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[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)

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SwenTanortsch:

--- Zitat von: HansGeorg am 03.12.2021 10:28 ---
--- Zitat von: TonyBox am 03.12.2021 10:19 ---https://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/personal-tarifrecht/beamtenbesoldung-in-hessen-verfassungswidrig-zu-niedrig_144_556664.html

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Dazu mal eine Frage. Der der geklagt hat, hat ja nun Recht bekommen. Das Land aber schreibt die müssen erstmal das Urteil des BVG abwarten. Bekommt der einzelne jetzt und in Zukunft mehr Geld oder nicht? Es handelt sich doch um ein rechtskräftiges Urteil?


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Nein der VGH hat einen Vorlagebeschluss gefasst, da er nicht berechtigt ist, rechtskräftig über ein Gesetz zu befinden.

@ Beamtix

Die Gerichte sind nicht auf unserer Seite, sondern entscheiden auf Grundlage der neuen bundesverfassungserichtlichen Direktiven. Diese sind so gehalten, dass davon auszugehen ist, dass derzeit ausnahmlos jedes Besoldungsgesetz in Deutschland nicht mit der Verfassung in Einklang steht. Insofern werden die Gerichte, sofern ausschließlich materielles Recht betroffen ist, eine korrekt begründete Klage zwangsläufig gegen den Besoldungsgesetzgeber wenden und also - genauso wie gerade der VGH - einen Vorlagebeschluss fassen, über den dann rechtskräftig das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden hat.

Anders sieht es aber aus, denke ich (darin zeigt sich, dass ein Gericht auf keiner Seite steht), wenn es um formelles Recht geht. Insofern sollte es nicht möglich sein, eine Untätigskeitklage mit einer Feststellungsklage zu verbinden, denke ich, wenn man "verbinden" im Wortsinn versteht (das meinst Du aber eventuell nicht so, sondern so, wie ich es nachfolgend darlege). Denn zunächst müsste die Aufhebung der Ruhendstellung erzielt werden, um so das Widerspruchsverfahren formell zu beenden. Hierzu sollte m.E. zunächst im Sinne von § 75 VwGO eine Untätigkeitsklage erfolgen, die offensichtlich gute Erfolgsaussichten haben dürfte, denke ich, allein schon, weil die Ruhendstellung im Regelfall eine einvernehmliche Entscheidung ist; das Einvernehmen ist aber ja nicht gegeben, wie Du es auch bereits bekundet hast.

Wenn ich es nicht falsch sehe, sollte dann im Anschluss eine Feststellungklage möglich sein, da mit der erfolgreichen Untätigkeitsklage die Ruhendstellung beendet wäre, sodass dann nach § 250 ZPO die Aufnahme des Verfahrens möglich sein sollte. Beide Klagen miteinander zu verbinden (also gleichzeitig ablaufen zu lassen), sollte formell nicht möglich sein, denke ich, da erst das Widerspruchsverfahren abschließend beendet sein muss, um so formell die Voraussetzung zu schaffen, in ein Klageverfahren eintreten zu können.

Unknown:
Bedeutet dieses nun, dass es 17 verschiedene Krücken geben wird? Jeder Besoldungsgesetzgeber wird doch seine eigene Suppe kochen. Dadurch besteht doch wiederum die Gefahr, dass sich wieder durch die Instanzen geklagt werden muss. Das kommt mir vor wie ein Kreislauf. Einmal oben angekommen und es geht wieder von vorne los. Keiner der 17 wird auch nur einen Cent zu viel zahlen wollen. Ich vermute mal bzw. wage die Vorhersage, dass die Kluft zwischen guter und miserabler Besoldung noch weiter auseinander gehen wird.

lotsch:
Ich habe eine Klage bezüglich § 288 (5) BGB laufen, weil mein Dienstherr mir 3 Jahre lang zu wenig Gehalt gezahlt hat. Die Nachzahlung ist mittlerweile erfolgt, was einer faktischen Anerkennung der Fürsorgepflichtversetzung nachkommt. Es geht dabei um eine Verzugspauschale von 40,00 € je Monat. Das Bundesarbeitsgericht hat eine solche Klage eines Arbeitnehmers abgelehnt, wegen § 12a ArbGG. Der gilt aber nicht bei Beamten. Bin mal gespannt wie das Verwaltungsgericht urteilt. Die Verhandlung soll für das 1. Quartal 2022 terminiert werden. Ich bin aber nicht sicher, ob der 288 (5) BGB  bei zu niedriger Alimentation in Frage kommt. Bei meinem Fall lag ja ein konkreter Verstoß gegen das Besoldungsgesetz vor, andererseits handelt es sich auch um eine Fürsorgepflichtverletzung. Es wäre genauer zu prüfen.

SwenTanortsch:

--- Zitat von: Unknown am 03.12.2021 16:20 ---Bedeutet dieses nun, dass es 17 verschiedene Krücken geben wird? Jeder Besoldungsgesetzgeber wird doch seine eigene Suppe kochen. Dadurch besteht doch wiederum die Gefahr, dass sich wieder durch die Instanzen geklagt werden muss. Das kommt mir vor wie ein Kreislauf. Einmal oben angekommen und es geht wieder von vorne los. Keiner der 17 wird auch nur einen Cent zu viel zahlen wollen. Ich vermute mal bzw. wage die Vorhersage, dass die Kluft zwischen guter und miserabler Besoldung noch weiter auseinander gehen wird.

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Es wäre nach dem bisherigen Vorlauf der letzten knapp anderthalb Jahre erstaunlich, wenn nicht alle 16 Besoldungsgesetzgeber jeweils ein weiteres verfassungswidriges Gesetzeswerk verabschieden würden. Zugleich dürfte es nicht gänzlich unwahrscheinlich sein, dass mindestens eine Reihe von ihnen ähnliche Mechanismen anwenden werden, also eine konzertierte Aktion geschehen könnten, die natürlich nicht als solche kenntlich gemacht werden würde. Was man allerdings hört, ist, dass die Länder in den letzten Monaten nicht in gegenseitiges Beschweigen verfallen sind, sondern dass es Gespräche über die Thematik gegeben hat. Ob dem so kommt, werden wir in den nächsten Wochen sehen, da können wir dann über Weihnachten hinaus bis ins Neue Jahr hinein fast täglich ein Türchen im Besoldungskalender aufmachen und dann die dahinter zum Vorschein kommende Rute jedes Mal auf's Neue kauen und runterschlucken. Das wird schwer verdauliche Kost werden, schätze ich.

Für nicht minder wahrscheinlich erachte ich es allerdings, dass das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung zur Berliner A-Besoldung mit Bedacht auf die Zeit nach der Verabschiedung der 16 Anpassungsgesetze gelegt hat. Je extremer die Länder nun die Direktiven vorsätzlich missachten sollten, desto wahrscheinlicher dürfte es werden, dass dann das Bundesverfassungsgericht in der genannten Entscheidung weitere Direktiven erstellen sollte, die den weiten Ermessensspielraum des Gesetzgebers erneut einschränken würden. Wohin dann die Reise gehen könnte, würde sich dann zeigen. Die entsprechenden Schraubzwingen dürfte das Bundesverfassungsgericht schon vorbereitet haben - ob es sie dann auch zur Anwendung bringen wird, werden wir zu sehen bekommen. Ich halte das, sofern die Besoldungsgesetzgeber so handeln werden, wie ich vermute, für sehr wahrscheinlich - und die Besoldungsgesetzgeber dürften das anders sehen und sich weiterhin in Sicherheit wiegen. Denn ansonsten wären sie nicht so töricht, sich zukünftig so stark einschränken zu lassen, wie es ihnen aktuell droht. Kurzfristig schlechte Naachrichten sehe ich als mittelfristig gute an. Die Zeit spielt gegen die Besoldungsgesetzgeber - und sie haben es selbst in der Hand, wie schnell diese Zeit verlaufen wird...

lotsch:
Viele lesenswerte Hinweise des thüringischen Beamtenbundes zur Klageerhebung. Er rät Klage erheben.
https://www.thueringer-beamtenbund.de/aktuelles/news/klage-erheben-rechte-sichern/

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