Erst einmal vielen Dank für Deine hilfreichen Ergänzungen, Swen.
Auch ich möchte noch mit einfachen Worten versuchen, den Gedanken des BVerfG aufzugreifen und die daraus folgenden Schlussfolgerungen des Gesetzgebers zu erläutern.
Mit der Einführung des ALG II hat der Gesetzgeber ein soziales Existenzminimum gesetzlich normiert. In der verfassungsrechtlichen Konsequenz muss dieses soziale Existenzminimum auch in anderen Rechtsbereichen Wirkung entfachen. Als ein weiteres Beispiel sei hier das Steuerrecht genannt, in dem der Bedarf der Kinder nicht ausreichend steuerlich berücksichtigt wird.
In den aktuellen Entscheidungen geht es hier um Bedarfe. Der notwendige Bedarf sind im Wesentlichen ein allgemein gültiger Grundbedarf plus angemessene Kosten für Wohnung und Heizung. Während der allgemeine Bedarf und die Heizkosten weitgehend ähnlich sind, sind die Wohnkosten allerdings regional stark unterschiedlich. Jemand, der in Köln/Bonn wohnt, zahlt mehr Miete, als jemand der in Zülpich wohnt und pendelt.
Bei dem Bedarf aus dem Sozialhilferecht geht es aber nur um die Deckung der Wohnkosten, die Geltendmachung der Fahrtkosten dagegen ist Aufgabe des Steuerrechtes. Der Grund, warum der Wohnort und nicht der Dienstort entscheidend ist, hat aber auch noch andere Gründe.
1. Die Beamten sind zudem auch ohne ausdrückliche Anordnung einer Residenzpflicht verpflichtet, ihre Wohnung so zu nehmen, dass die ordnungsmäßige Wahrnehmung ihrer Dienstgeschäfte nicht beeinträchtigt wird. Daher hat der Besoldungsdienstgeber ein gesteigertes Interesse daran, dass der Beamte seinen Wohnsitz möglichst nah an seinem Dienstort wählt. Der Besoldungsgesetzgeber ist allerdings nicht verpflichtet, die Mindestbesoldung eines Beamten oder Richters auch dann an den regionalen Höchstwerten der Miete auszurichten, wenn dieser hiervon gar nicht betroffen ist. Der Gesetzgeber muss nicht pauschalieren, sondern kann den maßgeblichen Bedarf individuell oder gruppenbezogen erfassen.
2. Die Verlegung des Wohnsitzes an den Dienstort macht auch ökologisch Sinn. Geringere Fahrtwege verursachen weniger CO2.
3. Somit soll dieser regionale Ergänzungszuschlag auch zukünftig eine erwünschte Lenkungsfunktion haben, was den Wohnort anbetrifft.
4. Fahrtkosten können steuerlich abgesetzt werden, so dass hier über diesen Weg bereits eine finanzielle Entlastung erfolgt.
Daher ist die Tatsache, dass hier eine Abstufung nach den Mietstufen des tatsächlichen Wohnortes erfolgt, an sich aus meiner Sicht sachgerecht und erst einmal nicht zu beanstanden. Es ist ja auch so, dass der Beamte seinen Wohnsitz frei wählen kann. Es ist ihm daher unbenommen, vor dem Hintergrund dieses Gesetzes seinen Wohnort näher an den Dienstsitz zu wählen. Die Mehrkosten würden dann ja durch den Zuschlag aufgefangen und die Fahrtkosten würden zumindest geringer.
Was aber nicht sachgerecht ist, ist die Tatsache, dass man den Zuschlag alleine an die Tatsache knüpft, dass Kinder tatsächlich vorhanden sein müssen.
Auch im Sozialrecht gibt es Besonderheiten bei den Wohnkosten. So können höhere Mietkosten bereits einige Monate im voraus übernommen werden, wenn ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft schwanger ist und somit eine Vergrößerung der Familie ansteht. Das macht auch Sinn, weil ja die meisten Menschen zunächst einen passenden Wohnraum suchen bevor die Familienplanung in die Umsetzung geht.
Auch andersrum dürfen Bedarfsgemeinschaften, bei denen ein Mitglied auszieht, noch bis zu 2 Jahre dort weiter wohnen und bekommen die Mietkosten erstattet. Somit weicht der Besoldungsdienstgeber erneut von dem sozialen Existenzminimum nach unten ab, wenn er den Zuschlag alleine an der Kindergeldberechtigung festmacht.
Einen regionalen Ergänzungszuschlag einzuführen, damit sich der Beamte theoretisch an seinem Wohnort eine Wohnung für 4 Personen leisten kann, ist aus meiner Sicht durchaus sachlich begründbar. Allerdings bleibe ich bei meiner Auffassung, dass dieser regionale Zuschlag, soweit er die Miet- und Heizkosten berührt, für alle Beamten gezahlt werden müsste und nicht nur für die, die tatsächlich kindergeldberechtigte Kinder haben.