Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 1531860 times)

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3795 am: 15.09.2022 12:21 »
Ich finde, dass die Elle hinsichtlich der Länge dessen, was ich hier fabriziere, in etwa so kurz zu kurz bemessen ist wie in der Regel die Mindestalimentation in den Berechnungen der laufenden Finanzministerien (von der nicht laufenden und also nicht amtsangemessen gewährten Nettoalimentation ganz zu schweigen)...

justilegal

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3796 am: 15.09.2022 12:27 »
… und wenn man nach Widerspruchsbescheid „endlich“ klagen kann, ruht das Verfahren da dann wieder. Da kann man x mal erklären, dass man mit einem Ruhen nicht einverstanden ist. Die Besoldungsstelle wurde angewiesen, die Verfahren ruhend zu stellen, weil das FM einen Gesetzentwurf angekündigt hat (11/2021). Das Gericht hat in 16 Monaten nichts unternommen, außer die wiederholte Frage nach Ruhendstellung. Nachdem uns der Gesetzentwurf vorlag und wir feststellten, dass es keine Rückwirkung vorsieht, haben wir mit unserem Anwalt Rücksprache gehalten. Der hat uns erklärt, dass wir gar nichts machen können. Verfahren dauerten erstinstanzlich mindestens zwei Jahre und niemand möchte einen Vorlagebeschluss ans BVerfG machen.

ChRosFw

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3797 am: 15.09.2022 12:42 »
… und wenn man nach Widerspruchsbescheid „endlich“ klagen kann, ruht das Verfahren da dann wieder. Da kann man x mal erklären, dass man mit einem Ruhen nicht einverstanden ist. Die Besoldungsstelle wurde angewiesen, die Verfahren ruhend zu stellen, weil das FM einen Gesetzentwurf angekündigt hat (11/2021). Das Gericht hat in 16 Monaten nichts unternommen, außer die wiederholte Frage nach Ruhendstellung. Nachdem uns der Gesetzentwurf vorlag und wir feststellten, dass es keine Rückwirkung vorsieht, haben wir mit unserem Anwalt Rücksprache gehalten. Der hat uns erklärt, dass wir gar nichts machen können. Verfahren dauerten erstinstanzlich mindestens zwei Jahre und niemand möchte einen Vorlagebeschluss ans BVerfG machen.

Dann ruht es halt. Aber immerhin in Rechtshängigkeit. Und der Dienstherr hat ein bisschen mehr zu tun, als nur den Widerspruch abzuheften.

Der Rechtsweg steht einem offen, damit man ihn beschreitet... Das Wahlrecht hat man, damit man dann bitte auch wählt... usw.

Vielen scheint die Opferrolle anscheinend zu gefallen, man kann sich immerhin weiterhin beschweren.

Schade für Menschen wie Swen, die sich im Sinne aller engagieren


NordWest

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3798 am: 15.09.2022 19:09 »
Das Bundesverfassungsgericht macht i.d.R. nur Termine mit einem besonderen öffentlichen Interesse öffentlich, vgl. aktuell z.B. https://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Presse/Termine/termine_node.html Entscheidungen hinsichtlich der (Beamten-)Alimentation fallen nicht darunter. Mir ist nicht bekannt, ob das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der Bremer Vorlagebeschlüsse bereits zu einer Entscheidung gekommen ist.

Danke. Zwei Rückfragen hierzu:
1. Weißt Du, welche konkreten Personen (außer den Richtern und Gerichtsangestellten) bei einer mündlichen Verhandlung anwesend wären (Kläger, Anwälte,...)?
2. Gehst Du davon aus, dass Du (z.B. durch Kontakte) mitbekommen würdest, wenn es eine solche mündliche Verhandlung gibt?

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3799 am: 15.09.2022 22:10 »
Das Bundesverfassungsgericht macht i.d.R. nur Termine mit einem besonderen öffentlichen Interesse öffentlich, vgl. aktuell z.B. https://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Presse/Termine/termine_node.html Entscheidungen hinsichtlich der (Beamten-)Alimentation fallen nicht darunter. Mir ist nicht bekannt, ob das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der Bremer Vorlagebeschlüsse bereits zu einer Entscheidung gekommen ist.

Danke. Zwei Rückfragen hierzu:
1. Weißt Du, welche konkreten Personen (außer den Richtern und Gerichtsangestellten) bei einer mündlichen Verhandlung anwesend wären (Kläger, Anwälte,...)?
2. Gehst Du davon aus, dass Du (z.B. durch Kontakte) mitbekommen würdest, wenn es eine solche mündliche Verhandlung gibt?

Die Frage nach der Öffentlichkeit ist nach § 17 BVerfGG nicht anders geregelt als bei anderen Gerichten; es gelten i.d.R. die Vorschriften, die im Gerichtsverfassungsgesetz in den Titel 14 bis 16 geregelt sind. Bei mündlichen Verhandlungen sind neben den von Dir Genannten i.d.R. die Verfahrensbeteiligten sowie ggf. sachverständige Dritte anwesend; die mündliche Verhandlung erfolgt nach § 17a BVerfGG öffentlich. Beteiligte können sich durch Beauftragte vertreten lassen (§ 21 i.V.m. § 27a BVerfGG). Ggf. können auch Zeugen vorgeladen werden (§ 28 BVerfGG), was aber in Vorlageverfahren über Besoldungsfragen eher nicht der Fall ist. Insgesamt ist zu beachten, dass eine Entscheidung mit mündlicher Verhandlung in einem Urteil mündet, während Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung zu einem Beschluss führen (§ 25 (2) BVerfGG); nicht allen Entscheidungen liegt also eine mündliche Verhandlung zugrunde. Von den sechs maßgeblichen Entscheidungen über Besoldungsgesetze seit 2012 erfolgten nur die ersten beiden als Urteile, die vier weiteren als Beschluss - auch darin dürfte sich zeigen, dass das Bundesverfassungsgericht seine Dogmatik als zunehmend weiter ausgeformt betrachtet, sodass es seiner Ansicht nach einer öffentlicher Verhandlungen nicht mehr bedarf. Da seit November 2015 bislang nur noch Beschlüsse gefasst worden sind, also keine öffentliche Verhandlung geführt wurde, dürfte es umso schwieriger sein, von entsprechenden Entscheidung im Vorfeld der Verkündigung zu erfahren. Ich halte es insgesamt für eher unwahrscheinlich, dass ich von der aktuellen Entscheidung vor deren Veröffentlichung erfahren werde, da ich hier mit keinem Verfahrensbeteiligten in Kontakt stehe.

NordWest

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3800 am: 16.09.2022 01:03 »
Insgesamt ist zu beachten, dass eine Entscheidung mit mündlicher Verhandlung in einem Urteil mündet, während Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung zu einem Beschluss führen (§ 25 (2) BVerfGG); nicht allen Entscheidungen liegt also eine mündliche Verhandlung zugrunde. Von den sechs maßgeblichen Entscheidungen über Besoldungsgesetze seit 2012 erfolgten nur die ersten beiden als Urteile, die vier weiteren als Beschluss - auch darin dürfte sich zeigen, dass das Bundesverfassungsgericht seine Dogmatik als zunehmend weiter ausgeformt betrachtet, sodass es seiner Ansicht nach einer öffentlicher Verhandlungen nicht mehr bedarf. Da seit November 2015 bislang nur noch Beschlüsse gefasst worden sind, also keine öffentliche Verhandlung geführt wurde, dürfte es umso schwieriger sein, von entsprechenden Entscheidung im Vorfeld der Verkündigung zu erfahren. Ich halte es insgesamt für eher unwahrscheinlich, dass ich von der aktuellen Entscheidung vor deren Veröffentlichung erfahren werde, da ich hier mit keinem Verfahrensbeteiligten in Kontakt stehe.

Danke. Dann bleibt ja noch Hoffnung, dass es wirklich 2022 noch zu einem Beschluss kommt - drücken wir die Daumen!

was_guckst_du

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3801 am: 16.09.2022 07:18 »
Danke. Dann bleibt ja noch Hoffnung, dass es wirklich 2022 noch zu einem Beschluss kommt - drücken wir die Daumen!
... ;D
Gruß aus "Tief im Westen"

Meine Beiträge geben grundsätzlich meine persönliche Meinung zum Thema wieder und beinhalten keine Rechtsberatung. Meistens sind sie ernster Natur, manchmal aber auch nicht. Bei einer obskuren Einzelfallpersönlichkeit antworte ich auch aus therapeutischen Gründen

InVinoVeritas

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3802 am: 20.09.2022 14:49 »
Schaut euch die Stellungnahme vom bayerischen Richterverein an.
Die finden eine harsche Wortwahl und ein vernichtenden Urteil in ihrer Stellungnahme zum aktuellen Gesetzentwurf in Bayern:

https://www.bayrv.de/positionen/stellungnahmen/stellungnahme/1894

InVinoVeritas

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3803 am: 20.09.2022 15:57 »
Das gesamte Dokument ist lesenswert aber besonders die folgenden Ausschnitte sind deutlich in Urteil und Sprache:


"Der Gesetzesentwurf stellt hierfür einen aus hiesiger Sicht verfassungsrechtlich nicht tragfähigen Ansatz dar. Er wird absehbar keiner (verfassungs-)gerichtlichen Kontrolle standhalten.  Der Entwurf genügt nicht den prozeduralen Anforderungen an ein Besoldungsgesetz. Ihm liegen rein ergebnis- und zielorientierte Annahmen zu Grunde, deren Vorhandensein mehr politischer (Wunsch-)Vorstellung als konkreter Begründbarkeit entspringen. [...] Die unverrückbare Erkenntnis einer verfassungswidrigen Besoldungsstruktur bis einschließlich zur Grundbesoldung im (Beförderungs-)Amt der Besoldungsgruppe A 10 ist für jedermann im Freistaat Bayern beschämend. Es sind aber nicht die Beamten und Richter, die dies zu verantworten haben. Vielmehr müssen sie es seit Jahren hinnehmen. Die Bereitschaft, dies klaglos fortzuführen, ist erschöpft."

smiteme

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3804 am: 21.09.2022 09:02 »
Gibt es nicht sowas auch für NRW? Wenn ja, wo kann man es nachlesen?

Gibt es schon neue widerspruchsschreiben für das neue besoldungsgesetz in NRW?

Aloha

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3805 am: 23.09.2022 11:35 »
Mich beschäftigt die Frage, wie überhaupt mittel- bis langfristig das Ping-Pong zwischen Gesetzgeber und Verfassungsgericht aufgelöst werden kann.

Wir sehen ja in den letzten Monaten eine ganze Reihe kreativer gesetzgeberischer Ideen, um angeblich Urteile des Bundesverfassungsgericht zur verfassungsmäßigen Alimentation umzusetzen. Bei der Umsetzung herrscht ja das Ziel vor, letztendlich wenig an der Grundbesoldung zu ändern, um damit in Summe den Haushalt maximal zu schonen (Herdprämien, Fertilitätsboni, Wohnortlotterien, Fantasiezulagen, ...) oder eine Lösung einfach in die Zukunft zu verschieben. Nach allgemeinem Dafürhalten wird durch diese Vorgehensweise die Verfassungsmäßigkeit der Besoldung natürlich nicht erreicht.

Um die Verfassungsmäßigkeit zu prüfen, gibt das Verfassungsgericht ja nun einige Parameter vor, u.a. einen Vergleich zwischen den Ländern oder zum öffentlichen Dienst. Wenn nun die Vergleichbarkeit gar nicht offensichtlich gegeben ist, da z.B. eine Besoldung in dem einen Land extrem stark von Kinderzulagen beeinflusst wird, in einem anderen aber eher durch die Wahl des Wohnortes oder den Anteil der übernommenen Gesundheitskosten, was bedeutet das für die Prüfung? Muss dann im konkreten Fall ein Bundesland mit jedem anderen Bundesland verglichen werden? Ist das allgemein überhaupt immer machbar oder gilt dann immer nur der Einzelfall? Falls ja, würde dies ja immer wieder zu Urteilen der Art "Single A8 mit vier Kindern in Land X wird nicht ausreichend alimentiert" und Land X würde nur A8 Singles bei 4 Kinder erhöhen (plus etwas Kosmetik). Andere Bundesländer fühlen sich aber eventuell nicht angesprochen, da es dort eine "Sozialregionalfamilienzusatzbeihifeergänzungszulage" gibt und man eben eine Klage dagegen abwarte, da diese ja nun wirklich nicht mit dem System in X vergleichbar sei.

Ist diese Endlosschleife (vielleicht von Seiten des Bundesverfassungsgerichts) überhaupt auflösbar?
« Last Edit: 23.09.2022 11:46 von Aloha »

smiteme

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3806 am: 23.09.2022 13:39 »
Ja, wenn die Länder endlich Verstehen dass sie amtsangemessen zu alimentieren haben und dies auch tun...

emdy

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« Antwort #3807 am: 23.09.2022 13:48 »
Nachdem was ich hier im Forum von Swen und anderen Vordenkern und unermüdlichen Vorarbeitern gelernt habe:

Die Endlosschleife ist durch die sog. Vollstreckungsanordnung nach § 35 Bundesverfassugsgerichtsgesetz durch das BVerfG auflösbar. Das ist die ultima ratio. Danach kann das BVerfG verfügen, wer die Entscheidung vollstreckt. Dazu kommen die Verwaltungsgerichte in Betracht. Anschließend wären die Verwaltungsgerichte in der Lage, die Dienstherren unmittelbar zur Zahlung einer höheren Besoldung zu verurteilen. Die Berechnung erfolgt dann wohl anhand der Prüfmethodik des BVerfG (wobei sie eigentlich ja gerade nicht zur mathematischen Berechnung der geringstmöglichen Besoldung gedacht ist).

Und zur Frage der Zulagen findet sich in der Rechtsprechung des BVerfG und zuletzt auch in der Rechtsprechung des VGH Hessen ganz ausdrücklich, dass Zulagen stets ihrem Charakter als Detailregelung nach erkennbar bleiben müssen und die amtsangemessene Alimentation im Wesentlichen durch das Grundgehalt abgedeckt werden muss.

Zwar mag der Besoldungsgesetzgeber die Amts-/Stellenzulage, den Familienzuschlag oder die Sonderzahlung nur in den unteren Besoldungsgruppen anheben können, so wie er bisher zwischen den einzelnen Laufbahn- und Besoldungsgruppen differenziert. Allerdings muss die amtsangemessene Alimentation im Wesentlichen mit dem Grundgehalt gewährleistet werden.

VGH Hessen Beschluss vom 27.01.2022 - 1 A 2704/20 Rn. 873
« Last Edit: 23.09.2022 13:56 von emdy »

was_guckst_du

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« Antwort #3808 am: 23.09.2022 21:21 »
...die Frage der amrsangemessenen Besoldung ist doch eigentlich geklärt...

..es stellt sich nur die Frage  wie lange es noch dauert und durch wieviele Instanzen noch geklagt werden muss, bis der Gesetzgeber es richtig umsetzt...ich denke, das wird noch Jahre dsuern
Gruß aus "Tief im Westen"

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flip

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« Antwort #3809 am: 23.09.2022 21:29 »
ich denke, das wird noch Jahre dsuern
und wie könnte die Lösung aussehen, für die vielen Beamten, die vorher in den Ruhestand gehen werden?