für ST wurde nunmehr die Zusage des Finanzministers verlängert, dass auch für 2021 kein Widerspruch eingelegt werden muss. Lediglich für 3+ Kinder wäre dies notwendig.
Die Zusage kommt trotz des neuen Gesetzes, welches die Familienzuschläge erhöht, da die offenen Widersprüche nicht gleichzeitig beschieden werden. Es stellt sich dann die Frage wie mit den offenen Widersprüchen weiterhin umgegangen wird.
Ich würde mich auf solche Zusicherungen unter keinen Umständen verlassen, da sie ggf. nicht justiziabel sind. Darauf ist hier von verschiedenen Schreibern zu verschiedenen Zeiten immer wieder verwiesen worden. Wie gerade erst vor ein paar Tagen geschrieben: Der Beamte hat sich aktiv um seine Belange zu kümmern und das bedeutet, er hat sich gegen die Höhe seiner Besoldung zeitnah mit den statthaften Rechtsbehelfen zu wehren. Kommt er dem nicht oder nicht ausreichend nach, schaut er ggf. in die Röhre, vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss v. 21.02.2019 - 2 C 50.16 -, Rn. 28 ff. (
https://www.bverwg.de/210219U2C50.16.0).
Es ist nicht besonders schwierig, einen bereits vorgefertigten Widerspruch mit der Adresse der Bezügestelle zu versehen, ihn auszudrucken, zu unterschreiben, einzutüten, zu frankieren, und zwar gerne als Einschreiben, und ihn dann in den Briefkasten zu werfen. Das ist neben der Klage das derzeit einzige vom BVerfG als ausnahmslos rechtssicher behandelte Verfahren.
Widerspruchsschreiben haben unlängst verschiedene Landesverbände des dbb online gestellt, z.B. hier für Thüringen oder NRW:
https://www.thueringer-beamtenbund.de/aktuelles/news/widerspruch-auch-in-2021-einlegen/https://www.dbb-nrw.de/aktuelles/news/ansprueche-auf-angemessene-alimentation-geltend-machen/Wer will, kann auch gerne das nachfolgende Schreiben auf seinen eigenen Fall konkretisieren, also müsste dafür allerdings den vorletzten Absatz vor dem Fettdruck an das eigene Land anpassen, also insbesondere das derzeit geltende Besoldungsanpassungsgesetz mitsamt dem Datum seiner Verabschiedung nennen. Die Prozeduralisierung des jeweiligen Gesetzes dürfte in allen Ländern - so wie auch hier in Niedersachsen - nicht den direktiven Anforderungen des BVerfG an den Besoldungsgesetzgeber entsprechen, wenn auch der weitestegehende kopierende Charakter offensichtlich ein typisch niedersächsisches Phänomen ist. Zugleich ersetzen diese meine Zeilen in Teilen oder als Ganzes wie gehabt keine Rechtsberatung; aber das liegt in einem solchen Forum wohl auch auf der Hand:
[Name, Vorname ] [Ort, Datum]
[Adresse]
[Beschäftigungsbehörde]
[Personalnummer]
An
[Adresse der zuständigen Bezügestelle – (s. Gehaltsabrechnung)]
Antrag auf Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation im Haushaltsjahr 2021
Sehr geehrte Damen und Herren,
Mit Urteil vom 05.05.2015 (2 BvL 17/09 u.a.) hat das Bundesverfassungsgericht die Grundgehaltssätze der Besoldungsgruppe R 1 in Sachsen-Anhalt in den Jahren 2008 bis 2010 als mit Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbar erklärt und dabei die Kriterien konkretisiert, nach denen die Besoldung von Richtern und Staatsanwälten auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation zu überprüfen ist.
Mit seinen Entscheidungen zur A-Besoldung verschiedener Bundesländer (2 BvL 5/13 u.a.) hat das Bundesverfassungsgericht am 17.11.2015 die Prüfparameter weiter konkretisiert und um ein Abstandsgebot zum sozialhilferechtlichen Existenzminimum ergänzt, ohne hier zunächst noch eine operationalisierte Berechnungsmethode zur Bestimmung jenes Minimums vorzulegen. Diese Methodik hat es mit seinem Beschluss vom 04.05.2020 (2 BvL 4/18) nun rechtskräftig konkretisiert.
Mit Beschluss vom 23.05.2017 (2 BvR 883/14 u.a.) hat es dem Abstandsgebot als hergebrachtem Grundsatz des Berufsbeamtentums Verfassungsrang zugewiesen, um in seinem Urteil vom 16.10.2018 (2 BvL 2/17) noch einmal besonders hervorzuheben, dass Beamte nicht stärker als andere Berufsgruppen zur Haushaltskonsolidierung herangezogen werden dürfen; zugleich hat es den Blick dabei und noch einmal besonders auf die nötigen prozeduralen Anforderungen sowie die Gesamtwirkung, die in der jeweiligen Gesetzesbegründung besonders zu beachten ist, gelenkt.
In seinem Beschluss vom 28.11.2018 (2 BvL 3/15; vgl. hier Rn. 51) hat das Bundesverfassungsgericht dem Land Niedersachsen in nuce, jedoch zum wiederholten Male (vgl. seinen Beschluss vom 17.11.2015 – 2 BvL 19/09 u.a. – Rn. 168) bescheinigt, dass seine Gesetzesbegründungen in der Vergangenheit nicht immer den nötigen prozeduralen Anforderungen entsprochen hat, also nicht immer hat erkennen lassen, dass das entsprechend nötige Handeln des Landes das Ergebnis einer auf die Herstellung praktischer Konkordanz zielenden Abwägungsentscheidung gewesen ist.
Mit seinem aktuellen Beschluss vom 04.05.2020 (2 BvL 4/18) hat es die Prozeduralisierungspflichten des Besoldungsgesetzgebers noch einmal konkretisiert und diese als „zweite Säule“ des Alimentationsprinzips insoweit konkretisiert, dass ein Verstoß gegen die dem Besoldungsgesetzgeber obliegenden Prozeduralisierungspflichten zur Verfassungswidrigkeit des Gesetzes führt, unabhängig davon, ob sich zuvor Anhaltspunkte für eine Verletzung des absoluten oder relativen Alimentationsschutzes ergeben haben (vgl. ebd., Rn. 96). Darüber hinaus hat es den prozeduralen Zusammenhang der drei Prüfungsstufen und die damit verbundenen Pflichten des Besoldungsgesetzgeber weiter konkretisiert (vgl. ebd., sechster Leitsatz und Rn. 84 f.). Schließlich hat es mit Blick auf das Mindestabstandsgebot die Bemessung der Mindestalimentation, welche als solche einen mindestens 15%igen Abstand zum sozialgesetzlichen Grundsicherungsniveau aufweisen muss, präzisiert (vgl. ebd., Rn. 46-71).
Mit Datum vom 20.06.2019 hat der Niedersächsische Landtag das aktuelle Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz beschlossen (Nds. GVBl S. 114); gleichzeitig geht er davon aus, dass es das Ziel einer amtsangemessenen Alimentation erfülle (vgl. beispielsweise seinen schriftlichen Bericht vom 17.06.2019, Drs. 18/3982, S. 2). Allerdings dürfte das Gesetz allein schon durch seinen die Begründungen zum vormaligen Gesetz weitestgehend nur kopierenden Charakter, der also die Ausführungen kaum in konkrete gesellschaftliche Bedingungen stellt, die nötigen Prozeduralisierungspflichten recht deutlich verfehlen, nicht zuletzt auch deshalb, da wegen einer letztlich nicht wirklich erkennbaren Gesamtabwägung auch hier und also ein weiteres Mal die notwendige Dokumentation der erforderlichen Sachverhalte in ihrem Zusammenspiel fehlt.
Darüber hinaus gibt es zu der Vermutung Anlass, dass es in der Prozeduralisierung der notwendigen ersten Prüfungsstufe mehrfach fehlerhaft ist und dass es auf Basis der aktuellen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18) insbesondere eine verfassungswidrig zu gering bemessene Mindestalimentation zur Grundlage der Besoldungsanpassung macht.
Vor dem Hintergrund der Empfehlung aller maßgeblichen Gewerkschaften und Verbände lege ich hiermit Widerspruch gegen meine mir gewährte Besoldung im Kalenderjahr 2021 ein. Zugleich beantrage ich unter Hinweis auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts die Gewährung einer den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechenden amtsangemessenen Besoldung für das Jahr 2021, die also der Prüfmethodik des Bundesverfassungsgerichts und damit dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation entspricht.Aus verfahrensökonomischen Gründen bitte ich darüber hinaus darum, bis zur endgültigen höchstrichterlichen Entscheidung meinen Antrag ruhen zu lassen sowie auf die Einrede der Verjährung zu verzichten und mir dies entsprechend schriftlich zu bestätigen.
Mit freundlichen Grüßen