Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 1522252 times)

WasDennNun

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2745 am: 11.12.2021 17:45 »
@ WasDennNun

Zu Deiner Frage: Lies das, was ich heute morgen und gerade weiter oben geschrieben habe, dann kannst Du Deine an mich gerichtete Frage selbst beantworten: Die Alimentation eines Beamten mit zwei Kindern ist identisch mit der von drei Kindern, da beide dasselbe Grundgehalt und dieselben Familienzuschläge für ihre ersten beiden Kinder erhalten. Darüber hinaus wird das dritte Kind entsprechend seine Bedarfs amtsangemessen alimentiert. Der Vergleich kommt folglich zu dem Schluss, dass kein Unterschied zwischen den beiden Beamten vorliegt, egal ob der eine zwei und der andere drei Kinder hat. Die fünfköpfige Familie verfügt am Ende gemäß ihres Bedarfs über eine höhere Alimentation als die vierköpfige - aber die beiden Beamten werden identisch alimentiert.
und warum haken dann immer wieder einige darauf rum, dass durch diese 600-800€ die ab Kind 3 auszuzahlen sind ein Fertilitätsprinzip herrschen würde, bzw. das Abstandsgebot verletzt werden würde?

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2746 am: 11.12.2021 18:09 »
@ WasDennNun

Zu Deiner Frage: Lies das, was ich heute morgen und gerade weiter oben geschrieben habe, dann kannst Du Deine an mich gerichtete Frage selbst beantworten: Die Alimentation eines Beamten mit zwei Kindern ist identisch mit der von drei Kindern, da beide dasselbe Grundgehalt und dieselben Familienzuschläge für ihre ersten beiden Kinder erhalten. Darüber hinaus wird das dritte Kind entsprechend seine Bedarfs amtsangemessen alimentiert. Der Vergleich kommt folglich zu dem Schluss, dass kein Unterschied zwischen den beiden Beamten vorliegt, egal ob der eine zwei und der andere drei Kinder hat. Die fünfköpfige Familie verfügt am Ende gemäß ihres Bedarfs über eine höhere Alimentation als die vierköpfige - aber die beiden Beamten werden identisch alimentiert.
und warum haken dann immer wieder einige darauf rum, dass durch diese 600-800€ die ab Kind 3 auszuzahlen sind ein Fertilitätsprinzip herrschen würde, bzw. das Abstandsgebot verletzt werden würde?

Die Höhe des Mehrbedarfs ab dem dritten Kind ist entsprechend der vom Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung 2 BvL 6/17, Rn. 72 ff. vorgenommenen Methodik zu bemessen. Sie fällt in Abhängigkeit nicht zuletzt von der zu Grunde zu legenden Mietstufe von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich hoch aus. Das Fertilitätsprinzip ist gegeben, sofern entsprechend hohe Familienzuschläge für die ersten beiden Kinder gewährt werden, wie auch Du das regelmäßig - die beiden aktuellen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts fröhlich durcheinanderwerfend - forderst. Denn die aktuelle Entscheidung 2 BvL 6/17 führt in letzter Konsequenz dazu, dass die Familienzuschläge ab dem dritten Kind gegenüber der bisherigen Gewährung vor jener Entscheidung deutlich zu erhöhen sind. Dem scheinen die Besoldungsgesetzgeber nun offensichtlich nachkommen zu wollen. Die aktuelle Entscheidung 2 BvL 6/17 hat keinerlei Relevanz für die Familienzuschläge bis zu zwei Kindern, da hier - wie von mir vielfach dargelegt - andere Rechtsgüter zu betrachten und beachten sind, ohne dass Du das bislang getan hättest. Die Entscheidung 2 BvL 4/18 rechtfertigt entsprechend hohe Familienzuschläge für die ersten beiden Kinder nicht. So ist die Sachlage - und jetzt beginnt bei mir das Wochenende, was eine andere Sachlage ist.
« Last Edit: 11.12.2021 18:17 von SwenTanortsch »

RARB

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2747 am: 11.12.2021 21:55 »
In meiner einfachen Art, möchte ich das runterbrechen:
Ein Beamter, erhält seine Bezüge. Z.B. A7/4.
Mit Steuerklasse 1, private KV abgezogen, bleiben xxxx,xx netto.
Jetzt heiratet der Beamte, und seine Steuerklasse ist nun die 3 und er erhält den Fam.Zuschlag f. Verheiratete, der Steuerfreibetrag wird erhöht.
Er erhält jetzt xxxx,xx netto, was mehr als in St.Kl. 1 ist.
Jetzt bekommen sie ein Kind.
Die Steuerklasse 3 bleibt, Fami.Zuschlag ist jetzt verh. plus Kind. Steuerlich wird der Grundfreibetrag wiederum erhöht. Dazu erhalten sie Kindergeld für das erste Kind. Dieses Schema lässt sich fortsetzen.
Das Kindergeld erhöht sich ab dem 3. Kind.

Was ich nicht verstanden habe ist: Inwieweit ist das 3. Kind mehr wert, als die ersten zwei (oder das vierte mehr als die ersten 3)?
Welcher Betrag ist angemessen, der sich pro Kind steuerlich, kindergeldrechtlich, Verheirateten/Kinderzuschlag ergibt?
Ist es gewollt, verheirateten mit St.Kl. 3 für den Ehegatten, für die Kinder, soviel "mehr zu geben", dass sich für die Familie als Gesamtheit ein Nettoeinkommen ergibt, welches hochgerechnet dem entspricht, dass die Kinder und der Ehegatte auch dieses "Single-Niveau" leben können? (Im übrigen, auch das Single-Leben fordert da und dort Mehrkosten im Vergleich zum Familienleben).
Wenn das, das Ziel sein soll, wären zuerst zwingend die Kinderzuschläge von der Besoldungsgruppe abhängig zu machen, und zweitens, gleichbewertet für Kind 1 bis Kind (1 + x).

Oder (Achtung!), sollen jetzt Kinder eines A5 genauso viel wert sein, wie die eines A11? Ja?
Dann würden wohl viele, falls möglich, die Zeit zurückdrehen wollen, um ihren Lebensstandard per Kinderanzahl zu erhalten, als durch Ausbildung und Arbeitseinsatz. Es möge uns Alles, was die Macht dafür hat, davor bewahren, dass Merkmale, die mit dem Ziel nichts zu tun haben, entscheidend werden, um uns diesem näher zu bringen. Zusammengefasst: Das Ziel heiligt die Mittel, eben nicht. Denn wir sollten uns nur eine Richtung anmaßen, das Ziel zu definieren ist Hybris!



 

mpai

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2748 am: 11.12.2021 22:01 »
Ich bin eigentlich auch kein Freund von Neiddebatten, sehe mich aber dieser leider seit dem Beginn meiner Laufbahn ausgesetzt. Schon als ich noch A7 war, gab es in meinem Umfeld die Vorwürfe, ich wäre überzahlt und Beamte sowieso per se faul….oft wird da was rausgehauen, ohne dass Hintergrundwissen vorhanden ist (z. B. der Mist, ich würde für meine spätere Pension nicht zahlen….oder ich bekäme für Sonn- Feiertags bis zu 200% zusätzlich, statt der knappen 3,40€ die es jetzt tatsächlich sind und damals war das noch weniger). Und dass hier möglicherweise Nicht-Beamte versuchen, verfassungswidrige Lösungen als verfassungskonform zu verkaufen, passt genauso ins Bild, wie der A13er sagen könnte, alles sei aus seiner Sicht nicht so schlimm. Es soll aber auch noch Beamte geben, die nicht A13 bekommen..
Jedenfalls kann und darf Neid keine Argumentation sein, einen verfassungswidrigen Zustand zu befeuern.

Ich glaube übrigens nicht an den dicken Schluck aus der Pulle, sondern denke, dass es (nach noch langer juristischer Auseinandersetzung) eine Hybridlösung geben wird, mit moderater Anhebung der Grundbesoldung i. V. mit Erhöhung familienbezogener Komponenten.

Was Du im ersten Absatz schreibst, kennen wir sicherlich alle. Nach meiner Erfahrung hört man sie je früher desto seltener, je eher man die Absender daran erinnert, dass der öffentliche Dienst allen Deutschen mit weit ausladenden Türen jederzeit offensteht, sofern sie die dafür nötige Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung mitbringen. Je mehr man ihnen dann entsprechend zurät und sie mit den nötigen Informationen über die vielen Sonderrechte von Beamten informiert - wie beispielsweise, dass sich der Beamte niemals Gedanken machen muss, ob es an Streiktagen draußen regnet, dass der Beamte das Glück hat, immer über einen Wohnort in großer Nähe zum Dienstort verfügen zu müssen, was unnötige Wege verhindert, oder dass er sich keine Gedanken über zu viel auszugebendes Geld machen muss, weil der Dienstherr genau darauf achtet, dass dieses nicht gewährt, sondern vielmehr dafür gesorgt wird, dass der Beamte in zuvorkommenster Art und Weise angeleitet von seinem Dienstherrn lernt, sich in einer ungenügenden Finanzlage dauerhaft sicher zurechtzufinden -, desto weniger kommen dann komischerweise solche Bemerkungen, trotz der vielen Vorzüge, die der Beamte zweifelsohne und wie gerade bewiesen hat. Wie sagt ein Freund immer: Alle wollen meine unkündbare Stellung und keiner meinen Job.

Der dicke Schluck aus der Pulle wird tatsächlich nicht kommen, sondern nur eine wieder amtsangemessene Alimentation, für die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine deutliche Erhöhung der Grundgehaltssätze zwingend nötigen sein dürfte. Die aktuelle Gesetzgebung der vor der Tür stehenden Anpassungsgesetze dürfte rechtlich zumeist noch recht bunt ausfallen, die nächste in rund zwei Jahren dürfte bereits von einem deutlich anderen Charakter geprägt sei, schätze ich.
Mit was rechnest du?
5% Erhöhung oder doppelte Familienzuschläge?

LehrerInNRW

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2749 am: 11.12.2021 22:52 »
In meiner einfachen Art, möchte ich das runterbrechen:
Ein Beamter, erhält seine Bezüge. Z.B. A7/4.
Mit Steuerklasse 1, private KV abgezogen, bleiben xxxx,xx netto.
Jetzt heiratet der Beamte, und seine Steuerklasse ist nun die 3 und er erhält den Fam.Zuschlag f. Verheiratete, der Steuerfreibetrag wird erhöht.
Er erhält jetzt xxxx,xx netto, was mehr als in St.Kl. 1 ist.
Jetzt bekommen sie ein Kind.
Die Steuerklasse 3 bleibt, Fami.Zuschlag ist jetzt verh. plus Kind. Steuerlich wird der Grundfreibetrag wiederum erhöht. Dazu erhalten sie Kindergeld für das erste Kind. Dieses Schema lässt sich fortsetzen.
Das Kindergeld erhöht sich ab dem 3. Kind.

Was ich nicht verstanden habe ist: Inwieweit ist das 3. Kind mehr wert, als die ersten zwei (oder das vierte mehr als die ersten 3)?
Welcher Betrag ist angemessen, der sich pro Kind steuerlich, kindergeldrechtlich, Verheirateten/Kinderzuschlag ergibt?
Ist es gewollt, verheirateten mit St.Kl. 3 für den Ehegatten, für die Kinder, soviel "mehr zu geben", dass sich für die Familie als Gesamtheit ein Nettoeinkommen ergibt, welches hochgerechnet dem entspricht, dass die Kinder und der Ehegatte auch dieses "Single-Niveau" leben können? (Im übrigen, auch das Single-Leben fordert da und dort Mehrkosten im Vergleich zum Familienleben).
Wenn das, das Ziel sein soll, wären zuerst zwingend die Kinderzuschläge von der Besoldungsgruppe abhängig zu machen, und zweitens, gleichbewertet für Kind 1 bis Kind (1 + x).

Oder (Achtung!), sollen jetzt Kinder eines A5 genauso viel wert sein, wie die eines A11? Ja?
Dann würden wohl viele, falls möglich, die Zeit zurückdrehen wollen, um ihren Lebensstandard per Kinderanzahl zu erhalten, als durch Ausbildung und Arbeitseinsatz. Es möge uns Alles, was die Macht dafür hat, davor bewahren, dass Merkmale, die mit dem Ziel nichts zu tun haben, entscheidend werden, um uns diesem näher zu bringen. Zusammengefasst: Das Ziel heiligt die Mittel, eben nicht. Denn wir sollten uns nur eine Richtung anmaßen, das Ziel zu definieren ist Hybris!

Swen bitte übernehmen Sie!  ;)


BausD

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2750 am: 12.12.2021 10:10 »

Oder (Achtung!), sollen jetzt Kinder eines A5 genauso viel wert sein, wie die eines A11? Ja?
Dann würden wohl viele, falls möglich, die Zeit zurückdrehen wollen, um ihren Lebensstandard per Kinderanzahl zu erhalten, als durch Ausbildung und Arbeitseinsatz. Es möge uns Alles, was die Macht dafür hat, davor bewahren, dass Merkmale, die mit dem Ziel nichts zu tun haben, entscheidend werden, um uns diesem näher zu bringen. Zusammengefasst: Das Ziel heiligt die Mittel, eben nicht. Denn wir sollten uns nur eine Richtung anmaßen, das Ziel zu definieren ist Hybris!

Ich möchte die Illusion ja nicht nehmen, aber Kinder kosten auch sehr viel Geld. Reich wird durch die Kinderzuschläge niemand… auch nicht der A6 mit 10 Kindern…

Reisinger850

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2751 am: 12.12.2021 10:26 »
Dennoch völlig falsche Motivation. Statt an meiner Karriere zu arbeiten könnte ich also lieber noch mehr ohne Gummi….

Kinder sind halt ein teures Hobby. Ich kriege für meine Hawaii Reise über Sylvester auch keinen Reisezuschlag.

uw147

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2752 am: 12.12.2021 11:01 »

Oder (Achtung!), sollen jetzt Kinder eines A5 genauso viel wert sein, wie die eines A11? Ja?
Dann würden wohl viele, falls möglich, die Zeit zurückdrehen wollen, um ihren Lebensstandard per Kinderanzahl zu erhalten, als durch Ausbildung und Arbeitseinsatz. Es möge uns Alles, was die Macht dafür hat, davor bewahren, dass Merkmale, die mit dem Ziel nichts zu tun haben, entscheidend werden, um uns diesem näher zu bringen. Zusammengefasst: Das Ziel heiligt die Mittel, eben nicht. Denn wir sollten uns nur eine Richtung anmaßen, das Ziel zu definieren ist Hybris!

Ich möchte die Illusion ja nicht nehmen, aber Kinder kosten auch sehr viel Geld. Reich wird durch die Kinderzuschläge niemand… auch nicht der A6 mit 10 Kindern…

Zumal die Zuschläge ja nicht ewig bezahlt werden und sich insbesondere auch nicht auf die Pension auswirken.

WasDennNun

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2753 am: 12.12.2021 11:10 »
Was ich nicht verstanden habe ist: Inwieweit ist das 3. Kind mehr wert, als die ersten zwei (oder das vierte mehr als die ersten 3)?
Das 3. Kind ist nicht mehr wert.
Es ist nur ab dem drittem Kind dem Beamten nicht mehr zuzumuten, für die Grundbedürfnisse des dritten Kindes auf die  familien-neutralen Bestandteile ihres Gehalts zurückzugreifen.
Bis zum Kind 1 und 2 ist dieses jedoch vertretbar.
Das da der Beamte ohne Kinder mehr für sich zur Verfügung hat, als der mit Kinder ist offensichtlich noch um Rahmen der Verfassungsmäßigkeit.
Und wird erst ab Kind drei zu einem Verfassungsbruch.

Also wenn du über Werte redest, dann musst du eher sage: Der Beamte ohne Kinder ist mehr Wert als der mit 1 oder 2 Kinder.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2754 am: 12.12.2021 17:04 »
In meiner einfachen Art, möchte ich das runterbrechen:
Ein Beamter, erhält seine Bezüge. Z.B. A7/4.
Mit Steuerklasse 1, private KV abgezogen, bleiben xxxx,xx netto.
Jetzt heiratet der Beamte, und seine Steuerklasse ist nun die 3 und er erhält den Fam.Zuschlag f. Verheiratete, der Steuerfreibetrag wird erhöht.
Er erhält jetzt xxxx,xx netto, was mehr als in St.Kl. 1 ist.
Jetzt bekommen sie ein Kind.
Die Steuerklasse 3 bleibt, Fami.Zuschlag ist jetzt verh. plus Kind. Steuerlich wird der Grundfreibetrag wiederum erhöht. Dazu erhalten sie Kindergeld für das erste Kind. Dieses Schema lässt sich fortsetzen.
Das Kindergeld erhöht sich ab dem 3. Kind.

Was ich nicht verstanden habe ist: Inwieweit ist das 3. Kind mehr wert, als die ersten zwei (oder das vierte mehr als die ersten 3)?
Welcher Betrag ist angemessen, der sich pro Kind steuerlich, kindergeldrechtlich, Verheirateten/Kinderzuschlag ergibt?
Ist es gewollt, verheirateten mit St.Kl. 3 für den Ehegatten, für die Kinder, soviel "mehr zu geben", dass sich für die Familie als Gesamtheit ein Nettoeinkommen ergibt, welches hochgerechnet dem entspricht, dass die Kinder und der Ehegatte auch dieses "Single-Niveau" leben können? (Im übrigen, auch das Single-Leben fordert da und dort Mehrkosten im Vergleich zum Familienleben).
Wenn das, das Ziel sein soll, wären zuerst zwingend die Kinderzuschläge von der Besoldungsgruppe abhängig zu machen, und zweitens, gleichbewertet für Kind 1 bis Kind (1 + x).

Oder (Achtung!), sollen jetzt Kinder eines A5 genauso viel wert sein, wie die eines A11? Ja?
Dann würden wohl viele, falls möglich, die Zeit zurückdrehen wollen, um ihren Lebensstandard per Kinderanzahl zu erhalten, als durch Ausbildung und Arbeitseinsatz. Es möge uns Alles, was die Macht dafür hat, davor bewahren, dass Merkmale, die mit dem Ziel nichts zu tun haben, entscheidend werden, um uns diesem näher zu bringen. Zusammengefasst: Das Ziel heiligt die Mittel, eben nicht. Denn wir sollten uns nur eine Richtung anmaßen, das Ziel zu definieren ist Hybris!

Es werden nicht Kinder bemessen, sondern deren Bedarf. Und jener ist in der rechtlichen Perspektive jeweils für das erste und zweite Kind sowie jeweils für jedes weitere Kind eines Beamten bzw. einer Beamtenfamlie unterschiedlich. Das jeweils erste und jeweils zweite und jeweils dritte etc. Kind wird dabei im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG gleichbehandelt, sodass der Gleichheitssatz nicht verletzt wird, da nun im Hinblick auf die Familienzuschläge alle Beamte mit einem Kind gleichbehandelt werden und alle Beamte mit zwei Kindern gleichbehandelt werden und alle Beamte mit drei Kindern gleichbehandelt werden (jedenfalls wenn man die bislang von den Ländern tradierte Systematik der Familienzuschläge fortsetzt), während Beamte, die eine unterschiedliche Zahl an Kinder haben, unterschiedlich behandelt werden, was gleichfalls im Sinne des Gleichheitssatzes erfolgt, da wesentlich Ungleiches (zwei Kinder sind mehr als eines) ungleich behandelt wird.

@ mpai
Womit ich rechne, ist, dass es nicht mehr allzu lange dauern wird, dass das Bundesverfassungsgericht eine die derzeitige Rechtsprechung ergänzende Direktive (oder ein entsprechendes Bündel aufeinander verweisender Direktiven) beschließen wird, die es ermöglicht (bzw. ermöglichen), einen Korridor zwischen einer noch amtsangemessenen und einer schon nicht mehr amtsangemessenen Grundbesoldung zu bemessen. Wenn mich nicht alles täuscht, wird dazu in absehbarer Zeit ein diese Ansicht umfassend(er) begründender Beitrag in der ZBR erscheinen, der diese Sichtweise, denke ich, stützen sollte. Um es zu konkretisieren: Ich rechne damit, dass der Grundgehaltssatz in der untersten Besoldungsgruppe zukünftig in den verschiedenen Bundesländern zwischen rund 15 bis über 25 % steigen muss (jedes Bundesland muss dabei jeweils einzeln betrachtet werden), um wieder einen amtsangemessenen Charakter zu erreichen. Dies wird auf Dauer geschehen - unklar ist, was hier "auf Dauer" heißt, weil heute noch nicht abzuschätzen ist, wann die bundesverfassungsgerichtlichen Direktiven so eng gefasst sein werden, dass der Verfassungsbruch, der aus ihrer Nichtbeachtung resultierte, so offensichtlich wäre, dass ihn die Besoldungsgesetzgeber nicht mehr vollziehen können, ohne dabei ihr Gesicht zu verlieren. Denn zwischen einem Verfassungsbruch, der gegeben, aber nur verhältnismäßig schwierig zu erkennen ist, und einem Verfassungsbruch, der gegeben, aber verhältnismäßig einfach zu erkennen ist, besteht rechtlich kein Unterschied, aber politisch.

WasDennNun
Jetzt hast Du es verstanden (wenn es auch weiterhin nicht richtig ist, dass ein Beamter ohne Kinder einen höheren Wert habe als einer mit Kindern, wie ich es oben und auch gestern oder vorgestern dargelegt habe), was zur Folge haben sollte, dass Du davon abrücken solltest, exorbitant hohe Familienzuschläge für Beamte mit bis zu zwei Kindern als rechtens anzusehen. Wenn aber jene exorbitant hohen Familienzuschläge für Beamte mit bis zu zwei Kindern (wie sie Berlin und Thüringen in ihren aktuellen Besoldungsanpassungen vorgenommen haben und unter anderem der Bund es geplant hat und womöglich auch aktuell wieder am planen ist) nicht sachgerecht begründet werden können, bleibt am Ende - ausgehend von der Betrachtung der realitätsgerecht bemessenen Mindestalimenation - rechtlich wenig weiterer Spielraum dafür, die Grundgehaltssätze nicht deutlich erhöhen zu müssen. Auch darauf basiert nun das Ergebnis, wie ich es hier gerade in meiner Antwort an mpai formuliert habe.

xap

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« Antwort #2755 am: 12.12.2021 17:32 »
Danke Swen,

und ich befürchte man wird einfach weiter gesamte Ämter abschaffen, um den Abstand herzustellen. Wie zuletzt wieder in einigen Bundesländern geschehen. Irgendwann existiert auch der mD nicht mehr auf dem Papier, bestehende Beamtenverhältnisse werden in höhere Ämter überführt. Und im Zweifel schafft man die Laufbahngruppen einfach ab und verlangt auch für zuvor im mD verortete Tätigkeiten ein Abitur bzw. Studium wie in einigen Bundesländern bei der Polizei und ordnet diese dem gD zu.


SwenTanortsch

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« Antwort #2756 am: 12.12.2021 17:53 »
Danke Swen,

und ich befürchte man wird einfach weiter gesamte Ämter abschaffen, um den Abstand herzustellen. Wie zuletzt wieder in einigen Bundesländern geschehen. Irgendwann existiert auch der mD nicht mehr auf dem Papier, bestehende Beamtenverhältnisse werden in höhere Ämter überführt. Und im Zweifel schafft man die Laufbahngruppen einfach ab und verlangt auch für zuvor im mD verortete Tätigkeiten ein Abitur bzw. Studium wie in einigen Bundesländern bei der Polizei und ordnet diese dem gD zu.

Gern geschenen, xap.

Das von Dir beschriebene Vorgehen führt genauso wie die exorbitant hohen Familienzuschläge direkt in den verfassungswidrigen Zustand, da es ebenfalls zu einer Verletzung des Gleichheitssatzes führt (das wiederum wird, wenn ich es nicht gänzlich falsch sehe, in absehbarer Zeit in einem Beitrag in DÖV umfassender dargelegt und begründet). Ich halte es ebenfalls für sehr wahrscheinlich, dass in den zu erwartenden Novellierungen der Besoldungsanpassungsgesetze genau eine solche Entscheidung von einigen Bundesländer gewählt werden wird - da das Ergebnis aber ebenfalls ein verfassungswidriges sein wird (auch hier wird das Abstandsgebot verletzt und i.d.R. gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen), werden alle jene Gesetze zukünftig vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig betrachtet werden.

WasDennNun

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« Antwort #2757 am: 12.12.2021 19:29 »
WasDennNun
Jetzt hast Du es verstanden
Nö, das ist schon länger mein Wissensstand. Aber freut mich , dass ich dir zeigen konnte was mein Wissenstand ist.

Zitat
(wenn es auch weiterhin nicht richtig ist, dass ein Beamter ohne Kinder einen höheren Wert habe als einer mit Kindern, wie ich es oben und auch gestern oder vorgestern dargelegt habe),
Der leicht ironische Unterton ist da leider nicht formulierbar gewesen.
Zitat
was zur Folge haben sollte, dass Du davon abrücken solltest, exorbitant hohe Familienzuschläge für Beamte mit bis zu zwei Kindern als rechtens anzusehen. Wenn aber jene exorbitant hohen Familienzuschläge für Beamte mit bis zu zwei Kindern (wie sie Berlin und Thüringen in ihren aktuellen Besoldungsanpassungen vorgenommen haben und unter anderem der Bund es geplant hat und womöglich auch aktuell wieder am planen ist) nicht sachgerecht begründet werden können, bleibt am Ende - ausgehend von der Betrachtung der realitätsgerecht bemessenen Mindestalimenation - rechtlich wenig weiterer Spielraum dafür, die Grundgehaltssätze nicht deutlich erhöhen zu müssen. Auch darauf basiert nun das Ergebnis, wie ich es hier gerade in meiner Antwort an mpai formuliert habe.
Was mich zum lächeln bringt, ist dieses schöne logische, soziologische und mathematische Paradoxon, das ein Familienzuschlag x € für Kind 3 verfassungskonform ist.
Während es ein exobitanter Familienzuschlag ist und deiner Meinung nach verfassungswidriger sein dürfte,
wenn man y = 50% von x € als Familienzuschlag für Kind 1 und 2 vorsieht.

Der Grundbedarf dieser Kinder dürfte nicht in einem solchem Maßstab differieren.

Und ich gebe da nicht die Hoffnung auf, dass es dafür eine Verfassungskonforme Lösung gibt.
Die für alle verständlich ist und dazu führt, dass alle Beamte mit gleiche Besoldungsgruppe und Stufe eine annähernd gleiche Nettoentlohnung für sich zur Verfügung haben.
Unabhängig von ihrem Kinderstatus etc.

Warum das kein gutes Ziel ist, erschließt sich mir nicht, aber dies ist ja von fast allen die hier schreiben nicht gewünscht.


Wie man es erreichen könnte: Sei es durch Grundgesetz Änderung oder einer sauber begründeten, komplettem Auf-dem-Kopf-Stellen der offensichtlich defekten Besoldungssystematik.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2758 am: 12.12.2021 19:41 »
WasDennNun
Jetzt hast Du es verstanden
Nö, das ist schon länger mein Wissensstand. Aber freut mich , dass ich dir zeigen konnte was mein Wissenstand ist.

Zitat
(wenn es auch weiterhin nicht richtig ist, dass ein Beamter ohne Kinder einen höheren Wert habe als einer mit Kindern, wie ich es oben und auch gestern oder vorgestern dargelegt habe),
Der leicht ironische Unterton ist da leider nicht formulierbar gewesen.
Zitat
was zur Folge haben sollte, dass Du davon abrücken solltest, exorbitant hohe Familienzuschläge für Beamte mit bis zu zwei Kindern als rechtens anzusehen. Wenn aber jene exorbitant hohen Familienzuschläge für Beamte mit bis zu zwei Kindern (wie sie Berlin und Thüringen in ihren aktuellen Besoldungsanpassungen vorgenommen haben und unter anderem der Bund es geplant hat und womöglich auch aktuell wieder am planen ist) nicht sachgerecht begründet werden können, bleibt am Ende - ausgehend von der Betrachtung der realitätsgerecht bemessenen Mindestalimenation - rechtlich wenig weiterer Spielraum dafür, die Grundgehaltssätze nicht deutlich erhöhen zu müssen. Auch darauf basiert nun das Ergebnis, wie ich es hier gerade in meiner Antwort an mpai formuliert habe.
Was mich zum lächeln bringt, ist dieses schöne logische, soziologische und mathematische Paradoxon, das ein Familienzuschlag x € für Kind 3 verfassungskonform ist.
Während es ein exobitanter Familienzuschlag ist und deiner Meinung nach verfassungswidriger sein dürfte,
wenn man y = 50% von x € als Familienzuschlag für Kind 1 und 2 vorsieht.

Der Grundbedarf dieser Kinder dürfte nicht in einem solchem Maßstab differieren.

Und ich gebe da nicht die Hoffnung auf, dass es dafür eine Verfassungskonforme Lösung gibt.
Die für alle verständlich ist und dazu führt, dass alle Beamte mit gleiche Besoldungsgruppe und Stufe eine annähernd gleiche Nettoentlohnung für sich zur Verfügung haben.
Unabhängig von ihrem Kinderstatus etc.

Warum das kein gutes Ziel ist, erschließt sich mir nicht, aber dies ist ja von fast allen die hier schreiben nicht gewünscht.


Wie man es erreichen könnte: Sei es durch Grundgesetz Änderung oder einer sauber begründeten, komplettem Auf-dem-Kopf-Stellen der offensichtlich defekten Besoldungssystematik.

Es liegen zwei präzise aktuelle Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vor, die den wiederkehrenden Unsinn, den Du hier nun doch ein weiteres Mal wie gehabt schreibst, nicht benötigen. Hab also weiterhin viel Spaß beim Weiterschreiben des ewig gleichen Unsinns. Und das Schöne ist, Du hast jetzt hier das letzte Wort.

Rentenonkel

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2759 am: 13.12.2021 08:50 »
Ich verstehe - stark vereinfacht ausgedrückt und nicht so juristisch sauber wie Sven - die Situation wie folgt:

Entweder ist dem Beamten zuzumuten, mit (Teilen) seiner Besoldung auch den Bedarf für seine Ehefrau und seine beiden Kinder zu decken oder er ist es nicht. Für den Fall, dass der Beamte mit seiner Grundbesoldung das muss, muss auch der kleinste Beamte dazu in der Lage sein. Daher muss auch diese Besoldung spürbar über dem Grundsicherungsniveau liegen und nach dem Abstandsgebot auch alle darüber liegenden Besoldungen spürbar über der des kleinsten Beamten.

Oder der Beamte muss das nicht können, dann müssten nicht nur die Familienzuschläge ab Kind 3 den kompletten Bedarf des Familienangehörigen decken, sondern auch die Zuschläge für Kind 1 und Kind 2.

Wenn jetzt lediglich die Familienzuschläge für die ersten beiden Kinder angehoben werden, obwohl der Beamte eigentlich in der Lage sein sollte, mit seiner Grundbesoldung die Familie zu versorgen, und nur dadurch eine verfassungskonforme Besoldung erreicht werden kann, wirft das die Frage auf, ob das AMT SELBST dann noch ausreichend alimentiert wird. Bei zu hohen, kindbezogenen Bezügen für KIND 1 UND KIND 2 handelt es sich daher um einen Verstoß gegen das hier vielfach zitierte Fertalitätsprinzip. 

Der Frage, ob der Beamte tatsächlich verheiratet ist oder Kinder hat, darf in der Bemessung der Besoldung dann nur noch eine ungeordnete Rolle spielen.

Man kann sicherlich argumentieren, dass die Grundbesoldung nur noch für den Beamten und den Ehegatten ausreichend sein soll. Dann müsste in letzter Konsequenz allerdings der Familienzuschlag für Kind 1 und Kind 2 sich auch an dem tatsächlichen Bedarf orientieren und müsste in etwa die gleiche Höhe haben wie ab Kind 3. Das dürfte sicherlich teurer sein als alle anderen möglichen Lösungen. 

Neben der Tatsache, dass das Grundgehalt angepasst werden muss, gab es ja schon verschiedene Ideen, wie die Vorgaben des BVerfG umgesetzt werden können. Ich hatte schon vor geraumer Zeit die Möglichkeiten, die mir über den Weg gelaufen sind, skizziert.

Es muss also nicht ausschließlich auf eine (hier vielfach auch von kinderlosen erhoffte) allgemeine Erhöhung des Grundgehaltes hinauslaufen. Denkbar sind bspw auch Anpassungen in der Beihilfe (höher Beihilfesätze) oder Zahlungen von "Ortszuschlägen" (es wurde in der Vorlage des Bundes anders genannt, mir fällt der Begriff jedoch nicht mehr ein) abhängig vom Wohnort in Anlehnung an die Wohngeldtabelle.

Die Gefahr, die jetzt von der Anhebung der Familienzuschläge für Kind 1 und 2 ausgeht, ist aus meiner Sicht offenkundig: Wenn das BVerfG diese Regelung irgendwann kassiert, müssen zusätzlich zum bereits erhöhten Familienzuschlag weitere Anpassungen vorgenommen werden, um das AMT amtsangemessen zu besolden.

Wichtig wird daher der regelmäßige Einspruch gegen die Besoldung wohl noch einige Jahre bleiben ...