Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 1490397 times)

was_guckst_du

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2880 am: 21.12.2021 07:24 »

Das Bundesverfassungsgericht theamtisiert hier unter anderem die Problematik, dass eine dem Besoldungsgesetzgeber vom Bundesverfassungsgericht aufgegebene Korrektur (ebd., Rn. 2 f.), die per Gesetz erfolgt, solange nicht der Vollstreckung unterworfen werden kann, wie zunächst einmal die Korrektur selbst auf ihren verfassungskonformen Gehalt hin zu überprüfen wäre, da diese Korrektur eine neue Rechtslage schaffen würde (ebd., Rn. 8). Es verweist deshalb die Kläger darauf, dass zunächst der Weg über die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu gehen ist (ebd., Rn. 9), um nicht vonseiten des Bundesverfassungsgerichts die funktionell-rechtlichen Grenzen zur Fachgerichtsbarkeit zu missachten (ebd., Rn. 10). Zunächst einmal müsste also die Verwaltungsgerichtsbarkeit das neue Gesetz prüfen und gegebenenfalls, sofern es zu dem Schluss gelangte, dieses die vormalige Gesetzeslage korrigierende Gesetze würde gegen die Verfassung verstoßen, einen Voralgebeschluss erstellen, über den dann vom Bundesverfassungsgericht zu entscheiden wäre (ebd.). In diesem Sinne ist die dort abschließende Passage zu verstehen: "Die Anträge nach § 35 BVerfGG zuzulassen, hieße daher, das Verhältnis von fachgerichtlichem und verfassungsgerichtlichem Rechtsschutz zu verkehren" (ebd.), weshalb das Bundesverfassungsgericht die Anträge auf Erlass von Vollstreckungsanordnungen nicht zur Entscheidung zugelassen hat. Es hebt dabei schlussfolgernd als regelmäßig zu beachtenden Grundsatz hervor: "Sofern der Gesetzgeber ein (Änderungs-)Gesetz erlässt, welches seinerseits Gegenstand eigenständiger Prüfung in einem konkreten Normenkontroll- oder Verfassungsbeschwerdeverfahren sein kann, ist der Weg über § 35 BVerfGG versperrt." (ebd., Rn. 11).


...was letztendlich wiederum eine Verfahrensdauer von bis zu 10 Jahren bedeutet, weil die Besoldungen auch künftig zwar rechtmäßig (weil dem jeweiligen Besoldungsgesetz folgend) aber nicht verfassungskonform (weil das jeweilige Besoldungsgesetz gegen die Verfassung verstößt) erfolgen...

...diese "Spielchen" können bis zum Sanktnimmerleinstag dauern... 8)
Gruß aus "Tief im Westen"

Meine Beiträge geben grundsätzlich meine persönliche Meinung zum Thema wieder und beinhalten keine Rechtsberatung. Meistens sind sie ernster Natur, manchmal aber auch nicht. Bei einer obskuren Einzelfallpersönlichkeit antworte ich auch aus therapeutischen Gründen

xap

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2881 am: 21.12.2021 09:09 »

3. Man hört einerseits, dass es in Richtung des "regionalen Ergänzungszuschlags", wie er im letzten Jahr zunächst vom Innenministerium geplant war und der dann insbesondere durch das Eingreifen des Finanzministeriums nicht zu finalisieren war, gehen solle; andererseits hört man aber ebenfalls, dass eine solche Regelung vom Tisch sein soll. Und darüber hinaus hört man, dass verschiedene Parlamentariere nun eventuell ebenfalls erst einmal die Mühen der Länder abwarten wollen, die ja indirekt über den Bundesrat am Verfahren beteiligt sind. Der langen Rede kurzer Sinn: Nix Genaues weiß man nicht (jedenfalls ich).


Hallo Swen,

dass die Einführung eines REZ auf Bundesebene geplant war, ist bekannt. Wo aber hast du Informationen für die, von mir fett, markierte Stelle her? Davon lese ich wiederum zum 1. Mal.

Grüße
xap

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2882 am: 21.12.2021 09:24 »

Das Bundesverfassungsgericht theamtisiert hier unter anderem die Problematik, dass eine dem Besoldungsgesetzgeber vom Bundesverfassungsgericht aufgegebene Korrektur (ebd., Rn. 2 f.), die per Gesetz erfolgt, solange nicht der Vollstreckung unterworfen werden kann, wie zunächst einmal die Korrektur selbst auf ihren verfassungskonformen Gehalt hin zu überprüfen wäre, da diese Korrektur eine neue Rechtslage schaffen würde (ebd., Rn. 8). Es verweist deshalb die Kläger darauf, dass zunächst der Weg über die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu gehen ist (ebd., Rn. 9), um nicht vonseiten des Bundesverfassungsgerichts die funktionell-rechtlichen Grenzen zur Fachgerichtsbarkeit zu missachten (ebd., Rn. 10). Zunächst einmal müsste also die Verwaltungsgerichtsbarkeit das neue Gesetz prüfen und gegebenenfalls, sofern es zu dem Schluss gelangte, dieses die vormalige Gesetzeslage korrigierende Gesetze würde gegen die Verfassung verstoßen, einen Voralgebeschluss erstellen, über den dann vom Bundesverfassungsgericht zu entscheiden wäre (ebd.). In diesem Sinne ist die dort abschließende Passage zu verstehen: "Die Anträge nach § 35 BVerfGG zuzulassen, hieße daher, das Verhältnis von fachgerichtlichem und verfassungsgerichtlichem Rechtsschutz zu verkehren" (ebd.), weshalb das Bundesverfassungsgericht die Anträge auf Erlass von Vollstreckungsanordnungen nicht zur Entscheidung zugelassen hat. Es hebt dabei schlussfolgernd als regelmäßig zu beachtenden Grundsatz hervor: "Sofern der Gesetzgeber ein (Änderungs-)Gesetz erlässt, welches seinerseits Gegenstand eigenständiger Prüfung in einem konkreten Normenkontroll- oder Verfassungsbeschwerdeverfahren sein kann, ist der Weg über § 35 BVerfGG versperrt." (ebd., Rn. 11).


...was letztendlich wiederum eine Verfahrensdauer von bis zu 10 Jahren bedeutet, weil die Besoldungen auch künftig zwar rechtmäßig (weil dem jeweiligen Besoldungsgesetz folgend) aber nicht verfassungskonform (weil das jeweilige Besoldungsgesetz gegen die Verfassung verstößt) erfolgen...

...diese "Spielchen" können bis zum Sanktnimmerleinstag dauern... 8)

Das ist möglich, wird aber mit jedem weiteren verfassungswidrig ausgestalteten Gesetz immer unwahrscheinlicher, weil ein solches Handeln so in immer stärkerer Art und Weise "materiell einer Untätigkeit" gleichkäme, sodass dann eben - das wollte ich unter anderem sagen - zunehmend die Wahrscheinlichkeit steigt, dass das Bundesverfassungsgericht direktiv die Möglichkeit der Vollstreckungsanordnung nach § 35 BVerfGG vorbereiten wird. Im Hinblick auf die hierfür materiell nötigen Vorbereitungen ist - die Mindestalimentation als absolute Untergrenze einer noch verfassungskonformen Alimentation sowie die Bemessung der gewährten Nettoalimentation betreffend - direktiv letztlich nur noch ein einziger Schritt vom Bundesverfassungsgericht zu machen, nämlich im Hinblick auf die Kosten für Bildung und Teilhabe sowie die Sozialtarife. Hierfür werden nun die 16 Besoldungsgesetzgeber viel Material - in welche Richtung auch immer - im Zuge ihrer Prozeduralisierungspflichten liefern. Danach, mit der Ausformung der entsprechenden Direktiven, wird das Bundesverfassungsgericht, von materieller Seite aus betrachtet, alles vorbereitet haben, um den Verwaltungsgerichten das nötige Richtzeug an die Hand zu geben, um materiell selbst hinreichende Bemessungen vornehmen zu können. Im Nachklang jener Vorbereitung hängt dann über den Besoldungsgesetzgebern das Damoklesschwert der materiell vorbereiteten Vollstreckungsanordnung. Und das dürfte für sie kein sehr erfreulicher Zustand sein - noch dazu, wenn jedes Land (und der Bund) damit rechnen muss, dass das Damoklesschwert dann ausgerechnet auf sie herabschlägt (und nicht auf den Nachbarn oder das Land einer ganz anderen Himmels- und politischen Koalitionsrichtung). Denn im Verlauf der nächsten zwei bis drei Jahren werden mit hoher Wahrscheinlichkeit Vorlagebeschlüsse, die Gesetzgebung von 17 Besoldungsgesetzgebern betreffend, beim Bundesverfassungsgericht vorliegen.

Von zehn Jahren würde ich nicht ausgehen, aber realistischerweise von drei bis vier. Mit den nun anstehenden Besoldungsanpassungsgesetzen dürften die Länder von ihrer Seite den Zustand, der "materiell einer Untätigkeit" gleichkommt, vorbereiten, da die Direktiven zur Bemessung der Mindestalimentation zwar formal anhand der R-Besoldung erlassen worden sind, jedoch unabweisbar entsprechend auch und dabei zugleich die identische Geltung für die A-Besoldung beanspruchen. Diese nun zu verabschiedenden Gesetze werden wiederkehrend - davon ist auszugehen - beklagt werden. Vor der nächsten Runde an Besoldungsanpassungen ab Winter 2023 werden mit hoher Wahrscheinlichkeit jene 17 Vorlagebeschlüsse vorhanden sein. Mit jenen Besoldungsanpassungen ab Winter 2023 dürfte es dann vonseiten der Besoldungsgesetzgeber endgültig "zum Schwur" kommen. Machen sie dann so weiter, wie sie es zurzeit offensichtlich zu tun gedenken, wird ihnen im Gefolge dann die Vollstreckungsanordnung drohen, schätze ich...

... und wenn sie Pech haben - die genannten Direktiven sind zwar anhand der R-Besoldung erstellt worden, beanspruchen aber unabweisbar ebenso für die A-Besoldung Gültigkeit, waren also in der Verabschiedung des Besoldungsanpasungsgesetzes im Frühjahr 2021 ebenfalls zu beachten -, wird ihnen schon ihr heutiges Handeln als "materiell einer Untätigkeit" gleichkommend ausgelegt werden. Das dürfte unwahrscheinlicher sein, aber rechtlich - zumindest im Hinblick auf Berlin - nicht völlig unmöglich. Denn mindestens das aktuelle Besoldungsanpassungsgesetz kann - es ist vom Bundesverfasungsgericht im letzten Jahr  mit dem Abgeordnetenhaus der identische Besoldungsgesetzgeber betrachtet worden - eventuell bereits auch formal als auf einer materiellen Untätigkeit beruhend betrachtet werden, da das Land letztlich fast ausnahmslos keine wirklichen Konsequenzen im Hinblick auf die Bemessung der Mindest- und Nettoalimentation aus der aktuellen Entscheidung gezogen hat. Als Folge ist es mindestens in den höheren Besoldungsgruppen zu keiner Korrektur der vom Land für die Vergangenheit eingestandenen A-Besoldung gekommen. Jene höheren Besoldungsgruppen sind aber ebenfalls Teil der Vorlagebeschlüsse, über die das Bundesverfassungsgericht im nächten Jahr entscheiden wird. Denn hier wird es um acht Vorlagebeschlüsse die Besoldungsgruppen A 9 bis A 12 betreffend gehen - und deren Besoldung ist im Frühjahr um 2,5 % erhöht worden und ansonsten um keinen weiteren Cent mehr. Mindestens materiell ist hier also bereits von einer Untätigkeit auszugehen - ob das dann auch formell so gesehen wird oder werden kann oder soll, wird sich zeigen.

@ xap

Mal hört man dies, mal hört man das. Ob das, was man hört, am eigenen Gehör liegt, kann ich nicht sagen. Hast Du gehört, dass es ganz sicher zu einer solchen Vorlage vonseiten des nun SPD-geführten Innenministeriums kommen wird, das also nun ein vom vormals CSU-geführten Innenministerium entwickeltes Konzept übernehmen wollte, das vormals an dem SPD-geführten Finanzministerium gescheitert ist, dessen damaliger Minister nun der Bundeskanzler ist, dem heute wiederum vertrauensvoll sein jetziger FDP-Finanzminister zur Seite steht, der im Moment wie die gesamte neue Bundesregierungganz sicherlich sehr, sehr viel zu tun hat?

xap

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« Antwort #2883 am: 21.12.2021 09:30 »
Also ich habe zumindest nicht gehört, dass der Entwurf von 2021 explizit bzw. ausschließlich am FM gescheitert wäre. Ich hatte vernommen, dass in der Ressortrunde keine Einigkeit erzielt werden konnte, da nicht klar war aus welchen Töpfen das Geld in der vergangenen Legislaturperiode hätte kommen sollen und kein Ressort bereit war Abstriche zu machen. Das heißt im Umkehrschluss natürlich nicht, dass der Entwurf in 2022 nun ein Selbstläufer wird. Aber gut zu wissen, dass es da nichts konkretes Gegenteiliges gibt. Das las sich vorhin anders.

DeGr

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« Antwort #2884 am: 21.12.2021 09:37 »

@ DeGr

Ich habe vorhin Deinen Beitrag übersehen. Noch interessanter als die Presseerklärung ist die kaum längere Entscheidungsbegründung, die hier nachgelesen werden kann: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2016/06/ls20160607_2bvl000312.html

Das Bundesverfassungsgericht theamtisiert hier unter anderem die Problematik, dass eine dem Besoldungsgesetzgeber vom Bundesverfassungsgericht aufgegebene Korrektur (ebd., Rn. 2 f.), die per Gesetz erfolgt, solange nicht der Vollstreckung unterworfen werden kann, wie zunächst einmal die Korrektur selbst auf ihren verfassungskonformen Gehalt hin zu überprüfen wäre, da diese Korrektur eine neue Rechtslage schaffen würde (ebd., Rn. 8). Es verweist deshalb die Kläger darauf, dass zunächst der Weg über die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu gehen ist (ebd., Rn. 9), um nicht vonseiten des Bundesverfassungsgerichts die funktionell-rechtlichen Grenzen zur Fachgerichtsbarkeit zu missachten (ebd., Rn. 10). Zunächst einmal müsste also die Verwaltungsgerichtsbarkeit das neue Gesetz prüfen und gegebenenfalls, sofern es zu dem Schluss gelangte, dieses die vormalige Gesetzeslage korrigierende Gesetze würde gegen die Verfassung verstoßen, einen Voralgebeschluss erstellen, über den dann vom Bundesverfassungsgericht zu entscheiden wäre (ebd.). In diesem Sinne ist die dort abschließende Passage zu verstehen: "Die Anträge nach § 35 BVerfGG zuzulassen, hieße daher, das Verhältnis von fachgerichtlichem und verfassungsgerichtlichem Rechtsschutz zu verkehren" (ebd.), weshalb das Bundesverfassungsgericht die Anträge auf Erlass von Vollstreckungsanordnungen nicht zur Entscheidung zugelassen hat. Es hebt dabei schlussfolgernd als regelmäßig zu beachtenden Grundsatz hervor: "Sofern der Gesetzgeber ein (Änderungs-)Gesetz erlässt, welches seinerseits Gegenstand eigenständiger Prüfung in einem konkreten Normenkontroll- oder Verfassungsbeschwerdeverfahren sein kann, ist der Weg über § 35 BVerfGG versperrt." (ebd., Rn. 11).

Im Anschluss stellt es dann allerdings ebenfalls die von Dir hervorgehobene Ausnahme von der zuvor konkretisierten Regel heraus: "Etwas anderes dürfte allenfalls dann gelten, wenn der von der ausgesprochenen Gesetzgebungspflicht betroffene Gesetzgeber gar nicht tätig geworden ist oder nur in einer Weise, die so offensichtlich hinter den sich aus der Sachentscheidung ergebenden Anforderungen zurückbleibt, dass dies materiell einer Untätigkeit gleichkommt." (ebd.) Ein solches Vorgehen sah es 2016 im Hinblick auf das beklagte Land Sachsen-Anhalt als nicht gegeben an, denn der Besoldungsgesetzgeber habe "mit seinem Änderungsgesetz in Auseinandersetzung mit dem Urteil vom 5. Mai 2015 das Ziel, eine amtsangemessene Besoldung anhand der dort genannten Anforderungen herzustellen [verfolgt], und hat dieses Ziel jedenfalls nicht in einer der Untätigkeit gleich zu achtenden Weise verfehlt" (ebd.).

Im Hinblick auf die Entscheidung 2 BvL 4/18 dürften womöglich ähnliche formale Gründe jetzt noch gegen einen Erlass von Vollstreckungsanordnungen sprechen, da jene Entscheidung die R-, nicht aber die A-Besoldung betraf. Denn zwar kann eventuell im Hinblick auf das Reparaturgesetz zur R-Besoldung, das Ende Juni vom Berliner Abgeordnetenhaus verabschiedet worden ist, mit einiger Berechtigung auf Untätigkeit plädiert werden (vgl. https://www.berliner-besoldung.de/berliner-besoldung-bis-weit-in-den-gehobenen-dienst-hinein-unterhalb-der-grundsicherung/), und mit einer nicht geringen Wahrscheinlichkeit sollte das aktuelle Besoldungsanpassungsgesetz mindestens in starker Richtung gen Untätigkeit tendieren (https://www.berliner-besoldung.de/gutachten-bestaetigt-berlbvanpg-2021-vorsaetzlich-verfassungswidrig/). Für Letzteres liegt aber noch keine bundesverfassungsgerichtliche Entscheidung vor, da über die A-Besoldung erst im Verlauf des nächsten Jahres entschieden wird, sodass formal noch keine Untätigkeit betrachtet werden kann oder könnte.

Sofern das Abgeordnetenhaus allerdings nach der anstehenden bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung zur A-Besoldung weiterhin gegen maßgebliche Direktiven verstoßen sollte (es wird nach der anstehenden Entscheidung in einem angemessenen Zeitraum ein entsprechendes Reparaturgesetz zur A-Besoldung verabschieden müssen), dürfte das ggf. als Untätigkeit im Sinne der gerade hervorgehobenen Ausnahme betrachtet werden, da dass eventuell "materiell einer Untätigkeit" gleichkommen könnte.

In diesem Sinne sind meine Anmerkungen in letzter Zeit zu verstehen, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass die Besoldungsgesetzgeber nun mit hoher Wahrscheinlichkeit noch einmal zur Einsparung von Personalkosten offensichtlich verfassungswidrige Anpassungsgesetze verabschieden werden, dass das aber mit den nächsten Anpassungsgesetzen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit dann ab Ende 2023 zu verabschieden sein sollte, dann nicht mehr so "einfach" möglich sein sollte. Denn es ist zu vermuten, dass es bis dahin über die anstehende Berliner Entscheidung hinaus weitere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts geben wird - jedenfalls, sofern nun vonseiten der Besoldungsgesetzgeber keine hinreichenden Schlüsse aus der akuellen Entscheidung gezogen werden. Irgendwann wird dann von "materieller Untätigkeit" auszugehen sein (entsprechend zu der Entscheidung von 1998) und zugleich sollten bis zu jenem Zeitpunkt auch die Bemessungsverfahren für die Mindest- und Nettoalimentation vollständig operationalisiert vorliegen (denn dazu sind nicht mehr alzu viele direktive Schritte nötig), sodass auch von daher kein Grund mehr gegeben sein sollte, nicht nach § 35 BVerfGG (erster) Vollstreckunganordnungen für die Vergangenheit zu erlassen.

Und sofern dann tatsächlich für die Vergangenheit eine verfassungskonforme, also amtsangemessene Alimentation gegeben sein dürfte, sollte es schwierig bis unmöglich sein, dahinter auch zukünftig wieder zurückzufallen, da in allen Bundesländern davon auszugehen ist, dass die gewährte Nettoalimentation bis mindestens weit in den mittleren Dienst hinein hinter der Mindestalimentation zurückbleibt.

Das ist mir alles bewusst. Vielmehr war mir der Aspekt neu, dass die betroffenen Beamten den Erlass einer Vollstreckungsanordnung beantragen können, sobald materiell von einer Untätigkeit ausgegangen werden kann und dieser dann nicht mehr als unstatthaft zurückgewiesen wird. Hier wurde bereits oft die Frage gestellt, was wir als Beamte denn noch machen können, wenn sich das Karussell weiterhin im Kreis dreht - die Politik also stets weiterhin verfassungswidrige Gesetze erlässt und das BVerfG diese zwar kassiert, aber nicht von sich aus die Vollstreckung anordnet. Eine solche Vollstreckung zu beantragen wäre somit wohl das letzte Mittel, das wir ergreifen könnten. Wohlwissend dass die Hürde hierfür sehr hoch liegt und hierzu wohl erst noch konkretere Direktiven abzuwarten sind.

Rentenonkel

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2885 am: 21.12.2021 10:11 »

@ xap

Mal hört man dies, mal hört man das. Ob das, was man hört, am eigenen Gehör liegt, kann ich nicht sagen. Hast Du gehört, dass es ganz sicher zu einer solchen Vorlage vonseiten des nun SPD-geführten Innenministeriums kommen wird, das also nun ein vom vormals CSU-geführten Innenministerium entwickeltes Konzept übernehmen wollte, das vormals an dem SPD-geführten Finanzministerium gescheitert ist, dessen damaliger Minister nun der Bundeskanzler ist, dem heute wiederum vertrauensvoll sein jetziger FDP-Finanzminister zur Seite steht, der im Moment wie die gesamte neue Bundesregierungganz sicherlich sehr, sehr viel zu tun hat?

Da ist mir beim Lachen fast die Kaffeetasse aus der Hand gefallen, sehr schön geschrieben  ;D

NordWest

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2886 am: 21.12.2021 15:07 »
Vor der nächsten Runde an Besoldungsanpassungen ab Winter 2023 werden mit hoher Wahrscheinlichkeit jene 17 Vorlagebeschlüsse vorhanden sein.
[...]
Für Letzteres liegt aber noch keine bundesverfassungsgerichtliche Entscheidung vor, da über die A-Besoldung erst im Verlauf des nächsten Jahres entschieden wird

Gibt es zu Teil 1 irgendwo eine Übersicht, von welchen Ländern Vorlagebeschlüsse vorliegen und wie der Verfahrensstand in den übrigen Ländern ist?

Und woher hast Du die Information, dass im kommenden Jahr über die A-Besoldung entschieden wird? Ist es nicht vielmehr wahrscheinlich, dass darüber erst entschieden wird, wenn alle 17 Vorlagebeschlüsse eingereicht worden sind? Dann könnte es auch 2023 oder gar '24 werden. Die Jahresplanung des BVerfG wird gemeinhin erst ungefähr im März veröffentlicht, so dass mir zumindest völlig unklar ist, welche verfahren nächstes Jahr geführt werden.

Hulbatsub

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2887 am: 21.12.2021 15:15 »
Ich möchte mich auf diesem Wege ganz herzlich bei dir bedanken Swen. Zuverlässig und regelmäßig werden meine Kollegen und ich durch deine Beiträge erheitert. Wir wissen oft nicht, was phrasenmäßig besser passt, schwanken aber meist zwischen "wie vertan kann Liebesmüh sein" und "Gott gebe ihm die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die er nicht ändern kann". Du hast es auf jeden Fall schon in die ein oder andere Kaffeerunde geschafft.

Wenn sich bis 31.12.2024 auch nur bei einem von 17 Besoldungsgesetzgebern eine aus Sicht von Swen verfassungsmäßige Besoldung eingestellt haben sollte, spende ich 200 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung, die Swen aussuchen darf.

Bis dahin wünsche ich allen Beteiligten weiterhin viel Spaß in diesem Thread. Schneller und intensiver als hier kann man sich wohl nirgends im Kreis drehen.

Beste Weihnachtsgrüße von einem mit seiner Netto-Besoldung sehr zufriedenen Beamten.

was_guckst_du

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2888 am: 21.12.2021 15:42 »
...oha...das gibt Haue von der großen erwartungsfreuen Fangemeinschaft mit weniger als drei Kindern, die hier offensichtlich schon lange am Hungerstuch nagen 8) ;)
Gruß aus "Tief im Westen"

Meine Beiträge geben grundsätzlich meine persönliche Meinung zum Thema wieder und beinhalten keine Rechtsberatung. Meistens sind sie ernster Natur, manchmal aber auch nicht. Bei einer obskuren Einzelfallpersönlichkeit antworte ich auch aus therapeutischen Gründen

mpai

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2889 am: 21.12.2021 15:45 »
Ich möchte mich auf diesem Wege ganz herzlich bei dir bedanken Swen. Zuverlässig und regelmäßig werden meine Kollegen und ich durch deine Beiträge erheitert. Wir wissen oft nicht, was phrasenmäßig besser passt, schwanken aber meist zwischen "wie vertan kann Liebesmüh sein" und "Gott gebe ihm die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die er nicht ändern kann". Du hast es auf jeden Fall schon in die ein oder andere Kaffeerunde geschafft.

Wenn sich bis 31.12.2024 auch nur bei einem von 17 Besoldungsgesetzgebern eine aus Sicht von Swen verfassungsmäßige Besoldung eingestellt haben sollte, spende ich 200 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung, die Swen aussuchen darf.

Bis dahin wünsche ich allen Beteiligten weiterhin viel Spaß in diesem Thread. Schneller und intensiver als hier kann man sich wohl nirgends im Kreis drehen.

Beste Weihnachtsgrüße von einem mit seiner Netto-Besoldung sehr zufriedenen Beamten.
Welche Besoldungsgruppe?

boysetsfire

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2890 am: 21.12.2021 15:53 »
Ich möchte mich auf diesem Wege ganz herzlich bei dir bedanken Swen. Zuverlässig und regelmäßig werden meine Kollegen und ich durch deine Beiträge erheitert. Wir wissen oft nicht, was phrasenmäßig besser passt, schwanken aber meist zwischen "wie vertan kann Liebesmüh sein" und "Gott gebe ihm die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die er nicht ändern kann". Du hast es auf jeden Fall schon in die ein oder andere Kaffeerunde geschafft.

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Bis dahin wünsche ich allen Beteiligten weiterhin viel Spaß in diesem Thread. Schneller und intensiver als hier kann man sich wohl nirgends im Kreis drehen.

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Hulbatsub

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« Antwort #2891 am: 21.12.2021 15:54 »
@mpai: A 15

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2892 am: 21.12.2021 16:28 »
Vor der nächsten Runde an Besoldungsanpassungen ab Winter 2023 werden mit hoher Wahrscheinlichkeit jene 17 Vorlagebeschlüsse vorhanden sein.
[...]
Für Letzteres liegt aber noch keine bundesverfassungsgerichtliche Entscheidung vor, da über die A-Besoldung erst im Verlauf des nächsten Jahres entschieden wird

Gibt es zu Teil 1 irgendwo eine Übersicht, von welchen Ländern Vorlagebeschlüsse vorliegen und wie der Verfahrensstand in den übrigen Ländern ist?

Und woher hast Du die Information, dass im kommenden Jahr über die A-Besoldung entschieden wird? Ist es nicht vielmehr wahrscheinlich, dass darüber erst entschieden wird, wenn alle 17 Vorlagebeschlüsse eingereicht worden sind? Dann könnte es auch 2023 oder gar '24 werden. Die Jahresplanung des BVerfG wird gemeinhin erst ungefähr im März veröffentlicht, so dass mir zumindest völlig unklar ist, welche verfahren nächstes Jahr geführt werden.

Eine Übersicht dazu gibt es nicht. Ich habe vor längerer Zeit eine entsprechende Recherche in den jeweiligen Datenbanken zur Rechtsprechung in den Ländern durchgeführt, nach dieser liegen Vorlagebeschlüsse zur A-Besoldung der Länder Berlin, Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Hessen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein vor. In Thüringen werden derzeit vom tbb Musterklagen vorbereitet, die dann über das VG als Vorlagebeschluss des zehnten Landes dem BVerfG vorliegen werden. Zu Berlin dürfte in der nächsten Zeit eine Information durch die Seite Berliner-Besoldung.de erscheinen, denke ich.

@ Hulbatsub

Es scheint bei euch in der Nähe eurer Kaffeerunde keine Kirmes zu geben - falls doch, dort sollte die Möglichkeit der Drehzahl verschiedentlich höher sein. Darüber hinaus schreibe ich hier das eine oder andere und es ist nicht zu erwarten, dass das in nächster Zeit gelassen gelassen wird. Ansonsten braucht ihr euch allerdings wenig Sorgen über meine Gelassenheit zu machen. Und zugleich empfinde ich Lachen ebenfalls als befreiend, insofern freue ich mich, dass ich euch erheitere und mache hier jetzt gleichfalls zu eurer Freude heiter weiter.

Auf das Angebot der 200,- € für die gemeinnützige Einrichtung komme ich gerne zurück, sofern ich es nicht bis dahin vergesse. Damit Du es nicht ebenfalls vergisst, soll's der Kinderschutzbund sein. Auch fände ich es natürlich klasse, wenn Du ob Deiner Zufriedenheit ab der Zeit, ab der auch Du wieder amtsangemessen alimentiert werden wirst, den Differenzbetrag zwischen Deiner heutigen und der dann gewährten Alimentation regelmäßig einer gemeinnützigen Einrichtung Deiner Wahl spenden würdest. Da dürfte dann einiges für den guten Zweck zusammenkommen.

@ Rentenonkel

Sag jetzt nicht, dass Du auch zur Runde der kaffeepausetrinkenden Langleser um Hulbatsub gehörst. Wird denn in den deutschen Amsstuben gar nicht mehr Dienst verrichtet, sondern nur noch Kaffee getrunken und das dann nicht mehr mit dem nötigen Ernst, der der deutschen Amtstube geziemt?

Und schließlich: In der ZEIT der vergangenen Woche findet sich eine erhellende Diskussion zwischen dem nun gewesenen Regierenden Bürgermeister Michael Müller und drei Berlinern, die verschiedentlich einen anderen Blick auf die dortige Politik haben als er: "Wie kaputt ist Berlin?" (S. 14 f.). Das regt streckenweise ebenfalls zum Lachen an.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2893 am: 21.12.2021 16:30 »
Und PS. boysetsfire: Wattwandern, was denn sonst.

BlauerJunge

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« Antwort #2894 am: 21.12.2021 16:39 »
@mpai: A 15

Nein, doch, oh!

Hätte nach dem Text niemand erwartet.