung zu garantieren: nämlich die Grundrechte.

Es ist höchstwahrscheinlich deshalb eher andersherum der Fall: Wenn die exekutive Gewalt über lange Zeiträume immer weiter geschwächt wird, da durch eine verfassungswidrig deutlich zu geringe Alimentation ein zunehmender Fachkräftemangel auf der einen Seite und ein stetiger Qualitätsverlust auf der anderen die Folge sind, dann ist sie irgendwann nur noch bedingt handlungsfähig, sodass dann staatliches Handeln irgendwann nicht mehr durchsetzbar wäre.

WasDennNun

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Es ist höchstwahrscheinlich deshalb eher andersherum der Fall: Wenn die exekutive Gewalt über lange Zeiträume immer weiter geschwächt wird, da durch eine verfassungswidrig deutlich zu geringe Alimentation ein zunehmender Fachkräftemangel auf der einen Seite und ein stetiger Qualitätsverlust auf der anderen die Folge sind, dann ist sie irgendwann nur noch bedingt handlungsfähig, sodass dann staatliches Handeln irgendwann nicht mehr durchsetzbar wäre.
Es ist ja noch schlimmer, es muss ja noch nicht mal verfassungswidrig niedrig sein.
Und es muss ja noch nicht mal den Beamten treffen.
Ich erlebe mehr und mehr, dass der Staat gegenüber anderen mit heruntergelassene Hose dasteht.
Eben weil er weit davon entfernt ist, sich bei der Bestenauslese zu beteiligen.
Und anstelle gutes, treues Personal und deswegen "teueres" HR Material zu halten, werden xfach teuere lobbiesteninfiltrierte Beraterhorden bezahlt.

Wo ich es haarig finde ist es im juristischem Bereich (wer solche Verträge mit der PW macht der gehört eigentlich gefeuert) oder in meinem Bereich der IT (wer sich so oftmals mumpitz für teures Geld verkaufen lässt, der gehört... und wer inkompetente Entscheider über technische Dinge entscheiden lässt, der....)

SwenTanortsch

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Der Besoldungsgesetzgeber "kann dies mit der fehlerhaften Systematik durch minimalster Erhöhung des Grundgehaltes und extremer Erhöhung des Famzuschlages korrigieren, da dieses Ungleichgewicht ja zu der fehlerhaften Alimenation führte."

Eben diese Prämisse ist falsch, wie ich jetzt mehrfach zu begründen versucht habe, Was_Denn_Nun. Und deshalb kann die nachfolgende Berechnung nicht zu einem verfassungskonformen Ergebnis führen:

"Und ohne korrekt zu rechnen die obige Zahlen nehmend, und nur mal pi/daumen, (sprich Kinder weg, Partner weg, Geld halbiert(ist falsch ich weiß, zu niedrig angesetzt), Unterkunft etc. bleibt wie gehabt, (ist falsch ich weiß, was ja zu hoch angesetzt ist):
a) pauschalisierte Regelleistung für 1 Erwachsene: 4224,- €
b) pauschalisierte Regelleistung für 2 Kinder: ---- €
c) Unterkunftskosten: 11.400,06 €
d) Heizkosten: 1.861,50 €
e) Bedarfe f. Bildung und Teilhabe: ---
Summe des Grundsicherungsniveaus: 17485,56
MindestAlimenation: 20100€
Dies wäre jetzt mal beispielhaft (jaja nicht korrekt gerechnet aber so ungefähr und nach gleicher Systematik ) die Mindestali eines Singles in Berlin, die nicht mit dem Grundgehalt (+115%) unterschritten werden darf. Berechnung folgt dem BVerfG zur Berechnung der MindestAli 4K Familie."

Wenn das Ergebnis auf Grundlage dieser Berechnung statthaft wäre, würde das zu folgendem Ergebnis führen:

Das Grundgehalt für alle Beamten in der Eingangsstufe der untersten Besoldungsgruppe beliefe sich bei einer Nettomindestalimentation von 20.100,- € auf einen Bruttowert, der am Ende die Netto-Mindestalimentation gewährleistete, sagen wir willkürlich: rund 24.000,- € pro Jahr, also rund 2000,- Euro pro Monat

Die weiteren Brutto-Zulagen und -Zuschläge mit Ausnahme des Familienzuschlags blieben für alle entsprechenden Beamten ebenfalls identisch, sagen wir: 2.000,- €, also rund 170,- pro Monat (alle Werte sind hier willkürlich gesetzt - konkret habe ich das anhand der vorherigen Berechnungen gezeigt).

Die monatliche Bruttobesoldung läge also einheitlich bei 26.000,- € jährlich bzw. 2.170,- € pro Monat.

Jetzt würde der restliche Betrag in den Familienzuschlag fließen - nehmen wir einen Bruttowert von 19.000,- Euro, den es zu verteilen gelte (denn wir müssen ja auf eine Nettomindestalimentation von knapp 40.000 Euro kommen, also Brutto am Ende auf rund 45.000,- € nach der Lohnsteuerklasse 3): also rund 1.830,- € pro Monat.

Nun gilt es - wiederum willkürlich - den Familienzuschlag zu bestimmen: Sagen wir für:

die Familienstufe I (verheiratet, keine Kinder): willkürliche Erhöhung der Familienzulage um 4.000,- €, also pro Monat um rund 330,- € (derzeit beträgt sie 135,64 €; dann würde sie rund 465,- € betragen). Die Zulage würde die Bruttobesoldung des verheirateten Beamten von 26.000,- auf 30.000,- € erhöhen (+ 14,4 %).

die Familienstufe II (verheiratet, ein Kinder): willkürliche Erhöhung der Zulage um 10.000,- €, also pro Monat um rund 830,- € (derzeit beträgt sie 263,52 €; dann würde sie rund 1.100,- € betragen). Die Zulage würde die Bruttobesoldung des verheirateten Beamten mit einem Kind von 26.000,- € auf 36.000,- € erhöhen (+ 38,5 %)

die Familienstufe III (verheiratet, zwei Kinder): willkürliche Erhöhung der Zulage um 19.000,- €, also pro Monat um 1.580,- € (derzeit beträgt sie 409,58 €; dann würde sie 1.990,- €). Die Zulage würde die Bruttobesoldung des verheirateten Beamten mit zwei Kindern von 26.000,- € auf 45.000,- € erhöhen (+ 73,1 %).

Nun sollte willkürlich die Mindestalimentation eines verheirateten Beamten der Eingangstufe der untersten Besoldungsgruppe erreicht sein: rund 45.000,- € brutto, die zu knapp 40.000,- € netto führten - und damit hätten wir dann allerdings weitgehend das Ergebnis, das ich beim letzten Mal angeführt habe:

Der verheiratete Beamte mit zwei Kindern würde über eine unverhältnismäßig höhere Bruttobesoldung verfügen als der ledige, kinderlose Beamte.

Deswegen kann es keine willkürlichen Erhöhungen geben, sondern müssen - wie gesagt - die Wirkungen aus dem sozialrechtlich bestimmten Grundsicherungsniveau bei der Ausgestaltung der Besoldungsstruktur Beachtung finden.

Das lässt sich auch daraus erschließen, wenn man nun die Frage stellte, wie nun in der willkürlichen Besoldungsstruktur mit den kinderreichen Familien verfahren werden sollte:

Wie hoch soll jetzt die Zulage der Familienstufe IV (verheiratet, drei Kinder) ausfallen, die derzeit bei 813,47 € monatlich liegt? Was wäre verhältnismäßig auf Grundlage der Werte, die in den Stufen I, II und III gewährt worden sind? 2.500,- €, 3.000,- €, 4000,- €? Und in der Familienstufe V, die derzeit bei 1.217,36 € liegt?

Ohne Beachtung der sich aus der sozialgesetzlichen Bestimmung des Grundsicherungsniveaus ergebenden Wirkungen entstände ein willkürliches System. Deshalb habe ich in den letzten Beiträgen versucht, den Zusammenhang von Grundsicherungsniveau, Mindestalimentation und Besoldungssystematik verständlich zu machen.

SwenTanortsch

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Der langen Rede kurzer Sinn: Doch, die derzeitige Höhe des Grundgehalts sollte - in Anbetracht der deutlichen Steigerung der Mindestalimentation - generell verfassungswidrig sein. Ein System, in dem die Mindestalimentation um streckenwesie mehr als dreißig und vierzig Prozent erhöht werden muss, kann nicht anhand der ausschließlichen Erhöhung von Beihilfeleistungen, Zulagen, Zuschlägen und Sonderzahlungen ausdifferenziert werden, ohne gänzlich aus dem Lot zu geraten.
Die Mindestalimentation für Beamte mit (zwei) Kinder, ja.
Für Singles, Nein.
Änderung der Höhe des Famzuschlages und schon bleiben Singles bei einer +1€ in der Alimentationserhöhung.
Ich verstehe nicht warum das nicht gehen sollte.

Oder bist du ernsthaft der Meinung, dass die Alimentation eines Singles zwingend um 30% erhöht werden muss, damit diese Verfassungskonform ist?

Der Jahrelange Fehler im Besoldungssystem ist, dass die Kinderzuschläge zu niedrig sind im Gesamtgefüge und damit das Grundgehalt zu teuer wurde.

Weiterhin kann man ja die Einstiegsstufen abschaffen und die Laufzeiten der oberen erhöhen, somit die jüngeren Beamten mit nem Geldregen versorgen und die oberen gehen dann auch leer aus. Warum sollte diese Variante nicht greifen? Wo wäre da ein Verfassungskonflikt?

Ich sehe bezogen auf die Mindestalimenation genug Spielraum, dass es für die Endstufe kein nennenswerten Cent mehr gibt, wenn man die Besoldungssystematik ein wenige verdreht.

Ich glaube, ich hätte besser gleich anhand der Praxis und nicht weitgehend mittels eines langen und weitgehend theoretischen Textes argumentieren sollen: Denn grau ist alle Theorie. Deshalb mache ich nun die Wirkung, die sich aus der ursprünglich sozialgesetzlichen Grundlage des Grundsicherungsniveaus ergibt, noch einmal anhand der Berliner Nettoalimentation in der Eingangsstufe der untersten Besoldungsgruppe nachvollziehbar:

Zunächst erstelle ich anhand des Besoldungsrechners die aktuellen Werte für die BesGr. A 4, Erfahrungsstufe 1, Familienzulage Stufe 3 (verheiratet, zwei Kinder), Lohnsteuerklasse III (https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/be?id=beamte-berlin-2020&g=A_4&s=1&f=3&z=100&zulageid=10.1&zulageid=10.2&zulage=&stj=2020&stkl=3&r=0&zkf=0):

a) Grundgehalt: + 2.180,53 €
b) Familienzulage: + 409,58 €
c) Sonderzahlung: + 129,17 €
c) Monats-Brutto: + 2.719,28 €
d) Lohnsteuer: -152,67 €
Monats-Nettobesoldung: 2.566,61 € bzw. Jahresnetto: 30.799,32 €



Um zur Nettoalimentation zu gelangen, sind weiter zu beachten (ich nehme die Werte meines Beitrags vom 20.08., 18:05 Uhr zur Grundlage):

e) Kindergeld: + 404,- €
f) PKV: - 501,50 €

Die monatliche Nettoalimentation liegt folglich bei 2.369,28 € oder bei 28.431,36 € pro Jahr.

Die Mindestalimentation beträgt nach (s. wiederum den genannten Beitrag):

Variante I: 37.361,54 € pro Jahr bzw. 3.113,46 € pro Monat

Variante II: 38.576,60 € pro Jahr bzw. 3.214,72 € pro Monat

Variante III: 39.463,11 € pro Jahr bzw. 3.288,59 € pro Monat

Die derzeitige Nettoalimentation müsste also pro Monat in der

Variante I um 744,18 € (+ 31,04 %)

Variante II um 845,44 € (+ 35,68 %)

Variante III um 919,31 € (+ 38,8 %)

erhöht werden.

Hallo zusammen,

ich lese jetzt auch schon eine Weile interessiert mit. Ich möchte mich auch erstmal bei SwenTanortsch für die eingehenden Ausführungen bedanken.

Wie sieht das denn mit sonstigen Zulagen aus? Stellenzulagen, Amtszulagen, sonstige Zulagen (Schicht etc.),
oder auch Sonderzahlungen (welche Sonderzahlung für Berlin ist oben mit gemeint?), werden die voll angerechnet?

Hallo Micha77, ich verstehe Deine abschließenden Fragen womöglich nicht richtig. Ich versuche sie aber trotzdem mal so zu beantworten, wie ich sie verstehe:

Die Mindestalimentation umfasst alle Inhalte, die in der regelmäßigen Nettoalimentation enthalten sind. Diese setzt sich derzeit nach dem Besoldungsrechner wie folgt zusammen: https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/be?id=beamte-berlin&g=A_4&s=1&f=3&zulageid=10.1&zulageid=10.2&z=100&zulage=&stkl=3&r=0&zkf=

Der Besoldungsgesetzgeber verfügt zugleich in der Neustrukturierung des Besoldungssystems über einen breiten Gestaltungsspielraum. Er kann folglich in das System weitere Zulagen integrieren, ist aber gezwungen das und deren jeweilige Höhe zu begründen und darf dabei nicht auf sachfremde Erwägungen zurückgreifen. Zulagen für die Schichtarbeit würden allerdings nicht in die Mindestalimentation mit einfließen, da von ihnen nicht alle Beamten in der Eingangsstufe der untersten Besoldungsgruppe betroffen sind, sondern nur die, die eben Schichtarbeit verüben.

Wenn ich mich richtig erinnere (ganz sicher bin ich mir nicht), gibt es in der Berliner Besoldungsgruppe A 4 derzeit zwar eine Amts-, aber keine Stellenzulage (oder war das andersherum?). In den unteren Besoldungsgruppen wird eine Sonderzahlung von 1550,- € gewährt, in den höheren von 750,- €, wenn ich mich richtig erinnere.

Habe ich die Fragen so beantwortet, wie sie gemeint waren?

WasDennNun

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Also ist Grundprämisse falsch, dass die Alimentation eines Beamten an seine zu alimentierende Familienmitglieder orientiert wird?

Der verheiratete Beamte mit zwei Kindern würde über eine unverhältnismäßig höhere Bruttobesoldung verfügen als der ledige, kinderlose Beamte.
Wieso ist es eine unverhältnismäßige höhere Bruttobesoldung? Er hat ja auch einen klar nachvollziehbaren höheren Alimenationsbedarf für eine amtsangemssene Alimentation für sich und seine Familie!

Unterm Strich hätte beide nahezu gleichviel Netto für sich.

Was du sagst ist, dass es verhältnissmäßig ist, dass der Single eine unverhältnismäßige höhere Nettoalimentation hat, als der verheiratete Beamte mit x Kindern? Das wäre ok?!?
Aber das der Familienbeamte wesentlich mehr Brutto hat nicht?!?

Woraus leitest du ab, dass das nicht verfassungskonform wäre? Irgendwie muss ich wohl die Begründung dafür überlesen?

Zitat
Nun gilt es - wiederum willkürlich - den Familienzuschlag ....
Und wo ist es willkürlich, wenn die Brutto/Nettoalimentation eines Beamten in dem Maße angehoben wird, wie er es benötigt, um die mit zu alimentierenden Familienmitglieder zu versorgen?

Das Regelwerk, wie ein solcher FamZuschlag als unterste Grenze zu errechnen wäre liefert doch das Urteil mit, da ist nun wirklich nichts - absolut nichts - mehr willkürlich, sondern dynamisch definiert anhand der Berechnung zur Mindestalimentation.

Insbesondere da doch in Rn47 das Gericht mEn quasi direkt darauf verweist:
Zitat
Die vierköpfige Alleinverdienerfamilie ist demnach eine aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße, nicht Leitbild der Beamtenbesoldung. Auch hinsichtlich der Strukturierung der Besoldung verfügt der Besoldungsgesetzgeber über einen breiten Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfGE 44, 249 <267>; 81, 363 <376>; 99, 300 <315>). Es besteht insbesondere keine Verpflichtung, die Grundbesoldung so zu bemessen, dass Beamte und Richter ihre Familie als Alleinverdiener unterhalten können. Vielmehr steht es dem Besoldungsgesetzgeber frei, etwa durch höhere Familienzuschläge bereits für das erste und zweite Kind stärker als bisher die Besoldung von den tatsächlichen Lebensverhältnissen abhängig zu machen.
und ebenso Rn49
Zitat
Allerdings hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum, wie er bei der Festsetzung der Bezüge den Anforderungen des Gebotes eines Mindestabstands zum Grundsicherungsniveau Rechnung trägt. Neben der Anhebung der Grundgehaltssätze und Veränderungen im Beihilferecht kommt insbesondere auch eine Anhebung des Familienzuschlags in Betracht (vgl. BVerfGE 140, 240 <287 Rn. 94>).

WasDennNun

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Ergo:
Wundert euch nicht, wenn bzgl. der Mindestalimentation ein grosser Schluck aus der Buddel für die mit Kinder gewährt wird.
Das ggfl. nur FamZuschläge geben wird für Beamte mit Kinder.
Und unterm Strich die Grundbesoldung nur marginal mehr wird.

SwenTanortsch

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Ergo:
Wundert euch nicht, wenn bzgl. der Mindestalimentation ein grosser Schluck aus der Buddel für die mit Kinder gewährt wird.
Das ggfl. nur FamZuschläge geben wird für Beamte mit Kinder.
Und unterm Strich die Grundbesoldung nur marginal mehr wird.

Schaue Dir noch einmal ausgehend von meinen sehr langen Beiträge vom 20.08., 17:10 Uhr an, was ich zu "Wirkung" schreibe, die das ursprünglich anhand der Sozialgesetzgebung erstellte Grundsicherungsniveau auf die Mindestalimentation hat und dann fortgesetzt ihre Zurückführung von einem einzigen Nettowert auf viele betragsmäßig geringere Bruttowerte weiter entfaltet - am Besten gibst Du bei Firefox über die Suchfunktion den Begriff "Wirkung" ein, dann wirst Du an die zentralen Stellen geleitet.

Ich zitiere das jetzt hier einfach noch einmal selber, indem ich die langen Passagen auf die zu beachtende Wirkung der ursprüngglichen Sozialgesetzgebung verkürze:

[...]

a) Das Nettoprinzip

Das erste Problem, dass der Bersoldungsgesetzgeber hat, nachdem er anhand des Grundsicherungssystems die Nettoalimentation berechnet hat, ist, dass er nun mit der Mindestalimentation über einen Nettowert verfügt, was sich daraus ergibt, dass der sozialgesetzliche Vergleichspunkt nur das Nettoprinzip kennt. Die Ableitung aus dem Sozialrecht lässt den Ausgangspunkt als Nettowert entstehen – und in dem Moment, wo er vorhanden ist, ist er vom Sozialrecht als solchem ausnahmslos befreit, jedoch nicht von seiner Wirkung. Ausnahmslos ist er vom Sozialrecht deshalb befreit, weil jede Alimentation oberhalb der Grundsicherung liegt, wodurch ein Beamter qua Amt keinen Sozialhilfeanspruch haben kann, sodass das Sozialrecht nicht auf das Besoldungsrecht angewendet werden kann. Das ist Folge des eben schon zitierten „qualitativen Unterschieds“ und verdeutlicht, dass das Besoldungsrecht eine andere Zweckstellung verfolgt als das Sozialrecht.

Nichtsdestotrotz kann der Besoldungsgesetzgeber nicht willkürlich mit der Wirkung – also den Folgen – der Sozialgesetzgebung umgehen: So hat er beispielsweise mit Blick auf die Besoldung die aus den sozialrechtlichen Grundlagen entspringenden Konsequenzen für Familien zu beachten. Die Ableitung der Mindestalimentation aus der Grundsicherung bindet den Besoldungsgesetzgeber und schränkt ihn in seinem weiten Entscheidungsspielraums ein, über den er bei der Umsetzung seiner Pflicht, eine amtsangemessen Alimentation zu gewähren, verfügt. Darauf wird noch einmal zurückzukommen sein.

[...]

b) Die Wirkungen der Sozialgesetzgebung

Aus dem Gleichheitssatz ist abzuleiten, dass die aus einem bestimmten Zweck zustande gekommenen Beträge der ursprünglich sozialgesetzlich vorgenommenen Festsetzungen weiter wirken müssen. Das gilt offensichtlich beispielsweise für die familiären Bestandteile der Berechnung des Grundsicherungsniveau. Der Besoldungsgesetzgeber kann wegen des Gleichheitssatzes den Beamten, die ja vom Recht der Inanspruchnahme von Sozialleistungen ausgeschlossen sind (das Alimentationprinzip hat dafür zu sorgen, dass ein solcher Anspruch nicht auftreten kann), nicht das Gut verwehren, dass den vom Sozialsystem Abhängigen als Grundsicherung gewährt wird.

[...]

Eine zentrale Wirkung, die der Besoldungsgesetzgeber zu beachten hat, sind folglich die bei der Bestimmung der Grundsicherung im familiaren Rahmen gewährten Beträge, also insbesondere die Regelleistungen für zwei Kinder und die realitätsgerechten Bedarfe für Bildung und Teilhabe, aber auch in Teilen die realitätsgerechten Heiz- und Unterkunftskosten, da diese ja auf der Grundlage nicht nur von zwei Erwachsenen, sondern auch von zwei Kindern beruhen. Der Besoldungsgesetzgeber kann folglich  all diese weiterwirkenden Bestandteile allen Beamten gewähren – er kann sie aber nicht, da hier eine aus dem Gleichheitssatz abzuleitende mittelbare Wirkung gegeben ist, den Familien verwehren.

[...]

c) Die Unterkunftskosten und das Grundgehalt

Und damit wären wir nun bei den Unterkunftskosten – wobei ich mich hier nun kürzer fassen kann, weil hierzu schon viel geschrieben worden ist.

Anders als bei Familienbestandteilen des ursprünglichen Grundsicherungsniveaus, von denen nur Beamte mit einer Familie betroffen sind, sind von Unterkunftskosten alle Beamten ob mit oder ohne Familie betroffen. Auch hier entfaltet nun die ursprüngliche Berechnungsgrundlage Wirkung. Denn da das Verfassungsgericht gerade sie bei der Festsetzung des Grundsicherungsniveaus unter einem realitätsgerechten Blick als bislang deutlich zu gering erachtet hat und sie also bezogen auf die Mindestalimentation einen nun prozentual und real deutlich höheren Anteil haben als zuvor, müssen sie in geeigneter Form bei der Besoldung aller Beamten Beachtung finden, da alle Beamte und nicht nur jene mit Kindern eine Unterkunft haben müssen.

[...]

Nicht umsonst führt das Verfassungsgericht mit Blick auf die generelle Bedeutung des Grundgehalt bei der Bemessung der Besoldungs- und Alimentationshöhe zwar zunächst aus: „Ob eine zur Behebung eines Verstoßes gegen das Mindestabstandsgebot erforderliche Neustrukturierung des Besoldungsgefüges zu einer Erhöhung der Grundgehaltssätze einer höheren Besoldungsgruppe führt, lässt sich daher nicht mit der für die Annahme eines Verfassungsverstoßes erforderlichen Gewissheit feststellen.“ (Rn. 49) Damit lässt es zunächst offen, wie der Besoldungsgesetzgeber auf einen Verstoß gegen Mindestabstandsgebot zu verfahren hat; alles andere würde auch in den weiten Gestaltungsspielraum des Besoldungsgesetzgebers eingreifen.

Jedoch führt das Verfassungsgericht im direkten Anschluss weiter aus: „Die Wahrscheinlichkeit hierfür [für eine Erhöhung der Grundgehaltssätze] ist umso größer, je näher die zur Prüfung gestellte Besoldungsgruppe selbst an der Grenze zur Mindestbesoldung liegt. Je deutlicher der Verstoß ausfällt und je mehr Besoldungsgruppen hinter dem Mindestabstandsgebot zurückbleiben, desto eher ist damit zu rechnen, dass es zu einer spürbaren Anhebung des gesamten Besoldungsniveaus kommen muss, um die gebotenen Abstände zwischen den Besoldungsgruppen wahren zu können.“ (ebd.)

Auch damit wird deutlich, dass die Wirkung der sozialgesetzlich festgestellten hohen Unterkunftskosten sich fortsetzen auf alle Beamte. Denn wie oben dargelegt, bleiben derzeit offensichtlich alle Berliner Besoldungsgruppen bis einschließlich mindestens A 11 hinter der Mindestalimentation zurück, so dass die Heilung – da der Mangel stark aus einer bisher deutlich zu geringen Beachtung der Unterkunftskosten herrührt und von diesen zu gering beachteten Kosten alle Beamte betroffen sind – nur durch entsprechende Anhebung der Grundgehälter erfolgen kann.

Um am Ende die Mindestalimentation in der untersten A-Besoldungsgruppe zu gewähren, sollte insofern eine deutliche Erhöhung des Grundgehaltssatzes erforderlich sein. Mit Blick auf die übergreifende Thematik – die Besoldungssystematik und Besoldungsstaffelung – sollte es kaum anders möglich sein, als von hieraus die nötige Heilung in Angriff zu nehmen. Und das dürfte zugleich ein komplexes Unterfangen sein, um die verfassungsrechtlich zu beachtenden weiteren Parameter innerhalb eines progressiven Steuersystems ebenfalls zu erfüllen, die sich aus der Weiterwirkung der ursprünglich sozialgesetzlichen Bestimmung ergeben: also anhand von Zuschlägen, Zulagen und ggf. Sonderzahlungen.

[...]

Die Wirkung der Unterkunfts- und Heizkosten können also bis zu einem gewissen Betrag (der nicht zu hoch sein kann, da die Kinder beides nicht bezahlen, aber sich Kosten aus ihnen erstrecken (sehr formal formuliert) [...]) ebenfalls in den Familienzuschlag mit einfließen. Weit überwiegend müssen sie aber - um das Ergebnis realitätsgerecht zu gestalten und es also nicht auf sachfremden Prämissen zu fundieren - in das Grundgehalt einfließen, das - wie ich gestern erneut und in den Tagen zuvor vertieft - maßgeblich sein muss für die Besoldung, die insgesamt nur in geringem Maße anhand von Ortszuschlägen differenzierbar ist.

[...]

Durch die aufgrund der aktuellen Verfassungsgerichtsentscheidung in ihrem sozialgesetzlichen Ursprung höher zu veranlagenden Heiz- und Unterkunftskosten sowie die Kosten für die Bedarfe von Bildung und Teilhabe muss der Familienzuschlag - insbesondere wegen der deutlich höheren Bedarfe von Bildung und Teilhabe - zukünftig steigen. Dafür werden auch gewisse Anteile der Heiz- und Unterkunftskosten sorgen, die sich in ihrer Wirkung auf die Kinder zurückführen lassen. Da aber am Ende nicht die Kinder, sondern die Eltern bzw. die Beamten allesamt (und nicht nur Beamte, die verheiratet und/oder auch Eltern sind) Unterkunfts- und Heizkosten zahlen, muss das bei der Neubestimmung der Besoldungsordnung beachtet werden. Alles andere wäre ein unmittelbarer Verstoß gegen den Gleichheitssatz, eben weil alle Beamte, wie in den letzten Tagen gezeigt, gezwungen sind, Unterkunfts- und Heizkosten zu begleichen.

Marlene

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Und anstelle gutes, treues Personal und deswegen "teueres" HR Material zu halten, werden xfach teuere lobbiesteninfiltrierte Beraterhorden bezahlt.

Wo ich es haarig finde ist es im juristischem Bereich (wer solche Verträge mit der PW macht der gehört eigentlich gefeuert) oder in meinem Bereich der IT (wer sich so oftmals mumpitz für teures Geld verkaufen lässt, der gehört... und wer inkompetente Entscheider über technische Dinge entscheiden lässt, der....)

Genau in diesen beiden Bereichen (vor allem aber IT) ist der Mangel an Kompetenz bei meinem Dienstherrn sehr sichtbar. Es ärgert mich seit Jahren.

TonyBox

  • Gast
Hallo zusammen,

die Informationen sind ja recht vielfältig  ;)

Auch wenn es schön und wünschenswert wäre wenn die Grundbesoldung erhöht wird, kann ich mir dies beim besten Willen nicht vorstellen und halte es auch eher als unwahrscheinlich.

Soweit die Mindestalimentation bei dem Standard (Ehepaar, ein Alleinverdiener, 2 Kinder) gegeben ist, würde ich sehr stark vermuten, dass hier "nur" etwas an den Familienzuschlägen und ggfls. an den Strukturzulagen angepasst wird, um die Angemessenheit wieder herzustellen.

Aber warten wir mal ab, was passieren wird.

WasDennNun

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@Swen
Ich habe es mir angeschaut und kann in deinen Texten nur Dinge erkennen, die meine These stützen.
Und kann nirgends erkennen, wo die Grundprämisse fehlerhaft wäre.


Über allen schwebt ja die Aussage: Ein Beamter hat keinen Anspruch auf Sozialleistungen, da er ja Kraft der Alimentation keine erhalten kann, also darf ein Beamter nicht in die Situation kommen, dass er Sozialleistungen empfangen könnte, wegen seiner zu geringen Alimentation. Das ist ja die Wirkung, die ich sehe.
Und er darf auch nicht in die nähe kommen, sondern muss Netto 115% darüber liegen (immer egal in welcher Familiensituation er sich befindet)

Die Grundprämissen von der ich ausgehen sind (bitte korrigieren,ergänzen).

1.) Der Gesetzgeber muss allen Beamten (unabhängig von der mit zu alimentierende Familienstruktur) eine Besoldung zugestehen die Netto mindestens 115% über das Grundsicherungsniveau liegt.
2.) Für die Berechnung dieses Niveau hat das BVergG eine Berechnungsweg ermittelt.
3.) Diese wird unter Einbeziehung der mit zu alimentierende Familienstruktur errechnet.

D.h. Die Besoldungssystematik darf beim Single und bei einer X köpfigen Familie nicht gegen diesen Grundsatz verstoßen.

Die aktuelle Besoldungssystematik verstößt hiergegen eklatant (vom BVerG anhand der 4 Köpfigen Familie "exemplarisch" gezeigt)

4.) Wenn der Gesetzgeber keine Dienstort/Wohnort abhängige Komponente in der Systematik einbringt, dann muss er von der teuersten KDU Situation in seinem Geltungsbereich ausgehen (gut für die Bundesbeamten  :P) .

5.) Die Grundbesoldung muss nicht reichen um eine Familie (welcher Art auch immer) über dieses Niveau zu heben (Rn47).

6.) Der Gesetzgeber kann  insbesondere auch eine Anhebung des Familienzuschlags in Betracht zehen (Rn49)

7.) Egal welche Systematik gewählt wird, die vertikalen Abstände der Besoldungsgruppen muss gewahrt bleiben.


@Swen
Stimmen wir hier in den Grundprämissen überein?
Falls nein, was ist falsch, was fehlt?

Falls ja: Warum sollte die Grundbesoldung nicht ebenso bemessen sein können, dass sie eben diesen Prämissen folgt. Ergo mindest so hoch sein muss, dass sie einem Single auf dieses Niveau hievt.
(siehe meine pi/daumen Rechnung oben)
Und wieso ist dann ein Familienzuschlag, der diesen Prämissen folgt willkürlich und nicht verfassungskonform?

Spid

  • Gast
Du übersiehst bei Deinen Ausführungen und Prämissen, daß ungeachtet aller übrigen Umstände und auch der Ausführungen zur Alleinverdienerfamilie folgendes der Ausgangspunkt ist:
Die Mindestnettoalimentation der Normalfamilie muß mindestens bei 115% des durch das BVerfG errechneten Grundsicherungsniveaus der Normalfamilie betragen.

Lediglich ein Teil davon kann - siehe die Ausführungen des TE - sachgerecht durch Familien-/Kinderzuschläge erfolgen. Lediglich ein weiterer Teil davon, nämlich lediglich in dem Umfang, in dem das Prinzip der amtsangemessenen Alimentation und somit auch des hinreichenden Abstandes zwischen den Ämtern, nicht verletzt wird, kann durch Ortszuschläge erbracht werden.

So ist das Ganze zu rechnen. Es ist nicht auf das "persönliche" Grundleistungsniveau abzuheben und daraus zu rechnen.

Trnt

  • Gast
Bin gespannt wie diese Misere auf die W-Besoldung übertragen werden soll/kann. Die Grundbesoldung ist ja nur ein Teil der Gesamtbesoldung, in meinem Fall 45%.