Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 1489271 times)

xap

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2790 am: 14.12.2021 22:55 »
Klingt für mich ein wenig als wäre man Kunde beim Jobcenter, der sämtliches Finanzielle der Bedarfsgemeinschaft offenzulegen hat, um seine Miete zahlen zu können. Das ent ehrt nicht einer gewissen Ironie.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2791 am: 14.12.2021 23:44 »
Aus der Stellenausschreibung eines nördlichen Bundeslandes, dessen progressive Regierung Vorbild für eine Politik ist, die schon heute grundlegend ans gestern denkt:

"Wir sind die attraktive Alternative für junge unverheiratete Beamtenanwärterinnen und Beamtenanwärter, denen wir hier an Deutschlands schöner Küste eine Zukunft Ihrer und unserer Träume versprechen. Denn wir haben nicht nur Sie, sondern auch Ihre Familienplanung im Blick und versprechen Ihnen, dass wir zu ihrem Besten nicht nur das Leistungsprinzip nicht mehr gebrauchen können, sondern es durch unser neues Fertilitätsprinzip ersetzen, damit unsere Zukunft Ihre Kinder werden sollen. Deshalb gewähren wir nicht nur ein zur Geografie unseres schönen Landes passendes Grundgehalt, das also übersichtlich gestaltet ist, sondern ebenso steile Familienzuschläge, mittels derer wir nicht mehr so auf ihre dienstliche Leistung achten wollen, sondern im Sinne eines modernen Fertilitätsprinzips Ihnen die Basis für ein schönes Familienleben im Sinne einer attraktiven Work-Life-Balance garantieren. Deswegen stellen wir dem in unserem Land verfassungsrechtlich garantierten Fertilitätsprinzip nach einer allseits beachteten Dienstrechtsreform nun neuerdings auch noch das Matrimonialprinzip zur Seite, da wir Ihnen garantieren, dass wir das Alimentationsprinzip aller unserer Beamtinnen und Beamten jederzeit beachten, sofern es sich bei ihnen um Ehepaare handelt. Deshalb haben wir einzigartig in Deutschland unsere Personalabteilungen um Eheanbahninstitute zur beamtlichen Vereinigung ergänzt und garantieren Ihnen, sofern Sie bereits gegebenenfalls mit einem Menschen, der keinem Dienstverhältnis unterliegt, verheiratet sein sollten, die Kostenübernahme für Ihre Scheidungsanwältin oder Ihren Scheidungsanwalt. Sofern Sie allerdings ein außerdienstliches Eheverhältnis aufrechterhalten oder ggf. anstreben sollten, garantieren wir Ihnen darüber hinaus auch noch, dass Ihr*e derzeitige*r oder zukünftige*r Ehepartner*in liebevoll in Ihrem Heim jederzeit auf Sie warten wird und Ihr Eheleben keinem Stress durch deren oder dessen zusätzlicher Erwerbsarbeit ausgesetzt werden wird, da Sie beide recht bald schon erleben und erfahren werden, dass Erwerbsarbeit in unserem schönen Küstenland nicht immer zu Ihrem und dem Vorteil Ihrer Ehe sein muss, aber uns, die wir - wie diese Zeilen belegen - uns gewissenhaft um Ihr Familienleben sorgen und kümmern, einen kleinen Vorteil verschafft, den Sie aber problemlos ausgleichen können, indem Sie schon jetzt und zukünftig ebenfalls viele kleine Vorteile in die Welt setzen. Alle guten Dinge wollen nicht nur Weile haben, sondern aller guten Dinge sind auch mindestens drei. Ihr familienfreundliches Küstenland mit dem zeitgemäßen Familienmodell"

clarion

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2792 am: 15.12.2021 00:17 »
Danke Swen, made May Day....

Es kann wohl kaum verfassungsrechtlich geboten sein, dass der oder die Lebenspartner* in sich nackig machen muss, um zu klären, inwieweit  ein Verheiratenzuschlag gewährt werden muss, um eine amtsangemessene Alimentation des Partners zu gewährleisten. Und es würde bedeuten, dass es gar keine monetären Sinn macht, wenn die Partnerin oder der Partner arbeiten geht. Also muss die Besoldung schon mal so bemessen  sein, dass zwei Erwachsene amtsangemessen alimentiert werden.

Kinder kann man natürlich vor die Klammer ziehen und bereits ab dem ersten Kind mit Zuschlägen arbeiten. Es müsste aber bei jedem Kind Netto dasselbe sein, so dass die Brutto-Besoldung nach dem Amt und sogar nach dem individuellen Steuersatz gestaffelt ist. Das gäbe sicherlich treffliche Gerechtigkeitsdiskussionen und wird zum bürokratischen Monstrum.

Woldemar

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2793 am: 15.12.2021 01:42 »
Was wäre eigentlich die Folge, sofern sich ein entsprechendes Familienmodell - also das "Zwei-Verdiener-Modell" - als im Hinblick auf die davon betroffenen Beamten als "zeitgemäß" erwiese? Nehmen wir uns ohne Anspruch auf Vollständigkeit mal ein paar zu betrachtende Stränge der Thematik vor:

I. Zunächst einmal würde es den Ehepartner von verheirateten Beamten mit (zwei) Kindern deutlich erschweren, zum Familieneinkommen beizutragen, da deren entsprechender Beitrag (a) mindestens ab bzw. (b) bis zu einer bestimmten Höhe negativ auf die Alimentation des betroffenen Beamten anzurechnen wäre. Dass das gleichheitsgerecht möglich sein sollte, halte ich für eher kaum bis gar nicht begründbar, da nun (c) Ehepartner von Beamten anders behandelt werden würden (die Beamtenehepaare würden (d) weitgehend der sozialen Sicherung unterworfenen Ehepaaaren gleichgestellt werden) als Ehepartner von Arbeitnehmern; der besondere ökonomische Schutz, dem die Beamtenfamilie, ausgehend aus dem besonderen Gewaltverhältnis, unterliegt, würde (e) so allerdings ins Gegenteil verkehrt. Ich kann mir micht vorstellen, dass es hierfür eine verfassungerechtlich Bestand haben sollende - also sachgerechte - Begründung geben könnte.

II. Denn inwiefern sollte (a) dann und (b) darüber hinaus eine entsprechende Betrachtung nur auf die Einkünfte aus abhängiger Arbeit des Ehepartners angewendet werden. Was wäre (c) demtentsprechend mit weiteren Kapitaleinkünften der Familie als Zugewinngemeinschaft wie Mieteinnahmen oder Aktiengewinne; sollten jene (d) ebenfalls als Teil des Familieneinkommens zur Betrachtung herangezogen werden, zumindest (e) zu 50 %, da wir auch diesbezüglich von einer Zugewinngemeinschaft ausgehen müssen? Wie wäre (f) der Vergleichstatus, wenn der Ehepartner nicht ein abhängig Beschäftigter wäre, sondern wenn es sich bei dem Ehepaar um zwei Beamte handelt? Würde in diesem Fall (g) die amtsangemessene Alimentation nur für einen der beiden garantiert sein - oder würden beiden (h) amtsangemessen alimentiert werden, was bedeutete, dass (i) Ehen zweier Beamter anders betrachtet werden müssten als Ehen zwischen einem Beamten und einem Nicht-Beamten.

III. Auch stellte sich die Frage, da weiterhin Männer (a) sowohl über eine höhere Erwerbsquote verfügen als auch (b) deutlich seltener als Frauen in Teilzeit beschäftigt sind, ob eine entsprechende Regelung nicht genau das Gegenteil dessen befördern würde, was (c) eigentlich gesellschaftlich nicht nur gefördert werden soll, sondern (d) im Hinblick auf den in den nächsten Jahrzehnten noch weiter zunehmenden Fachkräftemangel sicherlich gesellschaftlich auch dringend nötig sein dürfte, dass nämlich (e) Frauen deutlich stärker als in der Vergangenheit der Erwerbsarbeit nachgehen. Wenn allerdings die Erwerbsarbeit für Ehepartner von Beamten nicht voll auf das Familieneinkommen durchschlägt, dann sollte das jenen erwünschten Zielen (f) kaum zuträglich sein - unabhängig von der jeweils zu beachtenden Rechtslage, die darüber hinaus noch einmal die Besonderheiten des Beamtenrechts besonders zu beachten hat.

Betrachtet man also ein entsprechend "zeitgemäßes" Familienmodell als "Zwei-Verdiener-Modell" unter einem solchen Fokus, dann bleibt m.E. nicht unendlich viel "Zeitgemäßheit", sondern vielmehr nur das Durchscheinen des wiederkehrend nicht zu übersehenden Zwecks, nämlich Personalkosten einsparen zu wollen - und ich gehe davon aus, dass es noch ein paar weitere Haken für die "Begründetheit" geben dürfte, da wir uns in die eigentlichen Tiefen des Beamtenrechts noch gar nicht vorgewagt haben. Wer also ein entsprechend "zeitgemäßes" Familienmodell entwickeln wollte, sollte sich vielleicht erst einmal mit Nietzsches vier Unzeitgemäßen Betrachtungen beschäftigen, da wäre er dann eventuell näher am Thema dran. Nicht umsonst ist der aktuelle Schleswig-Holsteinische Gesetzentwurf eine weiteres Mal über eine weitgehend nur beschreibende Darlegung nicht hinausgekommen und kann also nicht einmal in Ansätzen als sachgerecht begriffen werden.

I) Ist doch heute schon so. Rein auf die Alimentation bezogen entfällt z.B. die Beihilfe ab einem gewissen Einkommen des Partners. In gleicher Weise stellt das Ehegattensplitting ein Hemmnis dar. Auf die persönlichen Umstände abgestellt, gälte es zwei Kinder betreuen zu lassen, während beide Ehepartner ihrer Erwerbsarbeit nachgehen. Das kostet zum einen wieder Geld (das der Partner erstmal verdienen muss, bevor für die Familie etwas übrig bleibt) und ist zum anderen meist schlicht nicht in dem benötigten Umfang möglich. Von der Frage, wer sich dann in absentia um den Haushalt kümmert, einmal ganz zu schweigen.
Wenn ich so darüber nachdenke, kenne ich auch nicht ein Elternpaar bei dem beide Vollzeit arbeiten, das nicht gleichzeitig "Familie" in der Nähe hat, die sie unterstützt.

Aber natürlich könnte man die "Zuverdienstgrenze" staffeln, also pro tatsächlich vorhandenem Kind die Freibeträge erhöhen und analog zum Vorgehen bei der Grundsicherung einen Teil des Einkommens anrechnungsfrei stellen. Richtig austariert "lohnt" es sich für die Familie, während der Dienstherr gleichzeitig etwas Geld spart.
Ich sehe da erst einmal kein Ausschlusskriterium.

II) Vorlage der Einkommensteuerbescheinigung (und Verpflichtung eine Erklärung abzugeben). Da steht dann auch alles an Einkommen (Lohn, Sold, Mieterträge, Kapitaleinkünfte, etc.) drin.
Wenn beide Beamte sind, ändert das nichts an der Alimentation der Familie - woher das Geld kommt spielt doch keine Rolle. Da müssten sich allenfalls die verschiedenen Dienstherren darauf verständigen, wen genau die Pflicht trifft dafür aufzukommen (z.B. den, dessen Beamter mehr verdient) . Aber auch das ist doch heute schon so beim Familienzuschlag, den derjenige erhält, der auch das Kindergeld bekommt.

III) Siehe I), es gibt unbestritten systemimmanente Hemmnisse, die es dem Partner in einer Ehe mit Kinder erschweren zum Familieneinkommen beizutragen und die treffen überwiegend die Frauen. Das ist aber kein originäres Problem der Beamten.
Die Bemühung den Ehepartner als "Fachkraft" in Arbeit zu bringen, würde im Übrigen wohl auch eher dauerhaft konterkariert, wenn man die Alimentation des bisherigen Alleinverdieners um 20% erhöht, anstatt diese Erhöhung auf einen zeitlich begrenzten Lebensabschnitt zu beschränken.

WasDennNun

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2794 am: 15.12.2021 06:36 »
Kinder kann man natürlich vor die Klammer ziehen und bereits ab dem ersten Kind mit Zuschlägen arbeiten. Es müsste aber bei jedem Kind Netto dasselbe sein, so dass die Brutto-Besoldung nach dem Amt und sogar nach dem individuellen Steuersatz gestaffelt ist. Das gäbe sicherlich treffliche Gerechtigkeitsdiskussionen und wird zum bürokratischen Monstrum.
Ein Bürokratisches Monstrum sehe ich da nur wenn man es nicht mit Mathematik und sauber erhobener Datenlage versucht.
Wo soll bürokratisch gesehen denn die Schwierigkeit sein, die Nettobedürftigkeit zu ermitteln.
btw die muss ja ab Kind1 sowieso ermittelt werden um den Prüfkriterien zu genügen.
Das Brutto was dann ausgezahlt werden muss ist ja nur eine einfache Formel mit ein paar Parameter bzgl. der aktuellen Situation des Beamten.
Das muss ab Kind3 ja sowieso errechnet werden, wenn man verfassungskonform Alimentieren will.

Und dass dann alle Beamte das gleiche Netto für sich haben, kann doch keine Gerechtigkeitsdiskussion bei klar denkenden Menschen auslösen.

boysetsfire

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2795 am: 15.12.2021 08:04 »
Aus der Stellenausschreibung eines nördlichen Bundeslandes, dessen progressive Regierung Vorbild für eine Politik ist, die schon heute grundlegend ans gestern denkt:

"Wir sind die attraktive Alternative für junge unverheiratete Beamtenanwärterinnen und Beamtenanwärter, denen wir hier an Deutschlands schöner Küste eine Zukunft Ihrer und unserer Träume versprechen. Denn wir haben nicht nur Sie, sondern auch Ihre Familienplanung im Blick und versprechen Ihnen, dass wir zu ihrem Besten nicht nur das Leistungsprinzip nicht mehr gebrauchen können, sondern es durch unser neues Fertilitätsprinzip ersetzen, damit unsere Zukunft Ihre Kinder werden sollen. Deshalb gewähren wir nicht nur ein zur Geografie unseres schönen Landes passendes Grundgehalt, das also übersichtlich gestaltet ist, sondern ebenso steile Familienzuschläge, mittels derer wir nicht mehr so auf ihre dienstliche Leistung achten wollen, sondern im Sinne eines modernen Fertilitätsprinzips Ihnen die Basis für ein schönes Familienleben im Sinne einer attraktiven Work-Life-Balance garantieren. Deswegen stellen wir dem in unserem Land verfassungsrechtlich garantierten Fertilitätsprinzip nach einer allseits beachteten Dienstrechtsreform nun neuerdings auch noch das Matrimonialprinzip zur Seite, da wir Ihnen garantieren, dass wir das Alimentationsprinzip aller unserer Beamtinnen und Beamten jederzeit beachten, sofern es sich bei ihnen um Ehepaare handelt. Deshalb haben wir einzigartig in Deutschland unsere Personalabteilungen um Eheanbahninstitute zur beamtlichen Vereinigung ergänzt und garantieren Ihnen, sofern Sie bereits gegebenenfalls mit einem Menschen, der keinem Dienstverhältnis unterliegt, verheiratet sein sollten, die Kostenübernahme für Ihre Scheidungsanwältin oder Ihren Scheidungsanwalt. Sofern Sie allerdings ein außerdienstliches Eheverhältnis aufrechterhalten oder ggf. anstreben sollten, garantieren wir Ihnen darüber hinaus auch noch, dass Ihr*e derzeitige*r oder zukünftige*r Ehepartner*in liebevoll in Ihrem Heim jederzeit auf Sie warten wird und Ihr Eheleben keinem Stress durch deren oder dessen zusätzlicher Erwerbsarbeit ausgesetzt werden wird, da Sie beide recht bald schon erleben und erfahren werden, dass Erwerbsarbeit in unserem schönen Küstenland nicht immer zu Ihrem und dem Vorteil Ihrer Ehe sein muss, aber uns, die wir - wie diese Zeilen belegen - uns gewissenhaft um Ihr Familienleben sorgen und kümmern, einen kleinen Vorteil verschafft, den Sie aber problemlos ausgleichen können, indem Sie schon jetzt und zukünftig ebenfalls viele kleine Vorteile in die Welt setzen. Alle guten Dinge wollen nicht nur Weile haben, sondern aller guten Dinge sind auch mindestens drei. Ihr familienfreundliches Küstenland mit dem zeitgemäßen Familienmodell"
Ganz schön traurig, wenn es nicht so witzig wäre....   :'(

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2796 am: 15.12.2021 09:51 »
Was wäre eigentlich die Folge, sofern sich ein entsprechendes Familienmodell - also das "Zwei-Verdiener-Modell" - als im Hinblick auf die davon betroffenen Beamten als "zeitgemäß" erwiese? Nehmen wir uns ohne Anspruch auf Vollständigkeit mal ein paar zu betrachtende Stränge der Thematik vor:

I. Zunächst einmal würde es den Ehepartner von verheirateten Beamten mit (zwei) Kindern deutlich erschweren, zum Familieneinkommen beizutragen, da deren entsprechender Beitrag (a) mindestens ab bzw. (b) bis zu einer bestimmten Höhe negativ auf die Alimentation des betroffenen Beamten anzurechnen wäre. Dass das gleichheitsgerecht möglich sein sollte, halte ich für eher kaum bis gar nicht begründbar, da nun (c) Ehepartner von Beamten anders behandelt werden würden (die Beamtenehepaare würden (d) weitgehend der sozialen Sicherung unterworfenen Ehepaaaren gleichgestellt werden) als Ehepartner von Arbeitnehmern; der besondere ökonomische Schutz, dem die Beamtenfamilie, ausgehend aus dem besonderen Gewaltverhältnis, unterliegt, würde (e) so allerdings ins Gegenteil verkehrt. Ich kann mir micht vorstellen, dass es hierfür eine verfassungerechtlich Bestand haben sollende - also sachgerechte - Begründung geben könnte.

II. Denn inwiefern sollte (a) dann und (b) darüber hinaus eine entsprechende Betrachtung nur auf die Einkünfte aus abhängiger Arbeit des Ehepartners angewendet werden. Was wäre (c) demtentsprechend mit weiteren Kapitaleinkünften der Familie als Zugewinngemeinschaft wie Mieteinnahmen oder Aktiengewinne; sollten jene (d) ebenfalls als Teil des Familieneinkommens zur Betrachtung herangezogen werden, zumindest (e) zu 50 %, da wir auch diesbezüglich von einer Zugewinngemeinschaft ausgehen müssen? Wie wäre (f) der Vergleichstatus, wenn der Ehepartner nicht ein abhängig Beschäftigter wäre, sondern wenn es sich bei dem Ehepaar um zwei Beamte handelt? Würde in diesem Fall (g) die amtsangemessene Alimentation nur für einen der beiden garantiert sein - oder würden beiden (h) amtsangemessen alimentiert werden, was bedeutete, dass (i) Ehen zweier Beamter anders betrachtet werden müssten als Ehen zwischen einem Beamten und einem Nicht-Beamten.

III. Auch stellte sich die Frage, da weiterhin Männer (a) sowohl über eine höhere Erwerbsquote verfügen als auch (b) deutlich seltener als Frauen in Teilzeit beschäftigt sind, ob eine entsprechende Regelung nicht genau das Gegenteil dessen befördern würde, was (c) eigentlich gesellschaftlich nicht nur gefördert werden soll, sondern (d) im Hinblick auf den in den nächsten Jahrzehnten noch weiter zunehmenden Fachkräftemangel sicherlich gesellschaftlich auch dringend nötig sein dürfte, dass nämlich (e) Frauen deutlich stärker als in der Vergangenheit der Erwerbsarbeit nachgehen. Wenn allerdings die Erwerbsarbeit für Ehepartner von Beamten nicht voll auf das Familieneinkommen durchschlägt, dann sollte das jenen erwünschten Zielen (f) kaum zuträglich sein - unabhängig von der jeweils zu beachtenden Rechtslage, die darüber hinaus noch einmal die Besonderheiten des Beamtenrechts besonders zu beachten hat.

Betrachtet man also ein entsprechend "zeitgemäßes" Familienmodell als "Zwei-Verdiener-Modell" unter einem solchen Fokus, dann bleibt m.E. nicht unendlich viel "Zeitgemäßheit", sondern vielmehr nur das Durchscheinen des wiederkehrend nicht zu übersehenden Zwecks, nämlich Personalkosten einsparen zu wollen - und ich gehe davon aus, dass es noch ein paar weitere Haken für die "Begründetheit" geben dürfte, da wir uns in die eigentlichen Tiefen des Beamtenrechts noch gar nicht vorgewagt haben. Wer also ein entsprechend "zeitgemäßes" Familienmodell entwickeln wollte, sollte sich vielleicht erst einmal mit Nietzsches vier Unzeitgemäßen Betrachtungen beschäftigen, da wäre er dann eventuell näher am Thema dran. Nicht umsonst ist der aktuelle Schleswig-Holsteinische Gesetzentwurf eine weiteres Mal über eine weitgehend nur beschreibende Darlegung nicht hinausgekommen und kann also nicht einmal in Ansätzen als sachgerecht begriffen werden.

I) Ist doch heute schon so. [1.] Rein auf die Alimentation bezogen entfällt z.B. die Beihilfe ab einem gewissen Einkommen des Partners. In gleicher Weise stellt das Ehegattensplitting ein Hemmnis dar. Auf die persönlichen Umstände abgestellt, gälte es zwei Kinder betreuen zu lassen, während beide [2.] Ehepartner ihrer Erwerbsarbeit nachgehen. Das kostet zum einen wieder Geld (das der Partner erstmal verdienen muss, [3.] bevor für die Familie etwas übrig bleibt) und ist zum anderen meist schlicht nicht in dem benötigten Umfang möglich. Von der Frage, wer sich dann in absentia um den Haushalt kümmert, einmal ganz zu schweigen.
Wenn ich so darüber nachdenke, kenne ich auch nicht ein Elternpaar bei dem beide Vollzeit arbeiten, das nicht gleichzeitig "Familie" in der Nähe hat, die sie unterstützt.

Aber natürlich könnte man die "Zuverdienstgrenze" staffeln, also pro tatsächlich vorhandenem Kind die [4.] Freibeträge erhöhen und [5.] analog zum Vorgehen bei der Grundsicherung einen Teil des Einkommens anrechnungsfrei stellen. Richtig austariert "lohnt" es sich für die Familie, während der Dienstherr gleichzeitig etwas Geld spart.
Ich sehe da erst einmal kein Ausschlusskriterium.

II) Vorlage der Einkommensteuerbescheinigung (und Verpflichtung eine Erklärung abzugeben). Da steht dann auch alles an Einkommen (Lohn, Sold, Mieterträge, Kapitaleinkünfte, etc.) drin.
Wenn beide Beamte sind, ändert das nichts an der [1] Alimentation der Familie - [2] woher das Geld kommt spielt doch keine Rolle. Da müssten sich allenfalls die verschiedenen Dienstherren darauf verständigen, wen genau die Pflicht trifft dafür aufzukommen (z.B. den, dessen Beamter mehr verdient) . Aber auch das ist doch heute schon so beim [3] Familienzuschlag, den derjenige erhält, der auch das Kindergeld bekommt.

III) Siehe I), es gibt unbestritten systemimmanente Hemmnisse, die es dem Partner in einer Ehe mit Kinder erschweren zum Familieneinkommen beizutragen und die treffen überwiegend die Frauen. [1] Das ist aber kein originäres Problem der Beamten.
[2] Die Bemühung den Ehepartner als "Fachkraft" in Arbeit zu bringen, würde im Übrigen wohl auch eher dauerhaft konterkariert, wenn man die Alimentation des bisherigen Alleinverdieners um 20% erhöht, anstatt diese Erhöhung auf einen zeitlich begrenzten Lebensabschnitt zu beschränken.

Ich habe Deine Darlegungen jetzt mal mittels Buchstaben untergliedert:

I) 1) Das Ausschlusskriterium liegt unter anderem darin, dass Du verschiedene Rechtscharaktere wie einen behandelst und dadurch, dass Du sie über einen Kamm scherst, eben zu dem Schluss kommst, zu dem Du kommst: Die Beihilfe ist nicht Teil der Besoldung, sondern nur bei der Beachtung des Alimentationsprinzips als deren mit zu beachtender Teil mit hinzuzuziehen; sie kann also rechtlich anders behandelt werden als ein Teil der Bruttobesoldung. Insofern führt der von Dir angestellte Vergleich nicht weiter, weil er Äpfel mit Birnen vergleicht. 2) Beamtinnen und Beamte gehen keiner Erwerbsarbeit nach, sondern stehen in einem Dienstverhältnis mit je eigenen Rechtsverhältnissen, die unter anderem aus dem Treue- und Alimentationsprinzip abzuleiten sind. Art. 6 Abs. 1 GG bekommen so eine andere Qualität als im Hinblick auf Ehen und Familien, die nicht unter dem Gesichtspunkt des Dienstverhältnisses stehen. Auch das müsste mit Blick auf die Begründetheit beachtet werden. 3) Die Familie wird bei Beamten ebenfalls alimentiert, was in einem Arbeitnehmerverhältnis nicht der Fall ist; auch das ist im Hinblick auf die Möglichkeit der Begründetheit zu beachten. 4) Freibeträge sind ein steuerliches Mittel, da nun wiederum Beamte steuerrechtlich nicht anders behandelt werden (jedenfalls nicht im Hinblick auf steuerliche Freibeträge mit Blick auf die Familie), kann ihnen zumindest steuerrechtlich keine Freibetrag eingeräumt werden, der dann nicht auch anderen Verheirateten zu gewähren wäre. 5) Zwischen Grundsicherung und Alimentation besteht ein qualitativer Unterschied, der sich aus den verschiedenen Rechtsverhältnissen ergibt, in denen die jeweiligen Personen zum Staat stehen: Die einen sind von der Gewährung der staatlichen Grundsicherung Abhängige, die andere befinden sich in einem auf gegenseitige Treue angelegten Dienstverhältnis; Analogien zwischen beiden unterschiedlichen Rechtsverhältnisse sind möglich, Übertragung aus dem einem Rechtsverhältnis auf das andere bleiben im Hinblick auf die Begründetheit zumeist eher schwierig bis abwegig.

II) 1) Auch hier wirfst Du so ziemlich alle Kategorien durcheinander. Denn die Alimentation wird nicht besteuert, da es sich bereits um einen Nettobetrag handelt. Tatsächlich müsstest Du zunächst einmal die Bruttobesoldung betrachten, denn jene wird besteuert und 2) damit bist Du berechtigt dort, wo ich in meinem Augsgangsschreiben war, nämlich dass nun, will man zu einem "Zwei-Verdiener-Famuilienmodell" kommen, die weiteren Kapitaleinkünfte rechtlich nicht so ohne Weiteres ausgeklammert werden könnten. Wenn es Dir also leicht fällt, das steuerlich zu veranlagende Familieneinkommen als Folge des "Zwei-Verdiener-Modells" mit einzubeziehen, bräuchtest Du irgendwann vielleicht gar keine Besoldung mehr zu gewähren, nämlich sofern das Familieneinkommen so groß wäre, dass das aus Deiner Sicht als Dienstherr nicht mehr "nötig" wäre - sofern Du als Dienstherr nicht so vorgehen wolltest, müsstest Du Abgrenzungskriterien schaffen, bis zu welcher Höhe ein Familieneinkommen im Hinblick auf die Besoldung zu beachten wäre - und nun zugleich (jetzt wird ein Schuh daraus) dabei mit bedenken, dass der Beamte ein grundgesetzgleiches Recht auf eine amtsangemessene Alimentation (aber nicht auf eine amtsangemessene Besoldung, die es als juristische Kategorie nicht gibt) hat. Wie das gleichheitsgerecht möglich sein sollte, kann ich mir nicht einmal in Ansätzen vorstellen - noch dazu (darauf bezog sich meine Glosse zu später Stunde am gestrigen Abend), weil zwei miteinander verheiratete Beamte, die beide jeweils das grundgesetzgleiche Recht auf eine amtsangemessene Alimentation haben, zugleich anders behandelt werden müssten als eine Familie mit nur einem verbeamteten Ehepartner; ersteren könnte man die Alimentation nicht kürzen, zweiten wollte man sie kürzen: Wie sollte eine solche Regelung gleichheitsgerecht ausgestaltet werden: Indem man Beamten eventuell verbietet, untereinander zu heiraten? 3) Beim Familienzuschlag handelt es sich um eine Detailregelung, die nur einen geringen Einfluss auf die Höhe der Alimentation hat - anders sieht es aber aus, sobald wir uns die Besoldung als Ganzes anschauen. Auch hier finden sich dann wieder Abgrenzungsproblematiken, die so komplex sein dürften, dass sie kaum gleichheitsgerecht zu vollziehen wären. Ich sehe jedenfalls nicht, wie das geschehen sollte, ohne eine völlig neue Rechtssystematik zu entwickeln, die wiederum nicht nur die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums beachtete, sondern sich auch in das Rechtssystem als Ganzes einpassen müsste.

III) 1) Das ist ein originäres Probleme der Begründetheit: Denn man kann nicht gesellschaftlich überall sowohl normativ als auch politisch dafür sorgen, dass es insbesondere Frauen erleichtert wird, Erwerbsarbeit nachzugehen - wenn man dann im Hinblick auf die Beamtenschaft normative Regelungen verabschiedet, deren Ergebnis in genau das Gegenteil führt - denn dieses Gegenteil unterläge nun gleichfalls der Begründetheit. Wie sollte also eine solche Begründung aussehen, die nicht dem Verdacht unterläge, dass es nicht um ein neues Familienmodell ginge, das zeitgemäß sei, sondern eben darum, worum es nun einmal geht: nämlich Personalkosten zu sparen, indem man gesetzliche Regelungen verabschiedet, die in der Praxis in die 1950er Jahre zurückführen. 2) Nur handelt es sich bei jenem Zustand der 20 %igen Erhöhung um das grundgesetzgleiche Recht auf Grundlage der bestehenden Normen und zugrunde liegenden Direktiven - auch hier ist Deine Argumentation schon einigermaßen wild: Im Rechtstaat ist das Recht zu beachten - wem das geltende Recht nicht passt, der kann sich um politische Mehrheiten bemühen, um es zu ändern; der kann allerdings nicht das geltende Recht willkürlich brechen, ohne dass das auf Dauer den Rechtstaat veränderte. Was willst Du also sagen? Dass eine grundgesetzgleiches Recht verletzende Alimentation dazu führt, dass mehr Frauen Erwerbsarbeit nachgehen, weshalb man das Recht weiterhin verletzen sollte? Sofern Du Beamter bist, solltest Du vielleicht noch einmal eine juristische Weiterbildung absolvieren. Denn Du hättest dann auf das geltende Recht einen Eid geschworen.

Der langen Rede kurzer Sinn: Im Sinne der Begründetheit ist es dem Dienstherrn nicht so einfach möglich, um seine prozeduralen Pflichten zu erfüllen, mit ein paar Federstrichen wie auch immer aussehende Regelung unter der Prämisse eines "neuen Familienmodells" zu verabschieden. Ein entsprechendes "Zwei-Verdiener-Modell" wäre offensichtlich ein grundlegender Systemwechsel. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die Prozeduralisierung festghalten:

"Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers deckt grundsätzlich auch strukturelle Neuregelungen der Besoldung in Form von Systemwechseln ab, welche die Bewertung eines Amtes und die damit einhergehende besoldungsrechtliche Einstufung betreffen. Allerdings muss der Gesetzgeber dafür Sorge tragen, dass die besoldungsrechtliche Neubewertung eines Amtes immer noch den (unveränderten) Anforderungen des Amtes gerecht wird. Führt die gesetzgeberische Neubewertung zu einer deutlichen Verringerung der Besoldung, bedarf es hierfür sachlicher Gründe. " (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 -, LS. 2; Hervorhebungen auch im Weiteren durch mich)

Und weiter:

"Die innerhalb des Beamtenverhältnisses geltenden Bindungen des Art. 33 Abs. 5 GG ziehen einem besoldungsrechtlichen Systemwechsel verfassungsrechtliche Grenzen. Zwar ist es in der Entwicklungs- und Anpassungsfähigkeit des Alimentationsprinzips angelegt, dass es dem Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten zur Realisierung des Anspruchs jedes Beamten auf amtsangemessene Alimentation eröffnet. [...] Wenn der Gesetzgeber aber von der einen auf eine andere Gestaltungsvariante übergeht, dann muss er neben den vom Alimentationsprinzip gestellten Anforderungen auch den sonstigen verfassungsrechtlichen Vorgaben Genüge tun." (ebd., Rn. 157)

Sowie ebenfalls:

"Systemwechsel sind in besonderem Maße mit Unsicherheiten behaftet und für Prognoseirrtümer anfällig. Daher kommt es auf die Einhaltung prozeduraler Anforderungen an, die als „zweite Säule“ des Alimentationsprinzips neben seine auf eine Evidenzkontrolle beschränkte materielle Dimension treten und seiner Flankierung, Absicherung und Verstärkung dienen." (ebd., Rn. 163)

Dabei nicht zu vergessen:

"Prozedurale Anforderungen in Form von Begründungs-, Überprüfungs- und Beobachtungspflichten gelten sowohl bei der kontinuierlichen Fortschreibung der Besoldungshöhe in Gestalt von regelmäßigen Besoldungsanpassungen als auch bei strukturellen Neuausrichtungen in Gestalt von Systemwechseln. Nimmt der Gesetzgeber eine Umgestaltung der Besoldungsstruktur vor, ist zu berücksichtigen, dass ein solcher Wechsel verschiedene Unsicherheitsfaktoren birgt und dass sich seine Tragfähigkeit und Auswirkungen erst allmählich herausstellen. Insoweit steht dem Gesetzgeber für die Etablierung neuer Besoldungsmodelle ein Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der bei der Beurteilung der Amtsangemessenheit in Rechnung zu stellen ist [...]. Im Gegenzug treffen den Gesetzgeber aber neben einer Begründungspflicht eine Beobachtungs- und gegebenenfalls eine Nachbesserungspflicht, damit er möglichen Verstößen gegen das Alimentationsprinzip adäquat begegnen kann. Insoweit ist er gehalten, bei einer nicht unerheblichen Abweichung der tatsächlichen von der prognostizierten Entwicklung Korrekturen an der Ausgestaltung der Bezüge vorzunehmen." (ebd., Rn. 165)

Um nur den letzten Punkt herauszugreifen: Sobald beispielsweise Schleswig-Holstein einen entsprechenden Systemwechsel auf gänzlich halbgarer Grundlage (da ein "Zwei-Verdiener-Modell" grundsätzlich nur halbgar möglich ist) einführen wird, wird es entweder recht bald wieder zur Tradition zurückkehren, was aber gleichfalls einen gewaltigen Aufwand und immense Kosten für's Land nach sich ziehen wird, da die Rückkehr von einem Systemwechsel zur Tradition ebenfalls ein Systemwechsel wäre, dessen Folgen im Hinblick auf die Alimentation nicht absehbar wäre; oder aber das Land wird dauerhaft unendlich viele Nachbesserungen vornehmen müssen und diese im Hinblick auf ihre Begründetheit in entsprechenden Gesetzgebungsverfahren jedes Mal wieder prozeduralisieren müssen, was allesamt zu keinem hinreichenden Ergebnis führen wird, da das System als Ganzes nicht rechtsicher ausgestaltet werden kann. Ein solches Chaos dürfte nicht nur dem Öffentlichen Dienst schweren Schaden zuführen, sondern die jeweiligen Regierungen der Gefahr eines permanenten Gespötts aussetzen, von dem sie sich auf Dauer kaum erholen dürften. Denn wie wollte man dem Wähler die sich in dem Systemwechsel zeigende extreme Inkompetenz wiederkehrend verständlich machen? Offensichtlich ist es den drei Regierungsparteien weiterhin nicht klar, dass sie gerade alles dafür tun, sich selbst zu marginalisieren, da sie sich weiterhin nicht vorstellen können, dass die Thematik irgendwann für die Medien interessant werden wird - und das wird sie werden, je inkompetenter Regierungen handeln. Das ist grundsätzlich immer nur eine Frage der Zeit.
« Last Edit: 15.12.2021 10:00 von SwenTanortsch »

Rentenonkel

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« Antwort #2797 am: 15.12.2021 10:27 »
Das dürfte den Landesgesetzgebern in die Karten spielen.
Aber nicht für die fehlerhafte Bezahlung in der Vergangenheit.  ;D


Eine Nachzahlung für die Vergangenheit werden nur diejenigen erhalten, die in jedem Kalenderjahr Widerspruch eingelegt haben und für das jeweilige Jahr noch einen offenes Rechtsbehelfsverfahren haben.

Das sind wohl die allerwenigsten. Lediglich für das laufende Jahr gibt es wohl eine nennenswerte Anzahl an Widersprüchen.

Rentenonkel

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2798 am: 15.12.2021 10:44 »
@Swen: Vielen Dank für Deine erneuten, sehr ausführlichen Begründungen. Ich habe allerdings das Gefühl, dass ich die Diskussion in eine andere Richtung geschuppst habe, als von mir beabsichtigt.

Das der Ehegattenunterhalt von der amtsangemessenen Alimentation bestritten werden muss (und auch weiterhin - zumindest theoritisch - können müsste) steht für mich auch ohne die ausführliche Begründung völlig außer Frage.

Die für mich nach wie vor mögliche, wenngleich nicht ganz unproblematische, Systemumkehr bezog sich von dem 4 K Modell auf ein 2 K Modell. Wenn die Grundbesoldung nur noch für bis zu 2 Personen reichen muss und die Alimentation der Kinder durch die neue Kindergrundsicherung, den neuen Kinderfreibetrag bei der Lohnsteuer, das neue Familiensplitting und eine Anpassung der Familienbezüge für Kind 1 und 2 erreicht werden kann, wäre das aus meiner Sicht nach wie vor ein gangbarer Weg, den die Gesetzgeber bestreiten könnten.

Möglich und wahrscheinlicher ist vor allem nach deinen Ausführungen ein Festhalten an dem 4 K Modell. Da das BVerfG allerdings die Nettoalimentation rügt, würde eine allgemeine Nettoverbesserung aller Haushalte mit Kindern im Steuerrecht dazu führen, dass das Delta von Mindestalimentation zu Nettoalimentation weiter sinkt und somit der Handlungsbedarf für die Erhöhung der Grundbesoldung ebenfalls sinkt. Diese Steuerreform wird seitens der Ampel aktuell wohl vorangetrieben und ist in Verbindung mit der angekündigten Kindergrundsicherung aus meiner Sicht auch nicht ganz unwahrscheinlich.

Ich zitiere mal einen Artikel:

Gewinner der Reform sollen vor allem kinderreiche Familien durch Einführung des Familiensplittings werden. Wie einfach das funktionieren soll, erklärt Hermann-Josef Tenhagen: "Familiensplitting ist relativ einfach: Ein Paar hat zwei Kinder und muss auch die beiden Kinder versorgen. Es muss weniger Steuern zahlen, weil dann sozusagen die Steuerlast durch vier Personen aufgeteilt wird. Während ein Paar, das keine Kinder hat, eben nur durch zwei teilen könnte. Und deswegen würden Familien auf diese Art und Weise steuerlich begünstigt".

Soweit ich das geplante Familiensplitting bisher verstehe, könnte eine Änderung folgendes bedeuten: Bei einem Kinderfreibetrag als Existenzminimum von 8.388 EUR abzüglich Kindergeld in Höhe von 2628 EUR blieben rein rechnerisch noch 5760 EUR über, die als zusätzlicher Freibetrag im Rahmen des Familiensplittings pro Kind berücksichtigt werden könnten. (Bisher wurde die steuerliche Ersparnis mit dem Kindergeld verrechnet, so dass nur bei einkommensstarken Familien zusätzliche, steuerliche Erleichterung zu erwarten waren)

Bei einem angenommenen Steuersatz von 25 % wären das 1440 EUR zusätzlich pro Jahr und Kind, also 2880 EUR bei zwei Kindern. Das wäre, grob überschlagen, schon mal eine Reduzierung des Deltas um etwa die Hälfte.

Ich denke, bei der ganzen Diskussion dürfen wir diese geplante gesetzliche Änderung des Bundesgesetzgebers nicht aus den Augen verlieren. Für diejenigen mit Kindern ist es erstmal egal, woher das Mehr an Netto kommt. Für diejenigen ohne Kinder und im Hinblick auf die Pension ist es allerdings alles andere als egal.

lotsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2799 am: 15.12.2021 12:19 »
Ich bin sehr dankbar für die juristischen Ausführungen in diesem Forum, aber ich bin der Meinung, dass man als Beamter auch politisch für seine amtsangemessene Besoldung kämpfen sollte.

Ich empfinde es als Treppenwitz, wenn die Verfassungstreue eine der höchsten hergebrachten Pflichten und Grundsätze des Beamtentums ist, der Gesetzgeber aber laut eines Gutachtens vorsätzlich die Verfassung bricht. Ein solches Verhalten gefährdet den rechtsstaatlichen wie auch demokratischen Kerngedanken, der gerade in solch volatilen Zeiten nicht verloren gehen sollte.

Ich finde die Verbände sollten viel mehr darauf hinweisen, dass die Qualitätssicherung des öffentlichen Dienstes in Gefahr ist, und dazu auf die miese Beamtenbesoldung, teilweise unter Sozialhilfeniveau, hinweisen. Dieses Narrativ müsste viel mehr beackert werden. Viel zu wenig junge Leute wissen über die miese Besoldung Bescheid und streben immer noch einen Beamtenberuf an.


Woldemar

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2800 am: 15.12.2021 12:37 »
Ich habe Deine Darlegungen jetzt mal mittels Buchstaben untergliedert:

I) 1) Das Ausschlusskriterium liegt unter anderem darin, dass Du verschiedene Rechtscharaktere wie einen behandelst und dadurch, dass Du sie über einen Kamm scherst, eben zu dem Schluss kommst, zu dem Du kommst:

Wir sprechen hier aber doch bewusst nicht über juristische Fragen, sondern über deinen Beitrag, der die "sonstige" Problematik einer evtl. in der Zukunft anders fundierten Alimentationspraxis beleuchten sollte.

Zitat
Die Beihilfe ist nicht Teil der Besoldung, sondern nur bei der Beachtung des Alimentationsprinzips als deren mit zu beachtender Teil mit hinzuzuziehen; sie kann also rechtlich anders behandelt werden als ein Teil der Bruttobesoldung. Insofern führt der von Dir angestellte Vergleich nicht weiter, weil er Äpfel mit Birnen vergleicht.

Die Beihilfe habe ich exemplarisch, als Hemmnis bei der Arbeitsaufnahme des Partners, herangezogen. Da ab einer gewissen Einkommensgrenze der Anspruch des Partners entfällt - mithin die Familie in diesem Punkt schlechter gestellt würde. Dazu müssen wir gar nicht in die rechtlichen Grundlagen eintauchen.

Zitat
2) Beamtinnen und Beamte gehen keiner Erwerbsarbeit nach, sondern stehen in einem Dienstverhältnis mit je eigenen Rechtsverhältnissen, die unter anderem aus dem Treue- und Alimentationsprinzip abzuleiten sind. Art. 6 Abs. 1 GG bekommen so eine andere Qualität als im Hinblick auf Ehen und Familien, die nicht unter dem Gesichtspunkt des Dienstverhältnisses stehen. Auch das müsste mit Blick auf die Begründetheit beachtet werden.

Keine Frage, aber noch einmal: Wir sprechen hier über deinen Beitrag, der bereits unter der Prämisse verfasst wurde, dass ein "Zwei-Verdiener-Modell" Einzug in die Besoldungspraxis gehalten hat. Die "Begründetheit" ist zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Thema (wie auch immer das in diesem bisher noch fiktiven Fall gelöst wurde)

Zitat
4) Freibeträge sind ein steuerliches Mittel, da nun wiederum Beamte steuerrechtlich nicht anders behandelt werden (jedenfalls nicht im Hinblick auf steuerliche Freibeträge mit Blick auf die Familie), kann ihnen zumindest steuerrechtlich keine Freibetrag eingeräumt werden, der dann nicht auch anderen Verheirateten zu gewähren wäre.

Nein,das hast du mißverstanden. Ich habe hier bewusst die Grundsicherung (Hartz IV) als Analogie bemüht. Auch dort gibt es so genannte "Freibeträge", die in dem Fall aber nichts mit der Steuer, sondern mit der Gewährung von Leistungen zu tun haben. 

Zitat
5) Zwischen Grundsicherung und Alimentation besteht ein qualitativer Unterschied, der sich aus den verschiedenen Rechtsverhältnissen ergibt, in denen die jeweiligen Personen zum Staat stehen: Die einen sind von der Gewährung der staatlichen Grundsicherung Abhängige, die andere befinden sich in einem auf gegenseitige Treue angelegten Dienstverhältnis; Analogien zwischen beiden unterschiedlichen Rechtsverhältnisse sind möglich, Übertragung aus dem einem Rechtsverhältnis auf das andere bleiben im Hinblick auf die Begründetheit zumeist eher schwierig bis abwegig.

Die Begründetheit für die Gewährung von Zahlungen ist in diesem Fall doch relativ simpel: Die veränderte Situation des Beamten bedarf einer höheren Alimentierung, da andernfalls nicht mehr amtsangemessen.
Ein, wie ich meine, recht normaler Vorgang, wie z.B. auch eine "Stellenzulage", weil mehr/andere Arbeit anfällt.
Aber auch hier: Wie das BverfG etwaige Novellen beurteilt, spielt doch für unsere Betrachtung keine Rolle.

Ob das im Ergebnis ähnlich spitz gerechnet wird (wie bei der Grundsicherung), oder wir uns ohnehin auf einem auskömmlichen Niveau bewegen, mag am Ende den Unterschied zwischen "Abhängigkeit" und "Dienstverhältnis" ausmachen, ist aber für den Vorgang als solches doch unerheblich.

Zitat
II) 1) Auch hier wirfst Du so ziemlich alle Kategorien durcheinander. Denn die Alimentation wird nicht besteuert, da es sich bereits um einen Nettobetrag handelt. Tatsächlich müsstest Du zunächst einmal die Bruttobesoldung betrachten, denn jene wird besteuert

Du hast in deinem Beitrag die Frage aufgeworfen, wie man bei der Überprüfung des "Familieneinkommens" (zwecks Beurteilung, ob ein Zuschlag gezahlt wird) vorgehen sollte. Die naheliegende Lösung ist der Einkommensteuerbescheid, da aus diesem hervorgeht, was die Familie netto zur Verfügung hatte. Zieht man davon die bereits gewährte Alimentation ab, ergibt sich ein Betrag X, der entweder die Gewährung eines Familienzuschlags notwendig macht, oder eben nicht.
Das hat nichts mit der Bruttobesoldung zu tun.

Zitat
und 2) damit bist Du berechtigt dort, wo ich in meinem Augsgangsschreiben war, nämlich dass nun, will man zu einem "Zwei-Verdiener-Famuilienmodell" kommen, die weiteren Kapitaleinkünfte rechtlich nicht so ohne Weiteres ausgeklammert werden könnten. Wenn es Dir also leicht fällt, das steuerlich zu veranlagende Familieneinkommen als Folge des "Zwei-Verdiener-Modells" mit einzubeziehen, bräuchtest Du irgendwann vielleicht gar keine Besoldung mehr zu gewähren, nämlich sofern das Familieneinkommen so groß wäre, dass das aus Deiner Sicht als Dienstherr nicht mehr "nötig" wäre - sofern Du als Dienstherr nicht so vorgehen wolltest, müsstest Du Abgrenzungskriterien schaffen, bis zu welcher Höhe ein Familieneinkommen im Hinblick auf die Besoldung zu beachten wäre - und nun zugleich (jetzt wird ein Schuh daraus) dabei mit bedenken, dass der Beamte ein grundgesetzgleiches Recht auf eine amtsangemessene Alimentation (aber nicht auf eine amtsangemessene Besoldung, die es als juristische Kategorie nicht gibt) hat.

Kapitaleinkünfte sind aus dem Einkommensteuerbescheid ersichtlich und können und sollten natürlich berücksichtigt werden.

Wie du jetzt aber auf die Idee kommst, dass plötzlich die Grundbesoldung entfallen soll, erschließt sich mir nicht. Wir sprechen von der möglichen Gewährung eines Familienzuschlags. Der tangiert die Grundbesoldung nicht.

Zitat
Wie das gleichheitsgerecht möglich sein sollte, kann ich mir nicht einmal in Ansätzen vorstellen - noch dazu (darauf bezog sich meine Glosse zu später Stunde am gestrigen Abend), weil zwei miteinander verheiratete Beamte, die beide jeweils das grundgesetzgleiche Recht auf eine amtsangemessene Alimentation haben, zugleich anders behandelt werden müssten als eine Familie mit nur einem verbeamteten Ehepartner; ersteren könnte man die Alimentation nicht kürzen, zweiten wollte man sie kürzen: Wie sollte eine solche Regelung gleichheitsgerecht ausgestaltet werden: Indem man Beamten eventuell verbietet, untereinander zu heiraten?

Beide Beamte erhalten natürlich - völlig unabhängig von sonstigen Einkünften - ihre Grundbesoldung. Sollte darüber hinaus die Familiensituation die Gewährung eines Familienzuschlages notwendig machen, erhält diesen einer von beiden für die gesamte Familie (siehe Familienzuschlag heute bei 2 Beamten).

Beamter + Beamter = 2x Grundbesoldung + 1x Familienzuschlag
Beamter + Angestellter = 1x Grundbesoldung + 1x Lohn + (ggf.) 1x Familienzuschlag

Wo siehst du da eine Ungleichbehandlung?

Zitat
3) Beim Familienzuschlag handelt es sich um eine Detailregelung, die nur einen geringen Einfluss auf die Höhe der Alimentation hat - anders sieht es aber aus, sobald wir uns die Besoldung als Ganzes anschauen. Auch hier finden sich dann wieder Abgrenzungsproblematiken, die so komplex sein dürften, dass sie kaum gleichheitsgerecht zu vollziehen wären. Ich sehe jedenfalls nicht, wie das geschehen sollte, ohne eine völlig neue Rechtssystematik zu entwickeln, die wiederum nicht nur die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums beachtete, sondern sich auch in das Rechtssystem als Ganzes einpassen müsste.

Jetzt bist du wieder bei "hergebracht"...
Niemand behauptet, dass es einfach würde eine neue Besoldungsordnung, mit entsprechend fairer Behandlung von Alt- und Neufällen, aufzusetzen. Dem hast du, als zusätzlichen Problemkomplex, das "handling" entgegengehalten und darauf bin ich eingegangen. Wäre schön, wenn wir das nicht weiter durcheinanderbringen :-*

Zitat
III) 1) Das ist ein originäres Probleme der Begründetheit: Denn man kann nicht gesellschaftlich überall sowohl normativ als auch politisch dafür sorgen, dass es insbesondere Frauen erleichtert wird, Erwerbsarbeit nachzugehen - wenn man dann im Hinblick auf die Beamtenschaft normative Regelungen verabschiedet, deren Ergebnis in genau das Gegenteil führt - denn dieses Gegenteil unterläge nun gleichfalls der Begründetheit. Wie sollte also eine solche Begründung aussehen, die nicht dem Verdacht unterläge, dass es nicht um ein neues Familienmodell ginge, das zeitgemäß sei, sondern eben darum, worum es nun einmal geht: nämlich Personalkosten zu sparen, indem man gesetzliche Regelungen verabschiedet, die in der Praxis in die 1950er Jahre zurückführen.

Wie ich bereits schrieb, sind die Hemmnisse bei der Partner-Erwerbsarbeit unserem "System" geschuldet (Ehegattensplitting, Betreuung, steuerfreie Mini-Jobs, soziologische Probleme etc.pp.). Daran ändert die hier diskutierte Alimentationsfrage überhaupt nichts. Denn ob das anvisierte "Mindest-Netto" des Beamten nun via Grundbesoldung oder Familienzuschlag fließt, hat doch keinerlei Einfluss auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit des Partners.
Im Gegenteil: Die (bedingungslose und zeitlich lebenslang gewährte) Grundbesoldung ist eher ein zusätzliches Hemmnis bei der Partner-Erwerbsarbeit, als ein befristeter und an Bedingungen geknüpfter Familienzuschlag.

Zitat
2) Nur handelt es sich bei jenem Zustand der 20 %igen Erhöhung um das grundgesetzgleiche Recht auf Grundlage der bestehenden Normen und zugrunde liegenden Direktiven - auch hier ist Deine Argumentation schon einigermaßen wild: Im Rechtstaat ist das Recht zu beachten - wem das geltende Recht nicht passt, der kann sich um politische Mehrheiten bemühen, um es zu ändern; der kann allerdings nicht das geltende Recht willkürlich brechen, ohne dass das auf Dauer den Rechtstaat veränderte. Was willst Du also sagen? Dass eine grundgesetzgleiches Recht verletzende Alimentation dazu führt, dass mehr Frauen Erwerbsarbeit nachgehen, weshalb man das Recht weiterhin verletzen sollte? Sofern Du Beamter bist, solltest Du vielleicht noch einmal eine juristische Weiterbildung absolvieren. Denn Du hättest dann auf das geltende Recht einen Eid geschworen.

Ich verweise gerne auf meine gehäuften Anmerkungen, dass du hier wiederholt die (rechtliche) Behandlung von "Alt-Fällen" mit einer (bisher hypothetischen) Neuregelung vermengst. Solange dir diese Trennung nicht gelingt, wird dir jedwede Argumentation "wild" erscheinen ;-)

Zitat
Der langen Rede kurzer Sinn: Im Sinne der Begründetheit ist es dem Dienstherrn nicht so einfach möglich, um seine prozeduralen Pflichten zu erfüllen, mit ein paar Federstrichen wie auch immer aussehende Regelung unter der Prämisse eines "neuen Familienmodells" zu verabschieden. Ein entsprechendes "Zwei-Verdiener-Modell" wäre offensichtlich ein grundlegender Systemwechsel.

Wieso sollte es nicht möglich sein die bestehende Beamtenschaft konform der Rechtsprechung "hergebracht" zu alimentieren (4k) und neu einzustellenden Beamte nach einem Systemwechsel (1k) eben nicht? Das kann man doch im Zweifel einfach mit dem Geburtsjahrgang und den damals vorherrschenden, mittlerweile aber veränderten Lebensbedingungen begründen. Zumal diese Umstellung gleichzeitig auch zu mehr Gleichbehandlung in der Bevölkerung führt.

Ich muss doch heute auch länger "dienen" als mein Vater und welchen anderen (tatsächlichen) Grund außer "Sparen" gabs denn für diese Änderung? ;-)

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2801 am: 15.12.2021 12:47 »
@Swen: Vielen Dank für Deine erneuten, sehr ausführlichen Begründungen. Ich habe allerdings das Gefühl, dass ich die Diskussion in eine andere Richtung geschuppst habe, als von mir beabsichtigt.

Das der Ehegattenunterhalt von der amtsangemessenen Alimentation bestritten werden muss (und auch weiterhin - zumindest theoritisch - können müsste) steht für mich auch ohne die ausführliche Begründung völlig außer Frage.

Die für mich nach wie vor mögliche, wenngleich nicht ganz unproblematische, Systemumkehr bezog sich von dem 4 K Modell auf ein 2 K Modell. Wenn die Grundbesoldung nur noch für bis zu 2 Personen reichen muss und die Alimentation der Kinder durch die neue Kindergrundsicherung, den neuen Kinderfreibetrag bei der Lohnsteuer, das neue Familiensplitting und eine Anpassung der Familienbezüge für Kind 1 und 2 erreicht werden kann, wäre das aus meiner Sicht nach wie vor ein gangbarer Weg, den die Gesetzgeber bestreiten könnten.

Möglich und wahrscheinlicher ist vor allem nach deinen Ausführungen ein Festhalten an dem 4 K Modell. Da das BVerfG allerdings die Nettoalimentation rügt, würde eine allgemeine Nettoverbesserung aller Haushalte mit Kindern im Steuerrecht dazu führen, dass das Delta von Mindestalimentation zu Nettoalimentation weiter sinkt und somit der Handlungsbedarf für die Erhöhung der Grundbesoldung ebenfalls sinkt. Diese Steuerreform wird seitens der Ampel aktuell wohl vorangetrieben und ist in Verbindung mit der angekündigten Kindergrundsicherung aus meiner Sicht auch nicht ganz unwahrscheinlich.

Ich zitiere mal einen Artikel:

Gewinner der Reform sollen vor allem kinderreiche Familien durch Einführung des Familiensplittings werden. Wie einfach das funktionieren soll, erklärt Hermann-Josef Tenhagen: "Familiensplitting ist relativ einfach: Ein Paar hat zwei Kinder und muss auch die beiden Kinder versorgen. Es muss weniger Steuern zahlen, weil dann sozusagen die Steuerlast durch vier Personen aufgeteilt wird. Während ein Paar, das keine Kinder hat, eben nur durch zwei teilen könnte. Und deswegen würden Familien auf diese Art und Weise steuerlich begünstigt".

Soweit ich das geplante Familiensplitting bisher verstehe, könnte eine Änderung folgendes bedeuten: Bei einem Kinderfreibetrag als Existenzminimum von 8.388 EUR abzüglich Kindergeld in Höhe von 2628 EUR blieben rein rechnerisch noch 5760 EUR über, die als zusätzlicher Freibetrag im Rahmen des Familiensplittings pro Kind berücksichtigt werden könnten. (Bisher wurde die steuerliche Ersparnis mit dem Kindergeld verrechnet, so dass nur bei einkommensstarken Familien zusätzliche, steuerliche Erleichterung zu erwarten waren)

Bei einem angenommenen Steuersatz von 25 % wären das 1440 EUR zusätzlich pro Jahr und Kind, also 2880 EUR bei zwei Kindern. Das wäre, grob überschlagen, schon mal eine Reduzierung des Deltas um etwa die Hälfte.

Ich denke, bei der ganzen Diskussion dürfen wir diese geplante gesetzliche Änderung des Bundesgesetzgebers nicht aus den Augen verlieren. Für diejenigen mit Kindern ist es erstmal egal, woher das Mehr an Netto kommt. Für diejenigen ohne Kinder und im Hinblick auf die Pension ist es allerdings alles andere als egal.

Diese Diskussion ist eine andere, kommt aber bei genauerer Betrachtung zu ganz ähnlichen Ergebnissen: Denn in Deiner Darlegung wirfst nun auch Du offensichtlich (zu) viele Sachverhalte in eins, die erst einmal sauber auseinanderzuhalen wären, da Du in diesem Themenbereich ebenfalls nicht zwischen Lohnempfängern und Alimentationsberechtigten unterscheidest. Lohnempfänger werden für ihre Arbeit entlohnt, eventuelle familiäre Verpflichtungen haben den Arbeitgeber juristisch nicht zu interessieren. Der Staat kommt seiner aus Art. 6 Abs. 1 GG resultierenden Verpflichtung mittels verschiedener Transfer- sowie nur indirekt monetär wirkenden weiteren Leistungen nach wie beispielsweise das Recht auf einen freien Kitaplatz. Der sich in einem Treueverhältnis befindende Beamte profitiert im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG ebenfalls von dieser familiären Transferpolitik des Staates, was aber für ihn nicht hinreichend ist: Denn anders als ein Arbeitnehmer, der für seine Arbeit alleinig entlohnt wird, wird der Beamte anders als der Arbeitnehmer innerhalb seines Dienstverhältnisses amtsangemessen alimentiert und darüber hinaus nicht nur er, sondern auch seine Familie. Sofern Du nun also im Hinblick auf die vierköpfige Alleinverdienerfamilie als die bundesverfasungsgerichtlich direktiv festgelegte Vergleichsgrundlage zur Beachtung einer amtsangemessenen Alimentation auf eine zweiköpfige umsteigen möchtest, müsstest Du zunächst einmal das Bundesverfassungsgericht okkupieren, da hier in Deinem Blick kein normatives, sondern ein direktives Problem vorläge.

Dessen juristische Ursache liegt weitgehend darin begründet, dass das Bundesverfassungsgericht dem Besoldungsgesetzgeber verfassungsrechtlich gestattet, die Besoldung im Hinblick auf seine Verpflichtung, nicht nur den Beamten, sondern auch dessen Familie lebenslang amtsangemessen zu alimentieren, zu differenzieren. Dafür hat es Direktiven erschaffen, die es erlauben, das Maß der noch rechtmäßigen Besoldungsdifferenzierung abzuwägen. Dieses Maß ist die vierköpfige Alleinverdienerfamilie, das also nicht normativ (vom Gesetzgeber) geändert werden könnte, sondern allenfalls direktiv (durch das Bundesverfassungsgericht). Nun leuchtet mir in Deiner Argumentation nicht ein, wieso das Bundesverfassungsgericht das allerdings tun sollte und inwiefern das dann zu einer Systemumkehr führen sollte, da ja in dem, was Du als Beispiele ins Feld führst, gar keine Veränderungen der beamtenrechtlichen Gesetzeslage vorlägen.

Der langen Rede kurzer Sinn: Was genau ist Dein Ziel? Denn "die Grundbesoldung nur noch für bis zu 2 Personen [...] und die Alimentation der Kinder durch die neue Kindergrundsicherung, den neuen Kinderfreibetrag bei der Lohnsteuer, das neue Familiensplitting und eine Anpassung der Familienbezüge für Kind 1 und 2" müsste bedeuten, dass nun die staatlichen Transferleistungen so stark ausgeweitet werden würde, dass nun in Deutschland weitgehend nicht mehr die Familien die Versorgung ihrer Kinder gewährleisten müssten, sondern das er eine Art bedingungsloses Grundeinkommen für Kinder schaffen würde, wodurch dann allerdings keine Familienzuschläge für die ersten beiden Kinder mehr nötig wären. Ich sehe aber nicht, dass das das Ziel der neuen Regierung ist und dass das finanziell irgendwie geschultert werden könnte.

Wenn nun aber die staatlichen Transferleistungen für Familien maßvoll erhöht werden würden - so wie das die neue Regierung offensichtlich vorhat -, dann bedeutete das im Umkehrschluss, dass nicht das Grundgehalt von Beamten verringert werden könnte, sondern dass zunächst einmal die Familienzuschläge deutlich verringert werden könnten und wohl auch müssten (da weiterhin die vierköpfige Alleinverdienerfamilie die direktive Vergleichsgrundlage zur Bemessung der Mindestalimentation bliebe), da ja der Besoldungsgesetzgeber weiterhin zu beachten hätte, "daß bei der Familie mit einem oder zwei Kindern der Kindesunterhalt ganz überwiegend aus den allgemeinen, d. h. 'familienneutralen' und insoweit auch ausreichenden  [...] Gehaltsbestandteilen bestritten werden kann und die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile ergänzend hinzutreten", weil in diesem Fall weiterhin "keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen [bestehen], wenn dieser Betrag [der kinderbezogenen Gehaltsbestandteile] in seiner Höhe erheblich unter den Beträgen bleibt, die von der Rechtsordnung als Regelsätze für Kindesunterhalt als angemessen erachtet und veranschlagt werden" (BVerfG, Beschl. d. Zweiten Senats v. 30.03.1977 - 2 BvR 1039/75 -, v. Rn. 65).

Der langen Rede kurzer Sinn: Dein Einwand beinhaltet weitgehend nicht die normative Perspektive (also die Gesetzgebung), sondern praktisch durchgehend die direktive (also die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). Diese direktive Perspektive wird durch die von Dir genannte neu geplante Gesetzgebung der Ampelregierung nicht verändert, da die Neuplanung staatlicher Transferleistungen nicht so grundlegend sein dürfte, dass sich das Bundesverfassungsgericht gezwungen sehen sollte, vom Modell der vierköpfigen Alleinverdienerfamilie auf eines der zweiköpfigen Alleinverdienerfamilie umzusatteln. Das dürfte erst dann der Fall sein oder der Fall werden, wenn der Staat - wie oben dargestellt - die familiären Unterhaltslasten für Kinder vollständig übernehmen würde (denn dann wäre diesbezüglich beamtenrechtlich ebenfalls die entsprechende Alimentationsverpflichtung des Diesntherrn durch die allgemeine Transferpolitik des Staates erfüllt), was aber offensichtlich nicht geplant ist. Die von Dir ins Feld geführten staatlichen Transferleistungen, die dazu führen werden, dass ausnahmslos alle Familien in Deutschland (zumindest de jure) von ihr profitieren, indem entsprechend de jure deren Unterhaltslast sinkt, wird zunächst einmal dazu führen müssen, dass die Familienzuschläge abgesenkt werden können (und entsprechend sogar in dem Fall sogar abgesenkt werden müssen, wie man sich in der gewährten Nettoalimentation weitgehend in der Nähe der Mindestalimentation bewegt), da sie ansonsten in ihrer Höhe nicht erheblich unter den Beträgen bleiben, die von der Rechtsordnung als Regelsätze für Kindesunterhalt als angemessen erachtet und veranschlagt werden.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2802 am: 15.12.2021 13:05 »
Ich habe Deine Darlegungen jetzt mal mittels Buchstaben untergliedert:

I) 1) Das Ausschlusskriterium liegt unter anderem darin, dass Du verschiedene Rechtscharaktere wie einen behandelst und dadurch, dass Du sie über einen Kamm scherst, eben zu dem Schluss kommst, zu dem Du kommst:

Wir sprechen hier aber doch bewusst nicht über juristische Fragen, sondern über deinen Beitrag, der die "sonstige" Problematik einer evtl. in der Zukunft anders fundierten Alimentationspraxis beleuchten sollte.

Zitat
Die Beihilfe ist nicht Teil der Besoldung, sondern nur bei der Beachtung des Alimentationsprinzips als deren mit zu beachtender Teil mit hinzuzuziehen; sie kann also rechtlich anders behandelt werden als ein Teil der Bruttobesoldung. Insofern führt der von Dir angestellte Vergleich nicht weiter, weil er Äpfel mit Birnen vergleicht.

Die Beihilfe habe ich exemplarisch, als Hemmnis bei der Arbeitsaufnahme des Partners, herangezogen. Da ab einer gewissen Einkommensgrenze der Anspruch des Partners entfällt - mithin die Familie in diesem Punkt schlechter gestellt würde. Dazu müssen wir gar nicht in die rechtlichen Grundlagen eintauchen.

Zitat
2) Beamtinnen und Beamte gehen keiner Erwerbsarbeit nach, sondern stehen in einem Dienstverhältnis mit je eigenen Rechtsverhältnissen, die unter anderem aus dem Treue- und Alimentationsprinzip abzuleiten sind. Art. 6 Abs. 1 GG bekommen so eine andere Qualität als im Hinblick auf Ehen und Familien, die nicht unter dem Gesichtspunkt des Dienstverhältnisses stehen. Auch das müsste mit Blick auf die Begründetheit beachtet werden.

Keine Frage, aber noch einmal: Wir sprechen hier über deinen Beitrag, der bereits unter der Prämisse verfasst wurde, dass ein "Zwei-Verdiener-Modell" Einzug in die Besoldungspraxis gehalten hat. Die "Begründetheit" ist zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Thema (wie auch immer das in diesem bisher noch fiktiven Fall gelöst wurde)

Zitat
4) Freibeträge sind ein steuerliches Mittel, da nun wiederum Beamte steuerrechtlich nicht anders behandelt werden (jedenfalls nicht im Hinblick auf steuerliche Freibeträge mit Blick auf die Familie), kann ihnen zumindest steuerrechtlich keine Freibetrag eingeräumt werden, der dann nicht auch anderen Verheirateten zu gewähren wäre.

Nein,das hast du mißverstanden. Ich habe hier bewusst die Grundsicherung (Hartz IV) als Analogie bemüht. Auch dort gibt es so genannte "Freibeträge", die in dem Fall aber nichts mit der Steuer, sondern mit der Gewährung von Leistungen zu tun haben. 

Zitat
5) Zwischen Grundsicherung und Alimentation besteht ein qualitativer Unterschied, der sich aus den verschiedenen Rechtsverhältnissen ergibt, in denen die jeweiligen Personen zum Staat stehen: Die einen sind von der Gewährung der staatlichen Grundsicherung Abhängige, die andere befinden sich in einem auf gegenseitige Treue angelegten Dienstverhältnis; Analogien zwischen beiden unterschiedlichen Rechtsverhältnisse sind möglich, Übertragung aus dem einem Rechtsverhältnis auf das andere bleiben im Hinblick auf die Begründetheit zumeist eher schwierig bis abwegig.

Die Begründetheit für die Gewährung von Zahlungen ist in diesem Fall doch relativ simpel: Die veränderte Situation des Beamten bedarf einer höheren Alimentierung, da andernfalls nicht mehr amtsangemessen.
Ein, wie ich meine, recht normaler Vorgang, wie z.B. auch eine "Stellenzulage", weil mehr/andere Arbeit anfällt.
Aber auch hier: Wie das BverfG etwaige Novellen beurteilt, spielt doch für unsere Betrachtung keine Rolle.

Ob das im Ergebnis ähnlich spitz gerechnet wird (wie bei der Grundsicherung), oder wir uns ohnehin auf einem auskömmlichen Niveau bewegen, mag am Ende den Unterschied zwischen "Abhängigkeit" und "Dienstverhältnis" ausmachen, ist aber für den Vorgang als solches doch unerheblich.

Zitat
II) 1) Auch hier wirfst Du so ziemlich alle Kategorien durcheinander. Denn die Alimentation wird nicht besteuert, da es sich bereits um einen Nettobetrag handelt. Tatsächlich müsstest Du zunächst einmal die Bruttobesoldung betrachten, denn jene wird besteuert

Du hast in deinem Beitrag die Frage aufgeworfen, wie man bei der Überprüfung des "Familieneinkommens" (zwecks Beurteilung, ob ein Zuschlag gezahlt wird) vorgehen sollte. Die naheliegende Lösung ist der Einkommensteuerbescheid, da aus diesem hervorgeht, was die Familie netto zur Verfügung hatte. Zieht man davon die bereits gewährte Alimentation ab, ergibt sich ein Betrag X, der entweder die Gewährung eines Familienzuschlags notwendig macht, oder eben nicht.
Das hat nichts mit der Bruttobesoldung zu tun.

Zitat
und 2) damit bist Du berechtigt dort, wo ich in meinem Augsgangsschreiben war, nämlich dass nun, will man zu einem "Zwei-Verdiener-Famuilienmodell" kommen, die weiteren Kapitaleinkünfte rechtlich nicht so ohne Weiteres ausgeklammert werden könnten. Wenn es Dir also leicht fällt, das steuerlich zu veranlagende Familieneinkommen als Folge des "Zwei-Verdiener-Modells" mit einzubeziehen, bräuchtest Du irgendwann vielleicht gar keine Besoldung mehr zu gewähren, nämlich sofern das Familieneinkommen so groß wäre, dass das aus Deiner Sicht als Dienstherr nicht mehr "nötig" wäre - sofern Du als Dienstherr nicht so vorgehen wolltest, müsstest Du Abgrenzungskriterien schaffen, bis zu welcher Höhe ein Familieneinkommen im Hinblick auf die Besoldung zu beachten wäre - und nun zugleich (jetzt wird ein Schuh daraus) dabei mit bedenken, dass der Beamte ein grundgesetzgleiches Recht auf eine amtsangemessene Alimentation (aber nicht auf eine amtsangemessene Besoldung, die es als juristische Kategorie nicht gibt) hat.

Kapitaleinkünfte sind aus dem Einkommensteuerbescheid ersichtlich und können und sollten natürlich berücksichtigt werden.

Wie du jetzt aber auf die Idee kommst, dass plötzlich die Grundbesoldung entfallen soll, erschließt sich mir nicht. Wir sprechen von der möglichen Gewährung eines Familienzuschlags. Der tangiert die Grundbesoldung nicht.

Zitat
Wie das gleichheitsgerecht möglich sein sollte, kann ich mir nicht einmal in Ansätzen vorstellen - noch dazu (darauf bezog sich meine Glosse zu später Stunde am gestrigen Abend), weil zwei miteinander verheiratete Beamte, die beide jeweils das grundgesetzgleiche Recht auf eine amtsangemessene Alimentation haben, zugleich anders behandelt werden müssten als eine Familie mit nur einem verbeamteten Ehepartner; ersteren könnte man die Alimentation nicht kürzen, zweiten wollte man sie kürzen: Wie sollte eine solche Regelung gleichheitsgerecht ausgestaltet werden: Indem man Beamten eventuell verbietet, untereinander zu heiraten?

Beide Beamte erhalten natürlich - völlig unabhängig von sonstigen Einkünften - ihre Grundbesoldung. Sollte darüber hinaus die Familiensituation die Gewährung eines Familienzuschlages notwendig machen, erhält diesen einer von beiden für die gesamte Familie (siehe Familienzuschlag heute bei 2 Beamten).

Beamter + Beamter = 2x Grundbesoldung + 1x Familienzuschlag
Beamter + Angestellter = 1x Grundbesoldung + 1x Lohn + (ggf.) 1x Familienzuschlag

Wo siehst du da eine Ungleichbehandlung?

Zitat
3) Beim Familienzuschlag handelt es sich um eine Detailregelung, die nur einen geringen Einfluss auf die Höhe der Alimentation hat - anders sieht es aber aus, sobald wir uns die Besoldung als Ganzes anschauen. Auch hier finden sich dann wieder Abgrenzungsproblematiken, die so komplex sein dürften, dass sie kaum gleichheitsgerecht zu vollziehen wären. Ich sehe jedenfalls nicht, wie das geschehen sollte, ohne eine völlig neue Rechtssystematik zu entwickeln, die wiederum nicht nur die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums beachtete, sondern sich auch in das Rechtssystem als Ganzes einpassen müsste.

Jetzt bist du wieder bei "hergebracht"...
Niemand behauptet, dass es einfach würde eine neue Besoldungsordnung, mit entsprechend fairer Behandlung von Alt- und Neufällen, aufzusetzen. Dem hast du, als zusätzlichen Problemkomplex, das "handling" entgegengehalten und darauf bin ich eingegangen. Wäre schön, wenn wir das nicht weiter durcheinanderbringen :-*

Zitat
III) 1) Das ist ein originäres Probleme der Begründetheit: Denn man kann nicht gesellschaftlich überall sowohl normativ als auch politisch dafür sorgen, dass es insbesondere Frauen erleichtert wird, Erwerbsarbeit nachzugehen - wenn man dann im Hinblick auf die Beamtenschaft normative Regelungen verabschiedet, deren Ergebnis in genau das Gegenteil führt - denn dieses Gegenteil unterläge nun gleichfalls der Begründetheit. Wie sollte also eine solche Begründung aussehen, die nicht dem Verdacht unterläge, dass es nicht um ein neues Familienmodell ginge, das zeitgemäß sei, sondern eben darum, worum es nun einmal geht: nämlich Personalkosten zu sparen, indem man gesetzliche Regelungen verabschiedet, die in der Praxis in die 1950er Jahre zurückführen.

Wie ich bereits schrieb, sind die Hemmnisse bei der Partner-Erwerbsarbeit unserem "System" geschuldet (Ehegattensplitting, Betreuung, steuerfreie Mini-Jobs, soziologische Probleme etc.pp.). Daran ändert die hier diskutierte Alimentationsfrage überhaupt nichts. Denn ob das anvisierte "Mindest-Netto" des Beamten nun via Grundbesoldung oder Familienzuschlag fließt, hat doch keinerlei Einfluss auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit des Partners.
Im Gegenteil: Die (bedingungslose und zeitlich lebenslang gewährte) Grundbesoldung ist eher ein zusätzliches Hemmnis bei der Partner-Erwerbsarbeit, als ein befristeter und an Bedingungen geknüpfter Familienzuschlag.

Zitat
2) Nur handelt es sich bei jenem Zustand der 20 %igen Erhöhung um das grundgesetzgleiche Recht auf Grundlage der bestehenden Normen und zugrunde liegenden Direktiven - auch hier ist Deine Argumentation schon einigermaßen wild: Im Rechtstaat ist das Recht zu beachten - wem das geltende Recht nicht passt, der kann sich um politische Mehrheiten bemühen, um es zu ändern; der kann allerdings nicht das geltende Recht willkürlich brechen, ohne dass das auf Dauer den Rechtstaat veränderte. Was willst Du also sagen? Dass eine grundgesetzgleiches Recht verletzende Alimentation dazu führt, dass mehr Frauen Erwerbsarbeit nachgehen, weshalb man das Recht weiterhin verletzen sollte? Sofern Du Beamter bist, solltest Du vielleicht noch einmal eine juristische Weiterbildung absolvieren. Denn Du hättest dann auf das geltende Recht einen Eid geschworen.

Ich verweise gerne auf meine gehäuften Anmerkungen, dass du hier wiederholt die (rechtliche) Behandlung von "Alt-Fällen" mit einer (bisher hypothetischen) Neuregelung vermengst. Solange dir diese Trennung nicht gelingt, wird dir jedwede Argumentation "wild" erscheinen ;-)

Zitat
Der langen Rede kurzer Sinn: Im Sinne der Begründetheit ist es dem Dienstherrn nicht so einfach möglich, um seine prozeduralen Pflichten zu erfüllen, mit ein paar Federstrichen wie auch immer aussehende Regelung unter der Prämisse eines "neuen Familienmodells" zu verabschieden. Ein entsprechendes "Zwei-Verdiener-Modell" wäre offensichtlich ein grundlegender Systemwechsel.

Wieso sollte es nicht möglich sein die bestehende Beamtenschaft konform der Rechtsprechung "hergebracht" zu alimentieren (4k) und neu einzustellenden Beamte nach einem Systemwechsel (1k) eben nicht? Das kann man doch im Zweifel einfach mit dem Geburtsjahrgang und den damals vorherrschenden, mittlerweile aber veränderten Lebensbedingungen begründen. Zumal diese Umstellung gleichzeitig auch zu mehr Gleichbehandlung in der Bevölkerung führt.

Ich muss doch heute auch länger "dienen" als mein Vater und welchen anderen (tatsächlichen) Grund außer "Sparen" gabs denn für diese Änderung? ;-)

Ich schlage Dir vor, beginne einfach mal mit einer entsprechenden Begründung des entsprechenden Modells. Denn sofern der Gesetzgeber ein entsprechendes Familienmodell einführen will, muss er es im Vorfeld prozeduralisieren. Dabei hat er zentral zu beachten: "Die Prozeduralisierung zielt auf die Herstellung von Entscheidungen und nicht auf ihre Darstellung, das heißt nachträgliche Begründung" (vgl. in der aktuellen Entscheidung Rn. 97). Die Begründung muss dabei die von mir ins Feld geführten Bedenken zerstreuen, da es wie in den letzten Zitaten gezeigt einen Systemwechsel vornimmt, was sie dazu zwingt, im Vorhinein besonders sorgfältig die mit dem Systemwechsel zu prgnostizierenden Folgen abzuwägen. Die "sonstigen Fragen", von denen Du einleitend sprichst, können insofern nicht von der zu leistenden prozeduralen Begründung getrennt werden. So verstanden spreche ich hier durchgehend über juristische Fragen, weil man sich (als Besoldungsgesetzgeber und damit mittelbar auch wir) es sparen kann, über allgemeine Erwägungen zu sprechen, die niemals rechtliche Wirklichkeit werden können, weil sie nicht mit unserer Verfassung in Einklang zu bringen sind. Den Sinn einer solchen Diskussion, die sich nicht an Realitäten orientiert, sondern an ein gegebenenfalls vorhandenes Wunschkonzert von Besoldungsgesetzgebern und Dienstherrn erschlösse sich mir eher nicht. Ich befürchte, solche unsinnigen Diskussionen werden zurzeit zur Genüge hinter mancher verschlossenen Tür geführt - hier brauchen wir solchen Unsinn sicherlich nicht. Denn Unsinn liegt nicht im Interesse der Beamten.

Also: Viel Spaß bei der konkreten Begründung. Wenn Du sie fertiggestellt hast (das dürfen gerne auch nur jeweils kleine Teile sein), stelle sie hier ein und wir schauen dann mal beider in Ruhe, ob sie jeweils den materiellen und prozeduralen Anforderungen einer den Rahmen unserer Verfassung erfüllenden Begründung entspricht oder nicht.

WasDennNun

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2803 am: 15.12.2021 13:39 »
Ich verweise gerne auf meine gehäuften Anmerkungen, dass du hier wiederholt die (rechtliche) Behandlung von "Alt-Fällen" mit einer (bisher hypothetischen) Neuregelung vermengst. Solange dir diese Trennung nicht gelingt, wird dir jedwede Argumentation "wild" erscheinen ;-)
Oder Dadaistist

mit scheint Swen möchte nicht abstrakt etwas durchdenken.

WasDennNun

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2804 am: 15.12.2021 13:43 »
Ich schlage Dir vor, beginne einfach mal mit einer entsprechenden Begründung des entsprechenden Modells.
Schaffung einer einheitlichen Nettobesoldung, die dem Beamten zur Verfügung steht, unabhängig von der familiären Situation.

edit
und damit eine Korrektur der schlechteren Nettoalimentation von Beamten mit Familie.