Ich lese hier leider nie was von Rheinland-Pfalz, kann mir mal jemand sagen wie es hier aussieht? Danke!
Das Land Rheinland-Pfalz hat vor rund fünf Jahren in anderer Hinsicht eine deutliche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erhalten (Beschluss vom 17. Januar 2017 - 2 BvL 1/10). Ein Vorlagebeschluss zur A-Besoldung liegt meines Wissens aber derzeit nicht vor. Mit Urteil vom 12.09.2017 hat das VG Trier die Alimentation der Besoldungsgruppe A 8 im Zeitraum von 2012 bis 2014 auf Grundlage der damaligen Direktiven für mit der Verfassung im Einklang befunden (7 K 9764/16) und damit die Klage abgewiesen, was nach meinen Unterlagen recht wirr begründet worden war (es ist länger her, dass ich das Urteil gelesen habe); am Ende ist zwar die Berufung zugelassen und diese sogar weitgehend empfohlen worden. Offensichtlich wurde dem aber klägerseits nicht nachgekommen; jedenfalls habe ich bislang keine OVG-Entscheidung nachweisen können, wobei ich aber die letzte entsprechende Recherche vor über zwei Jahren durchgeführt habe. Eventuell hat sch zwischenzeitlich die Sachlage geändert.
@ semper fi
Das ist schön geschrieben: Ich musste gerade ziemlich lachen!
@ Roja
Das BVerfG hat in der besagten Entscheidung ein Streikrecht für Beamte zurückgewiesen und die Einheitlichkeit des Berufsbeamtentum als nicht zu unterlaufendes Kriterium seiner selbst formuliert; eine Spaltung in ein Berufsbeamtentum im "engeren Sinne", das also hoheitliche Aufgaben im "engeren Sinne" vollziehen würde (wie Polizei und Justiz), und im "weiteren Sinne", das also keine hoheitlichen Aufgaben im "engeren Sinne" vollziehen würde (wie beispielsweise im Bildungswesen), hat es als nicht mit der Verfassung in Einklang zu bringen zurückgewiesen. Eine solche Spaltung würde das Berufsbeamtentum im hergebrachten Sinne auflösen und wäre damit nicht mit Art. 33 Abs. 4 GG in Einklang zu bringen. Auch würde ein Streikrecht Art. 33 Abs. 5 GG zuwiderlaufen. In diesem Sinne hat es in Rn. 153 in aller Deutlichkeit hervorgehoben:
"Das Streikverbot ist Teil der institutionellen Garantie des Art. 33 Abs. 5 GG und vom Gesetzgeber zu beachten. Ein Streikrecht, auch nur für Teile der Beamtenschaft, gestaltete das Verständnis vom und die Regelungen des Beamtenverhältnisses grundlegend um. Es hebelte die funktionswesentlichen Prinzipien der Alimentation, der Treuepflicht, der lebenszeitigen Anstellung sowie der Regelung der maßgeblichen Rechte und Pflichten einschließlich der Besoldung durch den Gesetzgeber aus, erforderte jedenfalls aber deren grundlegende Modifikation. Für eine Regelung etwa der Besoldung durch Gesetz bliebe im Falle der Zuerkennung eines Streikrechts kein Raum. Würde die Besoldung von Beamten oder Teile hiervon erstritten werden können, ließe sich die derzeit bestehende Möglichkeit des einzelnen Beamten, die verfassungsmäßige Alimentation gerichtlich durchzusetzen – und damit die subjektiv-rechtliche Ausgestaltung des Art. 33 Abs. 5 GG – nicht mehr rechtfertigen. Das Alimentationsprinzip dient aber zusammen mit dem Lebenszeitprinzip einer unabhängigen Amtsführung und sichert die Pflicht des Beamten zur vollen Hingabe für das Amt ab. Um dies zu gewährleisten, hat das Bundesverfassungsgericht die Pflicht des Dienstherrn zur amtsangemessenen Besoldung als einen essentiellen Bestandteil des Alimentationsprinzips betont [...]. Mit der (teilweisen) Abkehr von diesen miteinander verbundenen Kernprinzipien stünde das Berufsbeamtentum als solches und damit der Regelungsgegenstand des Art. 33 Abs. 5 GG in Frage [...]. Ein Streikrecht für Beamte passte daher nicht lediglich die Ausgestaltung des Dienstrechts den jeweiligen Entwicklungen der Staatlichkeit an und stellte das Beamtenrecht in die Zeit. Es griffe vielmehr in den von Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Kernbestand von Strukturprinzipien ein. Die für das Streikverbot geltende Beachtenspflicht versperrt daher den Weg zu tiefgreifenden strukturellen Veränderungen durch den einfachen Gesetzgeber".
Und weiter:
"Bei diesem wechselseitigen System von aufeinander bezogenen Rechten und Pflichten zeitigen Ausweitungen oder Beschränkungen auf der einen in der Regel auch Veränderungen auf der anderen Seite des Beamtenverhältnisses. Ein „Rosinenpicken“ lässt das Beamtenverhältnis nicht zu [...]. Dieser rechtstatsächliche Befund wird mit dem schlichten Verweis auf wegen des Streikrechts notwendig werdende Änderungen der bisherigen Regelungen zur Ausgestaltung von Rechten und Pflichten der Beamten [...] nicht entkräftet. Vielmehr löste ein Streikrecht (für bestimmte Beamtengruppen) eine Kettenreaktion in Bezug auf die Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses aus und zöge wesentliche beamtenrechtliche Grundsätze und damit zusammenhängende Institute in Mitleidenschaft [...]. Mit der Zuerkennung des Streikrechts stellte sich die Frage, welche Auswirkungen dies auf die Einführung eines Tarifvertragssystems und die Tarifbindung von Beamten und Dienstherren, auf die Weitergeltung oder Modifikation von Alimentations- und Lebenszeitprinzip, auf Einzelaspekte wie etwa die Beihilfegewährung und die Sozialversicherungsfreiheit im Beamtenverhältnis sowie auf die Möglichkeit gerichtlicher Geltendmachung des Anspruchs auf amtsangemessene Alimentation zeitigte. In der mündlichen Verhandlung vom 17. Januar 2018 vorgeschlagene Kombinations- oder Integrationslösungen, etwa die grundsätzliche Geltung des Alimentationsprinzips zur Sicherung der Mindestalimentation bei einem gleichzeitigen Streikrecht für eine „überamtsangemessene“ Besoldung von „Randbereichsbeamten“ werfen nicht nur zahlreiche Umsetzungsschwierigkeiten auf, sondern stoßen vor allem mit Blick auf die auch nach diesem Modell weiterhin nicht streikberechtigten „Kernbereichsbeamten“ auf Bedenken." (Rn. 158)
Eine für unsere Thematik zentale Folge der Entscheidung ist die kontinuierte Fortführung des Alimentationsprinzips "als ein
besonders wesentlicher hergebrachter Grundsatz" des Berufsbeamtentums, wie ihn das BVerfG praktisch von Anbeginn seines Bestehens hervorgehoben hat (vgl. ebd., Rn. 123; Hervorhebung durch mich). Das BVerfG hat damit unser Recht auf eine amtsangemessene Alimentation nicht nur bekräftigt, sondern indirekt deutlich bestärkt, da der Besoldungsgesetzgeber nur umso mehr dazu verpflichtet ist, unsere Rechte zu beachten, da unser Treuverhältnis zu ihm mangels Streikrecht unsere Möglichkeiten, auf ihn für eine amtsangemessene Alimentation einzuwirken, deutlich begrenzt, eben durch die entsprechend fortbestehende Einschränkung unserer Koalitionsfreiheit (ebd., Rn. 156 ff.). Er darf also das "besondere Gewaltverhältnis", dem wir juristisch als Beamte (genauso wie beispielsweise Wehrdienst Leistende) unterliegen, nicht einseitig gegen uns wenden, was das BVerfG explizit in aller Deutlichkeit hervorhebt (ebd. Rn. 150). Daraus folgt nur umso mehr die Verpflichtung des Dienstherrn, eine amtsangemessene Alimentation zu gewähren und zu deren Ermittlung besondere Sorgfalt walten zu lassen.
Diesen letzten Satz dürften viele der Besoldungsgesetzgeber weiterhin nicht wirklich verstanden haben, weil sie die Bestätigung des Streikverbots durch das BVerfG gerne zur Kenntnis genommen haben, aber die ihrerseits damit einhergehenden Verpflichtungen bis heute womöglich nicht verstanden haben (oder verstehen wollen, obgleich sie sie ggf. verstanden haben) - auf jeden Fall haben derer einige, wenn nicht alle, nicht verstanden, dass das BVerfG nun als Folge der eigenen Rechtsprechung nicht (mehr) anders kann, als den Besoldungsgesetzgebern immer engere Fesseln im Hinblick auf ihren weiten Ermessenspielraum anzulegen, sofern diese ihn wiederkehrend überdehnen. Deshalb habe ich vor ein paar Tage geschrieben, dass die wiederkehrende Verletzung des Alimentationsprinzips, wie sie nun mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut von allen 16 Besoldungsgesetzgebern zu erwarten ist, kurzfristig für uns ein weiteres Tal der Tränen bedeutet - mittel- und langfristig wird das allerdings unsere Position deutlich stärken, da das BVerfG insbesondere wegen seiner 2018er Entscheidung gar nicht anders kann, als unsere Recht gegen überdehnte Maßnahmen der Besoldungsgesetzgeber zu schützen. Die aktuelle Entscheidung aus dem letzten Jahr (bzw. beide aktuelle Entscheidungen aus dem letzten Jahr) sind die unmittelbare Folge der 2018er Entscheidung - und es ist nicht zu erwarten, dass die Stärkung unserer Rechte in nächster Zeit je abbrechen wird. Dafür werden die Besoldungsgesetzgeber schon sorgen, schätze ich...
@ Clarion
Nach meiner Kenntnis liegen derzeit Vorlagebeschlüsse aus acht Ländern beim BVerfG; das ist eine so hohe Zahl wie noch nie. Das BVerfG wird darüber gleichfalls nicht erfreut sein - insbesondere weil zu befürchten ist, dass sich diese Zahl tatsächlich bald verdoppeln wird. Es fasst sie aber nicht zu einer Entscheidung zusammen, da es jeden Fall für sich betrachten muss, da Indivdualrechte betroffen sind. Auch dürfte es auf einen solchen "Ansturm" so auch nicht vorbereitet sein. Schließlich geht es den Weg, wie ich ihn vorhin beschrieben habe, lässt also nach jeder Entscheidung, die tiefgehende neue Direktiven beinhaltet, erst einmal wieder Zeit ins Land gehen, um Gerichten und Literatur die Möglichkeit zu geben, sie theoretisch und praktisch zu durchdringen, um so die eigenen Entscheidungen in die gesellschaftliche Lebenswelt zu stellen. Sobald es die eigene Rechtsprechung zur seit 2012 grundlegend erneuerten Besoldungsdogmatik als so gefestigt ansieht, dass es mehrere Entscheidungen gleichzeitig verhandeln kann - wie im November 2015 -, wird es das wieder tun. Die vielen ausstehenden Entscheidungen lassen ihm allerdings viele Möglichkeiten, die eigene Rechtsprechung zunehmend weiter auszuschärfen. Als Besoldungsgesetzgeber wäre ich nun wiederum darüber nicht erfreut...