Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 2727332 times)

micha77

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Der langen Rede kurzer Sinn: Doch, die derzeitige Höhe des Grundgehalts sollte - in Anbetracht der deutlichen Steigerung der Mindestalimentation - generell verfassungswidrig sein. Ein System, in dem die Mindestalimentation um streckenwesie mehr als dreißig und vierzig Prozent erhöht werden muss, kann nicht anhand der ausschließlichen Erhöhung von Beihilfeleistungen, Zulagen, Zuschlägen und Sonderzahlungen ausdifferenziert werden, ohne gänzlich aus dem Lot zu geraten.
Die Mindestalimentation für Beamte mit (zwei) Kinder, ja.
Für Singles, Nein.
Änderung der Höhe des Famzuschlages und schon bleiben Singles bei einer +1€ in der Alimentationserhöhung.
Ich verstehe nicht warum das nicht gehen sollte.

Oder bist du ernsthaft der Meinung, dass die Alimentation eines Singles zwingend um 30% erhöht werden muss, damit diese Verfassungskonform ist?

Der Jahrelange Fehler im Besoldungssystem ist, dass die Kinderzuschläge zu niedrig sind im Gesamtgefüge und damit das Grundgehalt zu teuer wurde.

Weiterhin kann man ja die Einstiegsstufen abschaffen und die Laufzeiten der oberen erhöhen, somit die jüngeren Beamten mit nem Geldregen versorgen und die oberen gehen dann auch leer aus. Warum sollte diese Variante nicht greifen? Wo wäre da ein Verfassungskonflikt?

Ich sehe bezogen auf die Mindestalimenation genug Spielraum, dass es für die Endstufe kein nennenswerten Cent mehr gibt, wenn man die Besoldungssystematik ein wenige verdreht.

Ich glaube, ich hätte besser gleich anhand der Praxis und nicht weitgehend mittels eines langen und weitgehend theoretischen Textes argumentieren sollen: Denn grau ist alle Theorie. Deshalb mache ich nun die Wirkung, die sich aus der ursprünglich sozialgesetzlichen Grundlage des Grundsicherungsniveaus ergibt, noch einmal anhand der Berliner Nettoalimentation in der Eingangsstufe der untersten Besoldungsgruppe nachvollziehbar:

Zunächst erstelle ich anhand des Besoldungsrechners die aktuellen Werte für die BesGr. A 4, Erfahrungsstufe 1, Familienzulage Stufe 3 (verheiratet, zwei Kinder), Lohnsteuerklasse III (https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/be?id=beamte-berlin-2020&g=A_4&s=1&f=3&z=100&zulageid=10.1&zulageid=10.2&zulage=&stj=2020&stkl=3&r=0&zkf=0):

a) Grundgehalt: + 2.180,53 €
b) Familienzulage: + 409,58 €
c) Sonderzahlung: + 129,17 €
c) Monats-Brutto: + 2.719,28 €
d) Lohnsteuer: -152,67 €
Monats-Nettobesoldung: 2.566,61 € bzw. Jahresnetto: 30.799,32 €



Um zur Nettoalimentation zu gelangen, sind weiter zu beachten (ich nehme die Werte meines Beitrags vom 20.08., 18:05 Uhr zur Grundlage):

e) Kindergeld: + 404,- €
f) PKV: - 501,50 €

Die monatliche Nettoalimentation liegt folglich bei 2.369,28 € oder bei 28.431,36 € pro Jahr.

Die Mindestalimentation beträgt nach (s. wiederum den genannten Beitrag):

Variante I: 37.361,54 € pro Jahr bzw. 3.113,46 € pro Monat

Variante II: 38.576,60 € pro Jahr bzw. 3.214,72 € pro Monat

Variante III: 39.463,11 € pro Jahr bzw. 3.288,59 € pro Monat

Die derzeitige Nettoalimentation müsste also pro Monat in der

Variante I um 744,18 € (+ 31,04 %)

Variante II um 845,44 € (+ 35,68 %)

Variante III um 919,31 € (+ 38,8 %)

erhöht werden.

Hallo zusammen,

ich lese jetzt auch schon eine Weile interessiert mit. Ich möchte mich auch erstmal bei SwenTanortsch für die eingehenden Ausführungen bedanken.

Wie sieht das denn mit sonstigen Zulagen aus? Stellenzulagen, Amtszulagen, sonstige Zulagen (Schicht etc.),
oder auch Sonderzahlungen (welche Sonderzahlung für Berlin ist oben mit gemeint?), werden die voll angerechnet?

Hallo Micha77, ich verstehe Deine abschließenden Fragen womöglich nicht richtig. Ich versuche sie aber trotzdem mal so zu beantworten, wie ich sie verstehe:

Die Mindestalimentation umfasst alle Inhalte, die in der regelmäßigen Nettoalimentation enthalten sind. Diese setzt sich derzeit nach dem Besoldungsrechner wie folgt zusammen: https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/be?id=beamte-berlin&g=A_4&s=1&f=3&zulageid=10.1&zulageid=10.2&z=100&zulage=&stkl=3&r=0&zkf=

Der Besoldungsgesetzgeber verfügt zugleich in der Neustrukturierung des Besoldungssystems über einen breiten Gestaltungsspielraum. Er kann folglich in das System weitere Zulagen integrieren, ist aber gezwungen das und deren jeweilige Höhe zu begründen und darf dabei nicht auf sachfremde Erwägungen zurückgreifen. Zulagen für die Schichtarbeit würden allerdings nicht in die Mindestalimentation mit einfließen, da von ihnen nicht alle Beamten in der Eingangsstufe der untersten Besoldungsgruppe betroffen sind, sondern nur die, die eben Schichtarbeit verüben.

Wenn ich mich richtig erinnere (ganz sicher bin ich mir nicht), gibt es in der Berliner Besoldungsgruppe A 4 derzeit zwar eine Amts-, aber keine Stellenzulage (oder war das andersherum?). In den unteren Besoldungsgruppen wird eine Sonderzahlung von 1550,- € gewährt, in den höheren von 750,- €, wenn ich mich richtig erinnere.

Habe ich die Fragen so beantwortet, wie sie gemeint waren?

Soweit habe ich es verstanden. Ich springe interessehalber mal in ein anderes Bundesland, nach Hessen:

und nehme mal die niedrigste Besoldungsgruppe A 5 (Stufe 1) - nach der ja nach deinen Berechnungen die derzeitige Mindestalimentation bei o.g. ca. 39.000€ liegen müsste - Stand 2020 - und packe im Rechner noch ein paar Zulagen obendrauf

Grundgehalt:                  2210.29 €
Familienzulage:                403.65 € Familienzulage Stufe 3 verheiratet 2 Kinder
Stellenzulage mD:               21.62 € allgemeine Stellenzulage mD
Nr 6 Polizeizulage 2J:         131.20 € Beamte des Polizeidienstes und des Steuerfahndungsdienstes nach einer Dienstzeit v 2 Jahren
Landesanteil Besoldung:        118.16 € ("Ex-Weihnachtsgeld" - mtl. Sonderzahlung 5%)
Landesanteil Bes. Familie:      20.18 €

Lohnsteuer:           -  197.50 € (Klasse III)
Solidaritätszuschlag: -    0.00 €

Abzüge gesamt:        -  197.50 € (Anteil: 6.8%)
Monats-Brutto:                2905.10 €
netto bleiben:          2707.60 € (Steuerjahr 2020)

mit Jahreszahlung und Urlaubsgeld (Einmalzahlungen) kommt die Person X auf knapp 33.000€ netto im Jahr.

D.h. es müsste sich für 2020 eine Unteralimentierung von rund 6.000€ netto ergeben, richtig?

Als Vergleich Besoldungsstufe A 10 (Stufe 1) - erhöhte Stellenzulage wegen gehobenen Dienst

Grundgehalt:                  2831.21 €
Familienzulage:                376.66 € Familienzulage Stufe 3 verheiratet 2 Kinder
Stellenzulage gD/hD:            93.99 €
Nr 6 Polizeizulage 2J:         131.20 € Beamte des Polizeidienstes und des Steuerfahndungsdienstes nach einer Dienstzeit v 2 Jahren
Landesanteil Besoldung:        152.82 € (Ex-Weihnachtsgeld - mtl. Sonderzahlung 5%)
Landesanteil Bes. Familie:      18.83 €

Lohnsteuer:           -  374.00 € (Klasse III)
Solidaritätszuschlag: -    0.00 €

Abzüge gesamt:        -  374.00 € (Anteil: 10.4%)
Monats-Brutto:                3604.71 €
netto bleiben:          3230.71 € (Steuerjahr 2020)

Person Y kommt (mit allen hier erwähnten Zulagen) demnach auf knapp 39.000€ im Jahr und erreicht knapp die Mindestalimentation wie von dir oben erwähnt.
Aber wir reden ja hier nicht von der geringsten Besoldungsstufe.

De Facto müsste das Gap von 6000€ von Person X geschlossen werden und diese auf das Niveau von der Besoldung A 10 angehoben werden. Bei Person Y müsste es eine Angleichung geben, da ja auch der Abstand der Besoldungsstufen gewahrt bleiben muss. Selbst wenn eine leichte Abschmelzung vorgenommen wird, müsste in dem Fall ja auch Person Y von mind. 4.500-5000€ mehr profitieren. Sehe ich das so richtig? Oder steckt der Fehler im Detail?

Und da sind wir ja hier bei weitem noch nicht in den Tiefen der Erfahungsstufen drin...

PS: ich habe bewusst Zulagen mit reingenommen, aber im Großen und Ganzen geht es mir eher um die Summen bei den Beispielmodellen um deine Ausführungen zu verstehen.

Trotz der ganzen Ausführungen von dir (Swen) glaube ich, dass die meisten hier den Landesregierungen nicht über Weg trauen.
Berlin schafft es ja augenscheinlich noch nicht mal seine Hauptstadtzulage durchzubringen, da es von der TV-L eingebremst wird.
Wie soll das erst gehen, wenn es dann um deutlich mehr geht, als nur diese 150€ brutto Berlin-Zulage?


WasDennNun

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Du übersiehst bei Deinen Ausführungen und Prämissen, daß ungeachtet aller übrigen Umstände und auch der Ausführungen zur Alleinverdienerfamilie folgendes der Ausgangspunkt ist:
Die Mindestnettoalimentation der Normalfamilie muß mindestens bei 115% des durch das BVerfG errechneten Grundsicherungsniveaus der Normalfamilie betragen.
Dieses ist doch Prämisse 1.)
Diese Prämisse habe ich ja dahingehend erweitert, dass die Mindestnettoalimentation eines jeglichen Beamten, egal in welcher Familienstruktur er sich befindet, mindestens 115% über das  Grundsicherungsniveaus einer entsprechenden Familie liegen muss.
Zitat
Lediglich ein Teil davon kann - siehe die Ausführungen des TE - sachgerecht durch Familien-/Kinderzuschläge erfolgen. Lediglich ein weiterer Teil davon, nämlich lediglich in dem Umfang, in dem das Prinzip der amtsangemessenen Alimentation und somit auch des hinreichenden Abstandes zwischen den Ämtern, nicht verletzt wird, kann durch Ortszuschläge erbracht werden.
Ja, es wird doch durch die Erhöhung der FamZuschläge eben genau dieser Teil der ihm zu einer amtsangemessenen Alimentation fehlt gedeckt. Dazu Bedarf es ja nicht einer Erhöhung der Grundbesoldung, sondern "nur" eine sachgerechten Erhöhung der Familien-/Kinderzuschläge. Nirgends wird doch dargelegt, dass ein Single eine nicht amtsangemessene Besoldung unter der Mindestnettoalimenation hat. Oder doch?
Zitat
So ist das Ganze zu rechnen. Es ist nicht auf das "persönliche" Grundleistungsniveau abzuheben und daraus zu rechnen.
Darauf ziele ich nicht ab, sondern errechne sachgerecht die Höhe der Familien-/Kinderzuschläge auf der Basis eines beliebigen Grundgehaltes. Dabei gehe ich natürlich davon aus, dass ein Grundgehalt so hoch sein muss, dass derjenige, der keine Familien-/Kinderzuschläge erhält, auch die Mindestnettoalimenation erfüllt.

SwenTanortsch

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Hallo zusammen,

die Informationen sind ja recht vielfältig  ;)

Auch wenn es schön und wünschenswert wäre wenn die Grundbesoldung erhöht wird, kann ich mir dies beim besten Willen nicht vorstellen und halte es auch eher als unwahrscheinlich.

Soweit die Mindestalimentation bei dem Standard (Ehepaar, ein Alleinverdiener, 2 Kinder) gegeben ist, würde ich sehr stark vermuten, dass hier "nur" etwas an den Familienzuschlägen und ggfls. an den Strukturzulagen angepasst wird, um die Angemessenheit wieder herzustellen.

Aber warten wir mal ab, was passieren wird.

Ich versuche es noch einmal aus einer anderen Richtung, um darzustellen, dass Spid es auf den Punkt bringt, sodass die Ableitungen, Was_Denn_Nun, zwar logisch statthaft, aber juristisch nicht hinreichend sind - eben weil sie den juristischen Kontext nicht ausreichend beachten:

Wie ich jetzt mehrfach darzulegen versucht habe, ist es rechtlich nicht möglich, das Grundgehalt generell gleich zu lassen, dahingegen aber die Familienzuschläge exorbitant zu erhöhen, da diesem Gedankengang eine oder mehrere juristisch falsche Prämissen zugrunde liegen. Also gehen wir noch einmal eine weiteren anderen konkreten Weg (allgemeine Darlegungen helfen nicht weiter, weil sie keine rechtlichen Grundlagen beachten):

1) Zunächst ist es erst einmal so, dass das Verfassungsgericht nicht festgestellt hätte, dass nur die Besoldung der verheirateten Beamten mit zwei Kindern, die sich in der Eingangstufe der untersten Besoldungsgruppe befinden, verfassungswidrig sei. Vielmehr hat jedes Gericht aus der geltenden Rechtslage heraus mit Blick auf die Mindestbesoldung nur die eine Möglichkeit, eben genau anhand dieser Beamtengruppe und keiner anderen festzustellen, ob eine Alimentation verfassungskonform oder verfassungswidrig ist. Ist also die Alimentation dieser einen Gruppe – also die sog. Mindestalimentation – nicht amtsangemessen, also verfassungswidrig zu niedrig bemessen, dann ist die Besoldungssystematik als Ganze verfassungswidrig – also die Besoldung aller von dieser Besoldungssystematik betroffenen Beamten und nicht nur die von verheirateten Beamten mit zwei Kindern, die sich in der Eingangstufe der untersten Besoldungsgruppe befinden.

2) Grundlage dessen ist, dass das Grundsicherungsniveau – also die sozialrechtlich unterste Leistung, die der Staat seinen über kein weiteres Einkommen verfügenden Bürgern schuldet – anhand einer Berechnung einer vierköpfigen Familie zu geschehen hat. Das Grundsicherungsniveau multipliziert mit dem Faktor 1,15 stellt die Mindestalimentationshöhe dar, die den unter a) genannten Beamten als unterster Rand ihrer Alimentation zu gewähren ist. Die vierköpfige Beamtenfamilie mit dem dargestellten Status wird gekoppelt an die vierköpfige Familie, die der Grundsicherung unterliegt. Da keine andere Vergleichsgruppen juristisch vorgesehen sind, ist jeder weitere Vergleich auf anderen Prämissen juristisch betrachtet gegenstandslos: Eine anhand der Mindestalimentation erkannte Verfassungswidrigkeit lässt die gesamte auf ihr fußende Besoldungssystematik verfassungswidrig werden.

3) Die Berechnung des Grundsicherungsniveaus erfolgt anhand von fünf zu beachtenden Faktoren, nämlich:

a) der Regelleistung für zwei in einer Bedarfsgemeinschaft zusammenlebenden Erwachsenen,

b) der Regelleistung für zwei in dieser Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder

c) der zu bewilligenden Unterkunftskosten jener Bedarfsgemeinschaft

d) der zu bewilligenden Heizkosten jener Bedarfsgemeinschaft

e) der Kosten, die jener Bedarfsgemeinschaft für die Bedarfe von Bildung und Teilhabe zu gewähren ist.

4) Da die fünf Faktoren jeweils an ein bestimmtes juristisches Gut geknüpft sind, die aus Grundrechten entspringen, und da die fünf Faktoren in ihrer mathematischen Zusammensetzung in der Mindestalimentation fortwirken (die Summe der fünf Faktoren ergibt das Grundsicherungsniveau, dieses Grundsicherungsniveau multipliziert mit dem Faktor 1.15 ergibt die Mindestalimentation), sind diese Wirkungen bei der weiteren Ausgestaltung des Besoldungssystem zu beachten.

5) Da das Sozialrecht auf der einen Seite und das Beamten- und Besoldungsrecht auf der anderen nicht zur Deckung zu bringen sind (sie beinhalten unterschiedliche Rechtsgebiete und sind damit als unterschiedliche Rechtssystem ausgeform), erwächst dem Besoldungsgesetzgeber bei der auf der Mindestalimentation als einzigem Ausgangspunkt aufzubauenden Besoldungsstruktur ein gewisser Ermessensspielraum; er hat aber dennoch zu beachten, dass die ursprünglichen fünf Faktoren der Grundsicherung zweckgebunden waren. Der Ermessensspielraum kann also nicht willkürlich genutzt werden, darf also nicht an zweck- oder sachfremden Erwägungen geknüpft werden.

6) Zu Festsetzung der fünf Faktoren hat das Bundesverfassungsgericht nun wie folgt entschieden:

a) den Regelsatz für zwei Erwachsene hinzuziehen, ist verfassungskonform. Er wird weiterhin zugrunde gelegt. Der Regelsatz wirkt also innerhalb des pflichtgemäßen Ermessens weitgehend fort wie zuvor. Er kann nun nicht willkürlich anderen Zweckstellungen zugeführt werden.

b) den Regelsatz für zwei Kinder hinzuziehen, ist verfassungskonform. Es gelten folglich die gleichen Wirkungen wie unter a) festgehalten.

c) die Unterkunftskosten wurden bislang nicht realitätsgerecht ermittelt, was verfassungswidrig ist. Als Folge werden sie zukünftig deutlich höher zu bemessen sein (für Berlin im Jahr 2015 von rund 6.600,- € auf rund 14.400,- €). An ihrer Zweckstellung als solches ändert sich damit allerdings nichts. Sie werden bislang zu einem deutlich größeren Anteil in das Grundgehalt eingeflossen sein und mit einem geringeren Anteil in den Familienzuschlag. Wäre das bislang anders gewesen, müsste schon heute der Familienzuschlag deutlich höher als 149,36 € für Verheiratete und 277,02 für Verheiratete mit einem Kind sein.

d) die Unterkunftskosten wurden bislang nicht realitätsgerecht ermittelt, was verfassungswidrig ist. Insgesamt gelten die gleichen Folgen wie unter c) betrachtet. Für Berlin im Jahre 2015 steigen die Kosten von wohl rund 1.260,- € auf rund 2.000,- €.

e) der Kosten für die Bedarfe von Bildung und Teilhabe wurden bislang nicht realitätsgerecht ermittelt, was verfassungswidrig ist. Insgesamt gelten die gleichen Folgen wie unter c) betrachtet. Für Berlin im Jahre 2015 steigen die Kosten von wohl rund 230,- € auf rund 900,- €.


Welche sich aus den ursprünglichen Wirkungen ergebenden Folgen sind also nun innerhalb des Ermessens beamten- und besoldungsrechtlich zu beachten, wenn es um die Ausgestaltung der auf dem einzig möglichen Ausgangspunkt der Mindestalimentation beruhenden Besoldungssystematik geht?

1) Die Besoldung setzt sich regelmäßig zusammen aus:

a) einem Grundgehalt. Jenes beruht juristisch auf folgender Grundlage (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 1 Bundesbesoldungsgesetz; in den Ländern ist das inhaltlich nicht anders): „Das Grundgehalt des Beamten, Richters oder Soldaten bestimmt sich nach der Besoldungsgruppe des ihm verliehenen Amtes.“

b) Amts- oder Stellenzulagen: „Sie dürfen 75 Prozent des Unterschiedsbetrages zwischen dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe des Beamten, Richters oder Soldaten und dem Endgrundgehalt der nächsthöheren Besoldungsgruppe nicht übersteigen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.“ (§ 42 Abs. 1 Satz 2 BBesG)

c) einem Familienzuschlag bei verheirateten Beamten und/oder Beamten mit Kindern: „Seine Höhe richtet sich nach der Besoldungsgruppe und der Stufe, die den Familienverhältnissen des Beamten, Richters oder Soldaten entspricht.“ (§ 39 Abs. 1 Satz 2 BBesG)

Die Aussagen zu den Zulagen (b) verdeutlichen deren Abhängigkeit vom Status des Amtes, der sich wiederum an der Höhe des Grundgehalts bemisst: je höher der Status des Amtes, desto höher das Grundgehalt. Je höher das Grundgehalt, desto höher können Zulagen ausfallen. Darin zeigt sich die Abhängigkeit der Zulagen vom Grundgehalt als Fundament der Besoldung.

Die Aussagen zum Familienzuschlag (c) bestätigt ebenfalls, dass das Grundgehalt das Fundament der Besoldung darstellt (sonst würde es auch kaum Grundgehalt heißen). Denn die Höhe des Familienzuschlags bemisst sich ebenfalls an der Höhe der Besoldungsgruppe, also an der Höhe des Grundgehalts, da die Besoldungsgruppe an das Amt gebunden ist. Auch hier wird also deutlich, dass das Grundgehalt juristisch der dominante Faktor ist, die Höhe des Familienzuschlags folglich von ihm abhängig bleibt.

Wenn man nun allerdings den Familienzuschlag insbesondere anhand der deutlich höher zu beachtenden Unterkunftskosten, die willkürlich auf jenen übertragen werden würden, massiv erhöhen würde, würde das den Status des Amtes verändern, da dieser nun nicht mehr dominant von der Höhe des Grundgehalts abhängig wäre – sondern von der Zahl der Kinder.

Denn eine willkürliche Anrechnung von 4.000,- € und/oder 10.000,- € und/oder 19.000,- € auf die verschiedenen Stufen des Familienzuschlags würde (wie gestern gezeigt) jenen Familienzuschlag zu einem nebendominanten Besoldungsfaktor machen, was aber offensichtlich beamtenrechtlich nicht statthaft ist, da das den hergebrachten Grundsatz der Verbindung von Amt, Besoldungshöhe und Status aushebeln würde, was wiederum ein Verstoß gegen das Alimentationsprinzips wäre, was schließlich verfassungswidrig wäre: Nicht die Anzahl der Kinder kann die Besoldungshöhe dominieren und damit den Rang eines Amtes bestimmen, sondern der Rang eines Amtes dokumentiert sich in der Besoldungshöhe, von der abhängig die Höhe des Familienzuschlags bestimmt wird.

Der langen Rede kurzer Sinn: Wie nun aus verschiedenen Perspektiven anhand konkreter Darlegungen mit immer wieder dem einen Ergebnis nachgezeichnet: Das deutlich höhere Grundsicherungsniveau, das das Bundesverfassungsgericht durch seine neue, realitätsgerechte Bestimmungsmethodik zugrunde legt, führt zu einer deutlich höheren Mindestalimentation – und das muss, da heute selbst die Besoldungsgruppe A 11 offensichtlich nicht jene Mindestalimentationshöhe erreicht, zwangsläufig zu höheren Grundbesoldungen führen.

Dieses Faktum könnte nun auch noch einmal als weitere Ergänzung anhand der Betrachtung erhärtet werden, welche das Kindergeld, das Steuersystem mit seinen unterschiedlichen Steuerklassen sowie die Kinderfreibeträge mit zugrunde legte, was ich mir jetzt aber spare, da ich schon mehr als sehr viel zum Thema steigende Grundgehälter geschrieben habe – eine solche Betrachtung würde aber genauso wie alle vorherigen auch nur ein Ergebnis möglich machen, nämlich dass eine willkürliche Übertragung der nun deutlich höheren Unterkunftskosten weitgehend nur in den Familienzuschlag verfassungswidrig wäre.

WasDennNun

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@micha77
Vom Netto geht noch PKV Anteil ab und Kindergeld kommt dafür wieder drauf.
Desweiteren können Zulagen die nicht jedem A5er S1 zustehen ebenfalls gestrichen werden bei der Berechnung bzgl. der aktuellen NettoAlimentation.
Das ergibt dann die notwendige Nettoerhöhung, die durch eine Anhebung des FamZuschlages und/oder Grundgehaltes und/oder sonstwasZuschlag erfolgen muss.

Wenn Grundgehalt erhöht wird, dann hat das folgen für die Grundgehälter der höheren Besoldungsgruppen wegen dem Abstandsgebot.

SwenTanortsch

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Der langen Rede kurzer Sinn: Doch, die derzeitige Höhe des Grundgehalts sollte - in Anbetracht der deutlichen Steigerung der Mindestalimentation - generell verfassungswidrig sein. Ein System, in dem die Mindestalimentation um streckenwesie mehr als dreißig und vierzig Prozent erhöht werden muss, kann nicht anhand der ausschließlichen Erhöhung von Beihilfeleistungen, Zulagen, Zuschlägen und Sonderzahlungen ausdifferenziert werden, ohne gänzlich aus dem Lot zu geraten.
Die Mindestalimentation für Beamte mit (zwei) Kinder, ja.
Für Singles, Nein.
Änderung der Höhe des Famzuschlages und schon bleiben Singles bei einer +1€ in der Alimentationserhöhung.
Ich verstehe nicht warum das nicht gehen sollte.

Oder bist du ernsthaft der Meinung, dass die Alimentation eines Singles zwingend um 30% erhöht werden muss, damit diese Verfassungskonform ist?

Der Jahrelange Fehler im Besoldungssystem ist, dass die Kinderzuschläge zu niedrig sind im Gesamtgefüge und damit das Grundgehalt zu teuer wurde.

Weiterhin kann man ja die Einstiegsstufen abschaffen und die Laufzeiten der oberen erhöhen, somit die jüngeren Beamten mit nem Geldregen versorgen und die oberen gehen dann auch leer aus. Warum sollte diese Variante nicht greifen? Wo wäre da ein Verfassungskonflikt?

Ich sehe bezogen auf die Mindestalimenation genug Spielraum, dass es für die Endstufe kein nennenswerten Cent mehr gibt, wenn man die Besoldungssystematik ein wenige verdreht.

Ich glaube, ich hätte besser gleich anhand der Praxis und nicht weitgehend mittels eines langen und weitgehend theoretischen Textes argumentieren sollen: Denn grau ist alle Theorie. Deshalb mache ich nun die Wirkung, die sich aus der ursprünglich sozialgesetzlichen Grundlage des Grundsicherungsniveaus ergibt, noch einmal anhand der Berliner Nettoalimentation in der Eingangsstufe der untersten Besoldungsgruppe nachvollziehbar:

Zunächst erstelle ich anhand des Besoldungsrechners die aktuellen Werte für die BesGr. A 4, Erfahrungsstufe 1, Familienzulage Stufe 3 (verheiratet, zwei Kinder), Lohnsteuerklasse III (https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/be?id=beamte-berlin-2020&g=A_4&s=1&f=3&z=100&zulageid=10.1&zulageid=10.2&zulage=&stj=2020&stkl=3&r=0&zkf=0):

a) Grundgehalt: + 2.180,53 €
b) Familienzulage: + 409,58 €
c) Sonderzahlung: + 129,17 €
c) Monats-Brutto: + 2.719,28 €
d) Lohnsteuer: -152,67 €
Monats-Nettobesoldung: 2.566,61 € bzw. Jahresnetto: 30.799,32 €



Um zur Nettoalimentation zu gelangen, sind weiter zu beachten (ich nehme die Werte meines Beitrags vom 20.08., 18:05 Uhr zur Grundlage):

e) Kindergeld: + 404,- €
f) PKV: - 501,50 €

Die monatliche Nettoalimentation liegt folglich bei 2.369,28 € oder bei 28.431,36 € pro Jahr.

Die Mindestalimentation beträgt nach (s. wiederum den genannten Beitrag):

Variante I: 37.361,54 € pro Jahr bzw. 3.113,46 € pro Monat

Variante II: 38.576,60 € pro Jahr bzw. 3.214,72 € pro Monat

Variante III: 39.463,11 € pro Jahr bzw. 3.288,59 € pro Monat

Die derzeitige Nettoalimentation müsste also pro Monat in der

Variante I um 744,18 € (+ 31,04 %)

Variante II um 845,44 € (+ 35,68 %)

Variante III um 919,31 € (+ 38,8 %)

erhöht werden.

Hallo zusammen,

ich lese jetzt auch schon eine Weile interessiert mit. Ich möchte mich auch erstmal bei SwenTanortsch für die eingehenden Ausführungen bedanken.

Wie sieht das denn mit sonstigen Zulagen aus? Stellenzulagen, Amtszulagen, sonstige Zulagen (Schicht etc.),
oder auch Sonderzahlungen (welche Sonderzahlung für Berlin ist oben mit gemeint?), werden die voll angerechnet?

Hallo Micha77, ich verstehe Deine abschließenden Fragen womöglich nicht richtig. Ich versuche sie aber trotzdem mal so zu beantworten, wie ich sie verstehe:

Die Mindestalimentation umfasst alle Inhalte, die in der regelmäßigen Nettoalimentation enthalten sind. Diese setzt sich derzeit nach dem Besoldungsrechner wie folgt zusammen: https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/be?id=beamte-berlin&g=A_4&s=1&f=3&zulageid=10.1&zulageid=10.2&z=100&zulage=&stkl=3&r=0&zkf=

Der Besoldungsgesetzgeber verfügt zugleich in der Neustrukturierung des Besoldungssystems über einen breiten Gestaltungsspielraum. Er kann folglich in das System weitere Zulagen integrieren, ist aber gezwungen das und deren jeweilige Höhe zu begründen und darf dabei nicht auf sachfremde Erwägungen zurückgreifen. Zulagen für die Schichtarbeit würden allerdings nicht in die Mindestalimentation mit einfließen, da von ihnen nicht alle Beamten in der Eingangsstufe der untersten Besoldungsgruppe betroffen sind, sondern nur die, die eben Schichtarbeit verüben.

Wenn ich mich richtig erinnere (ganz sicher bin ich mir nicht), gibt es in der Berliner Besoldungsgruppe A 4 derzeit zwar eine Amts-, aber keine Stellenzulage (oder war das andersherum?). In den unteren Besoldungsgruppen wird eine Sonderzahlung von 1550,- € gewährt, in den höheren von 750,- €, wenn ich mich richtig erinnere.

Habe ich die Fragen so beantwortet, wie sie gemeint waren?

Soweit habe ich es verstanden. Ich springe interessehalber mal in ein anderes Bundesland, nach Hessen:

und nehme mal die niedrigste Besoldungsgruppe A 5 (Stufe 1) - nach der ja nach deinen Berechnungen die derzeitige Mindestalimentation bei o.g. ca. 39.000€ liegen müsste - Stand 2020 - und packe im Rechner noch ein paar Zulagen obendrauf

Grundgehalt:                  2210.29 €
Familienzulage:                403.65 € Familienzulage Stufe 3 verheiratet 2 Kinder
Stellenzulage mD:               21.62 € allgemeine Stellenzulage mD
Nr 6 Polizeizulage 2J:         131.20 € Beamte des Polizeidienstes und des Steuerfahndungsdienstes nach einer Dienstzeit v 2 Jahren
Landesanteil Besoldung:        118.16 € ("Ex-Weihnachtsgeld" - mtl. Sonderzahlung 5%)
Landesanteil Bes. Familie:      20.18 €

Lohnsteuer:           -  197.50 € (Klasse III)
Solidaritätszuschlag: -    0.00 €

Abzüge gesamt:        -  197.50 € (Anteil: 6.8%)
Monats-Brutto:                2905.10 €
netto bleiben:          2707.60 € (Steuerjahr 2020)

mit Jahreszahlung und Urlaubsgeld (Einmalzahlungen) kommt die Person X auf knapp 33.000€ netto im Jahr.

D.h. es müsste sich für 2020 eine Unteralimentierung von rund 6.000€ netto ergeben, richtig?

Als Vergleich Besoldungsstufe A 10 (Stufe 1) - erhöhte Stellenzulage wegen gehobenen Dienst

Grundgehalt:                  2831.21 €
Familienzulage:                376.66 € Familienzulage Stufe 3 verheiratet 2 Kinder
Stellenzulage gD/hD:            93.99 €
Nr 6 Polizeizulage 2J:         131.20 € Beamte des Polizeidienstes und des Steuerfahndungsdienstes nach einer Dienstzeit v 2 Jahren
Landesanteil Besoldung:        152.82 € (Ex-Weihnachtsgeld - mtl. Sonderzahlung 5%)
Landesanteil Bes. Familie:      18.83 €

Lohnsteuer:           -  374.00 € (Klasse III)
Solidaritätszuschlag: -    0.00 €

Abzüge gesamt:        -  374.00 € (Anteil: 10.4%)
Monats-Brutto:                3604.71 €
netto bleiben:          3230.71 € (Steuerjahr 2020)

Person Y kommt (mit allen hier erwähnten Zulagen) demnach auf knapp 39.000€ im Jahr und erreicht knapp die Mindestalimentation wie von dir oben erwähnt.
Aber wir reden ja hier nicht von der geringsten Besoldungsstufe.

De Facto müsste das Gap von 6000€ von Person X geschlossen werden und diese auf das Niveau von der Besoldung A 10 angehoben werden. Bei Person Y müsste es eine Angleichung geben, da ja auch der Abstand der Besoldungsstufen gewahrt bleiben muss. Selbst wenn eine leichte Abschmelzung vorgenommen wird, müsste in dem Fall ja auch Person Y von mind. 4.500-5000€ mehr profitieren. Sehe ich das so richtig? Oder steckt der Fehler im Detail?

Und da sind wir ja hier bei weitem noch nicht in den Tiefen der Erfahungsstufen drin...

PS: ich habe bewusst Zulagen mit reingenommen, aber im Großen und Ganzen geht es mir eher um die Summen bei den Beispielmodellen um deine Ausführungen zu verstehen.

Trotz der ganzen Ausführungen von dir (Swen) glaube ich, dass die meisten hier den Landesregierungen nicht über Weg trauen.
Berlin schafft es ja augenscheinlich noch nicht mal seine Hauptstadtzulage durchzubringen, da es von der TV-L eingebremst wird.
Wie soll das erst gehen, wenn es dann um deutlich mehr geht, als nur diese 150€ brutto Berlin-Zulage?

Die Überlegungen und Berechnungen sind - wenn ich es auf die Schnelle richtig sehe - durchgehend schlüssig, Micha. Jedoch müssten noch das Kindergeld als die Alimentation erhöhender Posten und die PKV-Kosten als ein sie verringernder Posten mit einbezogen werden. Da die PKV-Kosten höher liegen werden als das Kindergeld, wird die real gewährte Alimentationshöhe der Besoldungsgruppe A 5 niedriger sein als von Dir zugrunde gelegt. Wenn man die Berliner PKV-Beträge auf Hessen übertragen könnte, müssten das etwa 1.150,- € ausmachen, die die gewährte reale Nettobesoldung dann niedriger liegen müsste.

Darüber hinaus ist eine Prämisse nicht korrekt: Die Mindestalimentation muss in Hessen generell höher ausfallen als in Berlin. Denn das Berliner Mietenniveau liegt durchgehend + 5 bis unter + 15 % überdurchschnittlich hoch , weshalb in Berlin einheitlich die Mietenstufe IV gilt.

Das Bundesverfassungsgericht hat nun festgelegt, dass solange, wie keine Differenzierung anhand von Ortszuschlägen erfolgt, zur Bestimmung des Grundsicherungsniveau die höchste im Land geltende Mietenstufe als Kriterium zu beachten ist, das ist in Hessen - anders als in Berlin - die Mietenstufe VII, die ein Mietenniveau von 35 % und höher zugrunde legt.

Als Folge werden die vom hessischen Besoldungsgesetzgeber realitätsgerecht zu beachtenden Unterkunftskosten bei der Bestimmung des Grundsicherungsniveau höher als in Berlin liegen, was jenes hessische Grundsicherungsniveau höher als das Berliner ausfallen lassen wird, wodurch eine höhere Mindestalimentation als in Berlin vorhanden ist.

Nimmt man beides zusammen, müsste die Unteralimentation sicherlich noch einmal um einiges höher liegen als 6.000,- € netto (da das Bundesverfassungsgericht die konkreten statistischen Werte nicht beigefügt hat, ist unklar, welche genauen Werte aus dem Kriterium der Mietenstufe VII folgen werden - da es sich aber um einen um drei Mietenstufen als Kriterium höher liegenden Wert handeln wird als in Berlin, dürfte das Grundsicherungsniveau in Hessen noch einmal um einiges höher liegen als in Berlin)

Nach den negativen Erfahrungen der letzten anderthalb Jahrzehnte wäre es tatsächlich naiv, irgendeinem der deutschen Besoldungsgeetzgeber diesbezüglich noch über den Weg zu trauen (Hessen ist da nicht nur durch sein Ausscheren aus der Tarifgemeinschaft der deutschen Länder ein Paradebeispiel, sondern auch weil sein aktuelles Besoldungsgesetz mit Blick auf die Begründung der Mindestalimentation nur noch grotesk zu nennen ist).

Allerdings besteht nun durch den aktuellen Beschluss eine bezogen auf die Mindestalimentation eindeutige und klar anwendbare Rechtslage (was davor nicht der Fall war); es wird den deutschen Besoldungsgesetzgebern nichts anderes übrig bleiben, als diese zu beachten. Ansonsten brechen sie gezielt das Recht (das war vor dem aktuellen Beschluss zu vermuten, aber nicht zu beweisen) - und es würde schwierig, in anderen Ländern Rechtsverstöße zu kritisieren, wenn man selbst geschlossen das Recht brechen würde...

micha77

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@micha77
Vom Netto geht noch PKV Anteil ab und Kindergeld kommt dafür wieder drauf.
Desweiteren können Zulagen die nicht jedem A5er S1 zustehen ebenfalls gestrichen werden bei der Berechnung bzgl. der aktuellen NettoAlimentation.

PKV Anteil - die 501,50€  - aber das kann doch von Familie zu Familie unterschiedlich sein. Was ist wenn die Kinder bei der Frau gesetzlich versichert sind?
KG sind aktuell 408€ bei zwei Kindern, nächstes Jahr 438€
Also kann man die speziellen Zulagen (Bsp. Polizei, Feuerwehr, Zoll, Lehrer etc.) außen vor lassen (ausklammern)?

WasDennNun

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Wenn man nun allerdings den Familienzuschlag insbesondere anhand der deutlich höher zu beachtenden Unterkunftskosten, die willkürlich auf jenen übertragen werden würden, massiv erhöhen würde, würde das den Status des Amtes verändern, da dieser nun nicht mehr dominant von der Höhe des Grundgehalts abhängig wäre – sondern von der Zahl der Kinder.
Zitat
c) einem Familienzuschlag bei verheirateten Beamten und/oder Beamten mit Kindern: „Seine Höhe richtet sich nach der Besoldungsgruppe und der Stufe, die den Familienverhältnissen des Beamten, Richters oder Soldaten entspricht.“ (§ 39 Abs. 1 Satz 2 BBesG)
Ok, verstanden der Status eines Amtes wird verändert durch den Familienzuschlag, deswegen darf der Familienzuschlag nicht dominant sein und bzw. muss so mit dem Amt gekoppelt sein, des es nicht als zu dominant und somit eine Statusveränderung darstellt.

bin ich nicht drauf gekommen, da:
Derzeit ist er (in NI) ja statischer Wert, unabhängig von der Besoldungsgruppe ist, bzgl. sinkt zwischen A5/A6, dass widerspricht schon mal dieser Prämisse.
Weiterhin hat ja ein A5s1 bei mit ein paar Kindern höher besoldet ein A14er, das hätte dann ja auch schon mal nicht sein dürfen.

Als muss der Gesetzgeber jetzt schauen, ab wann ein erhöhter FamZuschlag zu dominant und schädlich für die Statusunterschiede im Verhältnis zu der Grundbesoldung wird.

Um beim Berliner 4k Familie zu bleiben muss der Gesetzgeber ja die Nettobesoldung bei der von Swen gerechneten Variante III auf 39.463,11 bringen.
Das bedeutet also eine Erhöhung der monatlichen Bruttobesoldung ~1000€ für A4S1 vh2k (bzw. 600€ für A4S8 vh2k).
Dadurch, dass wenn diese 1000€ als Fam/KindZulagen gezahlt werden würde, und dann 40% der Gesamtbesoldung ausmacht, wäre dies möglicherweise zu dominant.
 
Eine Anpassung der Kinderzulage für Kind1 und 2 auf das Niveau für Kinder 3 macht ja schon mal 474 € aus (und dürfte ja nicht schädlich sein, da es bisher ja nicht als Statusschädlich gesehen wurde)
Also müsste dann (sofern er nicht noch andere für den Status unschädliche Zulagenerhöhungen findet, wie z.B. Beihilfe erhöhen für die Kinder) die Grundbesoldung um 525 € Brutto erhöht werden, (bzw. um 125€ für Stufe 8, wenn die horizontale Stufen vernichten werden könnte).

Ist doch was...
mal sehen was den Berlinern noch so einfällt um sich davor zu drücken.

Unknown

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Ist doch was...
mal sehen was den Berlinern noch so einfällt um sich davor zu drücken.
Da bin ich auch mal gespannt, wie versucht wird, dieses zu verhindern. Es wird nicht nur das Land Berlin sein, die anderen Länder plus Bund werden auch versuchen nur einen minimalen Ansatz zu finden. In diesem Kontext, kann es ja fast egal sein, was bei der demnächst startenden Tarifrunde bei rumkommt. Denn ein Plus von ca. 30 bis 40 Prozent wird wohl nicht wirklich bei rauskommen. Das Prozentchen an Erhöhung fällt nach dem Urteil vom BVerfG erst gar nicht auf.
Warten wir es ab...

Stefan35347

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Irgendwie denke ich, dass so gut wie nichts rauskommt. Die werden wieder Mittel finden, alles zu umgehen..... Bin fast sicher.

SwenTanortsch

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Wenn man nun allerdings den Familienzuschlag insbesondere anhand der deutlich höher zu beachtenden Unterkunftskosten, die willkürlich auf jenen übertragen werden würden, massiv erhöhen würde, würde das den Status des Amtes verändern, da dieser nun nicht mehr dominant von der Höhe des Grundgehalts abhängig wäre – sondern von der Zahl der Kinder.
Zitat
c) einem Familienzuschlag bei verheirateten Beamten und/oder Beamten mit Kindern: „Seine Höhe richtet sich nach der Besoldungsgruppe und der Stufe, die den Familienverhältnissen des Beamten, Richters oder Soldaten entspricht.“ (§ 39 Abs. 1 Satz 2 BBesG)
Ok, verstanden der Status eines Amtes wird verändert durch den Familienzuschlag, deswegen darf der Familienzuschlag nicht dominant sein und bzw. muss so mit dem Amt gekoppelt sein, des es nicht als zu dominant und somit eine Statusveränderung darstellt.

bin ich nicht drauf gekommen, da:
Derzeit ist er (in NI) ja statischer Wert, unabhängig von der Besoldungsgruppe ist, bzgl. sinkt zwischen A5/A6, dass widerspricht schon mal dieser Prämisse.
Weiterhin hat ja ein A5s1 bei mit ein paar Kindern höher besoldet ein A14er, das hätte dann ja auch schon mal nicht sein dürfen.

Als muss der Gesetzgeber jetzt schauen, ab wann ein erhöhter FamZuschlag zu dominant und schädlich für die Statusunterschiede im Verhältnis zu der Grundbesoldung wird.

Um beim Berliner 4k Familie zu bleiben muss der Gesetzgeber ja die Nettobesoldung bei der von Swen gerechneten Variante III auf 39.463,11 bringen.
Das bedeutet also eine Erhöhung der monatlichen Bruttobesoldung ~1000€ für A4S1 vh2k (bzw. 600€ für A4S8 vh2k).
Dadurch, dass wenn diese 1000€ als Fam/KindZulagen gezahlt werden würde, und dann 40% der Gesamtbesoldung ausmacht, wäre dies möglicherweise zu dominant.
 
Eine Anpassung der Kinderzulage für Kind1 und 2 auf das Niveau für Kinder 3 macht ja schon mal 474 € aus (und dürfte ja nicht schädlich sein, da es bisher ja nicht als Statusschädlich gesehen wurde)
Also müsste dann (sofern er nicht noch andere für den Status unschädliche Zulagenerhöhungen findet, wie z.B. Beihilfe erhöhen für die Kinder) die Grundbesoldung um 525 € Brutto erhöht werden, (bzw. um 125€ für Stufe 8, wenn die horizontale Stufen vernichten werden könnte).

Ist doch was...
mal sehen was den Berlinern noch so einfällt um sich davor zu drücken.

Jetzt sind die Folgerungen, wenn ich es richtig sehe, mit einer Ausnahme schlüssig.

Folgende ist es nicht: "Weiterhin hat ja ein A5s1 bei mit ein paar Kindern höher besoldet ein A14er, das hätte dann ja auch schon mal nicht sein dürfen." Der Gesetzgeber ist gezwungen - siehe die Darlegungen in der Vergangenheit - wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Ein verheirateter Beamter und ein unverheirateter Beamter sind mit Blick auf ihren Familienstand wesentlich Ungleiche (weshalb sie z.B. auch unterschiedlichen steurrechtlichen Prämissen unterworfen sind). Ein verheirateter Beamter wird durch den Familienzuschlag insbesondere in den unteren Besoldungsgruppen vielfach über eine höhere Nettoalimentation verfügen als ein unverheirateter Beamter in der nächsthöheren. Allerdings kann der Familienzuschlag selbst bei recht vielen Kindern in der Eingangsstufe der untersten Besoldungsgruppe kaum so hoch bemessen sein, dass die Nettoalimentation höher liegt als die Nettoalimentation eines unverheiratete Beamten ohne Kinder, der sich in der Eingangsstufe der Besoldungsgruppe A 14 befindet. Das wäre vielleicht möglich, aber dann müssten schon sehr viele Kinder zur Welt gekommen sein, die allesamt ernähert werden und deshalb ihre Berücksichtigung im Familienzuschlag finden müssen.

Und das ist die zentrale Zusammenfassung: "Als muss der Gesetzgeber jetzt schauen, ab wann ein erhöhter FamZuschlag zu dominant und schädlich für die Statusunterschiede im Verhältnis zu der Grundbesoldung wird."

SwenTanortsch

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Irgendwie denke ich, dass so gut wie nichts rauskommt. Die werden wieder Mittel finden, alles zu umgehen..... Bin fast sicher.

Das habe ich bis zur aktuellen Entscheidung genauso gesehen. Diese neue Entscheidung bindet die Besoldungsgesetzgeber aber deutlich stärker als zuvor, da das entscheidende Schlupfloch, dass also nicht klar geregelt war, wie das Grundsicherungsniveau realitätsgerecht zu bestimmen ist, nun geschlossen ist.

Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht festgelegt, dass auf der zweiten Prüfungsstufe ausnahmslos immer eine Gesamtabwägung aller alimentationsrelevanter Aspekte stattzufinden hat. Auch das legt die Hürde nun deutlich höher als zuvor. Denn bislang haben sich die Besoldungsgesetzgeber vielfach mit einem Kniff darumherumgedrückt, entsprechende Gesamtabwägungen zu vermeiden, indem sie so "gerechnet" haben, dass maximal nur zwei der fünf Parameter der ersten Prüfungsstufe überschritten waren, sodass sie die Vermutung einer Unteralimentation dann gar nicht erst aussprachen. Das ist jetzt nicht mehr möglich.

Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht die Bedeutung von Zahlenwerten und Indices bei den Berechnungen innerhalb der ersten Prüfungsstufe relativiert, sodass auch von dieser Seite mathematische Tricksereien eine geringere bis (das wäre schön) gar keine Bedeutung mehr haben (können/könnten).

Und schließlich führt eine mangelhafte Prozeduralisierung - also eine unzureichende Begründung, sei es, dass nötige Zahlenwerte zur Prüfung des Gesetztes gar nicht erst genannt werden oder Prüfungsschritte nicht vollzogen werden oder nötige Abwägungen unterlassen werden - unabhängig vom materiellen Gehalt des Gesetzes automatisch dazu, dass das Gesetz verfassungswidrig ist.

All das kann nun auf der Ebene der Verwaltungsgerichtsbarkeit eingefordert werden, bedarf also keiner langen (Instanzen-)Wege mehr. Auch das dürfte nach und nach dazu führen, dass sich die Besoldungsgestzgeber zukünftig stärker am Riemen reißen werden...

... und dass sie natürlich weiter zu tricksen versuchen werden, liegt auf der Hand: Denn dafür geht auch zukünftig um zu hohe Personalkosten ... aber wiederkehrend in dem Medien auftauchend, weil man wiederkehrend vor den Verwaltungsgerichten Niederlagen bezieht und dann seine Gesetze ändern muss, dürfte auch nicht so angenehm sein.

Stefan35347

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Danke für Deine immer sachlichen und ausführlichen Antworten @SwenTarnotsch

SwenTanortsch

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Danke für Deine immer sachlichen und ausführlichen Antworten @SwenTarnotsch

Gern geschehen, Stefan!

WasDennNun

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Allerdings kann der Familienzuschlag selbst bei recht vielen Kindern in der Eingangsstufe der untersten Besoldungsgruppe kaum so hoch bemessen sein, dass die Nettoalimentation höher liegt als die Nettoalimentation eines unverheiratete Beamten ohne Kinder, der sich in der Eingangsstufe der Besoldungsgruppe A 14 befindet. Das wäre vielleicht möglich, aber dann müssten schon sehr viele Kinder zur Welt gekommen sein, die allesamt ernähert werden und deshalb ihre Berücksichtigung im Familienzuschlag finden müssen.

4-5 Kinder ist zwar viel aber mitnichten sehr viel!

Guckst Du A4 5Kids:
41643.36
https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/be?id=beamte-berlin-2020&g=A_4&s=1&f=6&z=100&zulageid=10.1&zulageid=10.2&zulage=&stj=2020&stkl=3&r=0&zkf=5

A14:39916.23

https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/be?id=beamte-berlin-2020&g=A_14&s=1&stkl=1&r=&kk=15.5&z=100&zkf=&f=0&zulage=&zulageid=&stj=2020&zv=VBL

Oder A5er 4 Kinder (38256€) erreicht schon den höheren Dienst A13 (38373€)

Bleibt die Frage wann ein Familienernährer und ein unverheirateter Beamter mit Blick auf ihren Familienstand wesentlich Ungleiche sind.

Von daher glaube ich, dass da am Famzuschlag durchaus noch höher gedreht werden kann, als ich oben geschrieben habe.  Auch im Hinblick, dass ja offensichtlich die Grundbesoldung für Singles nicht verfassungswidrig ist bzgl. der Mindestalimentation.
Also nochmals 300€ mehr Famzuschlag und die restlichen 200€ auf die unteren Stufen verteilen (oder A4 und Eingangsstufen auflösen) und die Stufen 8 von der Grundbesoldung unverändert lassen wird wohl das Ergebnis werden.

Natürlich muss der Gesetzgeber (sofern er zur Kompensation die oberen Stufen weniger stark steigen lässt und horizontal die Stufen verdichtet) aufpassen, dass nicht der A4er Pensionär unter die Mindestalimentation fällt.

Edit:
Und spannend finde ich ob und wie er einen Ortszuschlag einbauen wird/kann, was ja gerade für den Bund extrem grundbesoldungsrelevant wird.


SwenTanortsch

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Allerdings kann der Familienzuschlag selbst bei recht vielen Kindern in der Eingangsstufe der untersten Besoldungsgruppe kaum so hoch bemessen sein, dass die Nettoalimentation höher liegt als die Nettoalimentation eines unverheiratete Beamten ohne Kinder, der sich in der Eingangsstufe der Besoldungsgruppe A 14 befindet. Das wäre vielleicht möglich, aber dann müssten schon sehr viele Kinder zur Welt gekommen sein, die allesamt ernähert werden und deshalb ihre Berücksichtigung im Familienzuschlag finden müssen.

4-5 Kinder ist zwar viel aber mitnichten sehr viel!

Guckst Du A4 5Kids:
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Oder A5er 4 Kinder (38256€) erreicht schon den höheren Dienst A13 (38373€)

Bleibt die Frage wann ein Familienernährer und ein unverheirateter Beamter mit Blick auf ihren Familienstand wesentlich Ungleiche sind.

Von daher glaube ich, dass da am Famzuschlag durchaus noch höher gedreht werden kann, als ich oben geschrieben habe.  Auch im Hinblick, dass ja offensichtlich die Grundbesoldung für Singles nicht verfassungswidrig ist bzgl. der Mindestalimentation.
Also nochmals 300€ mehr Famzuschlag und die restlichen 200€ auf die unteren Stufen verteilen (oder A4 und Eingangsstufen auflösen) und die Stufen 8 von der Grundbesoldung unverändert lassen wird wohl das Ergebnis werden.

Natürlich muss der Gesetzgeber (sofern er zur Kompensation die oberen Stufen weniger stark steigen lässt und horizontal die Stufen verdichtet) aufpassen, dass nicht der A4er Pensionär unter die Mindestalimentation fällt.

Edit:
Und spannend finde ich ob und wie er einen Ortszuschlag einbauen wird/kann, was ja gerade für den Bund extrem grundbesoldungsrelevant wird.

"Bleibt die Frage wann ein Familienernährer und ein unverheirateter Beamter mit Blick auf ihren Familienstand wesentlich Ungleiche sind."

Juristisch gesehen sind sie es automatisch dann, wenn sich ihr Familienstand ändert, denn dann sind sie wesentlich Ungleiche.

Mathematisch betrachtet, sind die Fallbeispiele richtig und schlüssig. Aber Du denkst weiterhin so, dass Du den Besoldungsgesetzgebern unterstellst, dass sie unter allen Umständen die Besoldung für ledige Beamte auf den niedrigsten Betrag drücken woltlen.

Die Befürchtung ist nicht verkehrt, aber meiner Meinung nach insgesamt in einer stärkeren Form doch unrealistisch.

Zum einen sind eben die genannten Wirkungen zu beachten, sie schränken den Ermessensspielraum der Besoldungsgesetzgeber nicht gering ein. Denn der ursprünglich zweckgebundene Charakter der sozialgesetzlichen Festsetzung des Grundsicherungsniveaus wirkt ja weiter fort. Wenn es den Besoldungsgesetzgebern also bislang schon möglich gewesen wäre, innerhalb des weiterwirkenden zweckgebundenen Charakters das Grundgehalt weiter zu senken, dann wäre das - davon gehe ich aus - auch geschehen.

Denn zum anderen sind die Besoldungsgesetzgeber in den verschiedenen Ländern - das kann man in ihren Gesetztesbegründungen nachlesen - streckenweise mathematisch sehr kreativ gewesen, um zu dokumentieren oder genauer zu suggerieren, dass die Alimentation in der untersten Besoldungsgruppe deutlich weiter als 15% oberhalb der Mindestalimentation liegt. Das diente insbesondere zur Beruhigung der Gewerkschaften und Verbände, aber natürlich auch dazu, das eigene Image aufzupolieren und die eigenen Beamten zu beruhigen bzw. ruhig zu halten.

Jedoch hat bislang kein Land solche Phantasiewerte genutzt, um die Grundbesoldung noch weiter nach unten zu schrauben. Erstens dürfte ihnen das juristisch zu heikel gewesen sein, weil denen, die solche Berechnungen anstellen, ja klar war, dass sie sich damit offensichtlich sogleich in die Verfassungswidrigkeit hineinkicken. Zweitens wäre das für sie auch aus praktischen Gründen heikel gewesen.

Denn die Länder stehen ja tatsächlich zunehmend nicht nur miteinander, sondern insbesondere auch mit der freien Wirtschaft in Konkurrenz um Fachkräfte. Die weiterhin recht aktuelle pwc-Studie hinterlässt, was man so hört, doch auch einige Spuren (https://www.pwc.de/de/branchen-und-markte/oeffentlicher-sektor/fachkraeftemangel-im-oeffentlichen-dienst.html) - insbesondere in jenen Flächenländern, die niedrig besolden. Denn denen fällt es immer schwerer, den Fachkräftemangel insbesondere in ihren ländlichen Regionen auszugleichen.

Und schließlich gibt es so etwas wie die normative Kraft des Faktisch, d.h., jeder der Besoldungsgesetzgeber möchte zwar Personalkosten sparen - aber keiner der sein, der an letzter Stelle der Besoldungshöhe steht: Berlin hatte da lange Zeit den Vorteil, dass es den Hauptstadt-Bonus hat, den es auch weiterhin haben wird. Jedoch schwindet auch und gerade in Berlin der weitere Vorteil der Vergangenheit, nämlich die auf's Ganze gesehen verhältnismäig niedrigen Wohnkosten. Da sich das auch dort ändert - eines, wenn nicht das entscheidende Signal der aktuellen BVerfG-Entscheidung -, wird auch das Land Berlin zunehmend bessere Gehälter zahlen müssen, um die benötigten Fachkräfte zu rekrutieren.

Damit beginnen nun keine seeligen Zeiten im öffentlichen Dienst, die Besoldungsgesetzgeber werden weiterhin versuchen, von einem nötigen höheren Besoldungsniveau aus, zu dem sie nun juristisch gezwungen sind, Personalkosten zu sparen, und doch ist die Entscheidung eine positive Botschaft: Die Besoldung wird zukünftig flächendeckend steigen - und wenn davon insbesondere auch und gerade Beamtenfamilien profitieren, umso besser. Denn sie benötigen einen größeren Wohnraum, sind also tatsächlich auch maßgeblich davon betroffen, dass das Verfassungsgericht die Besoldungsgesetzgeber nun dazu zwingt, Unterkunftskosten stärker zu beachten.